Falun
" in! In R
ehr hat
5 LHuN, Ki B
12 rat
r
a
>
en
nen
mE,
Arlhur
Ki
u RL
N
HE
£ Ih
NIE
Ha
meh annn:
r
aan be Non HR
f Kung, M
im
an
In
{ nk i
Hier RN
hr] \ Hu "
ı H an aulkn
Im ulm: ! H I
WA, in ya h f
A
4
nr
EOR THEDBESETE
FOR EDVCATION
FOR SCIENCE
LIBRARY
OF
THE AMERICAN MUSEUM
OF
NATURAL HISTORY
je A
ER 9 r
Rah, > SZ TER PETER J a
re N BETEN ER RN Er ;
PALAEONTOGRAPHICA
BEIFRAEGE
ZUR
PIZRRRGESCHICHTE DER VORZEIT
Herausgegeben
von
J. F. POMPECK)
in Tübingen
Unter Mitwirkung von
O. Jaekel, A. von Koenen, A. Rothpletz und G. Steinmann
als Vertretern der Deutschen Geologischen Gesellschaft.
Sechzigster Band.
Mit 27 Tafeln und 85 Textfiguren.
Stuttgart.
E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Nägele & Dr. Sproesser.
he
Alle Rechte, auch das der Uebersetzung, vorbehalten.
Druck von H. Laupp jr in Tübingen.
Inhalt.
Erste und zweite Lieferung.
März 1913. [
2 — bu Och dr AtasT
Soergel, Wolfgang, Elephas trogontherii Pohl. und Elephas antiquus Falc., ihre Stammesge-
schichte und ihre Bedeutung für die Gliederung des deutschen Diluviums.
(Mit Taf. I—III, 8 Tabellen und 14 Textfig.)
Dritte und vierte Lieferung.
Mai 1913.
Wolfer, Otto, Die Bryozoen des schwäbischen Jura. (Mit Taf. [V—VIII und 28 Textfig.) .
Wegner, Richard Nikolaus, Tertiär und umgelagerte Kreide bei Oppeln (Oberschlesien). (Mit
Taf. IX—XV und 35 Textfig.)
Fünfte und sechste Lieferung.
Oktober 1913.
Fraas, E., Neue Labyrinthodonten aus der schwäbischen Trias. (Mit Taf. XVI—XXII und
5 Textfig.) . Ai
Andree, K., Weiteres über das absnache ER Ehe > Arthropleura J dar (Mit
Taf. XXI]) . TEE TEN
Felix, Johannes, Die fossilen Anthozoen aus der gend von Trink (Mit Taf. XXIV—
XXVIFund 3 Textlig.)
Seite
1—114
115—174
175—274
275— 294
295— 310
311—365
Elephas trogontherii Pohl, und Elephas
| antiquus Fale,,
ihre Stammesgeschichte und ihre Bedeutung für die Gliederung
des deutschen Diluviums.
Von
W.Soergel.
Mit Tafeln I—III, 8 Tabellen und 14 Textfiguren.
Vorwort.
Ich behandle in dieser Arbeit die Elefanten des älteren und mittleren Pleistozän, also im wesent-
lichen die Formen, die als El. trogontherii Pohl. und El. antigquus F alc. bezeichnet werden. Von die-
sen konnte ich ein reiches, zum größten Teil noch unbearbeitetes Material von vorwiegend deutschen Fund-
punkten untersuchen, und zwar für El. antiguus F alc. von Mauer bei Heidelberg, Mosbach bei Wiesbaden,
Taubach-Ehringsdorf bei Weimar, Burg-Gräfentonna bei Gotha, Steinheim a. d. Murr (Württemberg),
für El. trogontherii Pohl. von Süßenborn bei Weimar, Mosbach und Steinheim a. d. Murr, abgesehen
von einigen kleineren Vorkommnissen. Von außerdeutschem Material standen mir Originale des El. an-
tiquus var. insularis von Carini (Sizilien), Gipsabgüsse und Originale des El. antiguus von Marseille, Arezzo,
Val di Chiana, Livorno und Ponte Molle bei Rom zur Verfügung. Außerdem französische Originalstücke
aus Kiesgruben der Flins (Departement Seine et Oise) und von La Ferlatier pres St. Cyr au Mont d’Or.
Soweit es meine vergleichenden Untersuchungen hinsichtlich phylogenetischer Zusammenhänge
erforderten, wurden auch El. meridionalis Nesti und EI. primigenius Blum b. in die Arbeit einbezo-
gen. Von ersterem konnte ich das reiche Material aus dem Val d’Arno im Museum zu Basel, von letzterem
das große badische Material eingehend studieren.
Palaeontographica. Bd. LX. ü 1
Da von EI. trogontherii Pohl., von wenigen Maxillenresten abgesehen, größere Partien des Cra-
niums noch nicht gefunden wurden, so habe ich meine vergleichenden Untersuchungen dieser Spezies und
El. antiguus F ale. auf die Molaren, Incisoren und Mandibeln beschränkt. Die große Häufigkeit fossiler
Elefantenmolaren und ihre Bedeutung für Paläontologie und Stratigraphie des Diluviums machen es selbst-
verständlich, daß ich gerade ihnen Beachtung schenkte und ihrer Behandlung einen großen Raum in vor-
liegender Arbeit zuwies. Sind sie doch in ganz anderer Weise als alle übrigen Skelettreste inkl. das Cra-
nium geeignet, uns Aufschluß zu geben über die Stammesgeschichte der Elefanten. u
In der Auswahl der Abbildungen habe ich mich auf das allernötigste beschränkt. Wer sich im ein-
zelnen näher über El. antiguus von Taubach und El. trogontherii von Süßenborn orientieren will, sei auf
die Abbildungen in Pohlig’s und Wüst’s Arbeiten verwiesen. Die wechselnde, von der natürlichen
Größe in verschiedenen Werten abweichende Größe der Tafelabbildungen hat ihren Grund in dem Bestre-
ben, an jedem Stück das Wesentliche besonders herauszuheben. Bei der sehr unterschiedlichen Größe
der Objekte ist es ja überhaupt unmöglich, für alle Bilder ein einheitliches Maß zu benutzen. Die Angabe
\, nat. Größe, Y, nat. Größe usw. bezieht sich stets auf die Kaufläche, die bei den betreffenden Bildern
allein scharf eingestellt wurde. Der übrige Teil eines Zahnes erscheint in der Projektion selbstverständlich
in dem Maße verkürzt, als die Kaufläche die Lamellen schief schneidet. Zu Messungen sind die Ab-
bildungen daher nicht geeignet, die Maße der meisten reproduzierten Molaren finden sich aber in den Ta-
bellen.
Die Textfiguren, einige wenige schematische Zeichnungen habe ich selbst verfertigt, wurden von
Herrn Universitätszeichner Schilling in Freiburg mit rühmlichst bekanntem Verständnis ausgeführt. In
der Literaturangabe sind die Autoren alphabetisch geordnet. Mehrere Arbeiten eines Autors sind mit
römischen Zahlen numeriert. Im Text würde also z. B. Pohlig (V 318) bedeuten: Seite 318 der mit
V. bezeichneten Arbeit Pohligs.
Für das freundliche Interesse und die Förderung, die Herr Prof. Deecke und Herr Dr. Denin-
ger meiner Arbeit in jeder Weise zuteil werden ließen, möchte ich beiden Herren meinen herzlichsten
Dank aussprechen.
Außerdem bin ich folgenden Herrn, die mir die Durchsicht der ihnen unterstellten Sammlungen
gestatteten und meine Arbeit durch mündliche und schriftliche Ratschläge und Winke unterstützten,
zu Dank verpflichtet: Herrn Rektor Auerbach, Gera, Herrn Dr. W.O. Dietrich, Stuttgart, Herrn,
Dr. Drevermann, Frankfurt, Herrn Prof. E. Fraas, Stuttgart, Herrn Dr. Haupt, Darmstadt,
Herrn Prof. Holzapfel, Straßburg, Herrn Prof. v. Koken, Tübingen, Herrn Kustos Lampe,
Wiesbaden, Herrn Prof. Link, Jena, Herrn Prof. Loescher, Gera, Herrn Custos Möller, Wei-
mar, Herrn Landbaumeister Rebling, Weimar, Herrn Dr. v. Reichenau, Mainz, Herrn Prof. Sa-
lomon, Heidelberg, Herrn Dr. Schmidtgen, Mainz, Herrn Prof. Schwarzmann, Karlsruhe,
Herrn Dr. Stehlin, Basel, Herrn Geheimrat Walther, Gotha.
Historisches.
Da es nicht ohne Interesse ist, die allmähliche Herausbildung beider Spezies und deren immer schär-
fer betonte Trennung zu verfolgen, so will ich einen kurzen historischen Abrıß vorausschicken.
Die Spezies El. antiguus wurde bekanntlich von Faleoner aufgestellt. Auf sie bezog er die Pro-
boscidierreste aus dem Suffolk-Crag, die er für älter und primitiver hielt als die Meridionalisreste aus dem
Val d’Arno. Später, nachdem er selbst mit dem italienischen Material bekannt geworden war, rektifi-
zierte er diesen Irrtum, und der Name E/. antiguus fand Anwendung auf die Elefantenreste jüngerer Schich-
ten an der Norfolkküste. Von dort wurde er allgemein übertragen auf alle altdıluvialen Elefanten Mittel-
europas, von denen allerdings damals noch recht wenig bekannt war. Eine feinere Differenzierung der eng-
lischen altdiluvialen Proboscidier brachte dann die große Monographie Leith Adams’, der unter dem
Kollektivnamen El. antiguus drei Varianten begriff, die er unter alleiniger Berücksichtigung der Dentition
folgendermaßen charakterisierte:
1. A massive broad erown, with the ridges closely approximated.
2. A long, narrow, and often much arcuated crown.
3. A thick-plated tooth with the dental elements in excess, and with generally a pronounced
mesial expansion of the disk.
Die immer reichlicher fließenden Funde aus dem alten und mittleren Diluvium Mitteldeutschlands
(Süßenborn, Taubach) ermöglichten es in der Folgezeit H. Pohlig, genauere und umlassendere Un-
tersuchungen an diluvialen Elefanten anzustellen. Diese führten schließlich dahin, daß die erste Varietät
Leith Adams’ von El. antiquus Falc. getrennt und zur selbständigen Spezies unter dem Namen
El. trogontheriüi Pohl. erhoben wurde. Diese Scheidung stützte sich hauptsächlich auf die Dentition, in
zweiter Linie auf die Mandibel, von der Pohlig allerdings nur ein spärliches Material vorlag. Die Aul-
stellung der neuen Spezies war aber nicht nur auf zoologische Differenzen begründet, auch stratigraphisch
schien eine Trennung durchaus gerechtfertigt, und Pohlig konnte es wahrscheinlich machen, daß El.
trogontherii P oh. für einen ganz bestimmten Horizont des älteren Diluviums leitend sei. Neuerdings hat
Pohlig (V. S. 242—249) in einem Aufsatz der Zeitschrift der Deutschen geolog. Gesellsch. dieser Tren-
nung noch schärferen Ausdruck verliehen, indem er El. trogontherii unter das Subgenus Euelephas, El. an-
tiguus unter das Subgenus Loxodon gestellt wissen will.
Ein anderes Resultat der Pohlig'schen Arbeiten war die Aufstellung des El. (antiquus) Nesti
P ohl., eines pliocänen Vorläufers des diluvialen El. antiquus F alc. Diese Rasse soll sich von der jünge-
ren Form unterscheiden durch schwächer ausgeprägten Loxodontismus und dünneren Schmelz. Nach allem
aber, was wir über die Entwicklung der Dentition bei Elephas wissen, ist es unmöglich, eine Spezies mit
dünnplattigen Molaren als Vorgängerin einer solchen mit diekplattigen zu betrachten. Ueberdies ist die
Art auf so wenige und stratigraphisch — soweit die wenigen italienischen Stücke in Betracht kommen —
so unsichere Funde gestützt, daß ihre Aufrechterhaltung schweren Bedenken begegnen muß.- Rutten
bemerkt hierzu in seiner Arbeit „Die diluvialen Säugetiere der Niederlande‘, pag. 11: ‚„Ueberblicken
wir das Wenige, was von pliocänen Resten des El. antiguwus bekannt ist, so fällt die große Divergenz der For-
men im Verhältnis zu dem spärlichen Material auf. Danach wäre die Aufstellung einer einheitlichen plio-
zänen Rasse sowohl voreilig als unmotiviert.“
Ich komme später ausführlich auf El. Nesti zurück.
Von neueren Arbeiten ist besonders E. Wü st’s Abhandlung über das Pliozän und das älteste Plei-
stozän Thüringens bemerkenswert. Verfasser behandelt besonders ausführlich die Fauna Süßenborns und
glaubt dort einen Formenkreis des El. trogontherii mit zahlreichen Uebergängen zu El. frimigenius und einen
Formenkreis des El. antiguus scharf scheiden zu können. Letztere Spezies soll vertreten sein durch einige
Molaren des El. (antigquus) Nesti Pohl.
Auf die Berechtigung einer solchen Scheidung werde ich bei Behandlung der Süßenborner Probos-
cidierreste ausführlich zurückkommen.
Dentition.
I. Molaren.
Auf die Grundelemente in der Dentition der Proboscidier, auf die Entwicklungsgeschichte der Ele-
fantenmolaren, wie sie die Stammreihe Mastodon—Stegodon—Elephas veranschaulicht, kann ich im Fol-
genden nicht näher eingehen. Diesbezügliche Angaben finden sich in den einschlägigen Arbeiten von
Andrews. Schlosser, Weber, Zitt.el etc.
Eine ausführliche Behandlung aber erfordert die Dentition der Gattung Elephas, da die für phylo-
genetische Fragen wichtigsten Momente überhaupt noch nicht bekannt, oder wenigstens nicht in gebüh-
render Weise berücksichtigt worden sind. Wenn im Folgenden, einleitend, auch allgemeiner bekannte
Tatsachen nochmals Erwähnung finden, so geschieht das, um dem mit dieser Materie weniger Vertrauten
ein Verständnis meiner späteren Ausführungen zu ermöglichen und ihn zugleich mit einigen gebräuchlichen,
zumeist von Pohlig in die Literatur eingeführten technischen Ausdrücken bekannt zu machen.
Der Elefantenmolar setzt sich aus einer Anzahl Dentin-erfülltece Schmelzbüchsen oder
Lamellen zusammen, die, nuran der Zahnkronenbasis verbunden, allseitig frei nach oben
ragen. Die Räume zwischen den einzelnen Schmelzbüchsen, die Täler, sind mit Cement ausgefüllt, das den
Zahn auch seitlich, vorn und hinten vollständig umkleidet, sodaß an noch nicht angekauten Zähnen die
Schmelzlamellen überhaupt nicht sichtbar sind. Die erste und letzte Lamelle sind meist bedeutend kleiner
als die übrigen, sie werden als (distaler resp. proximaler) Talon bezeichnet. Bei beginnender Abnutzung
des Zahnes bildet sich de Kaufläche oder Abrasionsplane (Pohlig’s), die bei Oberkiefer-
zähnen eine konvexe, bei Unterkieferzähnen eine konkave, in extremen Fällen stark konkave („Exca-
vations‘-) Fläche darstell. Nach Abscheuerung des deckenden Cements treten auf ihr die Schmelz-
büchsen als Schmelzfigurenoder Abrasionsfiguren zu Tage, dem gefingerten Ober-
ende der Lamelle entsprechend zuerst in mehr oder weniger zahlreichen, mit Dentin erfüllten Schmelz-
ringen, die im Verlauf der weiteren Abkauung erst zur kompletten Figur verschmelzen. Da sich
vor der vollständigen Verschmelzung die einzelnen Schmelzringe immer erst zu drei Figuren zusammen-
schließen, so hat Pohlig je nach der Form dieser drei Teilstücke zwei Verschmelzungsarten
(-typen) unterschieden. Ist die mittlere Figur länglich, die seitlichen bedeutend kürzer und rundlich,
so spricht man von einer medianen lamellaren, lateralen annularen (med. lam.
lat. an.), bei umgekehrtem Verhalten von einer medianen annularen, lateralen la-
mellaren (med. an. lat. lam.) Verschmelzung. Neben den echten Lamellen finden sich häufig
an den Seiten des Zahnes oder zwischen zwei Lamellen eingeschaltet Dentin-erfüllte Schmelzzylinder, die
man als Digitellen bezeichnet. Die Form der kompletten Schmelzfiguren ist eine äußerst wechselnde,
in den meisten Fällen bei den einzelnen Spezies in charakteristischer Weise ausgebildet. Zeigen sie in der
Mediane des Zahnes eine oder mehrere vorspringende Zacken, so spricht man von angularer Dila-
tation. Die Länge eines Cementstreifens zwischen zwei Schmelzfiguren wird als Cementinter-
vall bezeichnet.
Auf die Ausbildung der Zahnwurzeln, überhaupt auf die eben angedeuteten Verhältnisse im einzel-
nen werde ich später zurückkommen. Anschließend gebe ich auf Grund der Molarendentition eine kurze
allgemeine Charakteristik des El. meridionalıs, antiquus, trogontherii und Primigenius.
El. meridionalis.
Niedrige, meist breite Molaren mit wenig Schmelzlamellen. Breite Schmelzfiguren, häufig unregel-
mäßig verzerrt, mit zahlreichen groben Zacken, die mitunter aber auch äußerst regelmäßig auf die Me-
diane beschränkt sein können; Schmelzfiguren und Cementintervalle sehr lang; Verschmelzungstyp ge-
wöhnlich lat. Jam. med. an.: Schmelz stark. Form der Kaufläche zumeist oval rundlich.
Lamellenformel.
M.M.3. M.M. 2. M.M. 1. M. 1. M: II. M: 111.
max. x 3% = x hx x5 x—x6 x x 7x RB xx 7x — 29% x 8 x— x 10 x..x 41x x415% 3
mand.x3 —x3x bx—x6x x7x—x8x x7x—-x10x x8x—-x10x x 11% BB 615x)?
El. antiquus.
Hohe, schmale Molaren; Anzahl der Schmelzbüchsen größer als bei El. meridionalis; Schmelzfi-
guren regelmäßig, von rhombischer Gestalt, oft auch etwas rechteckig; Schmelzfiguren und Cementinter-
valle zumeist ziemlich lang. Schmelz stark, sehr gefältelt, häufig über die Cementmasse herausragend;
Verschmelzungstyp sehr extrem lat. an. med. lam.; Form der Kaufläche schmal, rechteckig, band-
förmig.
Lamellenformel.
M.M. 3. M.M. 2. M.M. 1. M.1. M- Il; M. Ill.
max. 2x -—- x3x 5x —x7x x 7x x 10%. 82 987 EDS Te reeE a
5x —x8x x Ix—xMx x9x SS SH2x KAORS ars
mand.x 2x — x3x x
El. trogontherii.
Die bedeutende Variabilität dieses Elefanten in der Dentition erschwert eine kurze, die wichtigsten
Verhältnisse erschöpfende Charakteristik außerordentlich.
Neben hohen und sehr schmalen bis mäßig breiten Molaren finden sich auch sehr niedrige und sehr
breite Zähne. Anzahl der Schmelzbüchsen ungefähr wie bei El. antiguus, in vielen Fällen wenig größer.
Schmelzfiguren meist regelmäßig, breit bandförmig, median oft plötzlich aufgebauscht, mitunter wenig
rhombenförmig. Die Länge der Schmelzfiguren und Cementintervalle schwankend zwischen großen und
kleineren Werten, je nachdem er dem phylogenetisch älteren El. meridionalis oder dem phylogenetisch
Jüngeren El. primigenius näher steht. In der gleichen Weise die Schmelzstärke schwankend. Verschmel-
zungstyp teilweise intermediär, in den meisten Fällen lat. an. med. lam.; doch nur selten an das Extrem
des El. antiguus heranreichend. Form der Kaufläche teils oval, teils birnenförmig bis rechteckig. In der
Lamellenformel zumeist E/. antiguus entsprechend.
El. primigenius.
Hohe, breite oder ziemlich schmale Molaren. In der Anzahl der Schmelzbüchsen alle erwähnten
Spezies bedeutend übertreffend. Schmelzfiguren sehr schmale Bänder, median, wie bei El. trogontherii
oft plötzlich aufgebauscht, selten etwas rhombisch ; Schmelzfiguren und Cementintervalle sehr kurz; Schmelz
sehr dünn; Verschmelzungstyp außerordentlich schwankend, meist aber lat. an. med. lam.; Form der Kau-
fläche oval, seltener rechteckig.
Lamellenformel.
M.M. 3. M.M. 2. M.M. 1. M. 1. M. Il. M. Ill.
max. ER OHREN X IK EX 12 X x I%x 15x x 12x 18 18x BEDIES
ea a a ln a ra iEx x rei
Alle Arbeiten über Elefantenmolaren haben sich bisher auf die Behandlung rein äußerlicher Merk-
male beschränkt. Selbst H. Pohlig hat in dem Abschnitt seiner Elefantenmonographie über ‚die allge-
meinen Verhältnisse in Form, Aufbau und Dimensionen der Elephantenmolaren‘“ lediglich die Erschei-
nungen auf der Abrasionsplane berücksichtigt, ohne die Beziehungen im Aufbau der Einzellamelle zur
Abrasionsfigur überhaupt zu erörtern. Und doch zeigt die Lamelle in ihrer Vertikalerstreckung hinrei-
chende Differenzen, der Gestaltung und der Schmelzbildung, um nicht übergangen zu werden. Zumal für
die Bestimmung und die Bewertung stark abradierter Molaren ist die genaue Kenntnis der Einzellamelle
nicht unwesentlich. Ich bespreche daher im Folgenden in einem 1. Abschnitt den Bau der Einzellamelle,
wie er sich darstellt nach meinen Untersuchungen an Molaren der El. meridionalis, antiquus, trogontherii
und Primigenius. In einem 2. Abschnitt behandle ich dann die allgemeinen Verhältnisse im Bau der Mo-
laren. Eine Wiederholung gewisser schon von Pohlig beschriebener Eigentümlichkeiten konnte hier
um so weniger umgangen werden, als ich diese Eigentümlichkeiten zum Teil auf bestimmte Gesetzmäßig-
keiten zurückführen konnte.
1. Bau der Lamelle.
Ein in manchen Fällen ausgezeichnetes Charakteristikum der Spezies ist die Art, in der eine
Schmelzfigur aus ihren Teilstücken zur kompletten Figur verschmilzt. Schon Pohlig hat in seiner Mo-
nographie auf den Unterschied hingewiesen, der in dieser Hinsicht zwischen El. meridionalis und El. an-
tiquus besteht. Erstgenannte Spezies zeigt bekanntlich meist eine mediane annulare und zwei laterale-
lamellare, El. antiguus dagegen stets eine mediane lamellare und zwei laterale annulare Figuren. Immer
jedenfalls sind es drei Teilstücke, aus denen zuletzt die komplette Figur hervorgeht. Diese drei Teilstücke
auf der Kaufläche entsprechen im Bau der Lamelle drei Pfeilern, in welche die obere Partie der La-
melle durch zwei Hauptspalten zerlegt ist. Diese Pfeiler können nun wiederum Abspaltungen auf-
weisen, die Mammillen, die in ihrer Gesamtheit das „‚gefingerte‘‘ Aussehen der obersten Lamellenpartie her-
vorrufen. Immer aber setzen die Hauptspalten bedeutend tiefer in die Lamelle hinein als die kleineren Ab-
Medianpfeiler spaltungen; jene sind als primär, diese als sekundär aufzufassen
| (siehe Fig. 1). Während die Pfeilerteilung ohne Ausnahme vor-
aeninfeiler handen ist, können die Mammillen auch vollkommen fehlen.
So kommen beispielsweise unter den Süßenborner Trogon-
“ Yamilten des Pherienelefanten mandibulare Molaren vor mit 9—10 Mam-
Medianpfeilers millen, während andere Unterkiefermolaren von dem gleichen
Fundort überhaupt keine Mammillenteilung und nur die Drei-
pfeilerbildung aufweisen.
Externer
Lateralpfeiler
E77] Cement
FI Dentin
mM Schmelz
Nach der bisherigen Bestimmungs- und Wertungsme-
thode von Molaren schien der Verschmelzungstyp mit den
übrigen Charakteristika der Spezies in einem durchaus losen,
unmotivierten Zusammenhange zu stehen. Wie von Pohlig,
so wurde er von anderen Autoren als eine „wichtige Eigen-
schaft der Mammillen‘“ angesehen, die für die Speziesbestim-
Fie. 1. Schnitt durch eine Lamelle eines M. ım). Mung von großer Bedeutung ist, niemals aber wurde auf irgend-
mand. sin. von Elephas primigenius aus Löß bei welche Beziehungen hingewiesen, die zwischen dem Verschmel-
Obergrombach i. B. Großh. Naturalienkabinett zungstyp und den äußeren Formverhältnissen eines Molaren ob-
walten. Der Hauptgrund für eine solche einseitige Wertung
mag darin gefunden werden, daß der Verschmelzungstyp lediglich als eine Erscheinung der Abrasionsplane in
die Bestimmungsmethode eingeführt wurde. Exakter, für das Verständnis derartiger Beziehungen und für
Karlsruhe % nat. Gr.
Fig. 2. Lamelle von Stegodon cf. Airawana Mart. Fig. 3. Lamelle von Elephas meridionalis Nesti.
’/, nat. Größ. K. Kloempit, Java. ?2/s nat: Größe. Val d’Arno, Italien:
phylogenetische Betrachtungen rätlicher ist es, nicht nur von verschiedenem Verschmelzungstyp, sondern
auch von einer verschiedenen Ausbildung der Pfeiler zu reden. Der Verschmelzungstyp lat. lam. med. an.
würde stark entwickelten Lateralpfeilern und einem schwach entwickelten Medianpfeiler
entsprechen; schwach entwickelte Lateralpfeiler und ein stark entwickelter Medianpfeiler ergäben auf der
Kaufläche eine Verschmelzung aus lat. an. med. lam. Figuren. Die erstgenannte Ausbildung ist bekanntlich
die ältere. Einen schwachen Medianpfeiler zeigen die javanıschen Stegodonten (Fig. 2), von Elefanten in
charakteristischer Ausprägung El. planifrons Falc. und El. meridionalis Nesti (Fig. 3), in den meisten
Fällen auch El.hysudricus. Die Lateralpfeiler sind bei diesen Formen stark entwickelt und meist in 2, sel-
tener 3 Mammillen gespalten. Eine kräftige Ausbildung des Medianpfeilers, verbunden mit mehr oder weniger
stark reduzierten Lateralpfeilern finden wir bei allen Elefanten des Pleistocäns, am extremsten bei El. antiquus
Falc. Bei dieser Spezies bilden die Lateralpfeiler nur noch schwache Säulen, die auch an Höhe teilweise
recht bedeutend hinter dem Medianpfeiler zurückstehen (Fig. 4,5). Sie treten als annulare Figuren erst auf
=.
BUT Be:
Fig. 4. Lamelle eines Milchmolaren Fig. 5. Lamelle eines M. III. max. dextra Fig. 6. Lamelle eines M. III. max.
von El. antiquus Fale. '/ı nat. Größe. von Elephas antiquus Fale. dextra von Elephas trogontherii Pohl.
Taubach b. Weimar. !/a nat. Größe. Taubach b. Weimar. !/a nat. Größe. Süßenborn b. Weimar.
die Kaufläche, wenn der Medianpfeiler zumeist schon aus seinen Teilmammillen zu einer lamellaren Figur
verschmolzen ist. In ganz verschwindend seltenen Fällen zeigen die Lateralpfeiler des El. antigquus-Typus
eine Mammillenteilung. El. trogontherii Pohl. schließt sich in den weitaus häufigsten Fällen eng an El.
antıguus an, wenn er auch selten das Extrem dieser Ausbildung erreicht. Eine Mammillenteilung der La-
teralpfeiler kommt bei ihm wie,bei El. primigenius zwar noch vor — an einem Lateralpfeiler nie mehr als
2 Mammillen —, sie scheint aber bei Oberkieferzähnen im wesentlichen nur auf den äußeren, bei Unterkie-
ferzähnen nur auf den inneren Lateralpfeiler beschränkt zu sein; an beiden zugleich ist diese Ausbildung
jedenfalls äußerst selten (Fig. 6).
Wesentlich für die Beurteilung der Pfeilerentwicklung resp. des Verschmelzungstyps ist ferner das Ein-
fallen der beiden Hauptspalten: ob sie annähernd parallel oder geneigt zur Mediane verlaufen. Mit anderen
Worten, ob der Medianpfeiler von oben nach unten an Breite ab-, die Lateralpfeiler aber zunehmen, oder
ob sie bis zu ihrer definitiven Verschmelzung von oben nach unten in annähernd gleicher Stärke entwickelt
Palaeontographica. Bd. LX. 2
He
sind. Bei El. antiguus verlaufen die Spalten fast ausnahmslos mit nur ganz schwacher Neigung zur Me-
diane. Bei El. trogontherii fallen sie zumeist schräger zum Medianpfeiler ein, bedingen also eine Breiten-
zunahme der lateralen Teilfiguren. Während diese beiden Hauptspalten an den Lamellen der Mandibel-
molaren ziemlich gleich tief hineinsetzen, verläuft bei denen der Oberkiefermolaren die äußere Haupt-
spalte meist tiefer als die innere.
Die Höhenentwicklung der Lateralpfeiler in bezug auf den Mittelpfeiler ist bei Ober- und Unter-
kieferzähnen eine verschiedene. Der Innenpfeiler ist bei Unterkiefermolaren nicht unbedeutend niedriger
als der Mittelpfeiler, wohingegen der Außenpfeiler mit letzterem die gleiche oder eine wenig geringere Höhe
aufweist. Ein umgekehrtes Verhalten zeigen die Oberkiefermolaren. Bei ihnen ist der äußere laterale der
niedrigere, der innere laterale der höhere Pfeiler. Die Schiefe der nach innen geneigten
Kaufläche ist also schon in der Pfeilerentwicklung der Ober- und Un-
terkiefermolaren angelegt.
Die Ausbildung der drei Pfeiler ist für die Stammesresoh:chse
der Gattung Elephas von allergrößter Bedeutung.
en Die letzte wahre Lamelle, zumeist auch der proximale Talon zeigen
N Dan gewöhnlich die Dreipfeilerbildung nicht. Eine tiefste Spalte liegt hier
meist in der Mediane, sodaß die Schmelzfigur aus nur zwei annähernd
gleich großen lamellaren Stücken verschmilzt. Es sind also nur zwei
Pfeiler entwickelt. Häufig ist diese Erscheinung auf Pression des
nachrückenden Molaren zurückzuführen (siehe Pressionserscheinungen).
Bei El. meridionalis kann diese Medianspalte sogar an den drei, seltener
fünf letzten Lamellen ausgebildet sein. Bei El. antiguus, trogontherii und
primigentus beschränkt sich diese Ausbildung meistens auf die letzte La-
melle und den Talon. In ganz wenigen Fällen finden sich bei allen ge-
nannten Elefanten — am seltensten bei El. antiguus — derartige zwei-
\
rn
vl
3R
"%
IR)
A
N: }
4 teilige Lamellen zwischen normal gebaute dreiteilige eingeschaltet. In
enger Beziehung zur Ausbildung der Pfeiler steht die Form des Lamellen-
umrisses, indem schwache Lateralpfeiler eine nahezu rechteckige Form
der Lamelle bedingen, stark entwickelte der Lamelle eine ovalere, in der
mittleren Höhe rundlichere Gestalt verleihen. In ähnlicher Weise wird die
Fig. 7. Lamelle eines M. III. von Ele- Form der Kaufläche von der Entwicklung der Lateralpfeiler beeinflußt.
ar nn Ei al. SUDip: Daß zwischen den beiden Extremen der Pfeilerentwicklung resp. des
in Verschmelzungstyps (El. planifrons, meridionalis, — El. antıquus) zahl-
reiche Mittelformen vorhanden sind, ist bei einem der Mutation unterworfenen Merkmal nicht erstaunlich.
Während die obere Partie der Lamelle durch die Dreipfeilerteilung und die sekundäre Mammillen-
Ta
spaltung eine nicht unbeträchtliche Differenzierung aufweist, bildet der mittlere und untere Teil eine ein-
heitlich gebaute, nach unten geöffnete „Büchse“. Basal gehen die Schmelzlamellen bekanntlich durch
eine dünne Schmelzschicht in einander über und bilden so den Boden der ‚Täler, in denen das Cement
liegt. Diese Schmelzschicht besitzt in der Mediane des Zahnes eine Komplizierung, sie ist median einge-
schnürt, die Lamelle in ihrem basalen Teil also gewissermaßen gespalten. (Diese mediane Spaltung, die
er
bei den Elefanten gegenüber den gesamten Verhältnissen im Zahnbau allerdings stark zurücktritt, erinnert
an die Mastodonten und gewisse Stegodonten.) Diese Spalte, durch die das Dentin aller so verbundenen
Lamellen kommuniziert, ist auf beiden Seiten und oben von Schmelz umgeben, der in Form von zwei oben
in einander fließenden Wänden die zwischenlagernde Cementmasse durchsetzt und je zwei folgende Lamel-
len verbindet (Fig. 7). Höher hinauf setzt sich diese „Schmelzbrücke‘‘ an beiden durch eine wulst- oder
PETRRFILE IE Cr 0er
ES
= SE ”
Se irrZ;
Fig. 8. Lamelle eines M. III. von Ele- Fie.:9. Lamelle eines M. III. von Ele- Fig. 10. Lamelle eines M. III. von Ele-
phas meridionalis Nesti. ?/s nat. Größe. phas antiquus Fale. 2/s. nat. Größe. phas primigenius Blumenb. Löß, Rhein-
Val d’Arno, Italien. Mosbacher Sand. thal. ?°/s nat. Größe.
kammartige Auftreibung im Schmelz fort, oft bis zur Spitze der Lamelle, oft schon wenig über der mittleren
Höhe ausflachend (Fig. 8, 9). Selbst an den Molaren ein und derselben Art ist die Höhe dieser Auftreibung
sehr großen Schwankungen unterworfen. An einzelnen Stücken ließ sich eine Gabelung dieses Schmelz-
rückens beobachten (Fig. 10). Neben der Hauptauftreibung lassen sich häufig kleinere Schmelzfalten
wahrnehmen. Das ganze System ist aber ebenso wie die als Ausgangspunkt dienende Schmelzbrücke stets
auf die mittlere Partie der Lamelle resp. den Mittelpfeiler beschränkt. Diese hochziehende Schmelzfalte
findet sich auch an den Lamellen, die eine derartige Schmelzbrücke nur sehr schwach entwickelt zeigen,
PR re
wie es bei den vorderen Lamellen häufiger der Fall zu sein scheint. Zumeist ist sie ziemlich genau in der
Mediane des Zahnes entwickelt, sie kann sich aber auch mehr oder weniger lateral vorfinden und ist meist
einmal, seltener zweimal zwischen zwei Lamellen vorhanden. Auf der Kaufläche ist diese Verwachsung
als sogenannte „‚Medianfusion‘ bekannt, die je nach der Höhe der Schmelzbrücke einmal früher, einmal
später durch die Abrasion zur Erscheinung kommt. Die wulst- oder kammartige Auftreibung, die von
der Schmelzbrücke nach oben läuft, bewirkt auf der Kaufläche eine Ausbuchtung oder Auszackung an der
proximalen wie distalen Wand der Schmelzfigur. Die Stärke dieser Zacke, ihr früheres oder späteres Auf-
treten je nach dem Grade der Abkauung, ist natürlich lediglich durch die Höhen- und Stärkenentwicklung
der Schmelzfalte bedingt. Für die Herausbildung rhombischer Schmelzfiguren muß dieser Auftreibung
und den sie begleitenden kleineren Falten die größte Bedeutung beigemessen werden. Stets finden wir
ausgeprägte Rhombenform der Schmelzfiguren mit starker Ausbildung medianer Zackung vereinigt. Der
Einfluß, den die basale Schmelzbrücke mit ihrer nach oben fortsetzen-
den Schmelzfalte je nach dem Grade ihrer Entwicklung auf die Form
der kompletten Schmelzfigur, besonders der medianen Partie ausübt
ist unbestreitbar Es ist: von größter Bedeutung, 7daßb7ın dieses
sicht El. meridionalis, El antiguus, El. trogounther nwund Alpe
genius prinzipielle Unterschiede nicht aufweisen.
Beachtenswert ist ferner die Tatsache, daß die Lamellen der vier erwähnten Spezies eine basalwärts
zunehmende Körnelung, Fältelung und Wucherung des Schmelzes zeigen. Bei fortschreitender Abra-
sion muß sich dieses Verhalten durch eine stärkere Fältelung des Schmelzes geltend machen. Daß diese
von oben nach unten zu erfolgende Abänderung des Schmelzes bei den verschiedenen Arten sowie bei ver-
schiedenen Individuen einer Art einmal in stärkerem, einmal in schwächerem Maße entwickelt ist, er-
scheint bei der großen Variabilität dieser Elefanten nicht erstaunlich. Jedenfalls sind zwischen den vier
Arten auch in diesem Punkte nur Differenzen gradueller Natur vorhanden.
DieSchmelzstärke ist am bedeutendsten in der obersten Partie der Lamelle. Von hier nimmt
sie wenig ab bis zur definitiven Verschmelzung der drei Pfeiler. Im mittleren und im oberen Teil des unte-
ren Drittels bleibt sie zumeist gleich oder wird wieder etwas stärker, um dann basal allmählich ganz auszu-
dünnen. Von der Seite gesehen, zeigen die Schmelzbüchsen der Mandibelmolaren eine zumeist beträchtliche
Verbreiterung nach unten, die der Maxillenmolaren eine mehr säulenförmige, wenig verdiekte Gestalt. Auch
in diesem Merkmal zeigen die verschiedenen Arten sowie die verschiedenen Individuen einer Art nicht
unerhebliche Schwankungen.
Die verschiedenen Stadien der Abkauung ergeben auf der Kaufläche folgende Verhältnisse: Nach
begonnener Abrasion treten die Teilmammillen der Pfeiler als runde Schmelzringe auf die Kaufläche. Sie
verschmelzen meist schnell zu den drei Teilfiguren, diese dann langsamer zur kompletten Schmelzfigur
und zwar immer derart, daß sich an Oberkiefer- und Unterkieferzähnen die innere laterale zuerst mit der
medianen Figur vereinigt, und das äußere Dritteil noch kurze Zeit frei bleibt. Dieses Verhalten resultiert
aus der Tiefe der Hauptspalten und der Höhe der Lateralpfeiler, wie ich es oben besprochen habe. Bei
El. antigwus zeigt schon die mediane Figur vor Verschmelzung mit den lateralen die charakteristische Zak-
kung und Fältelung, die bei weiterer Abkauung noch zunimmt. Bei El. meridionalis, besonders aber El.
lrogontherii und primigenius erscheinen Fältelung und Zackung meist erst nach der definitiven Verschmel-
zung, da bei ihnen die „‚Auftreibung‘“ nicht so hoch hinaufreicht. Sie ist bei genannten Arten auch nur
selten in dem Maße wie bei El. antiguus entwickelt. Bei fortschreitender Abkauung werden die Schmelzfiguren
immer länger und rücken näher aneinander, die Cementintervalle kürzer, bis schließlich die Lamellen bis
zur „Schmelzbrücke‘“ abgekaut sind. Jetzt erfolgt zwischen zwei benachbarten Lamellen „Medianfusion‘“.
Hatte bisher die Fältelung des Schmelzes ungefähr den gleichen Grad bewahrt, so tritt sie nach eingetre-
tener Fusion allmählich zurück und verliert sich bei fortgesetztem Dünnerwerden des Schmelzes immer
mehr. Für die Beurteilung stark abradierter Molaren sind diese Verhältnisse sehr wichtig.
2. Bau der Molaren.
Hat die eben geschilderte Abrasion der Einzellamelle alle Lamellen eines Zahnes ergriffen, so ent-
stehen bei fortschreitender Abkauung schließlich die sogenannten ‚Abrasionsreste“, die auf der Kaufläche
nur noch Spuren von Schmelz oder im extremsten Falle eine einheitliche Dentinmasse darstellen. Sind noch
Schmelzreste vorhanden, so bilden sich häufig vor ihnen tiefe Aushöhlungen in dem weicheren Dentin.
Zwischen Ober- und Unterkiefermolaren bestehen nun nicht unwesentliche Unterschiede in Form
und Aufbau. Die ersteren sind höher und breiter mit einer meist schwachen Biegung in der Longitudinale
nach innen. Letztere sind niedriger und schmäler mit einer zumeist recht bedeutenden Biegung nach außen.
Diese wird, wenn sie sehr stark ist, zuweilen durch Einschiebung einer „Halblamelle‘‘ an der Stelle stärk-
ster Biegung kompensiert. Die Halblamelle war im Wachstumsstadium aber wohl als Ganzlamelle an-
gelegt und ist erst im Laufe der weiteren Entwicklung auf die Außenseite gedrängt worden. Die Stellung
der Lamellen ist an Ober- und Unterkieferzähnen verschieden. In horizontaler Richtung sind sie bei bei-
den mehr oder weniger radiär angeordnet; es fällt aber bei Unterkieferzähnen das Zentrum nach innen,
bei Oberkieferzähnen nach außen. In vertikaler Richtung stehen die Lamellen ebenfalls radıär. Bei Un-
terkieferzähnen divergieren sie von der Spitze der Zahnkrone nach der Zahnbasis, bei Oberkieferzähnen
umgekehrt von der Zahnbasis nach der Zahnkrone. Dieses Verhalten bei letzteren ist aber nur bei primiti-
ven Formen, EI. planifrons, seltener El. meridionalis deutlich ausgeprägt, bei jüngeren Formen El. anti-
quus, trogontherii und Primigentus ıst es einer mehr parallelen Stellung der Lamellen gewichen. Eine ge-
wisse Regelmäßigkeit ım Auftreten seitlicher Digitellen läßt sich in der Weise beobachten, daß Oberkiefer-
molaren zumeist innen, Unterkiefermolaren zumeist außen derartige Bildungen zeigen.
Pressionseffekte.
Der Molarennachschub findet bei den Elefanten bekanntlich nicht vertikal von unten nach oben,
sondern mehr horizontal von hinten nach vorn statt und zwar in der Weise, daß sich der folgende Molar
im Unterkiefer von hinten unten nach vorn oben bewegt, im Oberkiefer von hinten oben nach
vorn unten. Der nachrückende Molar übt nun auf die Proximalwand des vorhergehenden einen sehr beträcht-
lichen Druck aus, der zu einer Einbiegung der letzten Lamellen dieses Molaren führt. Diese Einbiegung
wird als „Pressionsmarke“ bezeichnet. Die Stelle des größten Druckes ist bei Un-
terkieferzähnen mehr nach außen, bei Oberkieferzähnen mehr nach
innen gelegen. An dem proximalen Talon und der letzten sowie der vorletzten Lamelle kann die
Pression bedeutende Verschiebungen hervorrufen, zu denen vor allem eine 2-Pfeilerteilung der letzten La-
ae
mellen und die Auflösung des Talons, oft auch der letzten Lamellen in eine Häufung unregelmäßig ange-
ordneter Digitellen zu rechnen sind. Die Umbildung aus einer 3-teilig angelegten in eine 2-teilige Lamelle
ist folgendermaßen zu denken: Der Medianpfeiler und ein Lateralpfeiler werden vollständig auf die Seite
gedrückt, wobei die sie trennende Hauptspalte meist eine Verkürzung erfährt. Demgegenüber zeigt der
andere Lateralpfeiler, auf den der Druck direkt wirkt, eine größere Breitenentwieklung. Die trennende
Hauptspalte erfährt infolge des direkten Druckes eine Vertiefung und spaltet nun die ganze Lamelle in 2
gleichstark entwickelte Teile, indem auf der einen Seite ein starker Lateralpfeiler dem Median- und zweiten
Lateralpfeiler vollkommen entspricht. Denselben Druck, der auf das Proximalende des vorderen Molaren
Fig. 11. M. II. max. dextra von Elephas trogontherii Pohl. Fig. 12.
Süßenborn b. Weimar. !/2 nal. Größe.
wirkt, hat nun auch das Distalende des Druck ausübenden Molaren zu ertragen. Und so finden sich auch
hier starke Pressionserscheinungen. An einigen Molaren von Süßenborn konnte ich beobachten, daß der
Talon vollständig an die erste Lamelle herangequetscht war unter Auflösung in seine durch Druck tiefer ge-
spaltenen Mammillen. Meistens erstreckt sich die Pression aber auch auf die ersten Lamellen. So waren
an einem Molar die beiden Lateralpfeiler der ersten Lamelle von dem breit gedrückten Medianpfeiler ganz
fortgequetscht unter Vertiefung der Trennungsspalten und erschienen wie Digitellen auf der Kaufläche,
während die II. und III. Lamelle schon verschmolzen waren. In vielen Fällen läßt sich die Wirkung der
Pression bis fast in die Mitte des Zahnes verfolgen, wie es z. B. bei nebenstehendem M. II. max. dext. aus
Süßenborn der Fall ist (siehe Fig. 11). Es zeigt sich deutlich, daß die rechte Hälfte der Lamellen gegen die
linke stark verschoben ist, daß diese Verschiebung, je weiter wir uns vom Distalende, d. h. der Druckfläche
nach hinten entfernen, desto schwächer wird und schließlich ganz ausklingt. Auf der rechten Seite zeigt
sich nun in diesem Abrasionsstadium eine halbe Lamelle mehr als links. Das erklärt sich einfach dadurch,
HE
daß die rechte Hälfte der jetzt fehlenden ersten Lamelle am stärksten nach hinten verschoben wurde, die
linke Hälfte sich also weiter vorn befand und infolgedessen schneller der Abrasion unterlag. Die Verschie-
bung der beiden Lamellenhälften wird durch Einquetschung des Talon auf die rechte Seite entstanden sein,
wie ich es in einer schematischen Zeichnung (Fig. 12) ergänzend angedeutet habe. Die gestrichelten Schmelz-
partien bezeichnen die im vorliegenden Abkauungsstadium vorhandenen Schmelzteile, die punktierte
Linie gibt die erhaltene, durch Abkauung und Abbröckelung entstandene Grenze der Kaufläche an.
Mit diesen Pressionserscheinungen hängt die auffällig frühe Fusion zusammen, die eine ungewöhn-
liche Höhe der sonst auf den basalen Teil beschränkten Schmelzbrücke voraussetzt. Bei noch stärkerem,
schon im Anlagestadıum der Lamellen wirkendem Druck kann eine völlige Zerreißung der linken und rech-
ten Lamellenhälften eintreten, die sich dann unter Ausscheidung einer Halblamelle in falscher Reihenfolge
wieder zusammenschließen, wie es der bei Owen Fig. 92, 94, bei Pohlig Fig. 58 abgebildete Maxillen-
molarszeiee Das Vorkommen von Halblamellen ist überhaupt meist auf
Pressionserscheinungen zurückzuführen.
Derartig starke Pressionserscheinungen finden sich nur bei Formen mit dünnerem Schmelz, deren
Molaren also ein plastischeres Material darboten als die diekplattigen Molaren des El. meridionalis und des
älteren El. antiguus und trogontheriü.
Tortuose Molaren.
Als pathologische Erscheinung ist eine starke seitliche Umbiegung der letzten Lamellen an letzten
Molaren nach innen aufzufassen, die als ‚‚tortuose‘ Molaren bezeichnet werden. Blainville (I. T. III
Atlas Pl. VII, IX) bildet einen letzten Oberkiefermolar und einen letzten Unterkiefermolar eines Indivi-
duums von El. indicus ab, die beide tortuos sind, der Oberkiefermolar allerdings in beträchtlich stärkerem
Grade als der Unterkiefermolar. Ganz entsprechend findet sich Tortuosität auch bei den fossilen Elefan-
ten viel ausgeprägter an Oberkielermolaren, während auch nur wenig tortuose Unterkiefermolaren sehr
selten sind. Ich selbst kenne unter dem deutschen Material nur einen derartigen Unterkiefermolar. Es
ist ein etwas diminutiver Zahn des El. trogontherii von Süßenborn im Museum zu Weimar, der nur an den
letzten Lamellen eine schwache Einbiegung nach innen zeigt. Wäre diese Erscheinung auf zu schnelles
Wachstum dieser Molaren zurückzuführen, wie Pohlig meint, so müßten sich vor allem in stärke-
rem Maße als gewöhnlich Pressionseffekte am Distalende derartiger Molaren bemerkbar ma-
chen. Das ist aber durchaus nicht der Fall. Die Pressionserscheinungen übersteigen das Maß der an nor-
malen Molaren zu beobachtenden nicht. Eine befriedigende Erklärung für das Auftreten derartiger Mo-
laren kann jedenfalls heute noch nicht gegeben werden.
Symmetrieverhältnisse.
Schon Pohlig hat darauf hingewiesen, wie ausgezeichnet die Zähne eines Paares häufig selbst in
Kleinigkeiten übereinstimmen, z. B. Digitellenbildung, Pfeilerbildung, Halblamellen ete. Abweichend von
dieser Symmetrie zeigen nun häufig zwei zusammengehörige M. III. oder M. II. eine verschiedene Lamellen-
zahl, ein Zahn führt 1—2 Lamellen mehr. Auf Grund meiner Untersuchungen, auf Grund der Angaben
Pohligs, Weithofers, Leith Adams’, Falconer’s habe ich feststellen können, daß,
wenn überhaupt eine Asymmetrie zu beobachten ist, stets der rechte Zahn mehr Lamellen
hat als der linke.
IE
Nun hat Leisewıtz (Il) einen stärkeren Gebrauch der rechten Gebißseite für verschiedene Affen-
gattungen, für Rehe, Antilopen, für Nemorrhaedus, Tapir und Zebra nachgewiesen; der berühmte Dax-
lander Schädel des Rhinoceros Merkii zeigt nach Leise witz ebenfalls diese Erscheinung. Die vor-
kommende kräftigere Ausbildung der rechten Gebißseite bei den Ele-
fanten spricht aueh bei dieser Gattung für einen stärkeren Gebrauch
dieser Seite, für eine dureh stärkeren Gebrauch hervyoreserntiener ken
tigere Entwicklung.
Aeltere Elefanten: El. planifrons, El. meridionalis, der ältere El. trogontherii und antiguus haben
kein Beispiel für eine rechtsseitig größere Lamellenzahl gegeben; erst der jüngere El. antiguus und tro-
gontherii, vor allem El. primigenius brachten eine derartige Verstärkung der rechten Gebißseite häufiger
zur Entwicklung. In ihrer Anlage ist diese Ausbildung jedenfalls zurückzuführen auf einen stärkeren
Gebrauch der rechten Gebißhälfte auch sehon beı den Vorfahren, die selbst auf der rechten Seite noch
keine größere Lamellenzahl besessen haben.
Wurzeln.
Die Zahnwurzeln geben mit einer Ausnahme — die M.M. III. mand. des jüngeren El. antiguus —
keine Anhaltspunkte für Speziesbestimmung, sie sind bei den vorliegenden vier Arten immer in derselben
\WVeise ausgebildet. Bei allen Zähnen zerfällt die Wurzelpartie in einen vorderen kleineren und einen hin-
teren größeren Teil, der wenigstens bei den echten Molaren stets in zahlreiche, in 2 Reihen angeordnete,
kleine Wurzeläste aufgelöst ist. Der vordere Teil trägt an den Milchmolaren 1—2, an den echten Molaren
2—3, selten 4 Lamellen; er ist manchmal gespalten. Die zahlreichen Wurzeläste des hinteren Teiles gehen
seitlich vom Zahn aus und lassen in der Mediane zumeist eine Fläche frei, die „Zahnkronenbasis“, die sich
im allgemeinen bei Mandibel- und Maxillenmolaren nach hinten mehr oder weniger verbreitert. Bei Ober-
und Unterkiefermolaren zeigt sich ein Unterschied in dem Verhalten der Wurzeläste. Bei Oberkiefermo-
laren sind die äußeren meist schon bald zu einem wandartigen Gebilde verschmolzen, während die inneren
länger [rei herausragen. Bei Unterkieferzähnen sind die inneren eher verbunden, während die äußeren
[reı bleiben.
Eine bestimmte, alle Verhältnisse umgreifende Gesetzmäßigkeit ließ sich allerdings nicht beob-
achten. In dem Maße, wie der Zahn abgekaut wird, verschmelzen die einzelnen Wurzeläste und bilden
schließlich an stark abgekauten letzten Molaren eine oft sehr hohe Dentinwand.
Die allgemeinen Verhältnisse in der Dentition erläuternde Abbildungen finden sich bei Pohlig
(ll. S. 135—162).
Aus dem Vorstehenden ergeben sich folgende wichtige Momente für de Bestimmung der
Stellungeines Zahnesim Gebiß.
Die verschiedenen Milchmolaren und Molaren wird man nach der Lamellenzahl und den Kronen-
dimensionen zumeist unterscheiden können. Größere Schwierigkeiten macht das allerdings bei den M.M. I.
und M. I. einerseits und den M. I. und M. II. andererseits. In vielen Fällen ist eine definitive Bestim-
mung überhaupt unmöglich, nur der Geübtere wird im Stande sein, aus der Summe verschiedener, im
allgemeinen unbedeutender Merkmale (Stärke der Pression proximal wie distal, Dicke des Schmelzes,
Verhältnis zwischen der Länge einer Schmelzfigur und der des zugehörigen Cementintervalls, mehr gra-
er | ER
ziler oder kräftiger Bau des ganzen Zahnes etc.) die wahre Stellung des Molaren im Gebiß zu erkennen.
Für Unterkiefermolaren hebe ich folgende, an M. III. natürlich am charakteristischsten ausgebildeten
Merkmale hervor: Divergenz der Lamellen von der Spitze der Zahnkrone nach der Basis, eine Verdickung
der Lamellen nach der Basis, die Konkaviıtät der Kaufläche. Rechte und Linke wird man unterscheiden
können an der stets nach außen gerichteten Biegung in der Longitudinale, an der späteren Verschmelzung
des äußeren Dritteils mit der medianen Teilfigur, an der außen bedeutenderen Höhe.
Für Oberkiefermolaren: Die ziemlich parallele Stellung der Schmelzbüchsen, ihre zumeist säulen-
förmige, selten etwas verdickte Form in Seitenansicht, ihre konvexe Kaufläche. Rechts und links kann
man bestimmen aus der stets nach innen gerichteten Biegung des Zahnes, aus der späteren Verschmel-
zung des äußeren Dritteils, aus der größeren Höhe innen.
Erheblicheren Schwierigkeiten als bei gut erhaltenen Molaren begegnet bei Zahnbruchstücken, zu-
mal wenn sie stark abradiert sind, eine Bestimmung. Nur in wenigen Fällen wird es gelingen, die Stellung
des Zahnes im Gebiß sicher festzustellen. Als allerdings häufig versagende Bestimmungsmomente kom-
men da in Betracht: die Breite der Kaufläche, Schmelzstärke, eventuell auch die Zahnhöhe. Bruchstücke
von Milehmolaren sind von denen der echten Molaren meistens zu unterscheiden. Man wird häufiger schwan-
ken, ob das Stück einem M. III. oder M. II., einem M. II. oder M. I. angehört. Oben oder unten, rechts
oder links lassen sich mit wenigen Ausnahmen sicher bestimmen, das erstere nach Konvexität resp. Kon-
kavität der Kaufläche, eventuell nach der Stellung der Schmelzbüchsen. Um die rechte oder linke Stel-
lung des Bruchstückes zu entscheiden, wird man zur Orientierung vor allem vorn und hinten bestimmen
müssen. Das kann man erstens aus dem Verhalten der Schmelzfiguren, indem die vorderen länger sind als
die hinteren und die Cementintervalle bei ihnen kürzer, zweitens aus dem Verlauf der Zahnbasıs, die von
vorne nach hinten breiter wird. Rechts oder links geht dann aus der Biegung des Stückes hervor, sobald
es zu dieser Beobachtung groß genug ist, fast immer aber läßt es sich aus den Höhenmaßen bestimmen
(siehe oben). Eine weitere Möglichkeit bietet in manchen Fällen die Länge des Cementintervalls an der
Innen- und Außenseite der Kaufläche. Bei Oberkiefermolaren ist der Cementintervall zumeist außen länger
und innen kürzer, bei Unterkiefermolaren umgekehrt.
Liegen noch unverschmolzene Lamellen vor, so entscheidet auch die Art, in der die lateralen Teilfiguren
mit der medianen verschmelzen, wie es oben besprochen wurde. Liegen distale oder proximale Bruchstücke
vor, so werden vorhandene Pressionserscheinungen auch Aufschluß geben können, ob der Zahn der rech-
ten oder linken Kieferhälfte zugehört. Bei Oberkieferzähnen findet proximal eine Verdrückung des Zah-
nes von innen nach außen, distal von außen nach innen statt. Bei Unterkiefermolaren proximal von außen
nach innen, distal von innen nach außen.
Die Lage der Pressionserscheinungen in dem eben angegebenen Sinne kann auch für die Bestim-
mung von mehr nach der Mitte zu gelegenen Bruchstücken mit nur wenig verdrückten Lamellen wert-
voll werden.
Zum Schluß führe ich die Entwicklungstendenzen an, die für die Molarendentition aller Elefanten
von bestimmendem Einfluß sind. Von älteren zu jüngeren Formen lassen sich folgende, auf phylogeneti-
schem Wege entstandenen Abweichungen konstatieren, von denen außer der ersten die übrigen 4 ledig-
lich auf Abänderungen der die Molaren zusammensetzenden Lamellen
beruhen, und den Molar als Einheit erst indirekt modifizieren:
Palaeontographica. Bd. LX. 3
1. Ein Zunehmen der Lamellenzahl.
Damit verbunden ein engeres Aneinanderrücken der einzelnen Schmelzscheiben und eine immer
D
stärker hervortretende Dünnplattigkeit der letzteren. Die Größe für die Länge einer Schmelz-
lamelle und dem zugehörigen Cementintervall wird dadurch immer geringer.
Ein Dünnerwerden des Schmelzes.
Ein bedeutendes Höhenwachstum der Molaren.
Eine starke Entwicklung des Medianpfeilers in Verbindung mit einer Reduktion der Lateral-
IN
ON
pfeiler. Aus dem Verschmelzungstyp lat. Jam. med. an. geht so allmählich der jüngere lat. an.
med. lam. hervor.
II. Tneisor.
Pohligs erschöpfenden Untersuchungen über diesen Gegenstand habe ich kaum neues hinzu-
zufügen. Erwähnen möchte ich einen juvenilen permanenten Incisor des El. primigenius zu Karlsruhe,
der an der Spitze eine in Resten erhaltene Schmelzkappe aufweist, sich also den schon bekannten
üxemplaren dieser Art anreiht. Mit W.O. Dietrich (Il. S. 230) bin ich der Ansicht, daß die mehr oder
weniger gebogenen und torsionierten, von hinten nach vorne an Dicke nur wenig abnehmenden Stoßzähne
aus alt- und altmitteldiluvialen Ablagerungen dem El. trogontherii und nicht El. primigenius zugeschrie-
ben werden müssen. Als Fundplätze für diese Zähne kämen in Deutschland vor allem die Schotter von
Süßenborn, die Mosbacher Sande und die unteren Partien der Schotterterasse von Steinheim in Betracht.
Ueber Torsion und Biegung vergleiche das auf Seite 89 ff. Gesagte.
Zu den Maßen und Tabellen.
In der Methode des Messens bin ich E. Wüst gefolgt. Die Maße wurden mit einem Gleitzirkel
genommen, ihre Angabe versteht sich in Millimetern.
Als Länge bezeichne ich die Luftlinienentfernung vom vorspringendsten Punkt des Distalendes
bis zum vorspringendsten Punkt des Proximalendes der oberen Kronenpartie, in der Gegend der Mediane
des Zahnes gemessen. Das Maß wurde immer derart genommen, daß auch ein sehr niedriger proximaler
Talon miteinbegriffen wurde.
Als Breite bezeichne ich die breiteste Schmelzfigur, ohne aber die Cementmasse mitzumessen, die
die Seiten des Zahnes umgibt.
Als Höhe bezeichne ich die Entfernung in der Luftlinie von der Spitze der höchsten Lamelle, also
zumeist der letzten angekauten oder der ersten unangekauten bis zur Kronenbasis, sodaß eventuell vor-
handene Wurzeln nicht mitgemessen wurden. Und zwar wurde dieses Maß stets auf der höchsten Seite ge-
nommen, bei Unterkiefermolaren also zumeist außen, bei Oberkiefermolaren innen. Beim Breiten- sowie
beim Höhenmaß besagt die kleine in Klammern gesetzte Zahl, an welcher Lamelle das Maß genommen wurde.
Die Länge Schmelzlamelle -+ Gementintervall habe ich in der gleichen Weise wie Wü st berech-
net aus der Zahnlänge und der Lamellenzahl. Dieses Maß hat sich ausgezeichnet bewährt. Ich nenne es
fortan Längen-Lamellen- Quotient und führe es im Text wie in den Tabellen unter der Abkürzung L.L.Q.
an. Daß bei verletzten Zähnen kleine Korrekturen nötig waren, um vergleichbare Werte zu erhalten, ist
selbstverständlich. Auch darin folge ich dem Vorangang von Wüst. Wie er setze ich vor den ausgerechneten
Quotienten die Zahlen, aus denen er gewonnen wurde, sodaß die Größe einer eventuellen Korrektur leicht
ersichtlich ist.
Wie aus den Tabellen selbst hervorgeht, sind — abgesehen von wenigen neuen — die gleichen Rubri-
ken zur Anwendung gekommen, die Wüst angegeben hat. Auch in der Bedeutung der Zahlen und Zei-
chen habe ich mich erwähntem Autor angeschlossen, allerdings einige Neuerungen eingeführt.
Unter der Rubrik „Lamellenformel“ gibt die Zahl die vorhandene Menge von Schmelzlamellen
an. Ein x vor und nach dieser Ziffer bezieht sich auf den distalen resp. proximalen Talon. Ist der Zahn
vorn oder hinten lädiert, so ist das an der betreffenden Stelle durch einen Strich angedeutet. Die kleinere
Zahl über dem Strich gibt die Anzahl der schätzungsweise fehlenden Lamellen an. Sind infolge stark fort-
geschrittener Abkauung einige Lamellen gänzlich abradiert, so habe ich vor die betreffende Zahl das in
der Mathematik gebräuchliche Zeichen für „unendlich“ gesetzt. Wiederum gibt eine kleine Zahl über
diesem Zeichen die Anzahl der mutmaßlich fehlenden Lamellen an.
Eine neue Rubrik habe ich eingeführt für de Form der Schmelzbüchse in Profilansicht.
Während die Lamellen der Antiquusmolaren, so gesehen, meist eine gleichmäßige Säulenform aufweisen,
zeigen die der Trogontheriizähne nach oben ein flaches Auslaufen (konisch), nach unten ein oft sehr bedeu-
tendes Anschwellen, sodaß sie die Gestalt eines spitz ausgezogenen Obelisken erhalten. Ich habe die betref-
fende Kolumne deshalb „Dickenzunahme der Schmelzbüchsen‘‘ überschrieben.
Neu in meinen Tabellen sind ferner die Angaben über die Mammillenzahl. Wenn diese, auf die ganze
Schmelzbüchse bezogen, auch durchaus kein spezifisches Charakteristikum bietet, so ist doch sehr wert-
voll die Feststellung, ob die Lateralpfeiler Mammillen tragen oder ungespalten sind. Da uns nur für die
beiden Extreme des Verschmelzungstyps genaue Bezeichnungen zu Gebote stehen, so ist oben er-
wähnte Feststellung allein geeignet, eine mehr oder weniger intermediäre Verschmelzung zu erläutern.
Abweichend von Wüst habe ich ferner Maxillen- und Mandibelmolaren getrennt aufgeführt, da eine
gemischte Anordnung ein nicht ganz klares Bild gibt. Indem nämlich die Lamellen der Maxillenmolaren
zumeist enger stehen als die der Mandibelmolaren, so wird der L.L.Q. für beide verschieden sein. Auf diese
Weise könnte ein Mandibelmolar eines pachygonalen El. primigenius den gleichen L.L.Q. aufweisen wie
ein Maxillenmolar der gleichen Serie von El. antiquus oder El. trogontherii. Bei getrennter Aufführung
sind derartige, das Gesamtbild einer Tabelle beeinträchtigende Eventualitäten ausgeschlossen. .
Der größte Teil aller gut erhaltenen Molaren wurde in die Tabellen aufgenommen und zwar haupt-
sächlich die des El. trogontherii und El. antiquwus von Mauer, Mosbach, Süßenborn, Taubach. Zu Vergleichs-
zwecken habe ich auch Molaren des El. meridionalis und El. primigenius mitangeführt, über die ich im Text
keine näheren Angaben gemacht habe, die aber geeignet sind, die erwähnten Entwicklungsgesetze im Ge-
samtbild der Tabelle gut zu illustrieren.
Die Molaren sind nach den wichtigsten Fundpunkten mit wenigen Ausnahmen in folgender Reihen-
folge angeordnet: El. meridionalis aus der Val d’Arno, El. antigquus von Mosbach, Mauer, Taubach und
Burgtonna, El. trogontherii von Mosbach, Süßenborn, El. primigenius von verschiedenen, meist süddeut-
schen Lokalitäten. Die Molaren jedes Fundpunktes haben ihre eigene Nummerierung, unter der sie in den
Tabellen wie im Text aufgeführt sind. Die Molaren von Steinheim a. d. Murr sind in den Tabellen nicht
mit aufgeführt, da mir der größte Teil des Materials erst nach Fertigstellung der Tabellen zur Untersu-
chung vorlag.
Molaren des El. primigenius aus dem Löß und den Rheinkiesen im Naturalienkabinett zu Karls-
ruhe sind fortlaufend ohne Rücksicht auf den Fundpunkt nummeriert; in gleicher Weise die Elefantenmolaren
des Rosgartenmuseums zu Konstanz, des Geologischen Instituts zu Freiburg, des Museums zu Gera,
des Naturalienkabinetts zu Mannheim.
Behandlung des Materials von Mauer, Mosbach, Steinheim, Taubach-Ehrings-
dorf, Burg-Tonna, Süssenborn und der Begleitfaunen.
Ich bespreche im Folgenden die Molaren, Ineisoren und Mandibeln des El. antiguus und trogontherii
im Rahmen der einzelnen Fundorte. Anschließend behandle ich die begleitende Fauna nach vorwiegend
statistischen Momenten. Eine scharfe Abgrenzung einzelner Spezies, eine Detailbehandlung der Cerviden,
Equiden etc. ist nicht Aufgabe dieser Arbeit.
Schon an dieser Stelle möchte ich betonen, daß bei Faunenvergleichen nach den Maßenverhält-
nissen der einzelnen Spezies die größte Vorsicht geboten erscheint. Wenige neue Funde können das be-
stehende Verhältnis in Einzelheiten leicht umstoßen. Ich beschränke mich daher auf die Heraushebung
der Hauptmomente, ohne einer feineren Differenzierung allzu großen Wert beizumessen. In der Anord-
nung des Stoffes konnte weder das Alter der Ablagerungen, noch eine Trennung nach den verschiedenen
Spezies der Elefanten allein maßgebend sein. Bei dem Versuch, beide Gesichtspunkte zu berücksichtigen
und vor allem die Behandlung des El. antiguus nicht zu sehr auseinanderzureißen, mußten die Kiese von
Süßenborn, die ja unzweifelhaft älter sind als die Travertinbildungen von Taubach und Tonna, an das
Ende dieses Abschnittes gestellt werden.
Hinsichtlich der Einordnung der einzelnen Faunen in verschiedene Perioden des Pleistozän habe ich
die Pen ck’sche Einteilung gewählt, unterscheide also 4 Glazialzeiten und 3 Interglazialzeiten, ohne damit
allerdings dieser Gliederung für alle Gebiete Europas rückhaltlos beizupflichten. Eine derartige, doch in
jedem Falle etwas schematisierende Einteilung und Aufteilung der Faunen in verschiedene Glazial- und
Interglazialzeiten hat aber mit der Richtigkeit einer relativen Altersbestimmung nichts zu tun: die
gegenseitigen Altersverhältnisse der einzelnen Faunen, ob jünger oder älter, bleiben auch bei der
Annahme von mehr oder weniger Glazialzeiten bestehen.
Die Begriffe Glazialzeit und Interglazialzeit werden heute von vielen Autoren rein zeitlich gefaßt.
Ich'kann mich dieser Auffassung, dieauch Wüst vertritt: „„Glazialzeiten sind Zeiten mit stärkerer Glet-
scherentfaltung als heute, Interglazialzeiten solche mit gleicher oder geringerer Gletscherentfaltung als
heute“, in dieser Fassung nicht anschließen. Erstens zeigen die Arbeiten der schwedischen Geologen, daß
auch in unseren Interglazialzeiten die Vergletscherung Skandinaviens bedeutend größer war als heute;
zweitens ist es gar nicht erwiesen, daß in einem in den „Glazialzeiten‘‘ nicht vereisten, vom Rande des
Inlandeises entiernter gelegenen Gebiet die klimatischen Differenzen zwischen Glazialzeit und Intergla-
zialzeit so bedeutende waren. Ich verbinde deshalb mit beiden Begriffen nicht nur einen zeitlichen,
sondern auch einen räumlichen Unterschied und nehme daher mit Geinitzund Frech und ver-
schiedenen anderen Geologen nur eineEiszeit mit verschiedenen Vorstößen an. Unter einem derarti-
gen Eisvorstoß oder einer „Glazialzeit‘“ verstehe ich dann ganz allgemein die Zeit vom Beginn des Vor-
rückens der Gletscher bis zum vollständigen Zurückgehn auf die stets, auch in den Interglazialzeiten vor-
handenen Eismassen (Eiskalotte in Skandinavien), unter einer Interglazialzeit die Zeit, in der die Eismassen
in dieser Ausdehnung verharrten.
Mauer bei Heidelberg.
Die geologischen Verhältnisse, unter denen sich bei Mauer im Elsenztale die altdiluviale Fauna mit
El. antiguus F ale. findet, sind durchSauer (I) und neuerdings durch Schoetensack (I) hinreichend
bekannt geworden!: Die Mauerer Kiese gehören dem 1. Interglazial an. An Elefanten liegen von diesem
Fundort mit zwei Ausnahmen lediglich Reste eines typischen El. antiquus Falc. vor. Und zwar?:
Te
a) Im zoologischen Museum der Universität Heidel-
berg:
1 Cranium (Ganesa) mit Mandibel,
M. II ın Funktion, M. 1. als
vorhanden.
Abrasıonsrest
b) Im geolog.-paläontol. Institut der Universität
Heidelberg:
1 Mandibel mit M. I.
M. II. noch nicht angekaut.
4 Mandibel mit M. I. ın Funktion,
M. Il. kaum angekaut.
4 Mandibel mit M. II. in Funktion,
Abrasionsrest von M. I. vorhanden.
in Funktion,
Maxillenpartie mit M. Il. in Funktion.
Maxillenpartie mit M.M. II. und M.M. III. in
Funktion.
M.M. Ill. mand. sin.
M.M. II. mand. dext.
M. I. max. sin.
Fe je
M. I. max. dext., am Proximalende lädiert.
M. II. mand. sin.
Im na mm
M. III. mand. dext., proximal lädiert.
1 Stoßzahn.
Einige Stoßzahnfragmente und Reste der Wirbel-
säule und des Extremitätenskeletts.
c) Im geologischen Institut zu Straßburg:
1 Mandibel mit M. II. in Funktion,
M. III. teilweise erhalten, nicht angekaut.
d) In den Sammlungen der badischen geologischen
Landesanstalt:
1 rechter Mandibelramus mit M. II. in Funktion,
M. I. als Abrasionsrest erhalten.
1 linke Maxille mit M. II. in Funktion.
Im Großherzogl. Naturalienkabinett zu Karlsruhe:
1 M. I., stark abgerollt.
SM:
1M.
17M.
e) In der Technischen Hochschule zu Karlsruhe:
max.
III. mand. sıin., dıstal stark lädiert.
III. mand. dext., nur Proximalende erhalten.
1 M. III. max. sin.
1 M. III. max. dext.
f) Im Landesmuseum zu Darmstadt:
1 Mandibel mit M.M. 1.
1. Mandibel mit M.M. Ill. und M.M. II.
ein Paar, distal stark verletzt.
1 Vergleiche auch die mir während des Druckes zugegangene Arbeit von A. W urm: Beiträge zur Kenntnis der diluvialen
Säugetierfauna von Mauer a. d.
NR Bd. LI. Hl. 1, 1912:
Elsenz (bei Heidelberg) I. Felis leo fossilis.
Jahresb. u. Mittl. d. Oberrheinischen geol. Vereins
? Das während der Drucklegung der Arbeit neu gefundene sowie das durch Aufstellung der Sammlungen der großherzogl.
hessischen geol. Landesanstalt zu Darmstadt und der badischen geol. Landesanstalt zu Freiburg zugänglich gewordene Material,
werde ich in einem Nachtrag behandeln.
1 linker Mandibelramus mit M.M. III. und M.M. II. El. antiquus F alec.-Typus zugehört.
1 M.M. Il. max. dext. g) Im geologisch-mineralogischen Institut Tübingen.
1 M. III. mand. sin., fragmentär. 1 M. II. od. III. max. sin., fragmentär.
1 Mandibel mit dem linken M. IIl., die keinem 1 rechter Mandibelramus (nur in Photographie).
Auffällig gegenüber dem Material anderer diluvialer Schotterkomplexe ist die relativ hohe Zahl
größerer Fundobjekte im Vergleich zu den einzelnen Zähnen, bemerkenswert auch die vorzügliche Erhaltung
selbst größerer Stücke. Abrollungserscheinungen lassen sich, abgesehen von dem einen Karlsruher Mo-
laren, kaum beobachten. Bedenkt man ferner, daß in diesen oft recht grobschottrigen Kiesen ein ganzes
Cranium mit dem über einen Meter langen Stoßzahn gefunden wurde, so erscheint der Schluß unabweis-
bar, daß alle diese Reste kaum einen Flußtransport mitgemacht haben können, daß El. antiquus Falc.
im Neckartale selbst gelebt hat.
Ein zweiter sehr beachtenswerter Umstand ist aus obiger Zusammenstellung ersichtlich: das völlige
Zurücktreten des letzten Molaren und demgegenüber die große Anzahl von Resten jüngerer, kaum ausge-
wachsener Individuen. Uebertragen wir die Beobachtungen, die am rezenten.El. indicus hinsichtlich des
zeitlichen Eintritts des Molarennachschubs angestellt worden sind, auf die Antiquusreste von Mauer, so
ergibt sich, daß 75,6% aller Individuen ein Alter von 4 Monaten — max. 45 Jahren erreicht haben. Von
älteren Tieren liegt an größeren Resten nur die Mandibel eines in seiner systematischen Stellung unsiche-
ren Elefanten vor. Sie sind sonst nur noch durch 6 mehr oder weniger lädierte Molaren vertreten, von de-
nen 2 zweifellos einem Individuum angehört haben, 1 eben erst angekaut ist!. In anderen Schotter-
komplexen finden sich gerade die M. Ill. in überwiegender Mehrheit; und zwar aus dem einfachen Grunde,
weil die Wahrscheinlichkeit, erhalten zu werden, für sie eine bedeutend größere ist, als für alle vorangegange-
nen Molaren. So waren in Mosbach bei 61,5 % des El. antigquus und bei 58,3% des El. trogontherii die M. I11.
in Funktion. In Steinheim umfaßten diese älteren Formen circa 693%, in Süßenborn sogar ca. 78% der
gesamten Reste. Desto auffälliger erscheint das Verhältnis in Mauer, wo solche ältere Tiere nur 24,4%
der Gesamtzahl ausmachen.
Man könnte in erster Linie die großen Raubtiere, besonders den Felis leo fossilis zur Erklärung
heranziehen. Aeltere und neuere Beobachtungen aber besagen, daß Elefanten, sobald sie eine bestimmte
Größe erreicht haben, von Raubtieren nicht mehr angegrilfen werden. Von den jüngeren Individuen zu
Mauer hatten aber ca. 65%, wie sich aus den Altersverhältnissen ergibt, diese Größe nicht unwesentlich
überschritten. Raubtiere allein können also das bestehende Mißverhältnis zwischen der Zahl alter und junger
Tiere nicht verursacht haben.
Aehnliches kenne ich nur von den Antiquusresten aus dem Travertine von Taubach-Ehringsdorf,
wo in erster Linie wohl der Mensch dafür verantwortlich gemacht werden muß. In Taubach wie in den
Schottern! von Mauer das Ueberwiegen großer Fundobjekte, in Taubach wie hier das Ueberwiegen jünge-
rer vor alten Tieren: Sollte nicht auch die Ursache die gleiche sein ?
Auf eine Einzelbeschreibung der Molaren kann bei ihrer geringen Divergenz an dieser Stelle ver-
! Einige weitere, besser erhaltene letzte Molaren sind mir erst während der Drucklegung dieser Arbeit zugänglich ge-
worden. In die Berechnung des Massenverhältnisses alter und junger Tiere sind sie aber schon hier mit einbezogen. Ihre
Bearbeitung mußte ich auf eine spätere Abhandlung verschieben.
zichtet werden. Ich gebe im Folgenden eine kurze Charakteristik der Antiquusmolaren von Mauer, mache
im Anschluß daran die Molaren namhaft, die in ihrer Lamellenzahl und in ihren Kronendimensionen nicht
in die von Pohlig angegebenen Grenzen fallen. Nur die wichtigsten Stücke werde ich eingehender be-
handeln. Näheres über die Maßverhältnisse der besseren Stücke findet sich in den Tabellen.
Spezilisch eigentümlich dem El. antiquus von Mauer ist die Art, in der bei fortschreitender Abrasion
an mandibularen Zähnen die Form der kompleten Schmelzfigur sich herausbildet. Sehr bald erscheint in
der Mediane der Proximalwand eine starke, ziemlich unvermittelt herausspringende Zacke, während die
Distalwand noch lange Zeit einen ungebuchteten geraden Verlauf nımmt. Erst bei stärkerer Abrasion tritt
der rhombische Umriß der Schmelzfigur deutlich hervor, dadurch, daß auch die Vorderwand eine mediane
Ausbuchtung bildet. An Maxillenzähnen ist die proximale Zacke nicht so kräftig entwickelt, überhaupt
eine Differenz in der Gestaltung der Vorder- und Hinterwand nicht beobachtbar. Schon kurz nach begonne-
ner Abkauung zeigt sich die Rhombenform der Schmelzfiguren in typischer Entwicklung.
Ausgezeichnet ist die Art der Verschmelzung lat. an. med. lam. ausgebildet. Nachdem der Median-
pfeiler aus seinen Teilmammillen schon zu einer einheitlichen lamellaren Figur umgestaltet ist, beginnt die
Abrasion der auch an Höhe. stark reduzierten Lateralpfeiler. Die Form der Kaufläche ist schmal und band-
förmig, wie sie in Verbindung mit rudimentären Lateralpfeilern stets vorzukommen pflegt. Bemerkens-
wert ist der große Mammillenreichtum des Medianpfeilers. Ein M. III. mand. zu Heidelberg ließ an einzel-
nen Lamellen bis 8 derartige Sekundärteilungen beobachten. Fast ausnahmslos zeigen die Schmelzbüchsen
von der Seite gesehen ausgesprochene Säulenform. Sie nehmen also an Dicke nach unten kaum zu und
nähern sich in diesem Verhalten dem El. meridionalis Nesti. Ein Dickerwerden der Schmelz-
büchsen nach der Basis, wie es für El. trogontherii Pohl. charakteristisch ist, konnte ich nur an 2 frag-
mentären M. III. des Großh. Naturalienkabinetts zu Karlsruhe beobachten. Bei beiden Stücken ist nur
das Proximalende erhalten und zwar bei einem M. III. mand. sin. (Nr. 15) — 10x in 15,8 cm, bei einem
M. III. mand. dext. (Nr. 14) — A x, wobei x aus einer einzigen starken Digitelle besteht. Das erstgenannte
Exemplar zeigt in der Kaufläche die gleiche Schmalheit, wie es für die übrigen Molaren von Mauer charak-
teristisch ist. Die Abrasıon bringt auch hier sehr bald eine allerdings nicht so scharf ausgeprägte proxi-
male Zacke zur Erscheinung. Auffallend und vom typischen Antiquus abweichend ist die nicht unbedeu-
tende Diekenzunahme der Disken nach unten und ihr spitzes, zugeschärftes Ausgehen nach der Kaufläche.
An der letzten Lamelle verläuft die Hauptspalte in der Mediane. Das zweite Stück zeigt dieses Verhalten
noch extremer. Es kommt noch eine Häufung kleiner und kleinster Digitellen, Schmelzwucherungen hinzu,
die an der ganzen Kronenbasis und besonders seitlich zwischen zwei Lamellen in ganzen Kolonien auf-
treten. Aehnliches läßt sich an keinem Molar aus dem Travertin zu Taubach und Tonna nachweisen. Ein
flüchtiger Beobachter könnte ohne Kenntnis des Fundorts dieses Stück sehr wohl einem El. trogontherii
Pohl. zuschreiben. Erst eine genaue Untersuchung des Verschmelzungstyps, der allerdings das Extrem
der anderen Molaren von Mauer nicht erreicht, und des Lamellenbaues machen es unzweifelhaft, daß der
Zahn zu El. antiquus Falc. zu ziehen ist.
Milehmolaren.
Prof. Salomon hatte die Freundlichkeit, mir aus den Sammlungen des geolog.-paläontologischen
Instituts der Universität Heidelberg einen mandibularen ersten Milchmolaren, der wenige Wochen nach mei-
nem Dortsein in den Mauerer Kiesen gefunden wurde, zur Untersuchung zu leihen. Da in diesem Funde der
erste vollständige M.M. III. mand. von Mauer vorliegt und gerade diese Zähne des El. antigquus wegen ihrer
Wurzelpartie größtes Interesse beanspruchen dürfen, so gebe ich eine ausführliche Beschreibung.
Der M.M. III. mand. sin. (Nr.11) führt x 3x in 2 3-12-19. Der Schmelz erreicht an einigen Stellen
die Stärke von 1 mm. Von 5 angekauten Lamellen ist die erste vollständig, die 2. besteht aus 2 Teilstücken,
die in der Mediane des Zahnes fast verschmolzen sind. Die 3. zeigt drei wohlausgebildete Pfeiler, auf der
Kaufläche eine mediane lamellare und 2 laterale annulare Figuren. Der vordere und hintere Talon sind nicht
angekaut, sie sind bedeutend niedriger als die wahren Lamellen. Nach unten zeigen die Schmelzbüchsen
eine deutliche Verbreiterung. Der Zahn besitzt nur eine Wurzel, wie alle bisher bekannten Stücke dieser
Serie von El. antigquus aus dem Travertin von Taubach-Ehringsdorf. Eine von oben nach unten ziehende
Furche bewirkt eine Abschnürung eines kleineren vorderen und eines größeren hinteren Teiles. Der vordere
Teil trägt «x 1. An der breitesten (längsten) Stelle mißt die Wurzel 1,5 em, kurz über dem abgeschnürten
„zitzenförmigen Endstück‘ immer noch 1,3 em. Das Endstück ist nur durch eine schwache Furche von
der übrigen Zahnwurzel getrennt, nicht wie bei fast allen Taubacher Stücken durch einen scharf ausge-
prägten Absatz. Die vertikale Furche setzt auf der Außen- und Innenseite des Zahnes in dieses Endstück
fort. Die Pressionsmarke des nachrückenden M.M. II. ist stark entwickelt. Gegenüber den Taubacher
Exemplaren zeigt dieser Zahn gewaltige Dimensionen. Auffallend ist die mächtige Zahnkrone, die an Länge
alle bisher bekannten übertrifft. Auch die Höhe der Zahnkrone ist trotz erheblicher Abkauung eine be-
deutende, wie sie in diesem Abrasionsstadium kein Taubacher Zahn aufweist. Eigentümlich ist die Kürze
der Wurzelpartie zwischen Kronenbasis und Abschnürung des Endstückes. Sie beträgt 1,3 cm, während
sie bei den meisten Taubacher Zähnen 1,5—1,9 em mißt.
Die angeführten Eigentümlichkeiten geben dem Zahn eine plumpe, gedrungene Gestalt, ein von den
grazilen Stücken aus dem Taubacher Travertin ganz abweichendes Gepräge.
Der M.M. III. im linken Mandibelramus zu Darmstadt (Taf. I. Fig. 7) zeigt entsprechende, die Tau-
bacher übertreffende Größenverhältnisse. Der Zahn führt x ! 2x in 21.19 (II); er ist, wenigstens
in seiner oberen Wurzelpartie, einwurzelig. Soweit die umgebende Knochenmasse eine
Beobachtung zuließ, war eine starke Furchung der Wurzel zu erkennen, in welche die Knochenmasse spitz-
winklig einspringt. Die beiden durch die Furche abgeteilten Wurzelpartien divergieren ein wenig; ob basal
eine Spaltung der Wurzel eintritt, war nicht festzustellen.
Der zweite Kiefer mit M.M. III. und M.M. II. in Funktion (Taf. I. Fig. 2, 3) ist äußerst bemerkens-
wert. Leider ist auf der rechten Seite der M.M. II. vollständig verloren gegangen, auf der linken Seite ist
er bis zur Kronenpartie abgebrochen und nur die Wurzelpartie erhalten.
Die Wurzel dieses MM. IIl ist zweiteilig, kurz unter der Kronen
basis zweigen zwei stark divergierende Aeste ab. Auf der rechten Seite
sind die Alveolen für beide Wurzeln des MM. III. ausgezeichnet erhalten
Wie aus der späteren Besprechung des M.M. Il. und der Mandibel selbst
hervorgeht, gehört dieser Kiefer unzweifelhaft zu El. antiquus.
Das Auffinden von zweiwurzeligen M.M. Ill. mand. des EI. antiquus
imi.Interglazialist für die Beurteilung der Einwurzeligkeit der glei-
ee
chen ZähnedesEl. antiquusim Ill. Interglazialvon größter Bedeutung.
Als Grenzwerte für die M.M. III. mand. des El. antiguus würden also jetzt folgende zu gelten haben:
re 32 ın 15— 23:
Für die M.M. III. max. des El. antiquus hat Pohlig als Grenzwerte angegeben:
x2x —x8x in 20 — 225.
Der am besten erhaltene linke M.M. III. (Nr. 7) der jugendlichen Maxillenpartie zeigt nicht unwe-
sentlich größere Dimensionen.
x 3x in 26.
Von den M.M. II. derselben Maxille zeigt der rechte (Nr.6) x 7 x in 78; weicht also in der Lamellen-
zahl von Pohligs Angabe ab, der als Grenzwerte
x5x — x 6x in 60 — 78
gefunden hat. Die Lamellenzahl x 7 x für MM.. II. max. des Antiquus findet sich schon bei Leith
Adams.
Ein besonderes Interesse verdienen die beiden M.M. II. aus der Darmstädter Mandibel mit zwei-
wurzligen vordersten Milchmolaren (Taf. I. Fig. 2, 3).
Die Zähne zeigen folgende Maße:
Nr. 22 sin. = 35. 11:60 218 (11) > mn situ
Nr. 23 dext. = 5.x310..55,.48 (Il)... 2 .imsıtu
Das Ganein zeigt eine Stärke bis zu 1 mm. Auf der länglichen schmalen Kaufläche besitzen die
Schmelzfiguren eine rhombische, schwach gewundene Form. Der Verschmelzungstypus ist ausgezeichnet
lat. an. med. lam. Die Lateralpfeiler zeigen keine Spaltung, während der Medianpfeiler 3—5 Mammillen
trägt.
Die Zähnezentsprechen in ihren charakteristischen "Merkmalen
durchaus den M.M. Il. mand. des El. antigquus Falec.
Ein M.M. II. aus einem linken Mandibelramus führt
nr DL). 2 in!sibu-
Auf der schmalen bandförmigen Kaufläche zeigen die Schmelzfiguren die charakteristische Rhom-
benform. Der Verschmelzungstyp ist ebenfalls lat. an. med. lam.
Ein einzelner linker mandibularer M.M. II. im geol.-paläontol. Institut zu Heidelberg führt x !5 x
in 60.23.34 mit einem L.L.Q. von 60 :6 = 10,0. Da alle Lamellen auf der Kaufläche komplette Figu-
ren bilden, ist der Verschmelzungstyp nicht mehr feststellbar. Die Schmelzfiguren zeigen eine schwach
rhombische Gestalt; der Schmelz ist gefältelt. -
x5x ist das für 2.mandibulare Milchmolaren des El. antiguus noch nicht bekannte Minimum der
1 Die Zweiwurzeligkeit der M.M. III. mand. des El. antigquus konnte schon von Leith Adams an einem linken
Mandibelramus von Ilford nachgewiesen werden. Der Kiefer hat den M.M. II. in Funktion, der vorderste Milchmolar ist
verloren gegangen, hat aber zwei Wurzeln besessen, deren Alveolen gut erhalten sind. Die Merkmale des Kiefers, sowie
die des Zahnes sprechen für einen El. antiquus. Siehe LeithAdams, (I) S. 15 und 552, sowie Pl. V. Fig. 2. Die allge-
mein verbreitete und für den geologisch jüngeren El. antiquus ja auch zutreffende Ansicht, daß die vordersten mandibulären Milch-
zähne dieser Art immer einwurzelig seien, rührt von Pohlig her, der auch auf dieses Merkmal die scheinbar prinzipielle Verschie-
denheit dieses Elefanten gegenüber der Reihe Meridionalis-Trogontherii-Primigenius begründete.
Palaeontographica. Bd. LX.
Be
Lamellenzahl, das ich besonders gegenüber den Taubacher Zähnen der gleichen Serie hervorheben möchte,
die x 6x — wiederholt x 8x geliefert haben.
Es ist äußerst bemerkenswert, daß alle bisher sb ek an en Bar
mand. des El. antiuus von Mauer eine niedrigere Lamellenzahl aufweisen
als die M.M. Il. des jüngeren El. antiquus von Taubach.
Molaren.
Zu einem Vergleich mit Pohligs Maßen eignen sich von dem Mauerer Material nur die gut erhal-
tenen Reste von M. I. und M. II.; M. III. ist, wie schon oben erwähnt, nur mehr oder weniger fragmen-
tär erhalten, sodaß brauchbare Maße nicht gewonnen werden konnten!.
Von M. I. max. sind nur zwei unverletzte Stücke vorhanden. Die Maße dieser nicht zu einem Paar
gehörigen Molaren, x 10 x in 142 und x 10 x in 147, decken sich vollständig mit Pohligs Angaben.
Einige Abweichungen bieten allerdings die M. I. mand. Pohlig hat als Minimal- = Maximal =
Wert gefunden
x 10% x 12 x ıın 12 18
Ein M. I. (Nr. 4) mand. sin. ergab x 9x !'in 155.
Ein M. I. (Nr. 2) mand. dext. ergab x 10x in 131.
Ersterer bleibt also in der Lamellenzahl, letzterer in der Kronenlänge hinter Po hlı gs Werten zurück.
(Zur Deutung des letztgenannten Zahnes als M. I. und nicht M.M. I. bewog mich erstens die Lamellen-
zahl, zweitens die Stärke des Unterkiefers, in dem er erhalten. Ein rechter Mandibelramus des El. antiquus
von Taubach im Museum zu Weimar mit einem starken M.M. I. in Funktion zeigt bedeutend schwächere
Dimensionen).
Die M. II. mand. (Taf. I. Fig. 10.) decken sich vollständig mit Pohligs Maßen. Sie ergaben einen
Minimal- Maximal-Wert
xl x 127523 DAR
bei P-ohli;g” x10.x — x A13:x207200 2970:
Recht primitive Verhältnisse zeigt bei allerdings beträchtlicher Abkauung ein M. II. mand. dextra.
Auf der breit bandförmigen Kaufläche sind x 2=2?8x!ın ca. 225.88.62 erhalten. Der L.L.Q. beträgt
225 : 9 = 26,0! Die Schmelzfiguren haben eine breit rhombische Gestalt mit starken medianen Auszackun-
gen. Der Schmelz besitzt eine Stärke von 2,5—3 mm. Manche Autoren würden wenig Bedenken tragen,
diesen Zahn auf El. meridionalis oder doch auf eine diesem nahe stehende Form zu beziehen.
Von M. Il. max. lagen nur stark abradierte und lädierte Molaren vor.
Für einige Molaren sind also Pohligs Grenzwerte in folgender Weise zu korrigieren:
Für M.M. Ill. mand. x 2% —x 352115223.
Für M.M.-Ill.smaxz. ., 22% =,93x21020>96.
Für M.M. II. max. x 5x — x 7x 1160-78.
Für M. I. mand. x9x!— x 12x in 131—187.
! Siehe Anmerkung S. 22.
ae
Ineisoren.
Von Ineisoren sind bisher recht wenig Reste aus Mauer bekannt geworden. Die älteren Funde, der
Stoßzahn im Ganesacranium und die Stoßzahnfragmente im geolog.-paläontol. Institut zu Heidelberg
zeigen die gleiche Grazilität, die gleiche flache, torsionslose Biegung wie die Stoßzähne des El. antiquus
aus dem Travertin zu Taubach und Tonna. Der neue Stoßzahn, der 1909 in Mauer gefunden wurde, zeigt
dagegen einige Abweichungen.
Der Zahn ist plumper gebaut, stärker torsioniert und gebogen als alle anderen von Mauer bekannten
Stücke. Infolge Abblätterns der oberen glatten Elfenbeinlage tritt eine Kannellierung der folgenden Elfen-
beinschicht, wie sse Pohlig von verschiedenen italienischen Stücken beschrieb, deutlich hervor. In
der stärkeren Biegung und Torsion entfernt sich dieser Zahn recht beträchtlich von Stoßzähnen des Tau-
bacher El. antiguus und nähert sich gewissen Defensen von El. meridionalis Nesti!.
Mandibel.
Bei meinen Untersuchungen über die Mandibel habe ich auf Messungen, wie sie in großem Stiel
Pohlig vorgenommen hat, fast durchgehends verzichtet, da sie bei der großen Variabilität und den
bedeutenden Größenschwankungen spezifische Differenzen verschiedener Arten kaum zum Ausdruck
bringen können.
Von den 8 aus Mauer bekannten Mandibeln gehört die vollständigste zu dem Ganesacranium. An
ihr allein ist die Condylenpartie vollständig erhalten. Die Condylen zeigen eine rundliche ovale Form; eine
nach innen geneigte Artikulationsfläche, wie sie Pohlig für El. antiquus als charakteristisch angibt,
tritt nicht stärker als an Mandibeln des El. trogontherii hervor. Das Rostrum ist nur schwach entwickelt.
Das Diastem ist eng, gleichmäßig breit bis zum Alveolarrand aufstrebend mit parallelen Rändern, die
als schwache Kanten über dem Distalende der Rami hervortreten. Die Lateralwände der Ramı sind nicht
so flächig, beinahe konkav abfallend wie beim Taubacher El. antiquus, sondern bauchiger mit konvexer
Wölbung, an El. trogontherii erinnernd.
(Anschließend hebe ich nochmals hervor, daß in diesem Antiquuscranium die M. II. in Funktion,
beiderseits Abrasionsreste der M. I. erhalten sind. Folgende Bemerkung Pohligs auf S. 346 seiner Mo-
nographie ist mir deshalb vollkommen unverständlich:
„Das Cranium hat einem verhältnismäßig kleinen, alten Tiere angehört, denn die letzten wahren
Molaren sind in nahezu kompletter Abrasion, mit typischen Abrasionsfiguren; da die Zähne hinten teilweise
in den Kiefern geborgen sind, läßt sich die Lamellenformel nicht genau ermitteln.‘)
Bei den übrigen Unterkiefern fehlt die Condylenpartie, muß aber zur Zeit der Ausgrabung noch vor-
handen gewesen sein, da die Bruchflächen ausgezeichnet frisch sind. Im Folgenden gebe ich eine kurze Cha-
rakteristik der einzelnen Stücke. Um späteren Verwechselungen vorzubeugen, führe ich die drei im geolog.-
paläont. Institut zu Heidelberg befindlichen Stücke unter Nummern an.
1. (Inventar 1497) (Taf. I. Fig. 1, 6.) Mandibel mit M. I. in Funktion, M. II. noch nicht angekaut.
1 2 weitere Stoßzähne von Mauer in der geol. Landesanstalt von Baden, die mir erst jetzt vorlagen, weisen in Bie-
gung, Torsion und lateraler Komprimierung des vorderen Zahnteils unzweifelhafte Beziehungen auf zu El. meridionalis Nesti.
Rostralfortsatz vorn abgebrochen, war aber stärker entwickelt als an den Taubacher Stücken. Die Sym-
physialrinne nimmt an Weite nach oben kaum zu. Ihre größte Breite oben zwischen den Alveolen beträgt
7,3 em. Mentalforamina nahe am Diastemrand. Der Winkel Horizontalis-Aszendens (Profilansicht) ein
spitzer. Primitiv und von den Taubacher Stücken abweichend ist eine starke Ausbauchung der Lateral-
partien der Rami. Die Außenfläche zeigt nicht die charakteristische glatte Fläche, sondern eine Wölbung,
sodaß das Kinn eine ausgesprochene Rundung erhält.
2. Mandibel mit vollständig abradierten M. I., M. II. in beginnender Abkauung. Die Symphysial-
rinne schmal bis zum Alveolarrand, zeigt oben eine Breite von 7 cm. Das Diastem, gewaltig nach hinten
geneigt, erinnert an die von Pohlig S. 421, A422 seiner Monographie beschriebene extreme Mandibel
des El. antigquus aus dem Taubacher Travertin zu Weimar. Hinten ist ein Einbiegen des Aszendens nach
innen gut zu beobachten. Mentalforamina liegen nahe am Diastem. Rostralfortsatz ist abgebrochen, scheint
aber nicht stark entwickelt gewesen zu sein. Die Ausbauchung der Lateralpartien nach außen, das geringe
Verflachen der Außenwände unterscheiden auch diese Mandibel von den Taubacher Stücken.
3. Mandibel mit M. II. in Funktion. Dieser Kiefer stellt von den drei Exemplaren den grazilsten
dar, der den Weimar-Taubacher Stücken am nächsten kommt. Die Außenseiten ‚erscheinen ganz einge-
flacht, die Ausbauchung der Rami ist ganz verschwindend. Das Diastem nach hinten geneigt. Rostrum
abgebrochen, war aber wohl nur schwach ausgebildet. Mentalforamina nahe am Diastemrande. Der linke
Ramus ist, zumal in der proximalen Partie, stark zerbröckelt.
Abweichend von den drei eben erwähnten Stücken ist die Mandibel zu Straßburg. Sie unterscheidet
sich besonders von letzteren durch einen bedeutend grazileren Bau, durch eine extreme Ausflachung der
Außenseiten der Rami und kommt in diesem Verhalten den Taubacher Stücken am nächsten. Auffallend
ist die gewaltige Breite der Symphysialrinne, die an diesem Stück oben zwischen den Alveolarrändern
19 cm mißt. Da die Diastemränder von unten nach oben kaum divergieren, so verengert sich die Symphy-
sialrinne nach unten nur um ein ganz geringes.
Von den eben besprochenen weichen die juvenilen Kiefer im Museum zu Darmstadt in der Gesamt-
form etwas ab. Für ihre Beurteilung genügt die Besprechung der Mandibel mit M.M. II. und zweiwurze-
ligen M.M. III. (Taf. I. Fig. 2, 3).
Der Kiefer ist flach und lang gestreckt, gegenüber den älteren Stücken ziemlich niedrig. Von oben
gesehen zeigt er eine etwas elliptische Form, die ihn sofort von den gleichaltrigen Kiefern des El. trogontherii-
Typus unterscheidet. Das Kinn läuft ziemlich spitz zu. Nahe am Oberrand des breiten, nach oben diver-
gierenden Diastems finden sich die Mentalforamina. Die Außenwände der Rami fallen flach ab, in etwas
stärkerem Maße als es die älteren Kiefer von Mauer beobachten ließen. Der Coronoidprocessus und die
CondYylenpartie fehlen.
Diese Mandibel, sowie die M.M. II. lassen unzweideutig erkennen,
daß wir hier einen zum Formenkreis des El. antiquus gehörigen Elefanten
vor uns haben. Das Vorkommen von zweiwurzeligen M.M. Ill. mand. bei
dem altdiluvialen El. antiquus ist hiermit erwiesen.
Die zweite vollständigere Mandibel des El. antiguus zu Darmstadt mit M.M. I. in Funktion weicht
von der eben beschriebenen in wenigen geringfügigen, lediglich durch Altersunterschiede bedingten Mo-
menten ab.
Während alle bisher besprochenen Elefantenreste aus den Kiesen von Mauer dem typischen E!.
antiguus F alc. zugehörten, zeigen ein Molarenbruchstück im geol. Institut zu Tübingen und eine Man-
dibel mit dem linken M. III. (Nr. 24) im Museum zu Darmstadt von dieser Form nicht unbeträchtliche
Abweichungen.
Das Bruchstück eines linken maxillaren M. II. oder M. III. (Taf. I. Fig. 8) besitzt auf einer recht-
eckigen, mäßig breiten Kaufläche schmale Schmelzfiguren, die in der Mediane eine durch stärkere Zackung
bedingte plötzliche Anschwellung erkennen lassen. Der Verschmelzungstyp ist, soweit die nur in der Distal-
wand erhaltene letzte Lamelle Folgerungen zuläßt, lat. an. med. lam. und zwar in demselben Grade wie
bei den übrigen Antiquusmolaren von Mauer. Der 2—2,5 mm starke Schmelz ist nur wenig gefältelt. In
der Gestalt der Schmelzfiguren und der Ausbildung des Schmelzes zeigt dieser Zahn Uebereinstimmung
mit El. trogontherii, während er in der Form der Kaufläche, im Verschmelzungstyp und in der Form des
Lamellenumrisses von den echten Antiquuszähnen aus Mauer keine Abweichungen aufweist.
Weiter von der typischen Antiquusform entfernt sich der letzte Molar in der Mandibel zu Darm-
stadt. Der Molar (Taf. I. Fig. 9) führt x 16 x in 245.75 (VI, VII). Da der Zahn in situ gut erhalten
ist, konnte die Höhe nicht gemessen werden, sie übersteigt schätzungsweise kaum 10—12 cm. In diesem
Verhalten steht der Zahn einem M. III. mand. des El. antigquus von Mauer in dem gleichen Museum recht
nahe, der bei allerdings beträchtlicher Abrasion nur eine Höhe von 8—9 cm aufweist. Das Gement ist am
proximalen Ende des Zahnes sehr gut erhalten, ein sicheres Abzählen der Lamellen aus diesem Grunde
nicht möglich. Es sind aber höchstens 17 Lamellen vorhanden. Der Schmelz ist 2—2,5 mm stark. Die
Kaufläche ist etwas elliptisch, mehr rechteckig. Die Schmelzfiguren besitzen eine breite bandförmige
Gestalt, die nur wenig an die Rhombenform der typischen Antiquusschmelzfiguren erinnert. Der Schmelz
ist sehr gefältelt, eine besonders starke Zacke in der Mediane ist nicht ausgebildet. Die Lateralpfeiler
zeigen keine Mammillenteilung und in ihrer oberen Partie eine deutliche Reduktion. Bald nach begonnener
Abrasion erscheinen sie als kleine annulare Figuren auf der Kaufläche. Die mediane Figur erhält nach Ver-
schmelzung aus den einzelnen Teilstücken eine lamellare Gestalt, sodaß der Verschmelzungstyp der eben bis
auf drei Figuren abradierten Lamelle als lat. an. med. lam. bezeichnet werden muß. Die beiden Haupt-
spalten fallen aber so schief zur Mediane ein, daß bei fortgesetzter Abkauung eine Breitenzunahme der
lateralen und eine Verkürzung der medianen Figur eintritt. Die letzte inkomplette Abrasionsfigur bildet
daher eine mediane annulare und laterale lamellare Teilfiguren.
Die Mandibel (Taf. I. Fig. 5) stimmt überein mit denen des El. antiquus von Mauer im geolog.-
paläont. Institut zu Heidelberg. Unterschiedlich erscheint das Kinn etwas stärker gerundet, der ganze
Bau etwas gedrungener. Das Rostrum ist vorne abgebrochen, war aber nur schwach entwickelt. Die Sei-
tenwände der Rami fallen in der gleichen Wölbung ab. Das Diastem ist eng, der Winkel Horizontalis-
Aszendens fast spitzwinklig. Die Bucht zwischen Coronoidprozessus, Aszendens und Horizontalis ist eng
und kurz und entspricht den an den übrigen Mauerer Mandibeln beobachteten Verhältnissen.
Das Stück zeigt im Bau des Molaren, weniger in der Ausbildung der Mandibel von El. antiguus aus
Mauer abweichende Verhältnisse, die seine Stellung in den Formenkreis des El. trogontherii rechtfertigen
könnten. Aus später zu erörternden Gründen sehe ich davon ab, diese eineMandibelund das dem
El. antiquus näher stehende Zahnbruchstück als El. trogontherii allenanderen zu EI. antiquus ge-
hörigen Mauerer Elefantenresten gegenüber zu stellen und in der Faunenliste zwei Spezies aufzufüh
2.3 Page
ren. Solange nicht weitere Funde das Vorhandensein des typischen El. trogontherii in Mauer sich erstellen,
bin ich geneigt, die eben besprochenen Stücke noch in den Formenkreis des El. antiquus zu ziehen. (Vergl.
darüber „Stammesgeschichtliche Bemerkungen‘ S. 89 ff.).
Mit El. antiquus findet sich in Mauer eine reiche Fauna, die zum ersten Mal von Schoeten-
ul
sack (I) in seiner Arbeit über Homo , Heidelbergensis vollständig zusammengestellt wurde. Ich habe der
kurzen Charakteristik, die dieser Autor entwirft, hier nur bei einigen Spezies weniges hinzuzufügen.
Cervus elaphus L. Neben den Resten des Urelefanten sind Zähne, Mandibeln und hauptsäch-
lich Geweihstangen von Hirschen sehr häufig gefunden worden. .Der Cervide von Mauer steht, wie schon
Schoetensack erkannte, dem Cervus elaphus antigqui Pohligs recht nahe. In den Größenver-
hältnissen des Gebisses fällt er in die Variationsbreite rezenter Hirsche, zum Teil an die untere Grenze. In
der Stärke der Geweihe kommt er dem Taubacher Hirsch ziemlich gleich. Der Augensproß setzt nach an
der Rose an, häufig aber etwas höher als beim Taubacher Elaphinen. Der Eissproß ist dem Augensproß
sehr genähert. Der Mittelsproß ist nur an einem Stück erhalten. Die 14 untersuchten Stangenfragmente
zeigen alle in der Stärke und Sprossenentwicklung durchaus ähnliche Verhältnisse. Die Ansicht Schoe-
bensacks: ‚von Geweihen scheinen sich nur die stärksten erhalten zu haben‘ findet in der gleich-
mäßigen, zumeist guten Erhaltung großer wie kleiner Fundstücke keine Begründung.
Rhinoceros etruscus Fale. Im etwas größerer Häufigkeit wie die Hirsche sind die Rhinozeroten
in Mauer vertreten. Die Mehrzahl der Reste gehört zu Rhinoceros etruscus Falc. Doch scheinen
in einem Unterkiefer der hess. geol. Landesanstalt in Darmstadt Uebergänge zu Rhinoceros Merkü Jäg.
angedeutet. Zwei Nasalpartien der bad. geol. Landesanstalt zu Freiburg zeigen keine Spur einer Nasenwand-
verknöcherung; außer Rh. etruscus ist daher sicher noch eine Art vorhanden, die Rhinoceros megarhinus
de CGhristol sein kann, was jaSchröder schon andeutete. Eine Bearbeitung des Mauerer Rhi-
nocerontenmaterials durch A. Wurm in Heidelberg wird darin Klarheit schaffen.
Die Fauna von Mauer zeigt zum ersten Mal das Zusammenvorkommen von El. antiquus und Rhr-
noceros elruscus und widerlegt die von Po hlig geäußerte, noch heute verbreitete Ansicht, daß Rhinoceros
Merkii der ständige Begleiter des El. antiguus gewesen sei.
Bison priscus Boj. Wie aus Schoetensacks vergleichenden Maßen über die Länge der
Hornzapfen hervorgeht, ist der Mauerer Bison sehr kurzhörnig. Mit Recht spricht erwähnter Autor von
Beziehungen zu Bison europaeus Ow. i
Equus Stenonis Cocchi und Mosbachensis v. Reich. Von Equiden liegt nur ein sehr geringes
Material vor. Ueber die Beurteilung der Reste, die zur Zeit meiner Untersuchungen sich bei Herrn
v. Reichenau in Mainz befanden, hatte letzterer die Freundlichkeit, mir Folgendes mitzuteilen:
„Die Pferdezähne von Mauer werden von mir teils zu Equus Stenonis, teils zu Mosbachensis gestellt.
Vielleicht liegt auch ein Uebergang zu jüngerem Material (Taubach) vor, doch reichen die unvollständigen
Funde für eine genauere Bestimmung bei weitem nicht aus.“
Alces latifrons Johns. Der Elch ist in Mauer seltener als in Mosbach. Seine Reste bleiben in den
Größenverhältnissen hinter denen des Süßenborner Elches ganz beträchtlich zurück, während sie sich mit
denen des Elches von Mosbach, wo diese Art erhebliche Größenschwankungen zeigt, wenigstens teilweise
decken.
Ei
Cervus capreolus L. ist größer als das rezente Reh. Es ist in Mauer absolut häufiger als in Mos-
bach und besonders Süßenborn!.
Ueber Sus scrofa priscus Serres und Castor fiber Lin. vergleiche Schoetensack (Il), über
die Carnivoren v. Reichenau (Il)?
Nach den Massenverhältnissen der einzelnen Spezies geordnet ergibt sich für die Säugetierfauna
von Mauer folgende Liste:
1. Rhinoceros etruscus F ale. (und Rh. megarhinus deChristol?). 2. Cervus elaphus L. 3. Ele-
phas antigquus Falc. A. Bison priscus Boj. 5. Alces latifrons Johns. 6. Cervus capreolus L. 7. Equus
mosbachensis v. Reich. und Eguus Stenonis Gocchi (letzteres viel seltener). 8. Ursus arvernensis
Croiz. et Job. und Ursus Deningeri v. Reich. (diese Art viel seltener). 9. Castor fiber L. 10. Felis leo
fossılis Goldf. 11. Sus scrofa priscus Serres. 12. Felis catus L. 13. Canıs neschersensis Groiz. et
Job. 14. Homo Heidelbergensis Schoetens. 15. Avis sp.
Die unter 12—15 angeführten Spezies sind nur durch Reste je eines Individuums vertreten, ihre An-
ordnung in dieser Reihenfolge geschah mit Rücksicht auf die Größe, Erhaltungsfähigkeit ete. dieser Reste.
Bei der großen Schwierigkeit, aus Resten des Rumpf- und Kopfskelettes auf die ungefähre Anzahl
der Individuen sichere Schlüsse zu ziehen, ist es selbstverständlich, daß diese Zusammenstellung nicht in
allen Einzelheiten der Wirklichkeit entsprechen kann. Zweifellos geht aus ihr aber hervor, daß El. antiquus
bei Mauer mit einer Waldfauna gelebt hat, die charakterisiert ist durch zahlreiche Carnivoren, durch
die große Häufigkeit der Cerviden und eines kurzhörnigen Bison, durch das starke Zurücktreten der Equiden.
Mosbach bei Wiesbaden.
Wie die Neckarkiese von Mauer, so sind die Mosbacher Sande dem I. „Interglazial‘“ zugerechnet
worden. Ob sie in ihrer Gesamtheit dieser Periode angehören, oder ihre basalen Partien als Bildungen
einer älteren, die oberen als solche jüngerer Zeit aufzufassen sind, kann heute mit Sicherheit noch nicht
entschieden werden. Es ist aber jedenfalls äußerst unwahrscheinlich, daß die Entstehung der Mosbacher
Sande in eine immerhin so engbegrenzte Periode wie das I. „Interglazial‘ fällt.
Um einen Vergleich über das gegenseitige Häufigkeitsverhältnis von El. antiguus und El. trogontherii
zu erleichtern, führe ich das Material beider Spezies in zwei Listen hintereinander auf. Es lagen mir zur
Untersuchung vor von
E. antiquus.
a. Im städtischen naturwissensch. Museum in Mainz: 1 M. III. max. sin.
1 M.M. I. mand. dext. 1 rechte Maxille mit M. III.
1 M. II. mand. dext. 1 Maxillenpartie mit beiden M. II.
1 M. III. mand. sin., fragmentär. 1 Distalende eines Stoßzahns.
1 Auf die Ceyviden und Bisonten werde ich in einer späteren Arbeit ausführlich zurückkommen.
?2 Ueber die Carnivoren vergleiche auch die eben erschienene Arbeit von A. Wurm: Beiträge zur Kenntnis der diluvialen
Säugetierfauna von Mauer a. d. Elsenz (bei Heidelberg) I. Felis leo fossilis. Jahresb. und Mitteil. d. Oberrh. geol. Vereins. N. F.,
Bad. II, H. 1, 1912,
b. Im Senckenberg-Museum, Frankfurt a. M.:
MAT:
M. Ill.
M. II.
M. 111.
Pr rm a
PP PP PD pa EG PD mm mm
b. Im Großherzogl. Museum zu Darmstadt:
PPrRPR E
mand. dext.
max., 2 Bruchstücke.
max. sin.
max., fragmentär.
. Im städtisch. naturwissensch. Museum zu Mainz:
M.M. 11. max. dext.
M.M. I. mand. dext., fragmentär.
Paar M- Il]: mand:
Paar M. III. mand.
M. III. mand. sin., fragmentär.
MALTE
M. II. mand.
Paar M. II. max. mit Abrasionsresten der M. 1.
Paar M. Il. max. mit Abrasıonsresten der M. 1.
Paar‘.M. II. max.
Paar M. Ilesmaxe
Stoßzahnfragment.
Mandibel mit M.M. II.
Mandibel mit M. III., Condylen fehlen.
Mandibel mit M. III., stark abradiert.
Mandibel mit M. III., stark abradiert.
Maxille mit M. III.
Maxille mit M. III.
mand.
M.M. II. max. sin.
M:M. 11. max. sm.
M. III. mand. dext., fragmentär.
Mandibel mit M. III. in Funktion.
Mandibel mit M. I. und M. II. in Funktion.
1
1
1
M. III. max., fragmentär.
M. IL max: dext.
c. Im städtischen naturwissensch. Museum Wies
baden:
Mandibel mit beiden M.M. 1.
E. trogontherii.
c. Im Senckenberg-Museum zu Frankfurt a. M.:
1
PP Pr m m mn
ee
M: 1!!max! sn:
M.M. Il.max., fragmentär.
M.M. I. mand.
M. III. max. dext.
MIT Smazssın:
Paar M. Ill. max.
M. Ill. max. sin.
MI. max sin:
Mandibel mit M.M. I. und M. 1.
linker Mandibelramus mit M.M. III. und M.M. II.
linker Mandibelramus mit M.M. 11.
Maxillenpartie mit M. IIl.
Mandibel mit linkem M. III.
d. Im städtischen Museum in Wiesbaden:
M. Ill. max. sin.
M. II. max. dext.
Paar M. III. max.
M. III. mand. dext., lädıert.
M. III. max. dext.
M. II. mand. dext.
Mandibel mit M. III.
Mandibel mit M. III.
Obgleich eine große Anzahl stark lädierter Molaren des El. trogontherii in dieser Zusammen-
stellung nicht mit aufgeführt worden ist, so zeigt sich doch ohne weiteres, wie bedeutend gegenüber dieser
Spezies El. antiguus zurücktritt. Aus den angegebenen Stücken läßt sich berechnen, daß 75,5% aller In-
dividuen zu El. trogontheri, nur 24,5% zu El. antiguus gehören. Dieses Verhältnis würde sich bei einer
genauen Inventaraufnahme zugunsten des El. trogontherii nicht unwesentlich verändern. Unverständlich
erscheint demgegenüber Pohligs Behauptung (5. Heft der Monatsberichte der Zeitschr. der deutsch.
geolog. Gesellsch. 1909): „Erst im Mosbachium kommt El. antiguus -Typus äußerst verbreitet vor, hier mit
den letzten Vertretern des Trogontherienelefanten‘“.
Wie ich schon bei Besprechung des El. antiquus von Mauer hervorhob, überwiegen in Mosbach äl-
tere Individuen mit M. Ill. in Funktion alle jüngeren bedeutend, und zwar bilden sie bei El. antiguus 61,5 %,
bei El. trogontherii 58,3%.
Ich behandle zuerst El. antigquus F alc.. Das geringe Material, in dem Milchzähne nur sehr dürftig
vertreten sind, erlaubt es mir nicht, eine spezifische Charakteristik des El. antigquus von Mosbach zu
geben. Ebenso unmöglich ist es, auf dieser Basis einen umfassenden Vergleich mit den Antiquusresten von
Mauer durchzuführen. Ich kann daher nur eine knappe Beschreibung der einzelnen Stücke vorlegen und im
Anschluß daran einige Vergleichsmomente mit dem Antiquus von Mauer namhaft machen.
Milchmolaren.
Ein M.M. I. mand. dext. (Nr. 25) im Museum zu Mainz führt x 9x in 12,0.4,0.7,5. Der L.L.Q.
beträgt 120 : 10 = 12,0. Der Verschmelzungstyp ist lat. an. med. lam. Die beiden Lateralpfeiler sind stark
reduziert. Von 4 invadierten Lamellen sind 2 komplett. Eine Rhombenform der Schmelzfiguren ist noch
nicht erkennbar. Im Profil zeigen die Schmelzscheiben die charakteristische Säulenform, eine geringe
Diekenzunahme nach der Basis, ein ganz breites, stumpfes Auslaufen nach der Zahnkrone. Zwei weitere
mandibulare M.M. I. sind in der Wiesbadener Mandibel enthalten. Der rechte (Nr. 32) umfaßt «x 9x in
12,5, der linke (Nr. 31) x 9x in 12,9. In der rhombischen Form der Schmelzfiguren und in der Schmal-
heit der Zahnkröne, die rechts 3,7, links 3,6 em mißt, entsprechen sie durchaus dem El. antiquus Falec.
Molaren.
Ein M. II. mand. dext. (Nr. 22) zu Mainz ergab x 11 x in 21,3. 7,7.13,6. Die Schmelzfiguren sind
durchaus rhombisch, der Schmelz stark gefältelt. Der Zahn zeigt eine, für El. antiguus ungewöhnliche,
bedeutende transversale Exkavation.
Zwei M. II. (Nr. 14 und 15) aus der Maxillenpartie zu Mainz besitzen in der Form der Schmelzfiguren,
in der starken Fältelung der Ganäins, in der bandförmigen, rechteckigen Gestalt der Abrasionsfläche typi-
sche Charaktere des El. antiquus.
Ein M. II. max. dext. (Nr. 42) Taf. I. Fig. 11 im Senckenberg-Museum zeigt gleich den Mauerer Molaren
die Herausbildung einer plötzlich vorspringenden proximalen Zacke bei noch glattem, ungebuchtetem
Verlauf der distalen Schmelzwand. Der Verschmelzungstyp wie alle anderen Merkmale des Zahnes sind
durchaus charakteristisch.
Ausführliche Maße finden sich in den Tabellen.
Von M. III. max. liegt ein ausgezeichnet erhaltenes Exemplar im Museum zu Mainz. Der Zahn
Taf. I. Fig. 12 (Nr. 13) führt x 15 x in 31, 0. Die Zahnkrone zeigt an der 2., 3. und 4. Lamelle eine Breite
von 8,4 cm. Der Verschmelzungstyp ist ausgesprochen lat. an. med. Jam. Die Schmelzfiguren sind rhom-
bisch. Hervorheben möchte ich die starke Zackung und Fältelung des Ganäins in der Mediane des Zahnes,
während die lateralen Partien der Schmelzfiguren einen ziemlich glatten, wenig festonierten Verlauf neh-
Palaeontographica. Bd. LX. 5
a BR
men. Ganz ähnliche Schmelzfiguren zeigen einige stark abradierte letzte Molaren des El. trogontherii von
Süßenborn. (Vergleiche Taf. I. Fig. 12 und 17.)
Ein M. III. max. sin. (Nr. 41) im Senckenberg-Museum zeigt an den ersten Lamellen eine vom Typus
abweichende Ausbildung der Lateralpfeiler. Im Gegensatz zu allem, besonders an jüngerem Material Be-
obachteten, besitzen die 2. und 3. Lamelle mammillentragende Lateralpfeiler, bei der A. ist nur der innere
Lateralpfeiler gespalten. Die folgenden Schmelzbüchsen sind durch reiche Cementbedeckung der Beob-
achtung entzogen. Von der 8. Lamelle an zeigen die Lateralpfeiler keine Spaltung mehr und sind beson-
ders an Höhe gegenüber dem medianen stark reduziert. Der Verschmelzungstyp ist an der 2. und 3. Lamelle
lat. an. med. lam., doch ist die Form der seitlichen Teilstücke stärker lamellar als sonst bei El. antiquus.
Die Kaufläche, die erst 5 Lamellen umfaßt, ist oval, würde bei weiterer Abkauung aber zweifellos eine etwas
rechteckige, birnförmige Gestalt annehmen. Der Zahn umfaßt nur x 14x in 31,7.7,3. 21,8! Der L.L.Q.
ergibt 21.1!, einen für Oberkieferzähne sehr hohen Wert.
Ein M. III. mand. dext. (Nr. 41) zeigt in ähnlicher Weise wie der eben besprochene Zahn eine Mam-
millenteilung. Die internen Lateralpfeiler der 3., A., 5., 6. Lamelle sind in 2 Mammillen gespalten. Bei
der 1. und 2. Lamelle ist derartiges nicht mehr zu beobachten, da beide schon zu kompletten Figuren ver-
schmolzen sind. Abgesehen von diesem, für E/. antiguus primitiven sind die übrigen Merkmale typisch
ausgeprägt. Der Zahn führt x 15 1*x=X in 264.65 (II). 154 (VI). L.L.Q. 17,6. Das ziemlich unver-
mittelte Herausspringen einer proximalen Zacke an. den rhombischen Schmelzfiguren erinnert an Molaren
von Mauer.
Ob noch andere letzte Molaren von Mosbach eine derartige Mammillenteilung der distalen Lateral-
pfeiler aufweisen, konnte nicht festgestellt werden, da sie ausnahmslos stark abradiert und die ersten Lamel-
len schon verschmolzen waren. Aus dem gleichen Grunde konnte das geringe, von M. III. aus Mauer vor-
liegende Material nach dieser Richtung keinen Aufschluß geben!. Hervorheben möchte ich aber, daß ge-
rade 1 M. III. von Mauer gewisse primitive Verhältnisse darbot. Das Vorkommen von M. III. mit einer
gleichen abweichenden Ausbildung des Distalendes wäre sehr wohl möglich. In ähnlicher Weise zeigt die
ältere Form des El. trogontherii ähnliche Abweichungen am Distalende der letzten Molaren sehr häufig,
indem die Lateralpfeiler hier gegenüber dem medianen viel bedeutender entwickelt sind als an den späte-
ren Lamellen.
Zu einem Vergleich der Molaren des El. antiguus von Mosbach mit denen von Mauer lassen sich nur
die M. II. max. heranziehen, da nur von diesen beide Fundorte ein ungefähr gleichmäßiges Material ge-
liefert haben. Wie aus den Tabellen hervorgeht, stimmen sie in der Lamellenzahl und ihren Dimensionen
gut überein und zeigen beide gegenüber dem jüngeren El. antiguus von Taubach einen beständigeren, höheren
Längen-Lamellen- Quotienten. Wesentliche Unterschiede sind, von kleinen individuellen Differenzen ab-
gesehen, nicht vorhanden.
Auf das Verhältnis des El. antiguus von Mauer und Mosbach zu dem von Taubach komme ich spä-
ter zurück.
' Inzwischen sind mir von Mauer verschiedene neue Molaren zugänglich geworden, von denen einige eine Mammillen-
spaltung der Externpfeiler beobachten ließen.
Ineisoren.
Das distale Ende eines Stoßzahnes im Museum zu Mainz entspricht in seinem grazilen Bau, in seiner
schwachen longitudinalen Biegung vollständig dem von El. antiquus bekannten.
Mandibeln.
Die Mandibel zu Wiesbaden, deren M.M. I. oben Erwähnung fanden, weicht in der gewölbten Aus-
bildung der seitlichen Partien der Rami etwas ab von den Taubacher Stücken und zeigt in diesem Ver-
halten eine Annäherung an einige Mauerer Mandibeln. Das Rostrum ist nur schwach entwickelt.
Elephas trogontherii Pohl.
Der Einzelbesprechung einiger bemerkenswerter Molaren schicke ich eine kurze Charakteristik des
gesamten Molarenmaterials voraus.
In den Dimensionen der Zahnkrone, die Höhe miteinbegriffen, entspricht die Mehrzahl der Molaren
dem El. antiquus Falc. Die Kaufläche ist meist mehr oder weniger rechteckig, birnförmig, selten in dem
Maße oval, wie bei zahlreichen Molaren dieser Spezies aus den Schottern von Süßenborn. Die Form der
„kompletten“ Schmelzfiguren ist breit, bandförmig, häufig in der Mitte plötzlich anschwellend und gezackt.
Stark abradierte Schmelzfiguren können eine schwach rautenförmige Gestalt annehmen. Der Verschmel-
zungstyp ist fast ausnahmslos lat. an. med. lJam.; es kommen aber auch Stücke vor, bei denen alle drei
Teilfiguren lamellare Gestalt aufweisen. Die Lateralpfeiler sind selten in Mammillen gespalten, aber meist
kräftiger entwickelt als bei El. antiquus. Damit in Korrelation steht das schiefe Einfallen der beiden Haupt-
spalten.
Die Gesamtzahl der Mammillen einer ganzen Lamelle ist durchaus wechselnd. Neben Molaren mit
4—5 kommen solche mit 9—13 Mammillen vor.
In der engeren Stellung der Schmelzscheiben und der größeren Kronenbreite sind Oberkiefer- von
Unterkieferzähnen wohl unterschieden. Tortuose, d. h. am Proximalende anormal stark umgebogene Mo-
laren sind in mehreren Exemplaren vorhanden.
Von einer Anzahl intermediärer Molaren abgesehen, läßt sich das in der Zusammenstellung aufge-
zählte Material fast vollständig auf El. trogontherii beziehen. Einige wenige Zähne nähern sich dem El.
primigenius bedeutend, ihre Abtrennung von dieser Spezies ist praktisch nur schwer durchführbar. Von
den Primigeniusmolaren aus der Niederterrasse und dem Löß unterscheidet sie meist der stärkere Schmelz
und der größere L.L.Q. Es ist äußerst wahrscheinlich, daß die primigeniusähnlichen Molaren (E2. tröogon-
therii primigenius) auf die obersten Schichten des Mosbacher Sandes beschränkt sind.
Milehmolaren.
Milchmolaren, die unzweifelhaft in den Formenkreis des El. trogontherii und nicht zu El. primigenius
gestellt werden müssen, sind bisher sehr selten gefunden worden. Von M.M. III. ist meines Wissens über-
haupt nur 1 Stück bekannt geworden, nämlich das in dem juvenilen, von Kinkelin (I) beschriebenen
Mandibelramus aus den Mosbacher Sanden. Gegenüber dem M.M. III. mand. des El. antiguus von Mauer
mit zwei stark divergierenden Wurzeln möchte ich für diesen Zahn hervorheben, daß beide Wurzeln sehr
weit zusammengewachsen sind. Das Ausmaß der distalen Wurzelspaltung ist nicht feststellbar, da der Zahn
basal verletzt ist.
Aus den Mosbacher Sanden konnte ich ferner einige M.M. II. untersuchen, die durch ihre geringe
Lamellenzahl, die bedeutenden CGementintervalle ihre Stellung zwischen E/. meridionalis und El. primige-
nius beweisen, also dem EI. trogontherii,angehören. Ein M.M. II. max. sin. führt «x 5 x in 61. Auf der birn-
förmigen Kaufläche besitzen die Schmelzfiguren eine breite, wenig gewundene Gestalt. Ein zweiter Zahn
von derselben Stellung mit x 6x in 60 zeigt breite, aber etwas rhombische Schmelzfiguren. Er könnte
auch einem E/. antiguus oder einer intermediären Form angehören; seine breite, wenig ovale Kaufläche
spricht allerdings mehr für El. trogontherii. Beide Zähne befinden sich im Museum zu Darmstadt. Einen
dem zuletzt besprochenen ganz ähnlichen 2. Milchmolaren besitzt das Museum zu Mainz. Er führt x 6x
in 63. Die Gestalt der Kaufläche ist bandförmig, schmal, die Schmelzfiguren sind etwas rhombisch. Der
Verschmelzungstyp ist, wie bei den Darmstädter Stücken, lat. an. med. lam. Dieser Zahn zeigt einen zwi-
schen El. antiguus und El. trogontherii durchaus intermediären Charakter, er kann als ein etwas abwei-
chender Zahn auf jede von beiden Spezies bezogen werden.
El trogontherii aus den, Mosbacher Sande» Zeistzrüur diem ME
max. die gleiche Lamellenformel,x5x—x6x,wie El. antiquus von dem
gleichen Fundort und von Mauer, der in wenigen Fällen sogar x 7x be-
obachtenließ.
Die Untersuchung der mandibularen M.M. II. und M.M. I. hat wesentlich neue Ergebnisse nicht
geliefert. Hervorzuheben ist nur ein fragmentärer M.M. I. max. dextra im geol. Institut zu Greifswald,
der in der Festonierung des Schmelzes, in der schwach rhombischen Form der Schmelzfiguren und in der
gleichmäßigen Breite der Kaufläche Anklänge nach E/. antiquus entwickelt. Ausführliche Maße, die einen
Vergleich mit den Milchmolaren anderer Spezies gestatten, finden sich in den Tabellen.
Molaren.
Ein M. II. max. sin Taf. I. Fig. 13 (Nr: 39) im Senckenbergianum verdient wegen seiner großen Aehn-
lichkeit mit Molaren des El. meridionalis besonderes Interesse. Der Zahn führt
„12x in 224.95 (IV, V).105 ca.
Der L.L.Q. ergibt 224 : 12,5 = 17,9. Das Ganöin besitzt eine Stärke von 2,5—3 mm. Von 10 invadierten
Lamellen sind 5 zu breiten, median stärker gezackten Bändern verschmolzen. Die Art der Verschmelzung
ist ziemlich undeutlich lat. an. med. Jam. An der 6. Lamelle übertrifft die mediane Teilfigur die lateralen
nur um ein geringes. Während der externe Lateralpfeiler ungespalten ist, trägt der interne zumeist 2 Mam-
millen. In der birnförmigen, nach vorne stark verbreiterten Kaufläche, in der schwach entwickelten Pres-
sionsmarke am Proximalende des Zahnes und in der geringen Höhe entspricht dieser Molar durchaus zwei
M. II. max. des El. meridionalis Nesti aus dem Val d’Arno im Museum zu Basel. Er unterscheidet sich
von ihnen aber durch die größere Lamellenzahl, die bei den italienischen Exemplaren nur x 10 x beträgt.
age
Diesen Molaren zu El. meridionalis Nesti-Typus zu ziehen und auf ihn das Vorhandensein einer
dritten Elefanten spezies in den Mosbacher Sanden zu begründen, scheint mir nicht statthaft zu sein.
In Anbetracht dessen, daß dieser Molar von erwähnter Spezies in der größeren Lamellenzahl abweicht und
daß ferner — wie die Besprechung des folgenden Molaren zeigen wird — auch an unzweifelhaft nicht
zu El. meridionalis gehörenden Molaren primitive Merkmale auftreten, ist es richtiger, diesen Zahn mit
der Bezeichnung EI. trogontherii meridionalis an die Basis der Trogontheriireihe zu stellen.
Einen wegen seiner geringen Lamellenzahl bei sehr bedeutenden Dimensionen bemerkenswerten
M. III. max. sin. (Nr. 30) besitzt das Museum zu Wiesbaden. Der Zahn zeigt nur x 16 x in 358.87 (I). 218!
(V) mit einem L.L.Q. von 358 : 17 = 21,1. Die Kaufläche umfaßt erst 5 Lamellen, sie hat eine ovale,
rundliche Gestalt. Die Art der Verschmelzung ist nicht genau feststellbar, da die Kaufläche teilweise von
fest verkittetem Sand bedeckt ist. Die drei Teilfiguren sind ungefähr von gleicher Größe, die mittlere
von etwas annularer Gestalt. Die gegenseitige Lage der Teilstücke läßt erkennen, daß die „kompletten“
Schmelzfiguren eine breite, unregelmäßig gewundene Gestalt erhalten würden. Der Schmelz hat eine
Stärke von 2—2,5 mm. Trotz seiner bedeutenden Länge und Höhe ist der Bau des Zahnes doch außer-
ordentlich plump und gedrungen. Die 10. Lamelle zeigt in mittlerer Höhe eine Breite von 12,6 cm.
Vom EI. meridionalis Nest i-Typus ist dieser Molar durch eine allerdings nur wenig größere Lamel-
lenzahl, vor allem durch die bedeutende Kronenhöhe unterschieden.
Aus demselben Museum erwähne ich noch einen M. II. max. dext. (Nr. 29), der eine gewisse Aehn-
lichkeit mit den Molaren von Süßenborn besitzt, die Wüst zu El. antiquus (Nesti) gezogen hat. Er
führt x 13x in 165.67 (IV).146 ca. (XII). Der L.L.Q. ergibt 165 : 13,5 = 12,2. Der Verschmelzungs-
typ ist lat. an. med. lam., jedoch besitzen die lateralen Teilstücke die dem El. trogontherii eigentümliche
längliche, nicht die rundliche Gestalt des El. antigquus. Die Schmelzfiguren laufen regelmäßig als breite,
median aufgebauschte Bänder über die Kaufläche. Die Einschnürung, die noch nach vollständiger Ver-
schmelzung das Mittelstück und die seitlichen gut unterscheiden läßt, verschwindet bei stärkerer Abrasion.
Die Schmelzfigur erhält dann ein „schwach-rautenförmiges“ Aussehen. Der 1—2 mm starke Schmelz ist
gut festoniert. Die Form der Kaufläche ist weniger oval als rechteckig. Sie besitzt im vorderen Drittel die
größte Breite, die nach vorne sehr wenig, nach hinten ganz allmählich abnimmt, wodurch eine stumpfe
Abrundung der Kaufläche am Proximalende bedingt ist. In Profilansicht zeigen die Schmelzscheiben
nach der Basis kaum verdickte Säulen.
Trotz einiger an El. antiquus F ale. gemahnender Merkmale sprechen doch der Verschmelzungstyp
und die Ausbildung der drei Pfeiler für einen der Trogontheriireihe näher stehenden Molaren.
Ein Paar M. II. max. mit den zugehörigen stark abradierten M. I. im Museum zu Mainz ist von ver-
schiedenen Autoren wohl wegen der rautenförmigen Schmelzfiguren der M. I. als El. antigquus bestimmt wor-
den. Der M.II. max. dext. (Nr. 19) führt x 11 x in 168. Der L.L.Q. ergibt 168: 12 = 14,0. Der Schmelz
ist 1—1,5 mm stark. Die Form der kompletten Figuren, die der Kaufläche und der Verschmelzungstyp
ließen sich bei dem geringen Abrasionsstadium nicht bestimmen. Soweit beurteilbar, würde aber bei stär-
kerer Abkauung die Kaufläche eine annähernd rechteckige Gestalt annehmen. Da der Molar vollständig
von Cement eingedeckt ist, konnte auch die Entwicklung der Lateralpfeiler nicht hinreichend beobachtet
werden. Der Außenpfeiler der dritten Lamelle am linken M. II. zeigt keine Mammillenspaltung.
Der M. I. max. dext. (Nr. 18) zeigt © 9 in 105.54 (V) mit einem L.L.Q. von 10,5. Der Schmelz
u Re
übersteigt an Stärke kaum 1 mm. Die rechteckige Kaufläche umfaßt 9 komplette Schmelzfiguren von
rhombischer Gestalt mit wenigen Fältelungen in der Mediane. Eine Deutung der Molaren als M. I. und
M.M. I. wäre auch möglich. In beiden Fällen aber stimmen Lamellenzahl und Kronendimension durchaus
nicht überein mit den entsprechenden Werten für El. antigquus von Mosbach. Von den Molaren dieses Ele-
fanten unterscheiden sie sich außerdem durch die spezielle Form der Schmelzfiguren, durch das dünne
Ganöin und die bedeutend engere Stellung der Schmelzbüchsen.
Da die Rhombenform der Schmelzfiguren vor allem deutlich bei den stark abradierten
M. I. resp. M.M. I. hervortritt, so möchte ich diesem Moment für die Bestimmung keine allzugroße Be-
deutung beimessen. Ich verweise auf den auf Seite 66 erwähnten M. II. max. mit zugehörigem, stark
abradiertem M. I. aus Süßenborn in der Sammlung Rebling zu Weimar, wo die Herausbildung schwach
rhombischer Schmelzfiguren infolge starker Abrasion gut zu beobachten ist.
Aus den angegebenen Gründen halte ich diese Molaren nicht für zu El. antiquus gehörig und bin ge-
neigt, sie als eine mehr oder weniger intermediäre Form in die Variationsbreite des El. trogontherii zu stellen.
Ein Paar M. Ill. mand., ebenfalls im Museum zu Mainz, ist beachtenswert wegen der eigentümli-
chen Erhaltung. Außer den Schmelzlamellen ist nur das Dentin in spärlichen Resten vorhanden, das Ce-
ment ist vollständig fortgeführt. Dank einer freundlichen Mitteilung des Herrn v. Reichenau bin
ich in der Lage, über die Fundumstände der beiden Stücke näheres zu berichten. An einer steil abfallen-
den Wand waren in dem hellgelben Sande deutlich die Umrisse einer Mandibel abgezeichnet. Alle Knochen-
substanz war durch Lösungen ausgelaugt und durch einen rostbraunen Sand ersetzt worden. Bei weiterem
Nachgraben fanden sich in der derartig zersetzten Mandibel an der entsprechenden Stelle die beiden Mo-
laren. Diese sind durch einen großen Mammillenreichtum — 11 bis 13 an den meisten Lamellen — aus-
gezeichnet.
Auf die Molaren des El. trogontherii-Typus, die in Mosbach weitaus am häufigsten vorkommen,
brauche ich nicht näher einzugehen. Sie entsprechen in den wesentlichsten Merkmalen den Molaren dieser
Spezies, wie sie durch Pohlıig (II) und besonders durch Wüst (I) aus den Schottern von Süßenborn
bekannt geworden sind. Hervorheben möchte ich aber besonders gegenüber den Beobachtungen P oh-
ligs, daß der Verschmelzungstyp zumeist lat. an. med. lam. ist, allerdings nicht in dem El. antiguus
eigentümlichen Extrem. Die Verschmelzung lat. lam. med. an. ist bei El. trogontherii äußerst selten, gegen-
über El. meridionalis sind die Lateralpfeiler bedeutend reduziert. Die Maße gut erhaltener Stücke finden
sich in den Tabellen.
Ineisor.
Von Stoßzähnen befindet sich nur ein Bruchstück im Museum zu Mainz, das sich durch seine
starke Biegung und Torsion sofort von denen des El. antiguus unterscheidet.
Mandibel.
Die vollständigste Mandibel des El. trogontherii besitzt das Museum zu Mainz. An ihr sind die
CGondylenpartie und das Rostrum unversehrt erhalten. Gegenüber den nach hinten breit ausladenden
Süßenborner Unterkiefern zeigt sie eine geschlossenere Form. Die Condylen sind rundlich oval, ihre Ar-
tikulationsfläche schwach nach vorn innen geneigt, ungefähr in gleicher Weise wie an der Mandibel des
Ganesacranıums des El. antiguus zu Heidelberg. Der Winkel Horizontalis — processus coronoideus ist
ein spitzer. Die hintere Partie des Aszendens ist scharfkantiger als an den Süßenborner Mandibeln und
nach innen wenig eingebogen. Von oben gesehen, verdeckt die CGondylenpartie den Dentalkanal. Die
Bucht, die der processus coronoideus außen vorn, die Proximalwand des Aszendens und der Alveolar-
partie hinten innen begrenzt, ist weit und flach ausladend gleich den Süßenborner Stücken. Die Sym-
physialrinne ist eng, die Alveolarränder stark genähert. Das Diastem tritt in deutlichen Kanten auf
dem Distalende der Rami hervor. Die Mentalforamina liegen nahe am Diastemrand. Das stark ent-
wickelte Rostrum zeigt an seinem Ende rechts wie links je eine flache Grube, die durch eine Furche
getrennt sind.
Eine zweite, nicht so vollständige Mandibel zeigt ganz entsprechende Verhältnisse.
Besonderes Interesse verdienen die Molaren beider Stücke. Sie sind stark abradiert, die Abkau-
ungsfläche schneidet die Molaren spitzwinklig. Sie entsprechen durchaus den Molaren von Süßenborn,
die Wüst zu El. meridionalis oder in dessen Nähe gestellt hat. Ueber die Haltlosigkeit einer derartigen
Bestimmung vergleiche das auf Seite 62, 63 Gesagte.
Etwas abweichende Verhältnisse zeigen zwei Mandibeln im Museum zu Wiesbaden. Beiden Stücken
fehlt die Condylenpartie, der Rostralfortsatz ist verletzt. Die erste zeigt in der starken Rundung des
Kinns, in dem steilen, nach oben wenig divergierenden Diastem Anklänge an El. primigenius. Das Ro-
strum war nicht in dem Maße entwickelt, wie es die Mainzer Stücke zeigen. Der Winkel Horizontalis —
processus coronoideus ist ein rechter. Die Außenwände der Rami fallen steil, fast konkav ab, wie es
für El. antigquus charakteristisch ist. Die zweite Mandibel entspricht in den hinten weit auseinander-
strebenden Kieferästen, in der sich nach oben stark erweiternden Symphysialrinne, in dem schief liegen-
den Diastem den Mandibeln dieses Elefanten von Süßenborn. Die seitlichen Partien der Rami sind stark
gewölbt und geben der Mandibel ein plumpes Aeußere. Die Mentalforamina liegen nahe am Diastem.
Von den beiden Mandibeln im Museum zu Darmstadt schließt sich die eine mit M. III. in Funktion
der eben besprochenen Wiesbadener an. Der Kiefer mit M. I. und M. II. in Funktion zeigt in den flach
abfallenden Seitenwänden der Rami, in der Größe des Winkels Horizontalis — processus coronoideus
in dem steilen Diastem Uebereinstimmung mit der ersten Wiesbadener Mandibel. Unterschiedlich von
diesem Stück besitzt sie ein spitzeres Kinn, das an El. antiguus gemahnt.
Von allen erwähnten weicht eine Mandibel im Museum zu Mainz nicht unbedeutend ab. Die mäßig
erhaltenen Molaren bekunden durch die ovale Gestalt der Kaufläche, den unregelmäßigen Verlauf der Schmelz-
figuren und den Verschmelzungstyp zweifellos ihre Zugehörigkeit zu El. trogontherii. Die Mandibel dagegen zeigt
große Aehnlichkeit mit denen des El. antiguus. Das Kinn läuft spitzer zu, als man es gewöhnlich beı El.
trogontherii beobachten kann. Das Diastem fällt steil ab, die Symphysialrinne ist gleichmäßig schmal.
Das verletzte Rostrum war nicht stark entwickelt. Die Bucht, die der processus coronoideus außen vorn,
die Proximalwand des Aszendens und der Alveolarpartie hinten innen begrenzt, ist ganz eng und in glei-
cher Weise entwickelt wie bei El. antigquus. In diesem Verhalten entfernt sich die Mandibel von allen vor-
her besprochenen . Die Außenwände der Rami fallen nicht in dem Maße konvex ab, wie es sonst für El.
trogontherii charakteristisch ist.
Aus dem Besprochenen ergibt sich, daß El. trogontherii wie in den Molaren so auch in der Mandibel
Ne
einer gewissen Variation unterworfen ist, daß auch hier Formen auftreten, die Charakteristika des El.
trogontherii mit denen des El. antigquus verbinden.
Die Säugetierfauna von Mosbach wurde zum ersten Male vollständig von H. Schroeder in
seiner „Revision der Mosbacher Säugetierfauna“ zusammengestellt. Von diesem Autor hat sie E.Wüst
mit nur geringen Abänderungen in seiner Arbeit „Das Pliozän und das älteste Pleistozän von Thüringen“
zu einem Vergleich mit der Süßenborner Säugetierfauna herangezogen. Die neueste, von den früheren
nicht unwesentlich abweichende Liste hat v. Reichenau in seiner Abhandlung über die Carnivoren
aus den Sanden von Mosbach und Mauer gegeben !. Meine eigenen Beobachtungen an dem Mosbacher
Säugetiermaterial der Museen zu Frankfurt a. M., Darmstadt, Mainz und Wiesbaden und freundliche
mündliche und schriftliche Mitteilungen des Herrn v. Reichenau und Dr. Schmidtgen ermög-
lichen mir eine nach den Häufigkeitsverhältnissen der einzelnen Spezies geordnete Zusammenstellung.
Die Huftiere, die ja vor allem durch ihr gegenseitiges Massenverhältnis eine Fauna charakterisieren, boten
auch hier einer derartigen Behandlung stärkere Anhaltspunkte als die Carnivoren, deren Anordnung da-
her mit größerer Vorsicht zu gebrauchen ist.
1..Bis am pra SeursgRro,: 12. FEelis leofossrlisGoldf.
9 [Equus Stenonis Cocchi. 13. Hyaenaarvernensis Groiz.etJob
' |Equws mosbachensis y. Reich, 14 Lynchus issiodorensae no ro
3. Gery üs,elaphwesrt: die, Blaıiny
4. Elephas trogontherii Pohl. 15. S us, Scz03 3212
[|Rhinoceros etrusceus Falec. 16. Canis neschersensisGroiız.et Job.
” |Rhinoceros Merkii Jäg. 17. Meles meles L.
6. Alces latifrons Johns. 18. Hypudaeus amphibius 1.
7. Elephas antiquus Fale. 19. Griecetus.-frumentarıu st.
8. Hippopotamus major Guv. 20. Mastodon arvernensis Groiz.
9.Gervuws eapreolus TI: 21. Trogontherium Cuyieri Fisch
10..Ga st or ZErbarz 22. GuJlo luseus %
44 [|UrsusarvernensisGroiz.etJob. 23. Talpa europaea L.
"1 UrsusDeninsersey ken, 24. Mustela putorius L.
Die beiden Arten von Equus, Rhinoceros und Ursus habe ich deshalb unter einer Ziffer angeführt,
weil jeweils für beide Unterschiede in der Lebensweise und den klimatischen Bedingungen nicht erwiesen
sind. Es ist aber hervorzuheben, daß Egquwus mosbachensis ungleich häufiger ist als Equus Stenonis, Rhi-
noceros etruscus häufiger als Rh. Merkü uad Ursus Deningeri häufiger als Ursus arvernensis. Bei den Ele-
fanten ist El. meridionalis zu streichen. v. Reichenau, der diese Spezies noch in seiner ersten Fau-
nenliste führt, hat sie selbst wieder zurückgezogen. Dagegen wurde Mastodon arvernensis in den Mos-
bacher Sanden nachgewiesen. Ein Molar, das bisher einzige Belegstück, von typisch Mosbacher Erhal-
tung befindet sich im Museum zu Mainz.
! Inzwischen hat dieser Autor eine neue „Revision der Mosbacher Säugetierfauna‘“ herausgegeben. Notizblalt d. Ver.
f. Erdkunde und d. eroßh. geol. Landesanst. zu Darmstadt. IV. Folge. 31. H. 1910.
Eee
Cervuselaphus istim Gebiß und im Geweih in vielen Fällen stärker als der Hirsch von Mauer. Augen-
und Eissprosse sind zumeist gut entwickelt. Jedoch sind auch Geweihe mit stark reduzierter Eissprosse,
allerdings sehr selten, vorhanden. Die asiatischen Maralhirsche kommen in Mosbach nicht vor. v. Rei-
cehenau betonte (schriftlich)! ausdrücklich: ‚Die Mosbacher Reste gehören der Elaphus-Form an
mit transversaler, nicht longitudinal gestellter Gabel der distalen Geweihpartie‘‘. Meine Untersuchungen
haben mich zu dem gleichen Resultat geführt.
Ueber die Rhinoceronten von Mosbach vergleiche H. Schroeder (III), über die Carnivoren und
Equus mosbachensis W.v. Reichenau (II, III, IV und I), der übrigens eine eingehendere Bearbeitung
der Equiden in Aussicht gestellt hat.
Wüst hat in seiner erwähnten Arbeit die Säugetierfauna von Mosbach mit den Faunen vom Typus
der Fauna von St. Prest parallelisiert, jedenfalls der Ansicht Ausdruck verliehen ‚daß die Fauna von
Mosbach den zu dem Typus der Fauna von St. Prest gerechneten Faunen näher steht als irgendwelchen
älteren oder jüngeren Faunen‘. Die neueren Funde in den Mosbacher Sanden, bei denen dem Niveau der
Fundstelle besondere Beachtung geschenkt wurde, machen es mir sehr wahrscheinlich, daß die Mosbacher
Fauna keine Einheit darstellt, daß sie in der bisher gebräuchlichen Allgemeinheit nicht mit anderen
Faunen verglichen werden darf.
Nach meiner Ansicht lassen sich faunistisch, allerdings ohne scharfe Trennung, drei Horizonte unter-
scheiden:
Ein unterster mit spärlichen Resten einer alten, bis ins Pliocän zurückreichenden Fauna ?, der fol-
gende Spezies angehören würden:
1.Mastodon arvernensis?, 4. Hippopotamus major,
2. Trogontherium CGuvieri, BI UrS UST anvVrernen sus
3. Equus Stenonis, 6. Rhinoceros etruscus.
Diese Fauna würde mit den Faunen vom Typus der Fauna von Perrier in näheren Beziehungen stehen.
In die nächstjüngere Fauna gehen die unter 3—6 genannten Formen mit hinauf, was aber vor allem für
Hippopotamus nicht sicher ist. Diese „mittlere Fauna‘ würde in der Hauptsache folgende Spezies um-
fassen:
1. Elephas trogontherii, 6. Equus Stenonis
2. Elephas antiquus, er ees katıfron!s,
en oceros. etruscus, 8. Cervus elaphus,
4. Rhinoceros Merkii 9-Gervus eapmeolws;,
5. Equus mosbachensis, 109. Ur.Sus-Deningeri,
1 Brief vom 6. 11. 1909.
2 In Perrier ist bekanntlich (Deperet II) Mastodon arvernensis auf die unteren Schichten beschränkt, fehlt also in den
oberen. Wenn die von MunierChalmas und Michel L&vy geäußerte Ansicht, daß zwischen die Bildungszeit der un-
teren und oberen Schicht eine Vereisung fällt, richtig ist, so hätte Masiodon arvernensis in Frankreich diese 1. Vereisung nicht
überlebt. Es wäre daher merkwürdig, wenn diese Art in Deutschland, wo der klimatische Einfluß großer Inlandeismassen auf
benachbarte Gebiete ein bedeutend größerer gewesen sein muß als in Frankreich, diese Periode überstanden hätte.
3 Siehe Sehmidtgen, Mastodon arvernensis Cr. et Job. aus den Mosbacher Sanden. Notizbl. d. Ver. f. Erdkunde.
Darmstadt. IV. Folge. 31. Heft. 1910. S. 135.
Palaeontographica. Bd. LX. 6
41.-Ursus arvernengsssi), 15. Canis neschersensis,
12. Helis leo rose 16. Hyaena arvernensis,
13. EL y. an chus7 18 s207.ems =» 17. Hip po po bL amusı major ©).
14. Gast er irber,
Diese Fauna zeigt, wie W ü st hervorhob, mit einem Teil der zum Typus von St. Prest gerechneten
Faunen gewisse Aehnlichkeit. El. meridionalis Nesti ist allerdings nicht vorhanden, doch kommen
primitive Trogontherienmolaren vor. Ich bin mit v. Reichenau der Ansicht, daß diese Fauna einer
etwas jüngeren Zeit angehört und mit der Fauna von Mauer und teilweise der von Süßenborn sich als 4. Ty-
pus der Faunenfolge anschließt, die durch die drei Faunen von
Montpellier,
Perrier (untere Schichten),
St. Prest
gebildet wird.
Die dritte, oberste Stufe wäre besonders charakterisiert durch einen sehr primigeniusähnlichen
El. trogontherii Primigenius.
Inwieweit andere Spezies in diesen Horizont hinaufgehen, vermag ich nieht zu beurteilen, da gerade
hierfür die Lage der Fundstücke bisher keine sicheren Anhaltspunkte geliefert hat.
Ueberhaupt wird die Möglichkeit, das Niveau der einzelnen Fundobjekte im Gesamtkomplex der
Mosbacher Sande zu fixieren, durch eine Unzahl von Verwerfungen und Grabenbrüchen erschwert, die
wohl fast alle im Tertiär entstanden, aber erst in diluvialer Zeit zur Ruhe gekommen sind. Auf der-
artige tektonische Bewegungen wird auch die zwischen sehr verschiedenen Werten schwankende Mächtig-
keit der Mosbacher Sande zurückzuführen sein. Immerhin bleibt bemerkenswert, daß die allermeisten Reste
von Hippopotamus, die Reste von Trogontherium Cwvieri und ebenso der Mastodonzahn aus den unteren,
dem Tertiär direkt aufliegenden Schichten stammen.
Aus den angeführten Gründen erscheint es mir unzulässig, die gesamten Mosbacher Säugetierreste in
eine Fauna zusammenzuschließen und die Zeit ihres Bestehens unter dem Namen ‚„Mosbachium‘“, wie
es Pohlig tut, als eine zeitlich eng umgrenzte Periode einem „Süßenbornium‘“ oder „Taubachium“
gegenüberzustellen, wobei ich von der Unzweckmäßigkeit derartiger Bezeichnungen, die nur geeignet sind,
Unklarheit in die Stratigraphie des Diluviums zu tragen, ganz absehe.
Im folgenden vergleiche ıch die ‚‚mittlere‘‘ Mosbacher mit der Mauerer Säugetierlfauna.
Fast alle bis jetzt von Mauer bekannten Spezies sind auch in den Mosbacher Sanden vertreten.
“s fehlen
1. Felis cf. catus ferus,
2. Homo Heidelbergensis,
3. Avis sp.
Dagegen sind eine größere Anzahl von Formen in den Mosbacher Sanden nachgewiesen, die in Mauer
bisher nicht gefunden wurden. Es sind das:
1. El. trogontherii (typus), 2. Rhinoceros Merkii, 3. Hippopotamus major, 4. Hyaena arvernensis,
9. Lynchus issiodorensis; ferner außer Castor fiber 3 andere Rodentia, weiterhin alle Insecetivoren und
Musteliden. Insgesamt 12 Arten.
— BB —
Von diesen Formen ist in Mosbach nur EI. trogontherii äußerst häufig, Rhinoceros Merkii seltener
gefunden worden. Das Fehlen von Hippopotamus major — dessen Vorkommen in der ‚mittleren‘ Fauna
von Mosbach noch gar nicht sicher ist — in Mauer erklärt sich wohl daraus. daß der — wie aus den Ge-
fällsverhältnissen, der Größe der Gerölle und der Lage und Ausdehnung der Ablagerungen hervorgeht —
kleinere und schneller fließende Neckar dem Tier nicht die günstigen Lebensbedingungen bot, wie der un-
gleich wasserreichere und langsamer fließende Main. Die übrigen 9 Spezies sind auch in Mosbach so sel-
ten — die Mehrzahl ist nur ineinem Stück vorhanden —, daß auf ıhr Fehlen in den noch nicht so ratio-
nell ausgebeuteten Kiesen von Mauer kein allzugroßes Gewicht zu legen ist.
Abgesehen von den Hirschen, die in Mauer durch Cervus elaphus antigui P ohl., in Mosbach durch
einen teilweise stärkeren, in den Dimensionen allerdings sehr schwankenden Elaphinen vertreten sind, der
unserem rezenten Cervus elaphus L. nahe steht, zeigen die 14, beiden Fundorten gemeinsamen Formen
die weitgehendste Uebereinstimmung. Das Vorkommen eines in Kronendimensionen und Lamellenzahl
ganz identischen El. antiquus, das Vorkommen einer Reihe sehr alter Raubtierformen wie Felis leo fossi-
lis, Ursus arvernensis, Ursus Deningeri und Canis neschersensis in beiden Ablagerungen sprechen durch-
aus für die Gleichaltrigkeit beider Faunen.
Ein durchgreifender Unterschied besteht aber in den Massenverhältnissen der einzelnen Spezies
der Huftierfaunen von Mosbach und Mauer. Während die Elefanten von Mauer fast ausschließlich durch
einen typischen E/. antiquus vertreten sind, herrscht in Mosbach EI. trogontherii bei weitem vor; ihm gegen-
über tritt El. antiguus bedeutend zurück. Cervus elaphus ist, verglichen mit allen übrigen bisher gefundenen
Säugetierresten, in Mauer häufiger als in Mosbach. Der schärfste Unterschied aber besteht in dem Häu-
figkeitsverhältnis der Equiden, die in Mauer äußerst selten sind, in Mosbach dagegen zu den häufigsten
Formen gehören und in ihrer Zahl die Hirsche und Elefanten nicht unwesentlich übertreffen. Ein ähn-
liches Verhältnis besteht zwischen beiden Faunen hinsichtlich Alces latifrons. Cervus capreolus ist in Mos-
bach absolut wie relativ seltener als in Mauer.
Die angeführten Differenzen in der Zusammensetzung beider Faunen lassen sich dahin zusammen-
fassen, daß wir inMosbach, gegenüber der typischen Waldfauna von Mauer, die Fauna
einer waldarmen Grassteppe vor uns haben, die sich besonders durch das häufige Vorkommen
von EI. trogontherii, Equus mosbachensis und Alces latifrons von der Mauerer Fauna unterscheidet. Diese
Abweichungen können aber keineswegs eine zeitliche Trennung beider Faunen, selbst im Raum einer
Interglazialzeit begründen. Ich werde darauf bei Besprechung der Stratigraphie des Diluviums noch-
mals zurückkommen.
Steinheim an der Murr.
Aus den Schotten von Steinheim sind in den letzten 10 Jahren zahlreiche diluviale Säugetiere be-
kannt geworden und in zum Teil sehr bemerkenswerten Exemplaren ins Kgl. Naturalienkabinett zu Stutt-
gart gekommen. Von Elefanten sind El. antiguus, El. trogontherii, intermediäre, zwischen beiden stehende
Formen und schließlich El. primigenius durch Molaren, Mandibeln und Stoßzähne vertreten. Zu ge-
naueren Untersuchungen waren infolge ihrer guten Erhaltung folgende Stücke geeignet:
von EI. antiquus: von EI. trogontherii
1 .M.“M. IR max. asım 1 Paar M. Il. max.,
1 M. III. mand. dextra. 4 M. Il. mand. dextra,
41 M. I1l. max. sin. 1 M. III. mand. sin.,
1 M. Ill. max. dextr. 1 Stoßzahn;
4 Mandibel mit M. III. in Funktion. von intermediären Formen
3 Stoßzähne; 4 M. Ill. mand. sin.,
1-:MAIIN mar Fein,
1 M. Ill. max. sin.
Alle Stücke im Kgl. Naturalienkabinett Stuttgart.
Das bedeutende Ueberwiegen der M. III über die anderen Molaren ist schon aus dieser, schlechter
erhaltene Zähne nicht mit aufführenden Zusammenstellung ersichtlich. Unter Zugrundelegung allen
augenblicklich vorhandenen Materials läßt sich berechnen, daß ca. 63% sehr alte Tiere mit M. III. in Funk-
tion ca. 37% jüngeren gegenüberstanden. Bei letzteren überwiegen wiederum Individuen mit M. Il. in
Funktion, so daß der Prozentsatz der ausgewachsenen Tiere hier ein sehr hoher ist.
Für das Massenverhältnis der einzelnen Formen ergeben sich unter Berücksichtigung allen Materials
folgende Zahlen:
El. antiquus 39,3%;
El. trogontherii 32,2%,
El. trogontherii var. N 985% 1
El. antiquus var. trogontherii a
Von El. primigenius Blumb. sind die Reste von ungefähr 5 Individuen bekannt.
Auf die eigentümlichen stratigraphischen Verhältnisse, die das Zusammenvorkommen aller un-
serer diluvialen Elefanten auf so engem Raume undsceheinbarineinem Horizont bedingen, komme
ich später zurück. Im folgenden behandle ich das Material von El. antigquus, El. trogontherii und den
zwischen beiden stehenden Formen.
El. antiquus Falc.
Die Molaren des El. antıquus von Steinheim sind so typisch, daß ich mich auf eine kurze Charak-
teristik der besten Stücke beschränken kann. Von Milchmolaren ist nur ein Exemplar gefunden worden.
Ein M.M Il. max. dexir. führt
ee el
mit einem L.L.Q. von 56.6 = 9,3. Auf der schmalen Kaufläche bilden die Schmelzfiguren deutliche
Rhomben. Dicken- und Breitenzunahme der Schmelzbüchsen nach unten ist bedeutend. Der Verschmel-
zungstyp ausgezeichnet lat. an. med. lam., wobei der äußere Lateralpfeiler allerdings meist 2 Mammillen
trägt. Im übrigen ist der Zahn durchaus charakteristisch.
Von wahren Molaren lagen mir lediglich M. III. vor.
Ein M. III. mand. dext. (Taf. II, Fig. 6) ergab
! Siehe Seite 78 ‚„‚Intermediäre Formen‘.
192 5 10r,31072:65- (11)... 166 (X)
mit einem L.L.Q. von 20,0. Das Ganäin besitzt eine Stärke von 3—3,5 mm und ist stark festoniert. Von
10 angekauten Lamellen sind 4 komplett. Der Verschmelzungstyp ist außerordentlich charakteristisch
und entspricht durchaus dem, was in dieser Hinsicht für El. antiquus schon wiederholt hervorgehoben
wurde. Die Form der Schmelzfiguren ist rhombisch mit proximaler und distaler Mediandilatation. Die
Kaufläche ist bandförmig, die Biegung des ganzen Zahnes eine schwache. An Dicke nehmen die Schmelz-
büchsen nach der Basis nur wenig zu.
Zwei maxillare letzte Molaren zeigen in ihren Maßen die schon früher gegenüber den mandibularen
hervorgehobenen Unterschiede. Ein M. III. max. dextr. führt:
x A4rane 26 7.270,22. (IV) 16,0. (XD.
Der L.L.Q. berechnet sich auf 17,7, ergibt älso wie in den meisten Fällen einen kleineren Wert als
der von Mandibelmolaren. Ebenso ist der Zahnschmelz mit 2—2,5 mm dünner als an der gleichen mandi-
bularen Serie. Von 11 invadierten Lamellen zeigen 9 komplette die charakteristische Rhombenform.
Nach vorne wie nach hinten zeigen sich in der Gegend der Mediane mehrere Dilatationen. Der Verschmel-
zungstyp lat. an. med. lam. tritt deutlich in Erscheinung. Die Form der Abrasionsplane ist ziemlich recht-
eckig mit einer kleinen Verbreiterung distal.
In noch stärkerem Maße kommen die betonten Differenzen an einem M. III. max. sin. zum Aus-
druck. Der Zahn zeigt X 14 2 * ın 223.73 (III). 199 (IX) und einem L.L.Q. von 223 :14 = 15,9. Die
Schmelzstärke beträgt 2 bis höchstens 2,3 mm; eine Festonierung ist nur in geringem Grade vorhanden.
Erwähnenswert ist der große Mammillenreichtum der einzelnen Lamellen, zumeist 8—9.
Da der Unterkiefer zur Zeit meiner Untersuchungen noch nicht präpariert und vollständig zugäng-
lich war, kann ich auch über die zugehörigen Molaren nur kurze Angaben machen. Beide Zähne führen
gleichmäßig ® 13 x in 230.61 (VI) mit einem L.L.Q. von 230 :14 = 16,4.. Der Schmelz ist mit 2—2,5
mm ziemlich dünn. Verschmelzungsart und Lamellenform sowie die schmale, bandförmige Kaufläche
sind durchaus typisch.
Der Unterkiefer selbst ist denen von Mauer ziemlich ähnlich, jedenfalls fallen auch bei ihm die
Außenwände des Rami nicht in dem Maße flach ein, wie bei den Taubacher Stücken.
Die Stoßzähne entsprechen in ihrer flachen, fast torsionslosen Biegung dem von EI. antiquus in die-
ser Hinsicht bekannten. Ein sehr typischer Stoßzahn dieses Elefanten von Steinheim liegt auch im Sencken-
berg-Museum zu Frankfurt a. M.
Auf Grund der gegebenen Daten den Steinheimer El. antiguus mit dem von Mauer oder Taubach
im einzelnen zu vergleichen, ist natürlich zur Zeit bei dem noch ziemlich spärlichen Material nicht mög-
lich. Immerhin läßt sich in den allgemeinen Maßverhältnissen (Lamellenzahl, Schmelzstärke, L.L.Q. ete.)
und in dem durch Worte nur schwer zu charakterisierenden Gesamthabitus der Molaren eine Annäherung
einmal an die älteren, einmal an die jüngeren Formen erkennen, so daß man den EI. antiquus von Stein-
heim dem Alter nach zwischen den von Mauer und von Taubach stellen kann.
El. trogontherii Pohl.
Wie in den Schottern von Süßenborn ist auch hier El. trogontherii in verschiedenen Zwischenstufen
zwischen El. meridionalis und El. primigenius vertreten, beide ungefähr in gleicher Anzahl.
ae
Milchmolaren dieses Elefanten sind aus Steinheim noch nicht bekannt geworden, es liegen ledig-
lich 2. und 3. Molaren vor. Ein M. II. mand. dextr. ergab X 1? 12x in 178.71 (V). 97 (IX) und einen
L.L.Q. von 178 :12,5 = 14,2. Der Verschmelzungstyp ist lat. an. med. lam. Die Schmelzfiguren bilden
auf der ziemlich rechteckigen Kaufläche sehr schmale Bänder. Auffällig sind auf der Innenseite tiefe
Ausbuchtungen im Cement, wie sie auch bei Molaren des El. frimigenius gelegentlich auftreten.
Ein Paar M. II. max. zeigt folgende Maße:
dextra. x 13x in 186 ..:56U.(1) . 155 (VD), LE.07186743,55 137:
sinis. x 13x ın 185.53 41) 252 (VD, EEOEISF BA
Bei beiden Zähnen sind 5 Lamellen angekaut, eine und zwar die 2. Schmelzfigur komplett. Die 1.
Lamelle ist durch Pression unter Herausbildung einer tieferen Spalte verdrückt (siehe Pressionserschei-
nungen). Der Verschmelzungstyp ist durchaus unsicher, jedenfalls sind die lateralen Figuren ziemlich
bedeutend. Im ganzen Habitus gleichen beide Molaren durchaus entsprechenden Zähnen aus den Schot-
tern von Süßenborn. Ein letzter linker mandibularer Zahn führt * 2 17 x in 288. 90 (VI). 117 (XV).
L.L.Q. = 16,9. Schmelzstärke 2,5—3 mm. Der Verschmelzungstyp ist, ein auch für El. trogontherii
seltenes Verhalten, extrem lat. lam. med. an. Der äußere Lateralpfeiler trägt 2 Mammillen. Die Form
der Schmelzfiguren ist mäßig breit mit medianer, ziemlich unvermittelter Aufbauschung. Die Kaufläche
ist länglich oval.
Das Stoßzahnbruchstück entspricht in Stärke und Biegung den großen Stoßzähnen dieser Form _
von Süßenborn.
Intermediäre Formen.
Aus dem gleichen Horizont, dem die im vorhergehenden beschriebenen Molaren angehören, liegen
nun auch verschiedene in ihrer spezifischen Stellung durchaus unsichere Zähne vor, von denen wenigstens
die gut erhaltenen hier eine kurze Behandlung erfahren sollen.
Ein M. III. mand. sin. (Taf. II. Fig. 4 und 5) führt * 13x in 298.93 (VI). 94 (IX) und einen
L.L.Q. von 298 : 135 = 20,9. Der stark festonierte Schmelz hat eine Dicke von 3 mm. Obwohl von 13
angekauten Lamellen erst 9 komplett sind, war der Verschmelzungstyp doch nicht mehr feststellbar, da
die letzten 4 Lamellen eine tiefste Spaltung in der Mitte aufwiesen. Eine Erscheinung, die bei El. anti-
quus an so vielen Lamellen wohl noch nie, bei El. meridionalis und El. trogontherii häufiger beobachtet ist.
Die Kaufläche ist bandförmig, etwas oval; die Schmelzfiguren sind rhombisch, an beiden Seiten etwas
nach vorn gezogen. An Dicke und Breite nehmen die Lamellen nach unten nur wenig zu. Der Molar
erinnert außerordentlich an einen M. Ill. mand. aus Saalekiesen von Uichteritz bei Weißenfels, jetzt
in der Fürstl. Sammlung zu Gera, der später eingehend beschrieben werden soll.
Ein M. III. max. sin. (Taf. II. Fig. 7) zeigt * 27° 15x in 256.89 (VII). 110 (XVI) mit einem
L.1L.Q. von 256 : 15,5 = 16,5. Verschmelzungstyp lat. an. med. lam. Die Festonierung des Schmelzes
ist am kräftigsten kurz nach erfolgter Verschmelzung der drei Teilfiguren zur kompletten und nimmt bei
weiterer Abkauung stark ab. Entsprechende Verhältnisse zeigt die Schmelzfigur, die kurz nach der Ver-
schmelzung Rhombenform aufweist, bei stärkerer Abrasion aber auch an den Seiten breiter wird und einen
et
unregelmäßig rechteckigen Umriß erhält. Das Stück ist daher in der Mitte der bandförmigen, wenig ova-
len Kaufläche durchaus antiquusartig, verliert diesen Charakter aber im stärker abgenutzten Vorderteil
des Zahnes sehr bald. Ganz ähnliche Molaren im Naturalienkabinett zu Stuttgart stammen aus verschie-
denen Kiesgruben des Murrtals, die mit den älteren Steinheimer Schottern gleichaltrig sein dürften.
Ein M. III. max. mit © 19x zeigt bei einer rechteckigen, im Maximum 8 cm breiten Kaufläche
schwach rhombische Schmelzfiguren. Die Stärke des ziemlich gefältelten Schmelzes beträgt ca. 1,5 mm.
Der Verschmelzungstyp steht etwa in der Mitte zwischen beiden Extremen. Während an der letzten an-
angekauten Lamelle die medianen Partien die lateralen an Breite und Höhenentwicklung nicht unwesent-
lich übertreffen, so führt doch das schiefe Einfallen der Trennungsspalten an der letzten unverschmolze-
nen Lamelle bei allen drei Teilstücken zu ziemlich gleich großen lamellaren Figuren. Die Höhe des Mo-
laren ist eine sehr bedeutende, sie erreicht ca. 20 cm. Im Profil zeigen die Schmelzbüchsen keine Ver-
diekung nach unten.
Da die beschriebenen Molaren Charakteristika sowohl des El. trogontherii als auch des El. antiquus
in sich vereinigen, sind sie als intermediären Formen angehörig zu betrachten. Vergleiche darüber den Ab-
schnitt ‚Intermediäre Formen“.
Die erste Zusammenstellung der Diluvialfauna von Steinheim hat Dietrich (II) gegeben. Die
von diesem Autor genannten Arten führe ich hier nochmals an, beschränke mich auch hinsichtlich des
Häufigkeitsverhältnisses ihres Vorkommens auf die von Dietrich gemachten Angaben.
Elephas trogontherii Pohl., häufig. Megaceros Germaniae Pohl., häufig.
antiquusFalc., wenigerhäufig. Rangifertarandus L., Unikum.
primigenius Bl., wenig. häufig. Equuscf. germanicus Nehr., häufig.
9?
97
Rhinoceros Merkii Jäg., selten. Bison priscus Boj., häufig.
Fr tichorhinus Guv., selten. Bosprimigenius Bl. seltener.
Gervus elaphus L., häufig. Ursus spelaeus Rosenm,, selten.
Wie schon Dietrich (II) hervorhob, ist diese Fauna nicht einheitlich, altdiluviale und jung-
diluviale Formen finden sich hier scheinbar in bunter Mischung. Besonders auffällig ist das Zusammen-
vorkommen von EI. trogontherii — teils in ziemlich primitiven Molaren — mit El. frimigentus in densel-
ben Schottermassen. Dietrich hat in einer jüngeren Arbeit (II) die Meinung ausgesprochen, daß
nach der Höhenlage der einzelnen Fossilien zwei Horizonte — allerdings ohne Erosionsgrenze — zu unter-
scheiden seien, ein unterer mit El. antiquus und EI. trogontherii und ein oberer mit El. frimigenius. In-
zwischen ist derselbe Autor durch neuere Funde in dieser Ansicht schwankend geworden, und ich selbst
habe durch eine, wenn auch nur kurze Begehung des Gebietes den Eindruck gewonnen, daß die Lagerungs-
verhältnisse hier weit komplizierter sind.
Da es für die Stratigraphie des Diluviums von größtem Werte ist, das gegenseitige Altersverhält-
nis der einzelnen Elefantenformen festzustellen, andererseits eine derartige Mischfauna nur aus einer Ana-
ı Diese Angabe hat nur Gültigkeit, wenn man auch die intermediären Formen in den Kreis des El. trogontheriti stellt,
sonst ist El. antiquus-Typus häufiger oder mindestens ebenso häufig wie El. trogontherii-Typus.
2 Siehe Soergel, W., Die Pferde aus der Schotterterrasse von Steinheim a. d. Murr. Neues Jahrb. f. Min., Geol.
u. Palaeontologie 1911, Bl. Bd. XXXII, S. 740.
ee
Iyse der geologisch aufeinanderfolgenden Ereignisse zu verstehen ist, so muß ich hier etwas ausführlicher
auf die Entstehungsweise dieser Schotterterrasse eingehen. Ich rekapituliere zur allgemeinen Orientierung
einige Sätze aus der erwähnten Arbeit Dietrichs: „Wandert man von Marbach a. N. über die Höhe
ins Murrtal, so erblickt man beim Abstieg vor sich, zwischen den Orten Murr und Steinheim eine terras-
sierte Stufe, deren Rand längs der Straße hinzieht. Wie die Gruben zeigen, die zur Sandgewinnung ange-
legt sind, ist es eine mächtige Schottermasse, welche diese Stufe bedingt. Nur bei Steinheim ist die Ter-
rasse deutlich, ihre Oberkante liegt hier bei 208 m NN, bei Murr 202 m; dort verschmilzt sie orographisch
gänzlich mit der Niederterrasse, weswegen sie denn überhaupt trotz ihrer bedeutenden Mächtigkeit (10
— 14 m) zur Gliederung des geologischen Aufbaus der Landschaft nur wenig beiträgt. Die ganze Schotter-
masse liegt fast völlig im Ueberschwemmungsbereich der Murr, die Gruben gehen bis auf das „Grundwasser“,
d. h. bis unter den Wasserspiegel der Murr hinunter. Verfolgt man die Schotter aus der Talweitung zwi-
schen den genannten Orten heraus, so ergibt sich, daß sie sich nicht in die Täler der Bottwar und Murr
hineinziehen; wohl aber lassen sie sich westlich der Murr in der Richtung nach Pleidelsheim auf den Fel-
dern nachweisen. Der auf Blatt Besigheim entfallende Teil ist bereits 1895 von Eb. Fraas kartiert
worden. Die breite Talung, deren Mitte jetzt der Riedbach einnimmt, ist also von der Murr geschaffen,
die einst von Steinheim an direkt westlich floß und gegenüber Gr. Ingelsheim in den Neckar einmündete.
Die heutige Einmündung ist demnach ein jüngeres Talstück; es ist ein Durchbruch durch den Muschel-
kalk, durch den auch die Ausräumung des mit Schottermassen angefüllten Talbeckens zwischen Murr
und Steinheim erfolgte. Die Murr hat sich seitdem erst 8&—10 m tief eingeschnitten, daher denn der alte
Murrschotter noch nicht hoch über dem heutigen Fluß liegt.“
Die Wirkungen der Akkumulation und Erosion äußerten sich also in einem weiten, am Ende durch
einen Muschelkalkriegel gesperrten Talkessel, in den der Fluß mit einem engen Tale mündete. Diesen
allgemeinen morphologischen Grundzügen entspricht nun durchaus der Aufbau der ganzen Schottermasse.
Wie schon Dietrich betonte, zeigt sich vom Einmündungs- nach dem Ausflußgebiet hin eine deut-
liche Saigerung des Materials; ich konnte sogar nahe dem Einmündungsgebiet beobachten, daß die Kies-
massen zum Teil ganz ungeschichtet waren und große und kleine Gerölle ganz regellos, auch ohne irgend-
welche Orientierung zur Flußrichtung lagerten, also einen schuttkegelartigen Bau aufwiesen, während
nach dem Ausfluß zu mit der Saigerung auch eine Schichtung immer schärfer hervortritt.
Die allmähliche Durchsägung der Barre war für die Erscheinungen der Akkumulation und Ero-
sion im hinterliegenden Talstück von der größten Bedeutung. Während die Murr im hinteren Talstück
immer neue Schotter herbeiführte, begann bei allmählicher Durchsägung des Riegels im Unterlauf in-
folge der Erosion eine flache Terrassierung, die selbstverständlich mit einer Fortführung von Material
verknüpft war. Diese Terrassierung griff immer weiter zurück, traf im Mittelteil dieses Talbeckens auf
ein Gebiet, wo Aufschüttung und Erosion sich ausglichen, wo plötzliche eingerissene Terrassen bald wie-
der durch Anlagerung neuen jüngeren Materials verwischt wurden, wo schließlich durch Umlagerung alten
und Anlagerung neuen Materials eine kaum zu gliedernde Schotterpartie entstand. Hier und an den Schot-
termassen im hinteren Teil des Talkessels konnte ich wiederholt ein schiefes Einfallen der Schichten von
der Terrasse weg zum heutigen Flußlaufe beobachten, was unzweideutig darauf hinweist, daß der Fluß
nicht nur durch Erosion sondern auch, wenn man so sagen darf, durch laterale Akkumulation an der end-
gültigen Gestalt dieser Terrasse mitgearbeitet hat. Den eben besprochenen Umlagerungen und nicht einem
— 49° —
weiten Wassertransport möchte ich auch die allerdings meist schwache Abrollung einiger Molaren des
El. trogontherii zuschreiben.
Die Durchsägung der Barre und damit die Erosion im vorderen Talstück muß schon vor der Bil-
dungszeit der „Hochterrassenschotter‘‘ eingetreten sein, da die Schichten der älteren Schotter beim Herab-
sinken der Terrasse in das Niveau der Niederterrasse mit der Flußrichtung einfallen. Zur Hochterrasse
sind nur wenig mächtige Schotter zu ziehen, die im hinteren Talstück auf den älteren und auf der nach dem
Flußtal gerichteten Terrassenseite teils auch an älteren liegen, immer aber ohne jede Erosionsgrenze. Zu
ihr gehören auch die auf dem mittleren und b Dach: STR
Drei schematische Profile durch die Schotterterasse
hinteren Teil der Terrasse lagernden sogenannten Eee aa 'Murz‘
„Formsande‘, dunkelrostrote, feine tonıge Sande, IE
die örtlich zahlreiche Schnecken einschließen,
Reste von Säugetieren aber nicht geliefert haben.
Auf der ganzen Terrasse liegt schließlich der 1.
er Be B & ER x x x “E
Löß, dessen Zugehörigkeit zum älteren oder ee ee ER ERN Re ES
"oo. ® =, Be . .. x x bt x A KU ye
jüngeren ich jedoch nicht entscheiden möchte. I BEE 5
Eine scharfe petrographische Grenze zwi-
schen den einzelnen Sedimenten gibt es nicht.
Sind schon ältere und jüngere Schotter nach die- KW
sem Gesichtspunkt nirgends zu trennen, so findet
s
NEE EN iere6
f KENN x:20u.0
auch zwischen den Schottern und den Form- EI daR S.
- MN h re oyX'ı
sanden, zwischen den Formsanden und dem Löß I RN nr "x X ® BU BEE 20 000, Go
. RE . = 2 = RER XIX xx% KELKER
ein ganz allmählicher Uebergang statt. Die Se- ee Pe
dimentation ist also vom Beginn der Beschotte-
rung bis zur Lößablagerung eine ununterbrochene
gewesen, die allerdings verschiedentlich durch y
Zeiten stärkerer Erosionstätigkeit abgelöst sein
mag. Se
2 = . S he I. EEE ne 9, °
Für die Gliederung der Terrasse ergibt u KUREN nun TRK 000000 0,0
R a AM ro K REN 049
sich folgendes: r a
Im hinteren Terrassenstück „mm,;, fs Jängere Ks Verschüttungs- (xx) ältere
MM zo# Sol Schotter [e%2: Zone xx x] Schotter
jüngeres Schottermaterial auf älterem und nach
I. hinteres Terrassenstück,
der Talaue zu auch an älterem; im mittleren $
II. mittleres Terrassenstück,
Terrassenstück nach derTalaue zu jün- I oe Teenie
geres Material teils an älteres angelagert, teils Fig. 13.
mit ihm umgelagert; die Hauptmasse dieses Teiles jedoch altes Material; im vorderen Terrassen-
stück altes Material und allmähliches Auskeilen des seitlich angelagerten jüngeren Materials, all-
mähliches Herabsinken der Terrasse in das Niederterrassenniveau, bewirkt durch rückgreifende Erosion
vor Bildung des Hochterrassenschotter (siehe die drei Profile). Im vordersten Teil des ganzen Schotter-
komplexes schließlich überwiegend jüngeres Material, zeitlich wohl den Niederterrassenbildungen ent-
sprechend. Wir haben in dieser Terrasse also mehr eine horizontale als eine vertikale Gliederung, und
Palaeontographica. Bd. LX. 7
es darf daher nicht wundernehmen, wenn man. im gleichen Niveau ältere Tierformen tiefer in der Terrasse,
jüngere mehr nach der Talaue zu findet.
Ueber das Alter der Schotter möchte ich folgendes bemerken: Die schwachen Schotterreste, die
Dietrich von Steinheim in der Riehtung nach Pleidelsheim—Gr. Ingelsheim verfolgen konnte, gehö-
ren wahrscheinlich zum älteren, möglicherweise allerdings auch zum jüngeren Deckenschotter; die Be-
schotterung im Steinheimer Talkessel hat also frühestens im I. Interglazıal begonnen und seit dieser
Zeit bis ins III. Interglazial angehalten. Die Hauptschottermasse dürfte demnach dem II. Glazial-Inter-
glazıal angehören.
Die eben skizzierten geologischen Verhältnisse stehen im besten Einklang mit dem palaeontolo-
gischen Befund.
Bei Anlage der dem Einmündungsgebiet am nächsten gelegenen, höchsten Gruben fand man in den
obersten Schotterpartien einige Molaren des El. primigenius, die in den vorderen tiefer liegenden Gruben
durchaus fehlen, und auch in den ersteren nicht mehr nachgewiesen werden konnten, sobald der Abbau
tiefergelegt wurde, man also in die älteren Schotter gelangte. In diesen Schottern sind El. antiguus und
El. trogontherii häufig, letzterer wie in Süßenborn durch verschiedene Formen zwischen EI. meridionalis
und El. primigenius vertreten.
Eine Scheidung in ältere und jüngere Schotter, wie sse Dietrich in seiner erwähnten Arbeit
vornimmt, ist also allerdings in etwas anderem Sinn und in anderer Verteilung wohl durchführbar. Recht
schwierig aber ist es zur Zeit, die Fundstellen der verschiedenen Fossilien bestimmt auf ältere oder jüngere
Schotter zu fixieren und damit die ganze von Steinheim bekannte Fossilliste in eine ältere und eine Jüngere
Fauna aufzuteilen. Ein Vergleich mit anderen, ihrem Alter nach besser bestimmten Faunen, macht es
aber immerhin sehr wahrscheinlich, daß folgende Formen zu einer altdiluvialen Fauna zusammengefaßt
werden dürfen.
El.trogontherii, Gervus. elaphus,
El. antiquus, Equus ef. germaniceus,
Rhinoceros Merkii, Buson: prLiscenuss
wohl auch Megaceros Germaniae und Rangifer tarandus, der seiner Fundstelle nach aus den älteren
Schottern stammt. Es ist das neben dem später zu erwähnenden Rangifer aus Süßenborn der einzige
Nachweis des Renntiers mit einer altdiluvialen Fauna.
Gegenüber den Faunen von Mosbach und Mauer zeigt diese Steinheimer Fauna bemerkenswerte
Unterschiede. Schon unter den Elefanten steht El. trogontherii in vielen Molaren dem EI. primigenius
näher als dem El. trogontherii aus der mittleren Mosbacher Fauna; während El. antiquus, wie ich oben schon
hervorhob, eine Mittelstellung einnimmt zwischen dem Mauerer und Taubacher El. antiguus. Rhinoceros
etruscus fehlt in Steinheim und mit ihm verschiedene ältere Formen wie Alces latifrons und die altertüm-
lichen Carnivoren. Letztere können allerdings bei dem fast vollständigen Mangel an Raubtieren weniger maß-
gebend sein. Eguus Stenonis und E. mosbachensis in Mosbach und Mauer sind durch Eguus cf. germanicus
vertreten und zwar in einer zwischen Eguus mosbachensis und dem großen Equus germanicus von Taubach
stehenden Form. Es sind also verschiedene Gattungen in Steinheim durch jüngere Formen vertreten als
in Mosbach und Mauer.
Die geologische und palaeontologische Untersuchung beweisen, daß die Schotter von Steinheim
Bee
jünger sind als die Kiese von Mosbach und Mauer. Mag die Aufschüttung auch im 1. ‚„‚Interglazial“‘ begon-
nen haben — aus derartigen Schottern könnten einige rostbraune sehr primitive intermediäre Molaren stam-
men — die größte Schottermasse und die Mehrzahl der Formen entstammt dem II. Glazial-Interglazial.
Sie wäre also jünger als die Süßenborner und älter als die Taubacher Fauna.
Einer jüngeren Fauna wären schließlich
zuzurechnen.
El. primigenius, Megaceros Germaniae,
Menoeerosticherhinus,, wohl auch
Wreus’spelaeus, Bosprimigenius
Bauus germanicus,
Sie gehört dem III. Glazial-Interglazial an, die Schotter entsprächen den Hochterrassenschottern.
Eine scharfe Trennung beider Faunen ist, wie ich oben schon hervorhob, nicht durchführbar.
Es ist sehr wohl möglich, daß El. antiguus auch mit dieser Fauna noch gelebt hat, andererseits,
daß Bos frimigenius auch in der älteren Fauna schon vorhanden war. Wir haben es hier eben räumlich
wie zeitlich mit einem Grenzgebiet zu tun, indem die Komponenten anderswo zu trennender, jüngerer oder
älterer Faunen, Steppen- oder Wald-Faunen vermischt auftreten. Und schon aus diesem Grunde ist die
von mir vorgenommene Teilung nur mit Vorsicht zu gebrauchen.
Schlüsse aus dem Massenverhältnis der einzelnen Formen bei beiden Faunen müssen vorläufig weg-
fallen, solange nicht für alle Arten ein alt- oder jungdiluviales Alter mit aller Bestimmtheit behauptet
werden kann.
Jedenfalls aber haben wir es hier mit einem Grenzgebiet zn tun, in dem der Landschaftscharakter
El. antiquus, El. trogontherii und verschiedenen intermediären Formen in gleicher Weise zusagende Exi-
stenzbedingungen bot.
Taubach und Ehringsdorf bei Weimar.
Von jüngeren diluvialen Ablagerungen mit Resten des El. antiquus Falec. ist Taubach der am läng-
sten bekannte und durch seine reiche Fauna berühmteste Fundpunkt. Die gesamte Schichtenfolge ist
nach den Untersuchungen von E. Wüst in die Riß-Würm Interglazialzeit zu setzen. Derselbe Autor
hat in einer vorläufigen Mitteilung (III) folgendes Profil gegeben:
4. Obere Travertine.
3. „Pariser‘‘ (Poröser, als Löß gedeutet).
2. Untere Travertine.
1. Ilmkiese (feuersteinführend).
Aus diesen Kiesen besitzt Herr Landbaumeister Rebling in Weimar einen M.M. II. max. des
El. trogontherii, den ich in meine Tabellen aufgenommen habe. Das Vorkommen dieses Elefanten und
die Lagerungsverhältnisse des Pleistozäns in der Umgegend von Weimar sprechen dafür, daß diese Ilm-
kiese dem II. „‚Interglazial‘‘ angehören.
El. antiquus Falc. ist auf die mittleren und oberen Lagen der unteren Travertine beschränkt. Das
reiche, aber leider auf unzählige Museen zerstreute Material, das Taubach in nahezu 45 Jahren geliefert
hat, ist von H. Pohlig in seiner Monographie eingehend bearbeitet worden. Es haben also die Stücke,
die ich im Naturwissenschaftl. Museum zu Weimar, im geolog.-palaeontol. Institut zu Jena und im
geol. Institut der Universität Halle untersuchen konnte, ihm zum größten Teil vorgelegen. Da aber meine
Beobachtungen und Maße, wohl teilweise auf Grund der verschiedenen Meßmethode, nicht unwesentlich
von Pohligs Werten abweichen, so habe ich die besseren Molaren in die Tabellen aufgenommen.
An den betreffenden Stellen ist stets auf Pohlig verwiesen.
Es erübrigt also nur noch, die Ergebnisse an neuen, unbearbeiteten Fundstücken nachzutragen. Da
Taubach seit langer Zeit keine Reste des E/. antigquus mehr geliefert hat, kann ich im folgenden von die-
sem Fundort nur solche Stücke namhaft machen, die in Privatbesitz gelangt, Pohligs Aufmerksam-
keit entgangen sind, über die ich wenigstens in seiner Monographie keine Angaben finden konnte. Neuere
Funde sind nur aus dem älteren Travertin von Ehringsdorf bekannt geworden, der dem Taubacher älteren
Travertin durchaus äquivalent ist.
Milchmolaren.
Ein gut erhaltener M.M. III. mand. sin. (Nr. 17) Taf. I. Fig. 15, 15 a aus dem älteren Travertin
von Taubach im Museum zu Weimar ist wie alle bisher von dort bekannten Mandibelmolaren dieser Serie
von EI. antiquus einwurzlig.
Für die Beurteilung dieser Einwurzligkeit an mandibularen M.M. III. ist dieser Zahn von größtem
Interesse. Er führt «!2x in 205.10.18. Die Wurzel weist auf der Innen- und Außenseite eine tiefe,
von oben nach unten ziehende Furche auf, die einen kleineren vorderen von einem größeren hinteren
Teil abschnürt, wie es bei einer wirklichen Teilung der Wurzel auch der Fall sein würde. Beide Teile di-
vergieren schwach nach unten. Die Furche setzt auch in die untere Partie der Zahnkrone hinein. Der vor-
dere Teil trägt den sehr großen Talon. Ganz ähnliche Verhältnisse hat Pohlig an einem anderen M.M.
III. mand. sin. von Taubach in seiner Monographie S. 293, 294 beschrieben. Diese tiefe Furchung der
Wurzel in 2 Partien, wie sie in schwächerem Grade alle M.M. III. mand. des EI. antiquus zeigen, weist ent-
schieden auf Vorfahren mit zweiwurzligen M.M. III. mand. hin, wie sie uns ja aus den Kiesen
von Mauer tatsächlich vorliegen.
Ein zweites rechtes Exemplar (Nr. 18) Taf. I. Fig. 16 desselben Museums zeigt x 2x!(x 3) in 19.
9.16. Es ist bedeutend graziler gebaut als der vorher besprochene Zahn. Die Vertikalfurche verläuft
viel flacher, so daß die Wurzelpartie eine einheitlichere ‚„‚walzenförmige‘‘ Gestalt erhält. Das gegen die obere
W.urzelpartie scharf abgesetzte Endstück läuft in zwei Zitzen aus, die als die Endigungen der zwei durch
die Furche geteilten Wurzelpartien erscheinen. Leider ist an dieser Stelle der Zahn etwas lädiert und die
Enden beider Zitzen nicht vollständig erhalten. Es ist dies meines Wissens das erste Stück aus dem älte-
ren Travertine Taubach-Ehringsdorfs, an dem basal eine, wenn auch ganz untergeordnete Zweiteilung
der Wurzelpartie zu beobachten ist.
Bei beiden eben besprochenen Zähnen fehlt eine eigentliche Abkauungsfläche. Der zweite Zahn
war aber jedenfalls schon angekaut, da das Cement am proximalen Ende glatt poliert erscheint. Die La-
mellen sind an beiden Stücken oben verletzt.
Von M.M. II. liegt ein linker mandibularer Zahn (Nr. 13) von Ehringsdorf vor. Das Stück ist mit
dem teilweise erhaltenen Kiefer und dem nachfolgenden M.M. I. noch in die Travertinmasse eingeschlos-
sen. Es enthält «x 7x ın 73.26.24 und trägt in der Form der Schmelzlamellen und der Zahnkrone cha-
rakteristische Merkmale des E/. antiquus. Der Zahn ist komplett abradiert. Das Ganöin ist auffallend
dünn und erreicht kaum Imm. Am distalen Ende erfährt der Talon mit der ersten Lamelle laterale und
mediane Fusion.
Ein M.M. I. mand. dext. (Nr. 12), der mit dem größten Teil des zugehörigen Mandibelramus ausge-
zeichnet erhalten ist, zeigt das nur einmal (Pohlig IV. S. 259) beobachtete Maximum der Lamellen-
zahl für diese Serie, er führt x 11x in 128.33. Von 10 invadierten Lamellen zeigen 7 völlig verschmol-
zene ausgesprochene Rhombenform. Der Verschmelzungstyp ist ausgezeichnet lat. an. med. lam. Eine
Deutung als M. I. erscheint bei dem sehr schwachen Kiefer und den geringen Dimensionen der Zahnkrone
ausgeschlossen.
Molaren.
Sehr bemerkenswert ist ein M. I. max. dext. (Nr. 21), Taf. I. Fig. 14, im Museum zu Darmstadt.
Er ist von F. Krantz in Bonn gekauft, seine Bestimmung als El. rimigenius rührt sicherlich von
Pohlig her. Der Molar führt x 10x in 126.49 (VII).66 (X). Der L.L.Q. ergibt 11,4. Die Schmelz-
stärke übersteigt 1 mm nicht. Da sämtliche Lamellen schon vollständig angekaut sind, war der Verschmel-
zungstyp nicht mehr festzustellen. Die Form der Schmelzfiguren ist ausgesprochen rhombisch, der Schmelz
stark festoniert. Die Kaufläche ist schmal bandförmig. Diesen Molaren, der in der Form der Schmelzfi-
guren und der Kaufläche, sowie in der Ausbildung des Schmelzes typische Antiquusmerkmale zur Schau
trägt, wegen der engen Stellung der Schmelzbüchsen zu El. primigenius zu ziehen, halte ich für ganz un-
begründet, zumal von Taubach schon verschiedene, sehr englamellige Molaren des EI. antiquus bekannt
geworden sind.
Von M. II. mand. führe ich zwei Stücke an, die an dieser Serie die Divergenz in den Größenver-
hältnissen gut demonstrieren. Ein M. II. mand. sin., dessen rechtes Gegenstück bei Pohlig S. 298
unten Erwähnung gefunden hat, umfaßt
x 9%: m 487 .62:106.
Ein zweiter M. II. mand. sin. enthält x 13x in 225.62. Der L.L.Q. des ersteren läßt sich berechnen auf
18,5, der des letzteren auf 16,6.
Aus der Maxille lagen mir zwei distal lädierte M. II. max. dext. vor und zwar beide von Taubach.
Der erste umfaßt X = * 1 10x in 147.80 mit einem L.L.Q. von 147. Der zweite umschließt <= * ! 11x
in 186.80.172. Der L.L.Q. beträgt 16,1.
Ein Vergleich der L.L.Q. der Mandibelmolaren mit dem der Maxillenmolaren zeigt sofort die cha-
rakteristischen Unterschiede: Das nähere Aneinanderrücken der Schmelzbüchsen bei Oberkieferzähnen,
ein Vergleich der Breitenmaße die größere Kronenbreite letzterer. In einigen Fällen ist dieses Verhalten
bei Taubacher Zähnen so ausgeprägt, daß die Rhombengestalt der Schmelzfiguren durchaus verwischt
wird, daß der Molar in stärkerem Maße als bei dem oben besprochenen M. I. einen primigeniusartigen
Habitus erhält. Konstant und ein untrügliches Unterscheidungsmittel bleibt aber immer die extreme
Ausbildung der Pfeiler resp. der Verschmelzungstyp.
Er.
Von M. III. kann ich nur ein Stück aus dem linken Oberkiefer namhaft machen (Nr. 14). Es zeigt
x 2% 4. m 289262457.
ee
Die Länge einer Schmelzbüchse + Cementintervall ist für El. antiquus recht niedrig, sie beträgt nur 14,1.
Die Form der Kaufläche zeigt eine Neigung zum Ovalen und weicht hierin vom typischen Antiquus et-
was ab. Schmelzfiguren und Verschmelzungsart sind durchaus charakteristisch. Von 11 invadierten La-
mellen bilden 8 komplette Figuren. Der Schmelz zeigt eine Stärke von 1,5—2 mm.
Das Material an Incisoren und Mandibeln ist durch neue Funde nicht bereichert worden. Das bis-
her bekannte wurde schon von Pohlig in seiner Monographie ausführlich behandelt.
Ich schließe hier einige Bemerkungen an über die Antiquusreste von
Burgtonna bei Gotha.
Während E. Wüst glaubt, in den Travertinbildungen Taubach-Ehringsdoris drei Phasen un-
terscheiden zu können, scheint in Burgtonna nach den Ausführungen H. F. Schäfers eine solche
Dreiteilung durch nichts begründet zu sein. Die Begleitfauna des El. antigquus, die von der Taubacher
nicht wesentlich abweicht, ist in ihrem Vorkommen nicht auf einen Horizont beschränkt. Nach den Be-
richten über die beiden weit zurückliegenden Hauptfunde des El. antiquus, ein Skelett wurde 1696, ein
zweites 1799 ausgegraben, haben diese Reste im unteren Niveau des Profils gelegen. Jedenfalls muß die
gesamte Bildung bis auf weiteres faunistisch wie zeitlich als ein Aequivalent des älteren Travertin
Taubachs angesehen werden. Das gesamte Material des El. antiguus von Burgtonna ist von Pohlig
eingehend beschrieben worden. Neue Funde wurden seither von dort nicht bekannt. Da aber meine Be-
obachtungen von denen Pohligs an zwei Stücken ganz bedeutend abweichen, so will ich die beider-
seitigen Ergebnisse im folgenden zum Vergleich stellen. Es handelt sich um den M. III. in der rechten
Maxille und den M. III. in dem rechten Mandibelramus des Antiquusskelettes von Tonna. An der Iden-
tität der untersuchten Stücke kann kein Zweifel bestehen, da nur je ein M. III. max. dext. und ein M. III.
mand. dext. in situ im Gothaer Museum vorhanden sind.
Der Maxillenzahn führt * 1 T.* 2 17 x in 269.79 (IV). Der L.L.Q. ergibt 14,9. Von 13 angekau-
ten Lamellen sind 9 zu kompletten Figuren verschmolzen. Die Art der Verschmelzung ist ausgezeichnet
lat. an. med. lam. Die Schmelzfiguren zeigen eine weniger rhombische, mehr gleichmäßig breite Form.
Das stark festonierte Ganöin besitzt eine Stärke von 2—3 mm.
Pohlig fand dagegen an dem gleichen Stück (S. 186)
x 16%. in 26,5.8,0 (V) sea. 20,5.
Der Mandibelzahn führt *3= 15x in 26,6.7,0 (IV) mit einem L.L.Q. von 16,6. Der Verschmelzungs-
typ ist extrem lat. an. med. lam., indem der laterale Externpfeiler besonders stark reduziert erscheint.
Von 15 abradierten Lamellen sind 8 komplett. Die Form der Schmelzfiguren ist rhombisch mit stärkeren
Dilatationen. Die Ganäinstärke ist 2—3 mm.
Pohligs Untersuchungen ergaben (S. 187):
x 4558610 31,58,0:
Seine Abbildung dieses Molaren gibt 9 Schmelzfiguren als komplett an.
Auch die an diesen beiden Zähnen von mir gewonnenen Maße zeigen deutlich die Differenzen, welche
hinsichtlich L.L.Q. und Breitenentwicklung zwischen Ober- und Unterkieferzähnen bestehen. Ebenso
ist wie bei dem Taubacher Material das Zurücktreten einer ausgesprochenen Rhombenform bei den Schmelz-
figuren der Maxillenmolaren deutlich ausgeprägt. Der Incisor und die Mandibel zeigen von den entsprechen-
den Stücken aus der Taubacher Travertine keine Abweichung. Eine eingehende Besprechung dieser Reste
findet sich bei Pohlig (I]).
Die Faunen der übrigen Thüringer Travertinvorkommen sind meist nur in wenigen Resten be-
kannt geworden; von Elefanten ist meines Wissens nur El. antiguus nachgewiesen. Ich kann hier auf die
wenigen, auf verschiedene kleinere Lokalmuseen verstreuten Funde nicht näher eingehen. Sie entsprechen
jedenfalls durchaus dem El. antiguus von Taubach und Gräfentonna.
Zusammenfassend gebe ich einen Vergleich zwischen dem El. antigquus von Mauer-Mosbach und
von Taubach und verweise besonders auf die Tabellen, in denen die Anordnung der Molaren so getrof-
fen wurde, daß Differenzpunkte leicht ersichtlich sind.
Recht interessante Verschiedenheiten hat die Untersuchung der vordersten mandibularen Milch-
molaren beider Fundorte ergeben. Während in Mauer neben ein- auch noch zweiwurzlige Zähne dieser
Serie vorkommen, hat Taubach nur einwurzlige Stücke geliefert, die allerdings durch eine teilweise sehr
stark gefurchte, in gewissem Sinne zweiteilige Wurzel ihre Herkunft von zweiwurzeligen Zähnen doku-
mentieren. In den Dimensionen der Zahnkrone übertreffen die Mauerer Zähne die Taubacher bedeutend;
die einzelnen Lamellen sind ausnahmslos stärker entwickelt, die Anzahl der Lamellen eine größere als bei
den meisten Thüringer Zähnen, die in einigen Stücken überhaupt das Minimum der Lamellenzahl dieser
Zähne von El. antiguus beobachten ließen. Während alle Zähne des El. antigquus von M.M. II bis M. Ill.
von der älteren nach der jüngeren Form eine Zunahme der Lamellenzahl zeigen, beobachten wir beim M.M.
III. mand. eine Reduktion, ein einwandfreier Beweis für eine Verkümmerung dieses Zahnes.
Nach alledem können die M.M. III. mand. des Urelefanten von Taubach als aktive Partie des Ge-
bisses nur geringere Bedeutung besessen haben. Und auf diesen Umstand ist die Umbildung aus einer
zwei- in eine einfache Wurzel zurückzuführen, die erfolgen mußte, sobald der vertikale Druck der Kau-
tätigkeit schwächer wurde und sich der horizontale Druck des nachrückenden Molaren dementsprechend
stärker geltend machte.
Die Herausbildung einer einfachen Wurzel an den M.M. Ill. mand.
des El. antıquus steht in engster Beziehung zu einer allgemeinen Re-
de on ın Größe und Lämellenzahl.
Die 2. mandibularen Milchmolaren von Mauer zeigen durchgehend eine kleinere Lamellenzahl als
die Zähne der entsprechenden Serie von Taubach. Im Verein mit der Zweiwurzeligkeit der M.M. III. do-
kumentiert auch dieses Verhalten das phylogenetisch höhere Alter des El. antiguus von Mauer.
Von M.M. I. mand. hat nur Mosbach ein brauchbares Vergleichsmaterial geliefert. Die drei Mos-
bacher Stücke bleiben mit einer Lamellenzahl von x 9x recht bedeutend hinter dem M.M. I. mand. dextr.
(Nr. 12) von Taubach-Ehringsdorf mit x 11x zurück.
Bei den Molaren von Mauer ist die Schmalheit der Zahnkrone stark ausgeprägt und ein kon-
Be
stantes Merkmal. Dagegen weisen die Taubacher Zähne nicht unbeträchtliche Schwankungen von extrem
schmalen bis breiteren Zahnkronen auf. In der Kronenhöhe differieren die Molaren beider Fundpunkte
wenig, wenn auch einige M. III. mand. von Mauer sehr niedrige Höhenmaße ergaben, wie sie in Taubach
niemals beobachtet wurden. Gemeinsam ist beiden eine starke Ausbildung des Medianpfeilers in Ver-
bindung mit Reduktion der Lateralpfeiler resp. der Verschmelzungstyp lat. an. med. lam. Eine Mam-
millenspaltung konnte nur bei zwei Mosbacher Molaren, niemals an dem Taubacher Material beobachtet
werden.
Die extreme Herausbildung einer proximalen Zacke, welche die Mauerer Mandibelmolaren kennzeich-
net, findet sich in solchem Maße nur selten in Taubach. Es sind meist zahlreichere Dilatationen, die in
der Mediane einer Schmelzfigur auftreten, ohne daß aber die mittelste immer die stärkste zu sein braucht.
Die Festonierung des Schmelzes ist an den Molaren beider Fundorte stark entwickelt.
Nicht unbeträchtlich sind die Abweichungen in der Form der kompletten Schmelzfiguren. An
beiden Lokalitäten waltet die Rhombenform durchaus vor. Es finden sich aber in Mauer wie in Taubach
Molaren, deren Schmelzfiguren sich von der charakteristischen Form mehr oder weniger entfernen. In
Mauer, wo derartige Stücke äußerst selten sind, beruht diese Erscheinung auf der größeren Variations-
breite des altdiluvialen El. antiguus, während sie in Taubach als das Resultat stammesgeschicht-
licher Entwicklung zu betrachten ist. Besonders an Maxillenmolaren Taubachs erscheint die Rhom-
benform oftmals durchaus verwischt.
Die Schmelzfigur nimmt einen etwas unregelmäßigen Verlauf und erinnert manchmal in ihrer Schmal-
heit an El. frimigenius. Aehnliches läßt sich an dem Mauerer Material niemals beobachten. Bedingt wird
dies Verblassen rhombischer Schmelzfiguren wohl in erster Linie durch das Aneinanderrücken der Schmelz-
lamellen bei Oberkiefermolaren von Taubach. Während der L.L.Q. der thüringischen Unterkiefermolaren
im allgemeinen schon kleinere Werte liefert als bei der gleichen Serie von Mauer, tritt dieses Verhalten
an Oberkieferzähnen fast ausnahmslos in die Erscheinung. Die Schmelzstärke ist bei den Molaren von
Mauer größer. Auch dieser Unterschied ist an Unterkieferzähnen schwächer als an Oberkieferzähnen ent-
wickelt. Selbstverständlich kommen auch in Taubach Molaren vor, die in der Stärke des Ganäins denen
von Mauer durchaus gleich werden. Das Unterscheidende ist aber das Vorkommen von dünnplattigen
Molaren in Taubach, wie sie in Mauer vollkommen fehlen. Daß diese Differenzpunkte am klarsten bei
echten Molaren hervortreten, bedarf keiner Begründung. El. antiguus von Mosbach zeigt in der Dentition
gegenüber El. antiguus von Taubach die gleichen Unterschiede, wie sie eben für den Urelefanten von Mauer
hervorgehoben wurden.
In der Entwicklung der Molarendentition ist El. antiguus den gleichen Gesetzen unterworfen, wie
wir sie an der Trogontherii-Primigenius-Reihe beobachten: Ein Dünnerwerden des Zahnschmelzes, ein
näheres Aneinanderrücken der Lamellen unterscheidet ältere und jüngere Formen.
Ueber den Incisor vergleiche man das bei Besprechung der Antiquusreste von Mauer Gesagte. Auch
in diesem Falle ist Taubach-Tonna im Vergleich zu letzterwähntem Fundort durch das fortgeschrittenere
Stadium charakterisiert.
Die Mandibel von Mauer zeigt in der stärkeren Wölbung der Seitenwände, in einer ausgesprocheneren
Rundung des Kinnes Merkmale, die sie von den lateral flach abfallenden Unterkiefern Taubachs unter-
scheidet.
Die Resultate dieses Vergleichs lassen sich so formulieren: Die Variationsbreite des
El antiquus von Mauer und Mosbachist größer als die des El. antiquus
won Baubachlund Burg-Gräfentonna.
Inder Wolarendeantition, Inder Ausbildung des Incisors und-.der
Mandıbel weist El. antiquus von Mawer und Mosbach gegenüber Tau-
Bachtund.Tonnaveinige primitive, Merkmale auf.
Die Fauna von Taubach ist seit langem gut bekannt. 1878 gab A. Portis (I) in der Palaeonto-
graphica die erste kurze Uebersicht. 1886 stellte Pohlig in der Zeitschrift für Naturwissenschaften
die Faunen der vier älteren thüringischen Travertinbecken zusammen. In neuerer Zeit hat se Wüst (I)
in seiner später erwähnten Arbeit zu einem Vergleich mit der Süßenborner Fauna herangezogen. Ich gebe
eingangs eine nach den Massenverhältnissen der Spezies geordnete Zusammenstellung. El. primigenius
und Rh. antiqwitatis habe ich nicht aufgeführt, da ihr Vorkommen mit El. antiquus und Rh. Merkit in den
mittleren und oberen Lagen der älteren Travertine nicht erwiesen ist. Bei der Seltenheit beider Spezies
würde ihre Angabe das Gesamtbild der Fauna nicht beeinflussen. Aus dem gleichen Grunde wurde Rangıfer
tarandus nicht mit in die Liste aufgenommen.
Aus dem Antiquus-Horizont sind folgende Spezies bekannt:
Prhımoweros Merkii Jäg., 10-Equus cf. germanicus Nehr,
2. Elephas antiquus Fale,, 11, Belisleofossılis(spelaea) Goldf.,
Selm ametossch: (Portis), 122. HelisılymxTL.,
Ar@erwus elaphus antiqui ‘Pohl. Is. 2Welisech-eatusıL,,
PeBisonpriseus Boj., 14. Hyaena spelaea Goldf.,
Basusescrofa cantiqui Pohl, 15. Ganrs up us LE,
FGerwuscapreolus L., 16- k.uwtwa vulgaris,
Beaetortbe'r*L., 17. Mustela martes L.,
Gervuseuryceros Germaniae 18. Meles taxus — vulgarisL,,
Bioh, 1 OmIsetus-IirumentarLustl:
CGervuseuryceros Belgrandi
Lart.,
Zu erwähnen sind ferner eine Anzahl Vogeleier, die der bekannte Ornithologe Bamberg in
Weimar bestimmt hat,
Anas boschas L., Podiceps minor L.,
Cinclus aqualticus L., Totanus calidris Bechst.
und schließlich in spärlichen Knochenresten, aber zahlreichen Artefakten
Homo primigenius.
Die unter 13—19 aufgeführten Formen sind äußerst selten. Von der Mosbacher Fauna ist die Tau-
bachs, abgesehen von den durch den großen Altersunterschied begründeten speziellen Abweichungen,
scharf unterschieden durch das vollkommene Zurücktreten der Equiden.
Mit der Fauna von Mauer zeigt sie dagegen die weitgehendste Uebereinstimmung. Beiden gemein-
Palaeontographica. Bd. LX. 8
aut
sam ist erstens El. antiqwus, der in Mauer in allen Horizonten ausschließlich, in Taubach in den mittleren
und oberen Lagen der älteren Travertine gefunden wurde; während in den unteren Lagen El. primigenius
in einer Mandibel nachgewiesen werden konnte.
Rhinoceros etruscus in Mauer ist in Taubach durch Rh. Merkii vertreten, Ursus arvernensis und
Ur. Deningeri durch Ursus arctos. Cervus elaphus antigui von Taubach ist dem Cerviden von Mauer äußerst
ähnlieh und gibt durch sein häufiges Vorkommen zusammen mit Bison, Rhinoceros, Elephas und Ursus
beiden Faunen ein charakteristisches Gepräge, das durch die große Seltenheit der Equiden in Mauer wie
in Taubach noch schärfer hervortritt. Alces latifrons fehlt Taubach, dagegen finden sich in ungefähr ent-
sprechender Häufigkeit Cervus euryceros Germaniae und Belgrandi.
Cervus capreolus ist in Taubach ebenso häufig wie in Mauer. Die Gattungen Felis, Sus, Castor, Canis
sind beiden Fundorten gemeinsam, aber bis auf Castor in Mauer durch ältere Formen als in Taubach vertreten.
Hyaena, Lutra, Mustela, Meles, Cricetus sind aus Mauer nicht bekannt geworden. Ob diese Formen, die
auch in Taubach äußerst selten sind, der Fauna von Mauer vollständig fehlen, kann heute noch nicht ent-
schieden werden. Von der Hyaene abgesehen, sind es nur kleinere Tiere, deren Reste in gröberen Kiesen
und Sandmassen bekanntlich sehr leicht der Beobachtung entgehen.
Bezüglich der Vogelfauna ist zu betonen, daß keiner der Vögel auf ein wärmeres Klima als das heutige
hinweist, daß alle genannten Arten in der gemäßigten Zone des heutigen Klimas heimisch sind, einige wie
Podiceps minor und Totanus calidris bis in hochnordische und kalte Klimate hinaufgehen.
Die Fauna von Burg- und Gräfentonna, diein H.F. Schäfers (I) Arbeit die erste zusammen-
fassende Behandlung erfuhr, schließt sich eng an die von Taubach an. Einige ganz unwesentliche Ab-
weichungen machen sich geltend in dem Fehlen von Meles taxus, Lutra vulgaris, Mustela martes und
Canis lupus in Gräfentonna, von Canis vulpes!, Felis magna, Sorex vulgaris! in Taubach. Die große Katze
von Taubach unter dem Namen Felis antiqua von Felis spelaea zu Gräfentonna zu scheiden, halte ich für
unbegründet. Wie in Mauer und in Taubach ist hier Cervus elaphus antigqui Pohl. äußerst häufig, während
die Equiden stark zurücktreten. Gemeinsam ist den 3 Fundpunkten ferner eine große Zahl Carnivoren,
die in Gräfentonna ersetzt sind durch die Gattungen Felis, Hyaena, Canis und Ursus. Das Massen-
verhältnis ist trotz des geringen aus dem Travertin von Burg-Gräfentonna bekannten Materials in den we-
sentlichen Momenten dem von Mauer und Taubach durchaus ähnlich, wie folgende Liste zeigt:
1. Gervus elaphns antıiq ui Pohl. 9. Felis spelaeazGokdT,
2. Rhinoceros,Merki,Jäg,, 10. F:elis: mag na Beurzu.
3: Elephas antıiquus. Halle, 11. Gaars vulpes L,
4. Bison priscus Boj, 12. Hyaena spelaea Goldif.,
5. Equus et germanıens Nekr, 3..Gervwuseuryceros Aldroy,
6. Gervus capreo) sole 14.:Gastorfıb er Lan vg vokohe
1. Ur giuis ei ame 15. Grieetnas fLrumentarıue i,
8. BUS. scrofa antıgqgur bone 16..Sorex vıulsarnısah
Von 9—16 sind nur Reste je eines Individuums vorhanden, die Anordnung in dieser Reihenfolge
geschah nach der Zahl der einzelnen Skelettreste. Ferner sind in Gräfentonna vertreten
' Inzwischen ist Canis vulpes und Sorex sp. aus’ dem älteren Travertin von Ehringsdorf nachgewiesen worden.
® Wohl gleich Felis spelaea Goldf.
SE
Anas sp.
und Spuren des Menschen, de Schäfer an einem stark angekohlten Unterkiefer von Bison priscus
Boj. nachweisen konnte.
Wie in den - altdiluvialen Ablagerungen zu Mauer, so findet sich
indenjung-mitteldiluvialen Travertinbildungen zuTaubach—Ehrings-
dortund Burg-GräfentonnaE]. antiquus Fale. zusammen mit einer aus-
gesprochenen Waldfauna.
An die Besprechung des deutschen Materials von El. antiquus schließe ich einige Bemerkungen
an über ausländische Molaren dieser Spezies, die mir teils in Gipsabgüssen, teils im Original vorlagen. Die
Maße finden sich in den Tabellen.
Ein M. III. mand. sin. (Original) von der Val di Chiana trägt ım Verschmelzungstyp, in dem starken
festonierten Schmelz, in der Schmalheit der Zahnkrone ausgezeichnete Merkmale des El. antiquus. Die
Schmelzfiguren nähern sich in ihrer Gestalt einem Rechteck weit mehr als einem Rhombus. Eine me-
diane Zacke ist nur unbedeutend an der proximalen Schmelzwand entwickelt.
Weiter liegt mir aus dem Chianatal im Gipsabguß ein Paar mandibularer M. III. vor, die schon
von Weithofer beschrieben wurden. Verschmelzungstyp und Festonierung sind durchaus charak-
teristisch. Eine Rhombenform der Schmelzfiguren ist keineswegs ausgeprägt, wird auch durch eine mäßig
entwickelte proximale Zacke nicht gehoben. Eine gewisse unregelmäßige Verzerrung der Schmelzfiguren
ist unverkennbar.
Vom Ponte Molle zu Rom konnte ich zwei Molaren in Gipsabgüssen untersuchen.
Ein vollständiger M. III. mand. sin. weist stark ausgeprägte Antiquusmerkmale auf. Besonders
deutlich ist die Reduktion der Lateralpfeiler, die vom Medianpfeiler an Höhe bedeutend überragt werden.
Ein M. III. mand. dext. von ebendaher zeigt infolge transversaler schiefer Exkavation eine größere
Kronenbreite. Verschmelzungsart und Form der Schmelzfiguren sind typisch. In Profilansicht tritt die
Säulenform der Schmelzbüchsen gut hervor.
Auf Grund meiner Untersuchungen hebe ich für Molaren des El. antiquus F alc. folgende Merk-
male als charakteristisch hervor:
1. Starke Reduktion der Lateralpfeiler in Höhen- und Breitenentwicklung gegenüber dem Median-
pfeiler; daraus resultierend der Verschmelzungstyp lat. an. med. lam.
2. Bedeutende Höhe der Zahnkrone.
Schmale Zahnkrone und bandförmige Kaufläche.
4. Rhombische Form der Schmelzfiguren, meist verbunden mit einer oder mehreren medianen Dila-
5
tationen.
5. Zumeist kräftiger, festonierter Schmelz.
Die unter 1 und 2 genannten sind als Mutations-, die unter 3, A und 5 genannten als Variationsmerk-
male aufzufassen. Letztere können, allerdings meist in schwächerem Grade, auch an Molaren des El. meri-
dionalis und EI. trogontherii auftreten und werden selbst bei El. antiguus (Taubach) durch die Mutation
teilweise in solehem Grade modifiziert, daß sie für die Bestimmung nur geringe Anhaltspunkte liefern.
Be go
Die Mutationsmerkmale (1 und 2) sind in ihrer extremen Ausbildung auf E/. antigquus beschränkt. Das
für die Spezies charakteristischste und konstanteste Merkmal ist das unter 1 genannte.
Sissenborn bei Weimar.
Das geologische Vorkommen des El. trogontherii und seiner Begleitfauna in den Kiesen von Süßen-
born hat E. Wüst (I) in seiner Arbeit „Das Pliozän und das älteste Pleistozän von Thüringen‘ ein-
gehend behandelt. Nach einem umfassenden Vergleich mit den Faunen südwest-deutscher, französischer
und englischer Diluvialablagerungen kommt erwähnter Autor zu dem Schluß, „daß der Kies von Süßen-
born sicher vor der II. Eiszeit abgelagert worden“ und ‚‚mit größter Wahrscheinlichkeit als dem I. In-
terglazial angehörend zu betrachten ist‘. Ich werde am Schluß dieses Abschnittes auf die Altersbestim-
mung zurückkommen.
Von Süßenborn lag mir zur Untersuchung vor das Material des naturwissenschaftlichen Museums
zu Weimar, das der ausgezeichneten Privatsammlung des Bauinspektors Rebling daselbst und das
meiner eigenen Sammlung. Wegen der großen Anzahl der Stücke führe ich im folgenden die Molaren nur
summarisch an.
Ich untersuchte:
Im naturwissenschaftlichen Museum zu Weimar In der Privatsammlung Rebling:
1 Mandibel mit M, II. als Abrasionsrest, M. III. 2 M.M.]1.,
mit 12 Lamellen angekaut, METZ
1 Mandibel mit M. III., kaum angekaut, 2, MIT,
1 Mandibel mit M. III. in Funktion, RASSE INIE
1 Mandibel mit M. II., ganz abradiert, In der eigenen Sammlung:
2 M.M. |. - 1..M.M Zr:
SV IE 25M..;
13 M. II, 3 Mr AllE,
36. M.. I1J].; 8 M. ‚Ill,
> Stoßzähne, mehr oder weniger vollständig.
Die gegebene Zusammenstellung macht keinen Anspruch darauf, das bis jetzt bekannte Elefanten-
material von Süßenborn lückenlos anzuführen. Schon aus den genannten Sammlungen wurden manche
Molaren nicht mit aufgenommen und jeweils nur das Wesentlichste und Beste herausgegriffen. Vor allem
wurden die von W üst bearbeiteten, in Halle liegenden Stücke hier nicht mit aufgeführt; ich habe über-
haupt von einer nochmaligen Nachmessung dieses Materials abgesehen und mich lediglich auf eine Un-
tersuchung der wichtigsten und interessantesten Stücke dieser Sammlung beschränkt.
Bei Berücksichtigung aller Reste würde zweifellos das Ueberwiegen der M. III. über die anderen
Zähne, das Ueberwiegen der Einzelmolaren über größere Fundobjekte noch schärfer hervortreten.
Berechnen wir aus dem vorhandenen Molarenmaterial die wahrscheinliche Anzahl der Individuen,
so erhalten wir für die verschiedenen Altersstufen ungefähr folgende Zahlen in Prozenten der Gesamtmasse
zirka 78% Tiere mit M. III. in Funktion,
zirka 18% Tiere mit M. II. in Funktion,
zirka A% Tiere mit M.M. I.—M. I. in Funktion.
M.M. III. und M.M. II. sind aus Süßenborn bisher bekanntlich nicht nachgewiesen worden.
Die Erhaltung der Stücke ist durchaus wechselnd. Neben vorzüglich konservierten kommen mehr
oder weniger abgerollte und abgebröckelte Molaren vor. Der große Feuchtigkeitsgehalt der Schotter, der
durch verschiedene, bis %, Meter mächtige Lehmbänke mitbedingt ist, führt bei vielen Knochen zur voll-
ständigen Durchweichung. Aus diesem Grunde sind besonders die meisten Stoßzähne sehr schwer zu er-
halten.
Die Fülle des Materials verbietet eine Einzelbeschreibung, die gerade hier durch die große Diver-
genz der Formen geboten wäre. Ich werde daher im folgenden nur auf die wichtigsten Stücke näher ein-
gehen und verweise im übrigen auf die Tabellen.
In einer ausführlichen „Diskussion der systematischen Stellung der Süßenborner Elefantenreste‘“
kommt Wüst zu folgendem Resultat:
„Unter den Süßenborner Elefanten sind 2 Formenkreise scharf zu unterscheiden, I. der Formen-
kreis des El. antiıquus Falc. und II. der Kreis der Uebergangsformen zwischen El. meridionalis und
El. primigenius Blum., den man auch den Formenkreis des El. trogontherii Pohl. nennen könnte.“
Wie aus seinen weiteren Ausführungen hervorgeht, stellt er den El. antiquus Falc. wegen seiner „pri-
mitiven, noch wenig extrem ausgebildeten Antiquuscharaktere“ zu Pohligs EI. Nesti. Unter dem
Il. Formenkreis faßt er folgende Spezies zusammen:
1. El. meridionalis Nesti.
2. El. meridionalis trogontherii Pohl. | r
3. El. primigenius trogontherii Pohl. | El irogontbert Pohl,
4. El. primigenius Blum.
Ich beginne mit den von Wüst zu EI. meridionalis gezogenen Molaren des Museums zu Wei-
mar. 5 Molaren bezeichnet Wüst als meridionalisähnlich, von denen er ‚mindestens einen direkt zu
El. meridionalis Nesti stellen möchte.“ Ich führe die Stücke unter den Nummern 1—5 in der Reihen-
folge an, wie sie von Wüst behandelt worden sind.
1. Ein distal abgebrochener Abrasionsrest eines M. III. mand. mit einer Höhe von 67 (IV) zeigt
— Ax ın 124. Die größte Breite beträgt an der 2. Lamelle 108. Das Ganöin besitzt eine Stärke bis zu
4 mm. Die Form der Schmelzfiguren ist unregelmäßig verzerrt, mit einer medianen Aufbauschung. Der
L.L.Q. ergibt 124:5 = 24,8. Wüst hat dieses Fragment direkt zu E/. meridionalis gezogen. Abbil-
dung in Wüsts Arbeit T. III. Fig. 3.
2. Ein M. II. max. dext. (nach Wüst), über dessen systematische Stellung Wüst sich nicht
schlüssig geworden ist, führt nach diesem Autor x 11x in ca. 230 .. 126.145 (VIII). L.L.Q. 20,0. Schmelz-
stärke etwa 3 mm. Meine Beobachtungen an dem gleichen Stück ergaben ® 12x in 233.110 (IV). 147
(IX), Schmelzstärke 2—3 mm. Verschmelzungstyp unsicher, vielleicht lat. Jam. med. an.. Form der
Kaufläche oval. Ich halte diesen Zahn für einen nicht unerheblich abra-
dierten M. Ill. max. dext. Eine Pressionsmarke, wie sie bei einem M. II. zu erwarten wäre,
fehlt vollständig.
3. An einem M. III. max. dext. (nach Wüst sin.) stimmen die beiderseitigen Maße bis auf Höhe
und Breite überein.
Der Molar zeigt — 13 x ın 225.99 (II). 88 (XI), gegenüber W üst — 13x in 225. 109. 95 (XII).
Der-L.L:O. beträgt 225223 = 17,3, nach Wis 22 572180,
Der Schmelz besitzt eine Stärke von 3—A4 mm. Die Schmelzliguren bilden breite Bänder mit medianer
Aulbauschung. Das Stück ist stark abradiert.
4. Das Pendant zu diesem Zahn ist in einem M. III. max. sin. erhalten. Er zeigt — 8x in 172.99
(11). 97 (VIII). Der L.L.Q. ergibt 172:8,5 = 20,2. In allen Merkmalen stimmt dieses Bruchstück so
gut mit dem unter 3 besprochenen überein, daß ein Zweifel an ihrer Zusammengehörigkeit nicht be-
stehen kann. Die abweichenden Werte der L.L.Q. sind nicht etwa auf individuellen Verschiedenheiten
beider Molaren gegründet. Beide Stücke zeigen in der Stellung der Schmelzscheiben proximal die gleiche
Ausbildung. Der Unterschied ist lediglich durch das Fehlen einiger Schmelzscheiben am Distalende des
linken Molaren zu erklären. Für die Wertung des L.L.Q. stark abradierter und fragmentärer Molaren
als Bestimmungsmoment ist ein Vergleich der beiden erwähnten Stücke außerordentlich lehrreich.
Das Original zu Wüsts A. Molar lag mir nicht vor.
5. Ein M. III. max. dext. zeigt © 111, x in 203.89 (VII). 90 (XI). Der.L.L.Q. ergibt 203: 2 =
16,9. Schmelzstärke 2,5 mm. Die Schmelzfiguren zeigen eine schwach ausgeprägte Rhombenform, in
der Mediane kleinere Dilatationen. Wüsts Maße zeigen von den meinigen nur unbedeutende Abwei-
chungen.
Ich füge die Besprechung eines Molaren aus dem Museum von Weimar an, den Wüst ebenfalls
als El. meridionalis bestimmte. Der distal lädierte Abrasionsrest eines M. III. mand. zeigt —5x in 169.
72 (III).46 (V). Der L.L.Q. ergibt 169: 6 — 28,1. Ganöinstärke 3 mm. Cementintervalle lang. 4 Schmelz-
figuren vollständig verschmolzen, die 5. median gespalten. Zwei ähnliche Stücke liegen in der Privatsamm-
lung Rebling. Ein M. Ill. mand. sin. mit © -12x ın 320.100 (VI). 165 (XIII) hat einen L.L.QO.
von 320: 13 = 24,6. Schmelzstärke 3 mm. Der M. III. max.? dextra (Taf. III. Fig. 2) führt © 7 x
in 163. mit einem %1.0:=von 163.8 203.
Ganz entsprechende Verhältnisse zeigt ein stark abradierter M. III. mand. dext. meiner Samm-
lung. Er führt © 10x in 241.78 (VI).72(IX). Der L.L.Q. beträgt 241:11 — 21,9. Die Lamellen sind
bandförmig, in der Mitte wenig anschwellend. Trotz sehr starker Abkauung weist die 10. Lamelle noch
drei Teilfiguren auf. Die mittelste ist ausgesprochen lamellar, ebenso die lateral interne; die lateral ex-
terne zeigt annulare Form. Der Schmelz besitzt eine Anzahl von Zackungen und Fältelungen, sodaß an
manchen Stellen eine Schmelzstärke bis 4 mm meßbar ist. Die Cementintervalle zwischen den Lamellen
sind teilweise tief eingebuchtet, weshalb die Schmelzscheiben auf der Kaufläche mauerartig herausragen.
Bei vollständigen Molaren findet sich ein L.L.Q. von über 20,0 nur selten. Wüst hat in sei-
nen Tabellen zwei Fälle angegeben, ich selbst kenne von Süßenborn und Mosbach nur je einen solchen
Zahn. Einen M. III. mand. sin. mit einem L.L.Q. von 21,1 bezeichnet Wüst im Text S. 252 als meri-
dionalis-ähnlich. Von EI. meridionalis unterscheiden sich derartige Stücke aber sofort durch ihre bedeu-
tenderen Dimensionen, ihre größere Lamellenzahl und ihre größere Kronenhöhe.
Sehen wir von den zuletzt genannten, unzweifelhaft zu El. trogontherii zu ziehenden Molaren ab,
so basiert die Angabe eines El. meridionalis von Süßenborn nur auf stark abradierten, fragmentären M. III.
ee
Daß die langen Intervalle und somit der hohe L.L.Q. lediglich durch die Schiefe der Abrasionsplane
und die bedeutende radiale Divergenz der proximalen Schmelzscheiben nach der Kronenbasis zu bedingt
ist, läßt sich durch folgendes Beispiel auf einfachste Weise zeigen: Ein M. III. mand. dext. meiner
Sammlung führt x 17x in 325.85.153. Der L.L.Q. ergibt 325: 18,5 = 17,5. Ganöinstärke 2-3 mm.
Nehmen wir an, x 9 wären gänzlich abradiert, die 10. Lamelle fast vollständig oder durch Bruch nur
fragmentär, 11—17 vollständig erhalten und legen wir nun die dieser Abrasion entsprechende Ebene
durch den proximalen Teil des Zahnes, so ergibt sich folgendes:
Lamellenformel 7 x,
Länge des Abrasionsrestes ca. 195,
BAIAO 4952,83, — 243.
Wie sich aus den Untersuchungen einer großen Anzahl M. III. ergibt, geht die Pfeilerteilung der
proximalen Lamellen bedeutend tiefer als an den vorderen. Wir würden also auch bei starker Abrasion
an den letzten Lamellen noch unverschmolzene Figuren zu erwarten haben. Kurz, wir würden das er-
halten, was von Wüst als EI. meridionalis angesprochen worden ist.
Im Museum zu Mainz hat Dr. Sehmidtgen den Versuch praktisch durchgeführt und ist
dabei zu dem gleichen Resultat gekommen. Die Angabe des El. meridionalis aus den
Kiesen von Süßenbornhalteiehausdenangegebenen Gründen für nicht
gerechtfertigt.
El. antiquus Falc. Rasse EI. Nesti Pohl.
Einige Molaren aus Süßenborn hat Wüst, allerdings unter gewisser Einschränkung, zu El. an-
tiquus Falc. resp. El. Nesti Pohl. gezogen, einer Rasse, die Pohlig bekanntlich auf einen Fund
aus dem Oberpliozän Italiens — das oberpliozäne Alter dieses Stückes ist meiner Ansicht nach nicht hin-
reichend sichergestellt — und eine größere Anzahl Molaren aus dem alten Diluvium Englands begrün-
det hat. Ueber die Aufstellung dieser Rasse selbst vergleiche das im historischen Ueberblick und das bei
Behandlung der intermediären Formen (S. 78 [f.) Gesagte.
Ich habe die von Wüst zu El. antiguus gezogenen Molaren untersucht und bin zu der Ansicht
gekommen, daß sie diesem Elefanten bezw. El. Nesti Pohl. zweifellos nicht angehören.
: Das Hauptcharakteristikum dieser Spezies, der Verschmelzungstyp, ist nicht in dem eigentüm-
lichen Extrem entwickelt. Die Reduktion der Lateralpfeiler ist allerdings etwas stärker als an den mei-
sten Molaren von Süßenborn. Immer fallen aber die Trennungsspalten ganz schief zum Medianpfeiler
ein, niemals annähernd parallel, sodaß die Abrasionsfiguren des Medianpfeilers bei fortschreitender Abkau-
ung eine Verkleinerung, die der Lateralpfeiler eine Vergrößerung erfahren. Ein ähnliches Verhalten läßt
sich bei E/. antiguus in dem Maße nicht beobachten. Wie aus Wüsts Ausführungen hervorgeht, hat
er den Hauptwert auf eine gewisse Rautenform der Schmelzfiguren gelegt. Erstens ist das bei El. anti-
guus selbst nicht das einzige ausschlaggebende Merkmal, zweitens lassen sich vom typischsten EI. tro-
gontherüi bis zu Wüsts sogenanntem EI. antiguus alle Uebergänge nachweisen in der Rhombenform
der Schmelzfiguren, wie im Verschmelzungstyp und der Schmalheit der Zahnkrone. Ich möchte hier be-
sonders auf den Tafel II Nr. 3 von Wüst abgebildeten Molar hinweisen, den dieser Autor „mit Sicher-
Er
heit dem Formenkreis des El. antiquus zurechnen zu können“ glaubt. Die mittlere Teilfigur der 2 letzten
angekauten Lamellen zeigt absolut nicht die dem El. antiguus eigentümliche längliche, aber schon in die-
sem Stadium der Abrasion etwas breite, rhombische Form. An den vollständigen Schmelzfiguren erscheinen
die lateralen Stücke gegenüber dem medianen durch eine Einschnürung noch lange scharf abgesetzt und
zeigen die den El. trogontherii zumeist charakterisierende plötzliche Anschwellung des Mittelstückes.
Erst bei den vorderen, stärker abradierten Lamellen trıtt die scharfe Abgrenzung der lateralen von dem
medianen Teile zurück und führt zu einer „schwach rautenförmigen‘ Schmelzfigur.
Derartige Schmelzfiguren können sogar an typischen Trogontheriimolaren noch rhom-
bischer zur Entwicklung kommen. Ein M. III. Taf. III Fig. 5 meiner Sammlung, der in der ovalen
Form der Kaufläche, in der ganz intermediären Verschmelzung, schließlich in der Form der Schmelzfiguren
nicht zu verkennende Merkmale des El. trogontherii aufweist, besitzt in seinem vorderen, stärker abradier-
ten Teile stark rhombische Schmelzfiguren mit ungemein gefälteltem Schmelz. Und dieses, sagen wir, Anti-
quusstadium in der Form der Schmelzfigur wird jede Lamelle dieses Zahnes bei entsprechender Abkau-
ung erreichen, um es allerdings bei weiterer Abkauung bald wieder zu verlassen. Aber auf ein derartiges
nur spontan auftretendes Merkmal kann bei dem ja nur graduell verschiedenen Lamellenbau von
El. antigquus und El. trogontherii niemals eine Bestimmung als El. antigquus begründet werden.
Ganz ähnliche Schmelzfiguren zeigt der Fig. 11 S. 14 abgebildete M. II. max. dext. (60) aus Süßen-
born, der ebenfalls unzweifelhaft in den Formenkreis des El. trogontherti gehört. Da bei diesem Stück die
bedeutende Höhe der ‚„Schmelzbrücke‘‘ an den ersten 5 Lamellen durch Pression zu erklären ist, so wäre
es wohl möglich, daß die schwache Rautenform der hinteren Schmelzfiguren ebenfalls auf Pressionser-
scheinungen zurückzuführen wäre, indem auch dort die Schmelzbrücke und besonders das von ihr aus-
gehende Schmelzfaltensystem sehr hoch hinaufreicht. (Vergleiche Dentition S. 11 ff.) Ich werde bei Be-
sprechung des untersuchten Süßenborner Materials auf die Herausbildung rhombischer Schmelzfiguren
zurückkommen. An einem zu El. antiguus gezogenen fragmentären Abrasionsrest mit 2 Lamellen hebt
Wüst neben der Rautenform der Schmelzfigur ein Ueberragen des Schmelzes über das Cement hervor,
„wie das bei loxodonten Elefantenzähnen der Fall zu sein pflegt‘. Die meisten meridionalisähnlichen
Abrasionsreste zeigen eine gleiche Exkavation des Cements und Ueberhöhung des Schmelzes.
Außerdem spricht folgende Erwägung vollkommen gegen das Vorhandensein eines El. Nesti Pohl.
in Süßenborn. Da die Süßenborner Kiese dem I. Interglazial, teilweise sogar noch einer etwas jüngeren
Periode angehören (vergl. S. 74 ff.), andererseits in den Ablagerungen von Mauer und Mosbach, die zweifel-
los dem I. Interglazial zuzurechnen sind, ein ausgezeichnet typischer El. antiquus Falc. vorkommt, so
wäre die Persistenz einer primitiven Rasse in Süßenborn sehr erstaunlich; zumal der El. trogontherii
desselben Fundortes in der Dentition schon starke Anklänge an die jüngere Form El. primigenius ent-
wickelt hat. El. antiquusFalec. resp. El. NestiPohl. (im Sinne Pohligs)»)kommt iin
Süßenborn nicht vor.
El. trogontherii Pohl.
Der Formenkreis dieses Elefanten umfaßt Molaren des typischen El. trogontherii Pohl. und zahl-
reiche Uebergänge zu El. primigenius, die aber nicht zu El. primigenius Blum. gestellt werden dürfen.
Die Angabe des El. primigenius Blum. durch Wüst gründet sich auf einem M. III. max. dext. Nach
genanntem Autor führt der Zahn — 22x in 270.88. 150 (XV) mit einem L.L.Q. von 12,9. Meine Mes-
sungen ergaben
x 21 x in 270.86 . 164 (XTV) mit einem L.L.Q. von 12,5
Wenn Wüst diesen Zahn für den primigeniusähnlichsten von Süßenborn hält, ‚den man selbst bei
größter Rigorosität zu El. Primigenius Blum. selber wird stellen müssen‘, so stimme ich dem vollkommen
bei. Recht eigentümlich ist aber die Erhaltung des Stückes gegenüber anderen Süßenborner Molaren. Eine
Rot- oder Braunfärbung, große Mangandendriten, die alle Zähne mehr oder weniger aufweisen, fehlen
diesem Stück vollkommen. Der Zahn hat ein außerordentlich frisches, junges Aussehen; er ist nur mit
ganz kleinen Mangansternen überstreut. Wo er angebrochen ist, zeigt sich das Innere so weiß, so wenig
durch sickernde Lösungen verändert, wie ich es nur an Molaren aus jüngeren Ablagerungen kenne.
Es ist ganz zweifellos, daß dieser Molar nicht aus den Schottern von Süßenborn stammt, vielleicht
aber aus den gegen Denstedt zu gelegenen jüngeren Ablagerungen herrührt.
Birprimigenius Blum. typus ist ın Süßenborn nicht vertreten.
Um eine größere Uebersichtlichkeit des gesamten Materials zu ermöglichen, habe ich alle Molaren
auf 6 Gruppen verteilt. Ohne Rücksicht auf den L.L.Q. und eine mehr oder weniger große Primigenius-
Aehnlichkeit wurde bei der Zuteilung stets das Merkmal herausgegriffen, das dem betreffenden Zahn ein
charakteristisches Gepräge gegenüber den anderen verleiht. Meist ist jede Gruppe durch eine Summe
von Eigenschaften ausgezeichnet. Die Charakteristika, nach denen die Teilung vorgenommen wurde, sind
physiologisch durchaus nicht gleichwertig. Erstens wurde die Form der Schmelzfiguren, zweitens die
Schmalheit oder Breite der Zahnkrone, drittens eine gewaltige Cemententwicklung bei großer Dünnplattig-
keit usw. als Differenzpunkte benutzt. Es ist daher nieht ausgeschlossen, daß ein Zahn der Gruppe III
ebenfalls zur Gruppe IV gezogen werden könnte und umgekehrt. Daß mir bei einer derartigen Auftei-
lung der Gedanke fern lag, alle 6 Gruppen als konstante Variationen aufzufassen, ist selbstverständlich.
Dennoch erschien mir diese. Art der Behandlung durchaus zweckmäßig, da sie mir sowohl gestattet, ohne
zu weitgehende Einzelbeschreibung auf alle Verhältnisse der Dentition einzugehen, als auch geeignet ist,
ein gutes Bild von der Variationsbreite des El. trogontherii zu geben.
Oberkiefer- und Unterkiefermolaren, M. III. und M. II. sind in fast allen Gruppen vereinigt. Die
von mir untersuchten Molaren habe ich mit laufenden Nummern versehen. Um späteren Autoren einen
Vergleich zu erleichtern, führe ich in den einzelnen Gruppen die Zähne unter meiner, und soweit sie dem
Museum zu Weimar entstammen, unter der Inventarnummer des Museums an.
Gruppe-i.
Zu dieser Gruppe ziehe ich folgende Zähne
Nr. 19. Inv. Bahlmann 27. M. II. mand., stark abradiert. Taf. I Fig. 17.
Nr. 22. Inv. 368. M. I. max. sin., komplett abradiert.
Nr. 24. Inv. 448. M. I. max. dext., komplett abradiert.
Nr. 3. Inv. 2040. M. III. max. dext., stark abradiert.
Nr. 2. Inv. 2072. M. III. max. sin., stark abradiert.
Nr. 22. Inv. 5481 (444). M. I. mand. sin., stark abradiert.
Nr. 20.: Inv. 2997. M. III: max., stark abradiert.
Nr. 52. M. III. max. dext., Taf. III. Fig. 4, stark abradiert.
Palaeontographiea. Bd. LX. 9
Nee
Ebenfalls hierher würde der größere Teil der von Wüst zu El. Nesti Pohl. gestellten Molaren ge-
hören. Die Mehrzahl der genannten Zähne sind stark abradiert. Sie sind charakterisiert durch eine ge-
wisse Rhombenform der Schmelzfiguren. Während die Lateralpartien einen ziemlich glatten, kaum festo-
nierten Verlauf nehmen, zeigt sich in der Mediane eine starke Zackung und Fältelung.
Die Form der Kaufläche ist teils oval, teils rechteckig und dann breit bandförmig. Das Breiten-
maximum erreichen die M. III. in Nr. 2 und Nr. 3 mit 9,9 cm.
Es ist von höchstem Interesse, daß gerade an Abrasionsresten eine rhombische Schmelzfigur vor-
waltet. Dieses Verhalten erklärt sich einfach aus dem in einem früheren Abschnitt besprochenen Bau
der Lamelle. Während bei El. antiguus die von der Ganöinbrücke hochziehende Schmelzfalte bis zur Spitze
der Lamelle verläuft, flacht sie bei El. trogontherii zumeist in mittlerer Höhe aus. Erst bei stärkerer Ab-
kauung tritt sie auf die Abrasionsplane und bedingt zusammen mit den sie auf beiden Seiten begleiten-
den schwächeren Falten die Fältelung des Mittelstücks und oftmals eine Rhombenform der Schmelzfigur.
Sehr klar geht dies aus einem M. II. (Nr. 76) Taf. Ill. Fig. 6 mit zugehörigem stark abradierten M. I. der
Reblingschen Sammlung hervor. Der M. II. zeigt distal ziemlich schmale unregelmäßig verlaufende
Figuren, während der M. I. etwas rautenförmige, breite, stärker gefältete Schmelzfiguren aufweist.
Die Höhe, bis zu welcher die erwähnte Schmelzfalte emporzieht, und die Stärke ihrer Ausbildung
sind individuell durchaus verschieden. Manche Molaren werden daher schon nach mäßiger Abkauung, an-
dere erst bei starker Abrasion, andere eine Rautenform kaum zur Erscheinung bringen. Niemals aber
erreicht der El. trogontherii in diesem Verhalten das dem El. antiquus eigentümliche Extrem.
Der Verschmelzungstyp war an keinem der genannten Stücke mehr nachweisbar. Was diesen Punkt
an weniger abradierten Molaren der gleichen um angeht, so vergleiche das bei Besprechung der „An-
tiquusmolaren“ Wüsts dGesagte.
Gruppe 2.
Hierher rechne ich folgende Molaren:
Nr. 30. Inv. 608, M. III, mand, sin., distal verletzt.
Nr. 6. Inv. 1024, M. III. max. dext., stark abradiert.
Nr. 46. Inv. 715. | :
Ne M. III. mand. sin. et dext.
Nr. 36. Inv. 2046. M. III. max. sin., distal wenig verletzt.
Nr. 41. Inv. 2067. M. III. max. sin., distal verletzt.
Nr. 75. Iny. 2074. 'M. III. max. sın.
Aus der Sammlung Reblinge:
Nr. 71. 'M. III. mand. dext.
Nr. 74. M=INIgmaxgsın?
Nr. 86. M. II. mand.
Nr.81, IM-ITTT max sin:
Zähne von gedrungenem plumpen Bau mit starkem Schmelz und sehr breiter Kaufläche. Verlauf der
Schmelzfiguren oft unregelmäßig. Verschmelzungstyp wechselnd, oft ganz indifferent aus drei gleich großen
Teilstücken, oft lat. an. med. lam., Schmelz und Cäment in mächtiger Entwicklung. Form der Kaufläche
oval bis rundlich. Anzahl der Schmelzlamellen nicht bedeutend, bei den M. III. x 16x— x 19x.
Die Breite der M. III. mand. schwankend zwischen 98—100 mm, die der M. III. max. zwischen
97—110 mm.
Bear es
Die Höhe der M. III. mand. bis 160 mm, die der M. III. max. bis 186 mm.
Gruppe 3:
Für diese Gruppe nenne ich folgende Stücke:
Nn285210v:.2270.2M2 III. max. dext. (Tat. [El Rig.3). Aus der Rebling’schen Sammlung:
Naben A446. MM. II. max. dext. Near 0er massrsın:
Near elnve 2025. MM. 00. max. dext. Nr. 84. M. I. max. dext.
Nr 299102252. M. II. max. sin, Nr. 69. M. III. max. dext.
Alle Molaren zeigen bei einem durchaus regelmäßigen Bau eine ausgezeichnet rechteckige Kaufläche. Die
_ Breite der M. III. liegt zwischen 83—91 mm, die der M. II. zwischen 68—77 mm. Der Schmelz ist kräf-
tig entwickelt und meist etwas gefältelt und gezackt. Die Gementintervalle sind kurz. Der Verschmelzungs-
typ ist fast ausnahmslos lat. an. med. lam. und an einigen Stücken, so Nr. 27 und Nr. 84, charakteristi-
scher ausgeprägt als an Wüsts „Antiquusmolaren“. Die Form der Schmelzfiguren ist breit band-
förmig. In Profilansicht zeigen die Lamellen die Gestalt von Säulen mit ganz geringer Verdickung nach
der Basis.
In einigen Merkmalen erinnern diese Molaren etwas an El. antiquus. Sie sind von den unter Gruppe 2
aufgeführten Maxillenmolaren durch die erwähnten Charakteristika gut unterschieden.
Gruppe #.
Hierzu ziehe ich folgende Zähne:
Nr. 43. Inv. 1022. M. II. max. sin. Aus der Rebling schen Sammlung:
Nr. 38. Inv. 1016. M. III. mand. dext. Nr. 80. M. III. max. dext.
Nr. 16. Inv. 656. M. III. max. dext. Nr. 83. M. III. max. dext.
Nre38 nv 273. "MEIIKE max. dext. Nr. 87. M. III. max. dext.
Nr. 34. Inv. 2058. M. III. max. sin. Nr2.89.M. III max. dext.
Nr. 40. Inv. 773. M. III. mand. dext. Nn#79 Ma IITzmasr sin.
Ne B2sinv: 1021. M. II. max. dext. Nr. 85. M. III. mand. sin.
Nr. 37. Inv. 2059. M. III. max. dext. Aus der eigenen Sammlung:
Nr. 9. Inv. 662. M. III. mand. dext. Nr. 64. M. III. max. sin.
Nr. 17. Inv. 2057. M. III. mand. dext. Nr. 66. M. III. mand. dext.
Nr. 17a. Inv. 2056. M. III. mand. sin.
Nr. 4. Inv. 268. M. III. mand. sin.
Ausgeprägte Charakteristika, die diese Gruppe von den übrigen scharf unterscheiden, sind nicht vor-
handen. Die Zähne sind so recht eigentlich das, was zum Unterschied von El. antiquus Pohlig EI.
trogontherii genannt hat. Sie zeigen, von primitiven, phylogenetisch begründeten Eigentümlichkeiten
abgesehen, die beim jüngeren El. primigenius herrschenden Merkmale.
Die mehr oder weniger breite Kaufläche besitzt meist eine ovale Gestalt. Die Schmelzfiguren sind
schmal, oft mit einer plötzlichen medianen Aufbauschung. Das Cement ist an vielen Molaren sehr stark
entwickelt; demgegenüber erscheint der Schmelz oft sehr dünn, neben diekplattigen Molaren mit einer
Ganöinstärke bis 3 mm kommen solche von 1,5—2 mm häufig vor. Die Höhe der M. III. max. liegt zwischen
13,7—19,2 em, die der M. III. mand. zwischen 9,6—15,7.
Die Durchschnittshöhe der Maxillenmolaren beträgt 15,8, die der Mandibelmolaren 12,9. Der
Verschmelzungstyp ist wie bei El. primigenius sehr verschieden entwickelt. Neben Molaren mit deut-
Be ge
lich lat. an. med. Jam. Verschmelzung kommen solche vor, die in diesem Verhalten durchaus intermediär
sind, bei denen die drei Teilstücke in Gestalt und Größe ziemlich gleich sind.
Anschließend mache ich noch die drei Molaren namhaft, die sich durch extrem starke Cementent-
wicklung auszeichnen. Die Zähne sind ganz dünnplattig, der Schmelz erreicht max. eine Stärke von 1,5 mm.
Ihren immerhin hohen L.L.Q. erreichen diese Stücke lediglich durch die langen Intervalle.
Es gehören hierher:
Nr. 44. Inv. 2120. M.M. I. mand. dext.
Nr. 21. 2ny. 7707 211. mandzsins
Das Extrem dieser Entwicklung erreicht
Nr. 67... M., IE} mand> sin. Aha Iren)
meiner Sammlung. Letzteres Stück führt x 11x in 179.61 (VII).69 (XI) und erreicht trotz bedeuten-
der Dünnplattigkeit noch einen L.L.Q. von 15,5, lediglich durch die starke Entwicklung des Gements.
Die Molaren dieser Gruppe geben uns ein gutes Bild von den mannigfaltigen Uebergängen zwi-
schen El. trogontherii und El. primigenius. Sie zeigen uns, wie der ganze, man möchte sagen, Strom des
El. trogontherii einer Mutation unterworfen war, die keineswegs nur an einem Punkt ansetzte, sondern
einmal an diesem, einmal an jenem Merkmal Abänderungen hervorrief, sodaß die Fülle verschiedener, aber
doch im großen und ganzen gleichaltriger Formen heute überraschen muß. Die folgende kurze Charakte-
ristik einiger häufigerer Uebergangsformen möge die besprochenen Verhältnisse erläutern.
1. Die Länge einer Schmelzfigur und die Schmelzstärke wie bei El. trogontherii-Molaren aber ziem-
lich englamellig infolge sehr schwacher Gemententwicklung.
2. Molaren mit normaler Cemententwicklung. Länge einer Schmelzfigur wie bei El. trogontherii,
Zahnsehmelz aber sehr ‚dumm:
3. Molaren mit sehr dünnplattigen Lamellen neben ganz bedeutender
CGemententwicklung.
A. Mäßig dünnplattige Molaren mit normalem Cement. Es ist eine gleichzeitige, allmäh-
liche Reduktion der Schmelzstärke, der Länge der Schmelzfiguren und der Gemententwicklung vorhanden.
Gruppe 5.
Es sind folgende Molaren zu nennen:
AL rn ee) | M. III. mand. dext. et sin.
le alil |
Nr. 46. “Inv. 2051. M. I. max. dext.
Nr..42. Inv..614.. M. II. max. dext.
Aus der Reblingschen Sammlung könnte hierhergezogen werden
Nr. 72. M. III. mand. dext.
Aus meiner Sammlung
Nr. 65. M. III. max. sin.
In dieser Gruppe habe ich Molaren zusammengefaßt, die zumeist eine sehr bedeutende Höhenentwicklung
neben schmaler Zahnkrone aufweisen.
Die M. III. mand. zeigen eine Breite von 73—75 mm, eine Höhe von 137—140 mm. Der M. I. max.
besitzt bei einer Breite von 47 mm eine Höhe von 101 mm. Der M. II. max. hat eine Breite von 55 und
eine Höhe von 157 mm. Der M. Ill. max. meiner Sammlung zeigt an der 4. Lamelle eine Höhe von
175 mm, an der 13. Lamelle noch immer eine solche von 173 mm. Ein ganz flach einfallender Zahn-
rücken ist überhaupt das Charakteristikum der erwähnten Maxillenmolaren. Der M. III. mand. der
Reblingschen Sammlung ist stark abradiert und weist daher neben einer Breite von 68 mm nur eine
Höhe von 94 auf.
Der Bau der Zähne ist ein außerordentlicher regelmäßiger. Die Form der Schmelzfiguren an Man-
dibelmolaren ist breit, bandförmig. Der Schmelz ist stark, die Cementintervalle kurz. Der Verschmel-
zungstyp ist ziemlich intermediär, zumeist aber lat. an. med. lam. Die Lateralpfeiler erscheinen zwar
gegen den medianen beträchtlich reduziert, die Trennungsspalte fällt aber oft sehr schief zum Mittel-
pfeiler ein.
Die Abrasionsplane der erwähnten Oberkieferzähne ist zu klein, als daß sich etwas sicheres über
die Schmelzfigur sagen ließe. In ihrem ganzen Habitus erinnern diese Molaren unzweifelhaft an El. an-
tiguus. Da bei ihrer Bestimmung die Charakteristika einer wohlausgebildeten Abrasionsplane fortfallen,
da ferner gerade sie für die Beurteilung der Süßenborner Elefanten von größter Wichtigkeit sind, so gehe
ich im folgenden auf den antiquusähnlichsten, den M. III. max. sin. (Nr. 65), etwas näher ein.
Der Molar führt 24171, >2%x 1300.57 (11)- 178. (IV). Der L.L.O. ergibt 300:18 = 16,6. Die
Ganöinstärke beträgt 2mm. Der Lamellenumriß nimmt nach der Basis langsam, aber stetig an Breite
zu. In Profilansicht zeigen die Schmelzscheiben basalwärts schwach verdickte Säulen. Von 4 angekau-
ten Lamellen ist noch keine zur vollständigen Figur verschmolzen. An einem mittleren Teilstück der
3. Schmelzscheibe ist eine scharf nach hinten herausspringende Zacke deutlich sichtbar. Der flach ein-
fallende, in gleicher Breite von vorne nach hinten laufende Zahnrücken würde bei stärkerer Abrasion sicher
eine ziemlich rechteckige, bandförmige Kaufläche ergeben. Die 2. Lamelle zeigt den Verschmelzungstyp
lat. Jam. med. an., entspricht also durchaus nicht dem El. antiquus. Eine Reduktion der Lateralpfeiler
ist am proximalen und distalen Ende des Zahnes verschieden ausgebildet. Die vorderen Lateralpfeiler
bis zur 8. Lamelle erreichen noch vollkommen die Höhe des Medianpfeilers, sie zeigen auf der Außenseite
des Zahnes einen mehr oder minder starken Ansatz zu einer Mammillenteilung. Am deutlichsten ist dieses
Verhalten am Externpfeiler der 8. Lamelle zu beobachten. Von der 8.—17. Lamelle zeigen die Lateral-
pfeiler eine beträchtliche Höhenreduktion gegenüber dem Medianpfeiler. Trotzdem aber kann auch am
proximalen Ende des Zahnes niemals der Verschmelzungstyp lat. an. med. lam. gut zur Ausbildung ge-
langen, da die beiden Hauptspalten — die beiden letzten erhaltenen Lamellen lassen dieses Verhalten
deutlich erkennen — sehr schief zur Mediane einfallen und so eine Vergrößerung der lateralen und eine
Einschnürung der medianen Abrasionsfigur hervorrufen müssen.
Obwohl der Molar in verschiedenen Merkmalen entsprechenden Antıquusmolaren durchaus ähn-
lich ist, so beweist doch der Bau der Einzellamelle seine Zugehörigkeit in den Formenkreis des El. tro-
gontherii. Es ist bemerkenswert, daß gewisse Anklänge an El. antiguus in der Form der Schmelzfiguren,
der Form der Kaufläche und im Verschmelzungstyp an Maxillenmolaren weit häufiger auftreten als an
Mandibelmolaren, wie aus meiner Gruppe 1, 3 und 5 und Wüsts Süßenborner „Antiquusmolaren“
hervorgeht.
ee
Gruppe.
Ich nenne:
Nr. 16. Inv. 656. M. III. mand. sin.
Nr. 183 ’InY. 6552 Moll massesın:
Nr. 35. Inv. 4290 (305). M. III. mand. dext.
In den Kronendimensionen zeigen die Molaren des El. trogontherii von Süßenborn beträchtliche
Schwankungen. Während ein Teil der Zähne den größten von El. antigquus bekannten durchaus gleich-
kommt — EI. antıquus ist mitnichten allein das größte Landsäugetier gewesen, wie Pohlig angibt —
so übertreffen andere kaum die Molaren der gleichen Serie von El. primigenius. Ich habe hier die klein-
sten von dort bekannten Molaren des El. trogontherii zusammengestellt, die in ihren Dimensionen den
Molaren des von Pohlıig aufgestellten „Zwergmammut“ El. Leith Adamsi durchaus entsprechen.
Der M. III. mand. sin. führt — 17 x in 236.70 (VI).96 (XII). Der L.L.O. beträgt 236: 17 = 13,8.
Da vorn der Talon und die Distalwand der ersten Lamelle, hinten die Proximalwand des Talon fehlt,
so hat die ursprüngliche Länge des Zahnes wohl 255 mm betragen.
M. III. mand. dext. zeigt ** 12x in 132.64 (1) .106 (VI). Der E.L.Q. ersıbt 1827175 - 172
Ganz erhalten würde der Zahn schätzungsweise x 18x in 22,0 aufweisen.
Am besten konserviert ist das dritte Stück, ein M. III. max. sin. mit x 17x in 213.74 (V). 118
(XI): Der-1:.1.O>beiraee 2132173 - 122
Diese „Zwergformen‘“ sind, wie auch die. des typischen Mammut, durch zahllose Uebergänge in
den Kronendimensionen mit den größeren Formen verbunden, ihre Abtrennung unter einer bestimm-
ten Rassenbezeichnung ist daher ungerechtfertigt.
Im Vorhergehenden wurden mit einer Ausnahme nur wahre Molaren behandelt; Milchmolaren
sind in Süßenborn äußerst selten. Mir lagen im Museum zu Weimar 2 Stücke vor, ein M.M. I. mand. dext.
(Nr. 44), den Wüst in seiner Arbeit S. 253 beschrieben hat und der unter meiner Gruppe A Erwäh-
nung fand, und ein M.M. I. max. dext. (Nr. 47 Inv. 889). Einen dritten Milchmolaren, M.M. I. max. sin.
konnte ich in der Reblingschen Sammlung untersuchen.
Hinsichtlich des Mandibelmolaren habe ich Wüsts Behandlung wenig zuzufügen. Die beider-
seitigen Maße stimmen gut überein. Erwähnen möchte ich eine eigentümliche Digitellenbildung in der
Mediane des Zahnes, vor der 3. und hinter der 3., 4. und 5. Lamelle. Der Verschmelzungstyp. lat. an. med.
lam. ist nicht klar ausgeprägt. „Ziemlich rautenförmige“ Kaufiguren, wie Wüst sie angibt, sind
meiner Ansicht nach nur ganz minimal entwickelt. Der Molar gehört zweifellos zu El. trogontherii Pohl.
Der Maxillenzahn führt X? 8x in 77.47 (I1I).55 (VII). Der L.L.Q. beträgt 77:8 = 9,6. Der
Verschmelzungstyp ist lat. an. med. lam., aber nicht extrem. Die Schmelzfiguren zeigen schwache Rau-
tenform, der Schmelz hauptsächlich in der Mitte Zackungen und Fältelungen. Die Kaufläche besitzt
einen rechteckigen Umriß.
Der M.M. I. max. sin. führt
x AFEH 2 9x in 83.45 (VI, VII). 29 (VI).
Der L.L.Q. beträgt 83: 9 = 9,2. Das Stück ist vorn etwas lädiert. Die hauptsächlich in der Mediane gezähnel-
ten Schmelzliguren zeigen eine etwas rhombische Gestalt. Die Form der Kaufläche ist rechteckig, bandför-
mig. Der Verschmelzungstyp war nicht mehr festzustellen, da alle Schmelzscheiben stark angekaut sind.
EN
Es ist beachtenswert, daß beide maxillaren M.M. I. gewisse an EI. antiguus gemahnende Merk-
male besitzen. Die Ausbildung der Pfeiler aber und die für M.M. I. immerhin breite Zahnkrone machen
es zweifellos, daß sie zu letzterer Spezies nicht gezogen werden dürfen.
Wie aus dem Besprochenen hervorgeht, zeigt El. trogontherii in der Molarendentition eine be-
deutende Variation. Wüst bemerkt hierzu am Schluß seiner „Diskussion“ S. 263: „daß alle hier-
hergehörigen Molaren einer in ihrem Zahnbaue in so weiten Grenzen variierenden Elefantenform
angehören, ist äußerst unwahrscheinlich. Wir werden also annehmen müssen, daß im Kies von Süßen-
born Reste von mehreren distinkten Formen aus dem Kreise der Uebergangsformen zwischen EI. meri-
dionalis Nesti und El. primigenius Blum b. liegen. Es läßt sich indessen auf Grund der bisher gemach-
ten Beobachtungen weder eine Trennung dieser Formen mit Sicherheit durchführen, noch die Frage sicher
beantworten, ob diese Formen bei Süßenborn promiscue lebten, oder ob sie mehr oder weniger scharf
gegeneinander abgegrenzte Verbreitungsgebiete bewohnten und nur infolge von Wanderungen gelegent-
lich alle in die Gegend von Süßenborn gelangten.“
Ich kann mich dieser Ansicht Wüsts nicht anschließen. Nach meinen Beobachtungen liegt kein
Grund vor, den El. trogontherii in verschiedene, teilweise auch lokal abgegrenzte „‚distinkte Formen-
kreise““ aufzulösen. Jeder Molar, auch der extremste einer Gruppe, ist mit den Mitgliedern der gleichen
Gruppe und den aller anderen durch zahlreiche Uebergänge verbunden; kein Molar nimmt gegenüber
den anderen eine durch scharf ausgeprägte Merkmale isolierte Stellung ein.
Da die Aufschüttung eines so gewaltigen Kieslagers sicher einen sehr großen Zeitraum beansprucht
hat, in dem Zeiten stärkerer Akkumulation mit solchen stärkerer Erosion gewechselt haben — ich werde
darauf später zurückkommen — so muß neben der bedeutenden Variation doch auch eine Mutation in
Rücksicht gezogen werden. Wir hätten dann in dem Formenkreis des El. trogontherii zwischen phylo-
genetisch älteren und jüngeren Formen zu unterscheiden, die allerdings durch alle Uebergänge miteinander
verbunden sind. Aus den Fundstellen der einzelnen Stücke läßt sich diese Ansicht zur Zeit jedoch nur
ganz allgemein begründen.
Eine Haupteigentümlichkeit in der Variation der Süßenborner Elefantenmolaren besteht darin,
daß häufig an verschiedenen Zähnen verschiedene antiquusähnliche Merkmale zur Ausbildung gelangen,
so beispielsweise bedeutende Kronenhöhe, Schmalheit der Zahnkrone, schwach rautenförmige Schmelz-
figuren (besonders an stark abgekauten Molaren häufig), ein Verschmelzungstyp lat. an. med. lam., der
dem des EI. antiquus oft genähert erscheint. Alle diese für El. antigquus charakteristischen Merkmale
sind aber nie aufeinem Stück vereinigt, sie treten getrennt einmal hier, einmal dort auf, und stets
zeigen derartige Molaren Eigentümlichkeiten, die ihre Bestimmung als E/. antiguus verbieten und ihre
Stellung in den Formenkreis des El. trogontherii rechtfertigen. Man könnte. höchstens einigen der anti-
quusähnlichsten Stücke eine gewisse Mittelstellung zuweisen; es ist dabei aber nicht zu vergessen, daß
sie dem EI. trogontherii Pohl. ausnahmslos näher stehen als dem El. antiquus Falec.
Incisoren.
Von den im Museum zu Weimar aufbewahrten Stoßzähnen zeigen alle eine starke Biegung in der
Longitudinale und eine bedeutende Torsion. In ihren Dimensionen, vor allem in der Stärke, übertref-
fen sie die Incisoren des El. primigenius wesentlich. Wie bei den Molaren, so kommen natürlich Stücke
vor, die dem Mammut mehr oder weniger genähert erscheinen, deren geringere Größe und grazilerer Bau
aber wohl auch durch Geschlechtsunterschiede begründet werden könnte.
Obwohl jährlich 1—2 Stoßzahnfunde von Süßenborn gemeldet werden — oft sind sie wegen zu
starker Durehweichung nicht erhaltungsfähig — so ist doch noch kein Stück bekannt geworden, das
man auf El. antiquus Falc. beziehen könnte.
Mandibel.
Bei Besprechung der Mandibel kann ich mich kurz fassen, da alle Stücke ausnahmslos zu El. tro-
gontherii-typus gehören und spezifisch scharf hervortretende Differenzen zwischen den einzelnen nicht
obwalten. Ich gebe im Folgenden eine summarische Behandlung des Materials.
Die 4 im Museum zu Weimar befindlichen Unterkiefer zeigen eine starke Ausbauchung der Außen-
wände der Rami, die besonders bei Inv. 277 in bedeutendem Maße entwickelt ist. Die Bucht zwischen
dem Horizontalis proximal und dem processus coronoideus ist weit und flach ausladend. Die Diastem-
ränder treten nach oben zu meist stark auseinander. Die Rami divergieren nach hinten bedeutend und
geben der Mandibel in Verbindung mit den genannten Charakteristika ein plumpes Aeußere. Der
Winkel Horizontalis-processus coronoideus weicht vom Rechten kaum ab. Das Diastem liegt
zumeist ziemlich schief, ist vorn auf den Rami durch schwache Kanten wenig hervorgehoben. Die Lage
und Anzahl der Mentalforamina ist eine durchaus wechselnde. Ein Rostrum ist durch Abbruch ausnahms-
los verloren gegangen, war aber bei keinem Kiefer besonders stark entwickelt, am kräftigsten wohl an
Inv. 277. Das Kinn zeigt zumeist eine ausgesprochene Rundung, erinnert aber bei Inv. 615 und 720 in der
Form ganz schwach an das dem El. antiguus eigentümliche Oval. Bei diesen beiden Mandibeln erscheint
auch die Ausbauchung der Rami vor dem proc. coronoideus etwas gemildert. Die Kondylenpartie fehlt
allen Stücken.
Da bei Besprechung des Mosbacher Materials wiederholt auf Vergleichspunkte mit den Süßen-
borner Elefantenresten hingewiesen, an gleicher Stelle auch der abweichende Bau einiger Mandibeln von
Mosbach betont wurde, so glaube ich von einem Vergleich, der doch nur Wiederholungen bringen müßte,
absehen zu können.
Inwieweit die Molaren beider Fundorte in Lamellenzahl, Kronendimension und Habitusmerkmalen
übereinstimmen, zeigen die Tabellen.
E. Wüst hat in seiner wiederholt erwähnten Arbeit die erste Zusammenstellung der damals be-
kannten Säugetiere aus den Kiesen von Süßenborn gegeben. Seinen vortreffliehen Ausführungen im
palaeontologischen Teil der Abhandlung über die Rhinoceroten, Equiden, Cerviden und Boviden habe
ich hier kaum etwas hinzuzufügen. Da aber inzwischen die Säugetierfauna von Süßenborn durch einige jüngere
Funde um mindestens 2 weitere Spezies bereichert worden ist, so gebe ich eingangs eine neue, nach den
Massenverhältnissen zusammengestellte Faunenliste. Ich gründe mich bei dieser Anordnung, unter Be-
rücksichtigung der in Wüsts Arbeit aufgeführten Säugetierreste des geol.-palaeontologischen Insti-
tuts zu Halle, auf das Material der verschiedenen Sammlungen zu Weimar und das des geol.-palaeonto-
logischen Instituts der Universität Jena.
LER trogontherii Pohl. [Cervuselaphus trogontherii Pohl.
9 [Rhinoceros etruscus Fale. 2 |\(Cervus sp.)
"|Rhinocerossp. BArces Latarons Fohns.
[Equus Süßenbornensis Wüst. er vusecapreolus.l
"(Equuscf. germanicus Nehr. eGastbomn/tiber-L.:
(Bison sp. Se les usrsp:
h \BisonpriscusvarSüßenbornen- 410. Cervus euryceros Aldr.
Be esta ud. team erterek barandus L.!
lLeptobos?sp. 12.Arvıeolidae.
1322: Tapas p.
Ein Mandibelbruchstück mit dem größten Teil des vorletzten Molaren von Meles sp. erwarb ich
im Sommer 1908 in Süßenborn. Da aus dem Erhaltungszustand des Stückes seine Herkunft aus den un-
teren Schotterpartien nicht zweifellos hervorgeht, habe ich es nicht mit aufgeführt.
Von Rangifer ef. tarandus liegt eine rechte Stange mit dem charakteristischen gega-
belten Augensproß und schwach entwickelter Rose vor. Ich habe das Stück im Sommer 1908 selbst aus
den unteren Schotterlagen ca. S—10 m unter der Erdoberfläche ausgegraben. Es dürfte in diesem Stück
der zweifellos älteste Fund von Rangifer vorliegen ?.
Von Gervus euryceros sp. besitzt das naturwissenschaftliche Museum zu Weimar ein
Schädelfragment, an dem der basale Teil der flach ausladenden Stangen und der Ansatz des Augensproß
gut erhalten sind. Soweit die kurzen Stangenfragmente eine Beurteilung zulassen, sind Beziehungen zu
Cervus euryceros Germaniae Pohl. vorhanden.
CGervus elaphus.
E. Wüst hält es „auf Grund der Formunterschiede“ in den Gebißresten der Süßenborner Cer-
viden für wahrscheinlich, daß neben einem großen Elaphinen®? ‚noch ein Cervus elaphus L. näher stehen-
der Elaphine durch Zähne vertreten ist.‘“ Die Geweihreste, die diesem Autor vorlagen, gehören nach ihm
nicht zu Cervus elaphus antiqui Pohl.
Neuerdings hat Pohlig (VI, S. 250—53), allerdings ausschließlich auf Grund der Geweihreste,
die Hirschformen von Süßenborn unter der Rassenbezeichnung Cervus elaphus trogontherii Pohl. von
Cervus elaphus antiqui Pohl. unterschieden. Als Charakteristikum dieser Rasse hebt er die auffallend
schwache Entwicklung, mitunter vollständige Unterdrückung des Augensproß hervor.
Ich kann hier auf die interessanten, teilweise von Pohlig falsch gedeuteten Geweihreste aus
Süßenborn nicht näher eingehen, werde aber in Kürze ausführlich darüber berichten.
Bovinae.
Die Mehrzahl der Süßenborner Bovinenzähne gehört wohl, wie schon Wüst feststellte, zu einem
1 Die Angabe dieser Form durch Wüst ließ die Authentieität des Vorkommens noch durchaus zweifelhaft erscheinen.
2 Siehe Soergel, Rangifer cf. tarandus Gray aus den Schottern von Süßenborn bei Weimar. Centralblatt f. M. ect.
Jahrg. 1911. No. 14. S. 457.
3 Ein Urteil über diesen großen Elaphinen behalte ich mir noch vor.
Palaeontographica. Bd. LX. 10
re
Bison priscus. (Neuerdings hat Staudinger (I) auf einen schönen Schädel — im Museum zu Wei-
mar — eine Subspezies Bison priscus süßenbornensis begründet). Mit genanntem Autor bin ich jedoch
der Ansicht, daß auch Leptobos näher stehende Formen durch Zähne vertreten sind. Ein dem von Wüst
S. 332 beschriebenen und T. IX Fig. 15, 6, 9 abgebildeten durchaus ähnlicher M. II. max. befindet sich
in meiner Sammlung. Tritt die Kulissenstellung der Halbmonde auch nur wenig hervor, so finden sich
doch, abweichend von fast allem sonst in dieser Hinsicht aus Süßenborn bekannten, wiean dem von Wüst
beschriebenen M. II. 2 akzessorische Pfeiler in den Außentälern des Molaren. Die Maße stimmen mit den
von Wüst mitgeteilten bis auf die etwas geringere Höhe überein.
Einen eingehenden Vergleich der Huftierfauna von Süßenborn mit der von Taubach-Ehringsdorf
und der von Mosbach hat Wüst durchgeführt. Das Auffinden zweier neuer Gervusformen ändert an
den Hauptresultaten nichts, die Wüst aus einem Vergleich mit der Taubach-Ehringsdorfer Fauna ge-
wonnen hat: Die Fauna von Süßenborn ist unzweifelhaft älter als die Fauna von Taubach.
Es würde zu weit führen, wollte ich im folgenden die Fauna von Süßenborn mit allen vorher be-
sprochenen Faunen in den einzelnen Spezies vergleichen. Ich muß mich bei den meisten darauf beschrän-
ken, die Differenzen namhalft zu machen, wie sie sich aus dem Häufigkeitsverhältnis der einzelnen Formen
ergeben und verweise im übrigen auf die Faunenlisten.
Gegenüber den Antiquusfaunen von Mauer, Taubach-Ehringsdorf und Gräfentonna-Burgtonna
sind für die Süßenborner Fauna folgende unterscheidende Punkte hervorzuheben:
1. Das vollkommene Fehlen des El. antiquus, der in den genannten drei Faunen fast ausschließlich
vorkommt.
2. Die große Häufigkeit der Equiden, die in den drei Faunen sehr selten sind.
3. Das seltenere Vorkommen des Cervus elaphus, der in den drei Faunen außerordentlich häufig ist.
4. Das fast vollständige Fehlen der Carnivoren.
Eine große Uebereinstimmung dagegen besteht, wenn wir von den Süßenborn fehlenden Carni-
voren absehen, mit der von mir als mittelste bezeichneten Säugetierfauna von Mosbach.
Die in beiden Faunen herrschende, in Süßenborn überhaupt 'allein vorkommende Elefantenform
ist El. trogontherii Pohl.
In beiden Faunen sind Equiden äußerst häufig.
In beiden Faunen ist Alces latifrons im Vergleich zu den übrigen Säugetierresten stärker vertreten
als in Mauer.
Beiden fehlt die in Mauer, Taubach und Tonna sehr verbreitete Hirschrasse Cervus elaphus antigui
und ist ersetzt durch einen teilweise größeren, in der Stärke der Geweihe allerdings bedeutender schwan-
kenden Elaphinen. (Wüst stellt S. 319 seiner Arbeit fest, daß in der Dentition der große Mos-
bacher und der große Süßenborner Elaphine identisch sind.)
Aus den angeführten Vergleichsmomenten ergibt sich, daß die Fauna von Süßenborn wie
die von Mosbach als eine, und zwar noch ausgesprochenere Steppenfauna aufzufassen ist.
Das Alter des Kieses von Süssenborn.
Wüst hat in seiner Arbeit eine ausführliche Beschreibung des Kieslagers von Süßenborn gege-
ben. Meine etwas abweichende Deutung des Profils, die wohl im wesentlichen durch die seither stark fort-
U
ans ge
geschrittene Aufschließung der Schotter bedingt ist, läßt eine nochmalige kurze Beschreibung notwen-
dig erscheinen.
Die auf den Letten des Kohlenkeupers aufsetzenden Kiesmassen lassen sich petrographisch in drei
Horizonte gliedern, die allerdings ohne jede Grenze ineinander übergehen. Als Basis direkt über dem Koh-
lenkeuper liegt zumeist eine Steinsohle, eine im Maximum 1 dem mächtige Schicht, die nur aus
faust-kopfgroßen Geröllen besteht. Da der Abbau nur sehr selten bis auf den Grund der Gruben getrieben
wird, die ausgehobenen Löcher auch sehr bald wieder mit dem Abraum von oben eingedeckt werden, so
ist dieser Horizont nur selten und dann nur Stunden, höchstens Tage zu beobachten. Ich kann daher eine
ausführliche Liste der vorkommenden Gesteine nicht namhaft machen. Harte Brekzien, Braunkohlen-
quarzite, Langenbergquarzite und verkieselte Hölzer aus dem Rotliegenden sind jedenfalls das wesent-
lichste Material. Muschelkalk scheint vollständig zu fehlen. In seinem Vorkommen ist dieser Horizont
auf eine ungefähr WSW.—ONO. gerichtete axiale Region des Kieslagers beschränkt. Er scheint überall
die tiefsten Stellen einer schwachen Depression im Kohlenkeuper einzunehmen, einer Depression, die sich
aus der Verteilung der natürlichen und erbohrten Quellen im beschotterten Gebiet gut nachweisen läßt.
Ich halte diese Wanne für eine alte Talung der Ilm. Ihre Richtung würde dafür sprechen, daß die Ilm über
das Webicht nach Süßenborn geflossen ist.
Das Steinpflaster läßt sich nur dadurch erklären, daß in Zeiten stärkerer Erosion vorhandene Kies-
massen ausgewaschen wurden und nur die größten, schwersten Stücke zurückblieben. In diesem Zusammen-
hang ist es bemerkenswert, daß im nördlichsten Bruch, wo dieses Steinpflaster nur wenig entwickelt ist,
direkt auf den Keuperletten sehr reiche Funde an Mandibeln und den größten und schwersten Molaren
des El. trogontherii gemacht wurden. Dort ist meines Wissens auch ein Schädel, leider in wenig günstiger
Erhaltung, gefunden worden.
Die petrographische Zusammensetzung und der Verwitterungsgrad der Gesteine sind von dem
im Hauptschotter vorkommenden nicht verschieden !. Ich nehme deshalb an, daß dieses Steinpflaster
nicht wesentlich älter ist als die Hauptschotter, daß es der gleichen ‚‚Interglazialzeit‘‘ angehört wie diese.
Das Vorhandensein eines Steinpflasters an der Basis des Süßenborner Kieslagers beweist in einer
scheinbar einheitlichen Ablagerung einen zeitlichen Wechsel von Akkumulation und Erosion. War in diesen
ausgeschlämmten älteren Schottern eine Fauna enthalten, so hätten wir in ihr besonders bei Elephas et-
was primitivere Formen zu erwarten. Für das Verständnis der Süßenborner Fauna könnte diese Tatsache
von Wichtigkeit werden, sobald der Nachweis gelänge, daß außer dem Steinpfllaster auch nur örtlich um-
gelagerte ältere Schotter im Kies von Süßenborn enthalten wären. Das Niveau der Fundstellen läßt aber
darauf bis heute keine Schlüsse zu.
Direkt über dem Steinpflaster, wo es fehlt, direkt über dem Keuper, folgt ohne eigentliche Ero-
sionsgrenze die Hauptschottermasse, die basal meist mit feineren Sanden und Kiesen einsetzt und so gleich-
sam die neue, starke Akkumulation einleitet, die schließlich in den mittleren und höheren Niveaus zur
Ablagerung selbst sehr großer Gerölle führt.
Daß die Ilm dieses sehr ausgedehnte Gebiet in seiner ganzen Breite gleichzeitig aufgeschottert Ba
1 Das Fehlen des Muschelkalks erklärt sich aus der leichteren Zerstörbarkeit dieses Materials bei Aufarbeitung älterer
Schotter; Porphyre und Porphyrtuffe rollen sich so leicht ab, daß sie in großen Stücken überhaupt nicht nach Süßenborn ge-
kommen sind, wir sie also in einem Ausschwemmungsprodukt von nur großen, schweren Geröllen gar nicht erwarten dürfen.
(ee
ist nicht wohl möglich. Der Fluß wird in der Talung einmal hier, einmal dort seine Schotter aufgeschüttet
haben, in sogenannten „Altwassern‘“ mit schwächerer Strömung gleichzeitig feinsandige Tone gebildet
haben, wie sie in mächtigeren oder schwächeren, früher oder später auskeilenden Tonbändern vielfach
vorhanden sind. Verschiedentlich hat der schotterführende Hauptfluß sich auch wieder in die Altwasser-
rinnen ergossen, die feingeschichteten Tone wieder aufgearbeitet und ihre Brocken in die neue Schotter-
masse eingeschlossen, wovon uns heute noch die‘ ganz regellos und schief zur Schotterschichtung liegenden
Tonstücke Zeugnis ablegen. Kurz, der Schwerpunkt der jeweiligen Aufschotterung muß sehr häufig ge-
wechselt haben, um eine so ausgedehnte, in Tongehalt, Korngröße und Fallen der einzelnen Schichten
und Bänke so wechselreiche Ablagerung zu schaffen.
Mit Michael (I) und Wüst (I) bin ich der Ansicht, daß die Schotter von Süßenborn in einer
Flußschlinge entstanden, die trotz vielfacher kleinerer Verlagerungen des Flusses, im wesentlichen stets
dieselbe Orientierung mit der offenen (konvex) Seite nach NW. innegehalten hat. In gewisser Weise spricht
hierfür auch die Verteilung des fossilen Materials in den Schottern. Es zeigt sich nämlich nach Norden
und Nordwesten eine beträchtliche Anreicherung besonders der großen Fundstücke, während die Süd-
und Südost-Wände nur in sehr spärlicher Verteilung Säugetierreste beherbergen. Unter Annahme einer
Flußschlinge läßt sich das einfach dadurch erklären, daß Tierkadaver in größerer Menge auf dem flachen,
Sandbänke-reicheren Konvexufer gestrandet sein müssen.
Ueber die genauere petrographische Zusammensetzung der Schotter vergleiche man die Ausfüh-
rungen von Michael (Il). Die Hauptmasse der Schotter ist frei von nordischem Material, vor allem
[rei von Kreidefeuersteinen, sie muß daher, wie Michael betont, vor der II., Thüringen allein erreichen-
den Eiszeit abgelagert worden sein. Diese Schichten ohne nordische Gesteine gehen in ihren oberen Partien
nun allmählich über in lehmigere Schottermassen, die in der Hauptsache die gleichen Gerölle wie die tie-
feren Horizonte, nebenbei aber auch Feuersteine und nordische Granite führen. Da im Profil selbst nach
diesen Gesichtspunkten eine einigermaßen scharfe Trennung absolut undurchführbar ist, — eine
Erosionsgrenze ist nicht vorhanden, kleine Sand- und Schotterbänkehen von petrographisch gleicher Be-
schaffenheit wie die Hauptmasse der Schotter gehen aus den feuersteinfreien in die feuersteinführenden
Partien über — erscheint es mir nicht angängig, die obersten Schichten in ihrer zeitlichen Entstehung von
den darunter liegenden scharf zu trennen.
Nach meiner Ansicht haben wir in den Schottern von Süßenborn eine kontinuierliche, nur von einer
Zeit stärkerer Erosion unterbrochene, Bildung zu erblicken, die im I. „Interglazial‘‘ beginnend bis
weit in die 2. Eiszeit hinein fortgedauert hat. Ich betrachte daher die oberen, nordisches Gesteinsmaterial
[führenden Partien als Ablagerungen, an deren Bildung die Eisdrift der 2. Vereisung beteiligt gewesen ist.
Die Entstehung eines großen Teiles der feuersteinfreien mittleren Partien wäre dann schon in eine Zeit
zu setzen, als die Eismasse der 2. Eiszeit im Vorrücken nach Süden begriffen war, wäre also glazialen
Alters.
Die eben skizzierten geologischen Verhältnisse finden im faunistischen Befund eine Begründung.
Wüst kommt nach einem Vergleich der Mollusken- und Säugetierfauna von Süßenborn und Mos-
bach zu dem Schluß, daß beide Faunen gleichaltrig seien, beide dem I. Interglazial angehören. Für diese
Auffassung spricht das Vorkommen von El. trogontherii — teilweise in primitiven Molaren — von Rhino-
ceros elruscus, Alces latifrons und einigen anderen älteren Formen in beiden Ablagerungen.
a
Recht bemerkenswert erscheint es aber, daß in Süßenborn 2 Gattungen in 2 Arten vertreten sind,
von denen je eine — nach unseren heutigen Erfahrungen — als die phylogenetisch jüngere zu gelten hat.
Es sind das die Equiden mit Equus Süßenbornensis und E. germanicus und die Hirsche, bei denen eine
Art nach Wüst dem recenten Cervus elaphus L. viel näher steht als die andere. Außer diesen beiden
„jüngeren“ Formen sind Rangifer tarandus und Cervus euryceros für eine Fauna des 1. Interglazial recht
seltene, und was Rangifer angeht, wohl noch nie nachgewiesene Komponenten. Da die Beschotterung in
Süßenborn aber zweifellos beendet war, als die Eismassen der II. Eiszeit über diese Gegenden vorrückten,
so müssen die erwähnten Tierformen auch im I. Interglazial oder zu Beginn des Il. Glazial gelebt haben.
Wie erklärt sich nun diese sonderbare Mischung in der Fauna von Süßenborn ?
Diese 4 Formen müssen nach meiner Meinung als Vertreter nördlicher lebender Faunen angesprochen
werden, die durch die vorrückenden Eismassen zum Rückzug nach Süden gezwungen wurden.
Wie Wüst S. 81 s. A. das Vorkommen von Rangifer tarandus in den oberen harten Travertin-
bänken von Taubach-Ehringsdorf als „Anzeichen des Herannahens der Vereisung der Ill. Eiszeit“ auf-
faßt, so möchte ich das Auftreten dieser Art in den Kiesen von Süßenborn auf das Herannahen der Ver-
eisung der II. Eiszeit zurückführen.
Die in Süßenborn neben Eguus Süßenbornensis Wüst auftretenden, Equus germanicus nahe
stehenden Pferdeformen, zeigen in einzelnen Details ihres Zahnbaus Aehnlichkeit mit der Germanikus-
form aus dem II. Glazial-Interglazıal von Steinheim a. d. Murr.
Cervus euryceros ist eine Charakterform des II. Glazial-Interglazials von Steinheim.
Cervus elaphus L. ist durch zahlreiche schöne Geweihreste in Steinheim vertreten.
Rangifer tarandus wurde in Steinheim durch ©. Dietrich nachgewiesen.
Es ergibt sich also, daß die 4 genannten Formen alle im Il. Glazial-Interglazial in Mitteldeutschland
heimisch waren und für diese Periode zum Teil charakteristisch sind.
Sie haben als Einwanderer nördlicher lebender Faunen zu Beginn der 11. Eiszeit zu gelten, haben
also erst seit dieser Zeit mit der übrigen Säugetierfauna von Süßenborn zusammengelebt. Ihr Vor-
kommen in den Kiesen von Süßenborn ! spricht dafür, daß ein Teil der Schottermassen seiner Entstehungs-
zeit nach nicht mehr dem I. Interglazial, sondern einer Zeit angehört, als die Eismassen der 11. Eiszeit
im Vorrücken nach Süden begriffen waren, was ich in meinen geologischen Ausführungen schon betonte.
Bin Teil der,Süßenborner Schottermassen und: ihrer Fauna ist
glazialen und nicht interglazialen Alters.
Schließlich möchte ich noch ganz kurz auf zwei weitere kleinere Schottervorkommen in Thüringen
hinweisen, die beide dem II. Interglazial angehören. Nach den wenigen Fossilien, die sie geliefert haben,
ist ihre Fauna wohl als ein jüngeres Aequivalent der Süßenborner Fauna aufzufassen. Das ist erstens der
feuersteinführende Ilmkies unter dem älteren Travertine von Ehringsdorf mit El. trogontherit, zweitens Kies-
massen bei Vieselbach mit El. trogontherii und Rh. Merkii. Beide Vorkommen entsprechen in ihrem
Alter einem Teil der ‚älteren‘ Schotter von Steinheim.
1 Bemerkenswert ist auch die geringere Häufigkeit dieser Formen im Kies von Süßenborn. ZEg. Süßenbornensis ist
weit häufiger als die Germanicusform, der große Elaphine häufiger als der Cervus elaphus L. nahe stehende Hirsch, Rangifer
larandus und Ceryvus euryceros sind schließlich nur in einem Fundstück bekannt geworden.
Um einen bequemen Vergleich der verschiedenen Faunen nach dem Häufigkeitsverhältnis der ein-
zelnen Spezies zu ermöglichen, habe ich umstehende Tabelle der wichtigsten Arten zusammengestellt. Die
einzelnen Arten sind in Steppen und Tundra bewohnende, in schwach bewaldete Steppen bewohnende
und in Wald bewohnende Formen gegliedert. Eine scharfe Trennung ist natürlich nach diesen
Gesichtspunkten nicht durchführbar, da zahlreiche Formen sowohl Wald wie Steppengebiete bewohnten
und ihre rezenten Verwandten in gleicher Weise nicht an bestimmte Klimate und eine damit zusammen-
hängende Landschaftsform gebunden erscheinen. Immerhin kommen am Anfang und am Ende der Reihe
die Gegensätze gut zum Ausdruck.
Für die Huftiere war eine derartige Gruppierung natürlich mit größerer Sicherheit vorzunehmen
als für die Carnivoren, jedoch ließen auch die Rhinoceroten des älteren Diluviums eine Scheidung in Wald-
und Steppenformen nicht zu. Ich habe sie deshalb wie die Bisonten unter den Bewohnern der waldarmen
Steppe aufgeführt, obgleich beide Arten, efruscus wie Merkit, auch in typischen Waldfaunen (Mauer, Tau-
bach) nachgewiesen worden sind. Die jüngere Merkuform scheint lediglich auf Waldgebiete beschränkt
gewesen zu sein.
Für die Häufigkeitsangabe benutze ich folgende Signaturen:
O =:sehr häufig,
+ = weniger häufig,
— = selten.
(Tabelle siehe nächste Seite.)
Aus dieser Tabelle geht ohne weiteres hervor, daß El. trogontherii mit einer Steppenfauna, El. an-
figuus mit einer Waldfauna gelebt hat.
Bemerkenswert ist ferner, daß unzweifelhafte Reste des Menschen ım älteren und mittleren Dilu-
vium Mitteleuropas nur in den Waldfaunen mit El: antigquus nachgewiesen sind, in den Steppenfau-
nen mit El. trogontherii aber fehlen. Erst im jüngeren Diluvium ist der Mensch auch in die Steppengebiete
eingedrungen.
Die wenigen in den Faunenlisten von Mauer, Taubach und Burg-Gräfentonna erwähnten Vogel-
reste sind in der Tabelle nicht mit aufgeführt.
Intermediäre Formen von verschiedenen Fundorten.
Im Folgenden finden einige deutsche und französische Molaren Besprechung, die eine intermediäre
Stellung einnehmen zwischen El. antiguus Falc. und El. trogontherii Pohl. Aehnliche Stücke wurden
im Vorhergöhenden schon mehrfach erwähnt;-ich verweise besonders auf einige oben beschriebene Molaren
aus den Schottern von Steinheim im Naturalienkabinett Stuttgart und einige Molaren und Milchmolaren
aus den Mosbacher Sanden. In der Fürstl. Sammlung zu Gera konnte ich einen letzten rechten Mandibel-
molar untersuchen, der wegen seiner eigenartigen Mittelstellung zwischen El. trogontherii und El. antiquus
eine ausführliche Behandlung erfordert. Er stammt aus feuersteinführenden Saalekiesen von Uichteritz
bei Weißenfels und hat bei einer Besprechung dieser Ablagerungen durch Wüst in der Zeitschrift für
Naturwissenschaften Bd. 72 Erwähnung gefunden. Er wurde von v.Fritschals El. trogontherii bestimmt;
wie aus W üsts Ausführungen ebenda hervorgeht, hat sich dieser Autor ebenfalls für El. trogontherii ent-
s
Steppe und
Tundra
Waldarme
Steppe
Wald |
Elephas trogontherii
Equus Stenonis
Equus Süßenbornensis
Equus Mosbachensis
Equus germanicus
Equus caballus
Rangifer tarandus
Talpa sp.
Cricetus frumentarius
Hyaena arvernensis
Hyaena crocuta
Hyaena spelaea
Canis neschersensis
Canis lupus
Rhinoceros etruscus
Rhinoceros Merkii
Bison priscus
Leptobos sp.
Alces latifrons
Cervus euryceros Sp.
C. euryceros Germaniae
, C. euryceros Belgrandi
Felis leo fossilis
Ursus sp.
Ursus arvernensis
Ursus Deningeri
Ursus spelaeus
Ursus arctos
Mustela martes
Sorex vulgaris
Canis vulpes
Meles vulgaris
Castor fiber
Lutra vulgaris
Sus cf. scrofa
Sus scrofa priscus Serres
Sus serofa Antiqui
, Lynehus issiodorensis
Felis Iynx
Felis catus ferus
Cervus capreolus
Cervus cf. elaphus
Cervus elaphus trogontherii
C. elaphus antiqui
, Elephas antiquus
Homo Heidelbergensis
Homo primigenius
Faunen FETSENE NR] > SPEER GETS te lm
El. trogontherii Pohl Pohl
| Süßenborn
>
Mosbach
o+o
++
|
Mauer
++
Si
Fa aunen mit
Taubach
nl. SIR DEF EAN LQGEUNE LE Es. Falc.
a Zee a 1? Haren, urg-
Grafentonna
schieden. Ein anderer bekannter Diluvialpalaeontologe glaubte in diesem Zahn einen El. antiguus zu er-
kennen.
Der Molar (Taf. II Fig. 2 und 3) umfaßt . x=Xx 1 18x in 339.80 (VI). 144 (XV). Die jetzt 1. La-
melle ist nur noch im Medianteil der Proximalwand erhalten. Vollständig fehlen dürften x oder x 1. Das
Ganein besitzt eine Dieke von 2—3 mm und ist stark festoniert. Von 17 angekauten Lamellen sind 10
zu kompletten Figuren verschmolzen. Die Art der Verschmelzung ist lat. an. med. lam., erreicht aber nicht
das dem EI. antiquus typus eigentümliche Extrem. Da die beiden Hauptspalten schief zum Medianpfeiler
einfallen, so zeigt dessen Abrasionsfigur bei fortschreitender Abkauung eine immer zunehmende Größen-
reduktion, während die der Lateralpfeiler aus dem gleichen Grunde eine Größenzunahme aufweisen. Die
drei Teilfiguren der vordersten inkompletten Lamelle lassen daher nicht mehr so deutlich die lamellare
Form der mittleren und die annulare der seitlichen Lamellenpartien hervortreten. Immerhin zeigen die
Lateralpfeiler an diesem Stück eine beträchtliche Reduktion. Während an der letzten angekauten Lamelle
der Medianpfeiler schon so weit abgekaut ist, daß in seinen zwei Teilstücken das Dentin sichtbar ist, zeigen
die beiden Lateralpfeiler noch keine Spur von Abrasıon. Bei dem externen Lateralpfeiler geht die Höhen-
reduktion so weit, daß er von dem umhüllenden Cement noch ganz verdeckt ist. Eine Mammillenteilung
der Lateralpfeiler ist nicht vorhanden.
In der Ausbildung der Pfeiler zeigt vorliegender Molar nur insofern Abweichungen vom typischen
El. antiquus, daß die Trennungsspalten erstens tiefer in die Lamelle hineinsetzen, zweitens nicht annähernd
parallel, sondern ziemlich schief zur Mediane geneigt verlaufen.
Die Form der einzelnen Schmelzfiguren ist durchaus rhombisch, wobei eine mediane Zacke proximal
wie dıstal wohl ausgebildet ist. Die Kaufläche des Molaren ist bandförmig und entspricht El. antiquus.
Etwas abweichend von dieser Spezies und an El. trogontherii erinnernd ist die starke Biegung des Zah-
nes nach außen. Die geringe Höhe und die gewaltige Diekenzunahme der Schmelzbüchsen nach der Kronen-
basis zu müssen ebenfalls als Merkmale dieses Elefanten angesehen werden.
Einen dem eben beschriebenen, bis auf das verschiedene Abrasionsstadium ganz ähnlichen Unter-
kiefermolar sah ich in den Sammlungen der preußischen geologischen Landesanstalt. Die ganze oben ge-
gebene Charakteristik des Uichteritzer Molaren kann in allen Punkten auch auf dieses Stück Anwendung
finden. In gleicher Weise mögen sich die Maße, besonders der Längen — Lamellen — Quotient, an beiden
Molaren gut entsprechen.
Die Untersuchung lehrt, daß wir es hier mit einer Zwischenform zu tun haben, die in ihren Merk-
malen teils dem El. antigquus, teils dem El. trogontherii nahesteht. Die eigenartige Verquickung der sonst
auf zwei Spezies verteilten Charakteristika verbietet es durchaus, diese Molaren ausschließlich an eine
der oben erwähnten Formen anzuschließen.
Durch das freundliche Entgegenkommen des Herrn Dr. Stehlin in Basel bin ich in der Lage,
über einige französische Molaren, die mir im Original vorlagen, Mitteilungen zu machen. Die Zähne stammen
aus Kiesen der Flins (Departement Seine et Oise), in der wiederholt Artefakte des Chellöen gefunden wor-
den sind.
Auf Grund meiner Untersuchungen einer großen Zahl von Elefantenmolaren aus dem Oberpliozän,
dem I., II. und III. Interglazial des Pleistozän bin ich zu der Ueberzeugung gekommen, daß es möglich
ist, aus der Anzahl der Schmelzbüchsen, aus ihrer Stellung zu einander resp. dem Längen-Lamellen-
Be MER
Quotient und der Schmelzstärke auf das ungefähre geologische Alter der Molaren zu schließen, sobald
mehrere Zähne ein und derselben Fundstelle vorliegen. Für die Antiquusreihe müssen diese Mo-
mente natürlich etwas anders gewertet werden als für die Trogontheriireihe.
Die erwähnten französischen Molaren sind mit den Antiquusresten von Taubach ungefähr gleich-
altrig, vielleicht noch etwas jünger, gehören also dem III. Interglazial an. Ein M. II. max. dext. führt
x 11x in 184.51 (III). 144 (VI). L.L.Q. 184 :12 = 15,3. Die Kaufläche ist schmal bandförmig. Die
Schmelzfiguren sind rhombisch und entwickeln eine starke proximale Zacke. Eine Fältelung des
Schmelzes, wie sie unserem El. antiquus eigentümlich ist, zeigt sich erst bei stärkerer Abrasion. Von 5 an-
gekauten Lamellen sind 2 komplett. Der Verschmelzungstypus ist lat. an med.lam. Im Profil zeigen die
Schmelzbüchsen basalwärts kaum verdickte Säulenform. Der Molar entspricht in seinen charakteri-
stischsten Merkmalen durchaus dem El. antiquus Falec.
Abweichende Verhältnisse zeigen 2 M. III. max. Der besser erhaltene rechte Zahn (Taf. II Fig. 1)
Dee zen 10209263 (V)). 157 (X]). Der 11.0. ergibt »209 :.15 =: 13,9.
Die Kaufläche des hohen Zahnes ist schmal, bandförmig mit einer geringen Verbreiterung nach
vorn. Der Verschmelzungstypus ist lat. an. med. lam. Die Hauptspalten fallen aber ziemlich schief zur
Mediane ein, so daß die zentrale Partie eine ziemlich bedeutende Größenabnahme, die lateralen eine Zu-
nahme aufweisen. Die Form der Schmelzliguren nähert sich nach kurzer Abkauung einem Rhombus, geht
aber dann sehr bald in eine breite Bandform über. In der Mediane zeigen die Schmelzfiguren eine
schwache Fältelung, die den seitlichen Partien vollständig fehlt.
Ein linker M. III. max. ist sehr zerbröckelt und abgerollt, proximal wie distal abgebrochen. Er
zeigt im Bau der Lamelle und in allen daraus folgenden Verhältnissen völlige Uebereinstimmung mit dem
eben besprochenen Zahn.
Beide Molaren haben in der, besonders für Oberkiefermolaren sehr schmalen Zahnkrone resp. Kau-
fläche enge Beziehungen zu El. antiquus, stehen aber in der Form der Schmelzfiguren und in der Ausbil-
dung der Pfeiler resp. dem Verschmelzungstypus zwischen diesem Elefanten und El. trogontherii.
Es finden sich also in dieser Kiesgrube Molaren des typischen El. antiguus zusammen mit Molaren
intermediärer Formen, die aber eine scharfe, spezifische Abgrenzung gegenüber El. antiquus nicht gestatten.
Derartige intermediäre Formen sind aus Frankreich schon mehrfach bekannt geworden, wurden
von den einzelnen Autoren allerdings stets zu El. meridionalis oder EI. antiquus gezogen.
Boule (I) beschreibt aus einer Kiesgrube bei Gensac-la-Pallue Molaren von El. meridionalis, El.
antiguus und El. primigenius, die zugleich mit Artefakten des St. Acheulsen, Chell&en und Mousterien in
ungestörter Lagerung gefunden wurden. Von jeder Art ist in der betreffenden Arbeit ein Molar
abgebildet. Da Boule die Gegensätze in dem Molarenbau der drei Arten hervorheben will (J’aı fait pho-
tographier un (molaire de l’Elephas antiquus) de ces echantillons en le reduisant a la m&me £echelle que le
dent d’Elephas meridionalis pour faciliter Ja comparaison), so ist die Annahme berechtigt, daß er zu einem
solchen Vergleich die typischsten der ihm vorgelegenen Exemplare ausgewählt hat. Ich bespreche im
Folgenden kurz die von Boule meines Erachtens nicht richtig bestimmten Stücke. ;
1 Während des Druckes der Arbeit erfahre ich, daß Boule seine Bestimmungen selbst zurückgezogen hat. Trotzdem
halte ich aber eine kurze Besprechung der interessanten Molaren nicht für überflüssig.
Palaeontographica. Bd. LX. m!
El. meridionalsis.
Zra dieser Spezies zieht Bo ule zwei letzte Oberkiefermolaren (Fig. 5), die nach seiner Angabe aller-
dings in der ‚‚weniger breiten“ Kaufläche und in dem „dünneren Schmelz‘ von der typischen pliozänen
Art abweichen. Nach diesem Autor sind 11 Lamellen erhalten. Wie aus der Abbildung aber zweifellos her-
vorgeht, handelt es sich hier um einen nicht unerheblich abradierten Zahn, bei dem einige Lamellen des
Distalendes wohl vollständig weggekaut sind. Die rechteckige, auch in den Breitenverhältnissen mehr dem
El. antiguus entsprechende Kaufläche, die rhombischen, ziemlich regelmäßig gezackten Schmelzfiguren, der
stark festonierte Schmelz und vorallem die starkeEntwicklung des medianen gegenüber
reduzierten lateralen Pfeilern (Verschmelzungstyp /Zat. an. med. lam,)
sprechen durchaus gegen einen El. merıdionalis. Es liegt ein stärker abradierter
Molar eines El. antiguus F ale. oder doch eines in den Formenkreis dieser Art gehörigen Elefanten vor.
Sollten aber in diesen Kiesen Molaren vorkommen, die in ihrer Höhe und in der Anzahl der Schmelz-
lamellen konstant erheblich hinter El. antiguus zurückbleiben, so hätten wir in ihnen Uebergangsformen
zwischen El. meridionalis und El. antiquus zu erblicken. Ich werde darauf später zurückkommen.
El.antigquus.
Der von Boule abgebildete letzte Mandibelmolar gehört zweifellos nicht zu El. antiquus typus,
trotz seiner schmalen Kaufläche und einer gewissen Rhombenform der Schmelzfiguren. Der Median-
pfeileristsoschwach, dieLateralpfeilerdagegensokräftigentwickelt,
daß die letzte ‚„inkomplette“ Figur den Verschmelzungstyp.2ar Tan.
med.an.erkennenläßt, ein Verhalten, das bei El. antiguus F alc. niemals zu beobachten ist. Der
Molar ist einer intermediären Form zuzurechnen, die im Bau der Lamelle Primitivmerkmale bewahrt hat,
in der Form der Zahnkrone und der Schmelzfiguren Beziehungen zum El. antiguus F alc. erkennen läßt.
Ein praeglaziales Alter dieser Kiese und damit auch der-menschlichen Artefakte ist auf Grund dieser
Molaren nicht nachzuweisen, wird im Gegenteil durch das Vorkommen von El. primigenius durchaus wider-
legt. Dem von Boule abgebildeten ähnliche Primigeniusmolaren kennen wir in Deutschland frühestens
Ende des II., ganz sicher aus dem Ill. Interglazial. Wenn Boule ausdrücklich betont, daß eine spätere
Aufarbeitung dieser Kiese ausgeschlossen sei, so erscheint mir das im Hinblick auf die eigenartige Fauna
doch recht fraglich. Neben den erwähnten Elefanten sind von dort
Hippopotamus sp.
Rhinoceros Merkii J äg.
Bison priscus B 0].
nachgewiesen, die als Begleiter von El. antiguus nahestehenden Formen selbst für das Mitteldiluvium
Frankreichs nichts Auffälliges bieten, als Begleiter eines El. primigentus mir aber mit Ausnahme des Bi-
son durchaus fragwürdig erscheinen.
Jedenfalls können die Untersuchungen dieser sehr interessanten Kiese und ihrer Einschlüsse noch
nicht als abgeschlossen betrachtet werden.
Intermediäre Formen, die der Trogontheriireihe aber näher stehen, sind unter dem Namen El. inter-
medius Jourd. in Südfrankreich (Rhönetal) sehr häufig. Dr. Gaillard, Konservator am Museum
von Lyon, hatte die Freundlichkeit, mir auf meine Bitte zwei der „‚typischsten‘ Molaren des El. intermedius
ZUR: PR
zur Untersuchung zu übersenden. Die Molaren stammen von La Ferlatier pres St. Cyr au Mont d’Or aus
tonigen Sanden. Ein M. III. max. dext. führt
Zee ton 00 39, (MET. 12T
Die Kaufläche ist breit, wenig oval und zeigt wie die gesamte Form des Molaren mit El. primigenius
Blumb. die größte Uebereinstimmung. Die Schmelzfiguren bilden ziemlich schmale, aber etwas rauten-
förmige Bänder. Der Schmelz ist vor allem in den medianen Partien stark gefältelt, besitzt auch einige schär-
fer herausspringende Zacken. Aehnliche Verhältnisse in der Ausbildung des Schmelzes und der Form der
Schmelzfiguren habe ich bei unserem EI. primigenius nicht beobachten können. Der Verschmelzungstyp
nähert sich dem des El. primigenius. Die lateralen Figuren sind zwar kleiner als die mediane, besitzen
aber eine mehr lamellare Gestalt. Die Hauptspalten setzen ziemlich schief zur Mediane, aber nur sehr
flach in die Lamelle hinein, so daß von 15 angekauten Lamellen 11 komplette Figuren bilden. Ein linker
mandibularer M. II bringt eine gewisse Rautenform der Schmelzfiguren noch schärfer zur Ausbildung.
Auch an diesem Stück ist der Schmelz, besonders an stärker abradierten Lamellen, stark gefältelt. Wie
aus der letzten, noch nicht ganz kompletten Schmelzfigur hervorgeht, ist der Verschmelzungstyp hier aus-
gesprochener lat. an. med. lam. Die Kaufläche ist ziemlich rechteckig. Der Zahn führt X t 11 x in 167. 74
BEI 29327 Der.L.L.Q. ergibt 167 :41 = 15.2.
Dieser Molar zeigt ungefähr die gleiche Entwicklungshöhe wie unser El. trogontherii oder EI. trogon-
therii Primigenius. Ich halte es überhaupt für besser, diesen Molaren direkt in den Formenkreis des El.
rogontherii zu stellen, da eine Trennung auf Grund dieses und ähnlicher Zähne nicht durchführbar ist. Zu
bedenken bleibt allerdings, daß El. intermedius in der Ausbildung der Stoßzähne, weniger deutlich im Schä-
delbau, intermediäre, zwischen El. antiquus und El. trogontherii (primigenius) die Mitte haltende Verhält-
nisse darbietet.
Anschließend an das eben Besprochene mache ich einige kurze Angaben aus der Literatur, die das
Vorhandensein von intermediären, zwischen El. trogontherii und El. antiguus stehenden Formen bestätigen.
Bei Besprechung der M. III. der Elefanten von Malta sagt PohligS. 214:
„Während einige Molaren den typischen Antiquuscharakter voll zur Geltung bringen, entfernen
andere von letzterem sich weit in der Richtung nach EI. trogontherii und selbst El. meridionalis bezw. afri-
canus hin, ohne daß auf diese Differenzen allein, innerhalb der Maltesischen Formengruppe, eine spezifische
Unterscheidung zu begründen wäre“. Wie aus den weiteren Ausführungen hervorgeht, unterliegt es für
Pohlig keinem Zweifel, „daß in diesen Fällen meist bloße Abnormitäten, oder wenn man will, Ata-
vismen vorliegen‘, eine Ansicht, der ich mich nur mit Einschränkungen anschließen möchte, nachdem
das Vorkommen vom Typus des El. antiguus und El. trogontherii in gleicher Weise abweichender, inter-
mediärer Formen auch für unsere kontinentalen diluvialen Elefanten nachgewiesen ist. Ich komme noch-
mals auf die Zwergelefanten zurück.
RBür eine intermediäre Form und nicht für einen Vorläufer des Ei.
antiguus Falc. hat weiterhin El.Nesti Pohl. zu gelten. Bei Behandlung des Süßen-
borner Materials habe ich gezeigt, daß die von Wüst zu El. Nesti gestellten Molaren in den Formenkreis
des El. trogontherii zu ziehen sind, mit dem sie durch alle möglichen Uebergänge verbunden erscheinen.
Es bleibt noch übrig, auf die von Pohlig (Il, 303—305) für diese Form gegebene Charakteristik ein-
Be
zugehen, wozu mir die Pohlig schen Stücke leider weder in Originalen noch in Abbildungen zur Verfü-
gung stehen.
Die Molaren, auf die Pohlig im wesentlichen seine neue Spezies begründet hat, fanden sich an
der englischen Ostküste zusammen mit Molaren des El. trogontherii und El. antiguus, Die frühere Angabe
des El. meridionalis aus den gleichen Ablagerungen hat Pohlıg selbst nach seinen neueren Untersuchun-
gen zurückgezogen. Es wäre meines Erachtens nun zum mindesten sehr merkwürdig, wenn in den altdilu-
vialen Sedimenten der Forestbeds der Vorläufer des El. antiquus, also El. Nesti Pohl., zusammen mit El.
antiguus typus gelebt hätte, wo doch gleichzeitig oder jedenfalls in kaum jüngerer Zeit auch in Mosbach und
Mauer ein durchaus typischer El. antiguus vorhanden war. Geradezu unmöglich aber erscheint es vom Stand-
punkte der Stammesgeschichte, El. Nesti als Vorfahren des El. antiquus zu betrachten. Von letzterer Spe-
zies zeigt El. Nesti nach Pohlig Abweichungen ‚von der typischen Gleichmäßigkeit der Kronenbreite“,
Abweichungen ‚von dem charakteristischen Lamellenbau der diluvialen Ausgangsform, besonders von
dem ausgeprägten Loxodontismus, der komplizierten Festonierung und der größeren Dicke des Schmelzes
bei jener“. „In der Lamellenformel würde El. Nesti sowohl mit El. antiquus typus als auch mit El. trogon-
therii übereinstimmen.“
Aus der Stammesgeschichte der Proboscidier, speziell aus der Stammreihe El. meridionalis-trogon-
Lherii-primigenius und der Antiquusreihe Mauer-Taubach geht hervor, daß wir primitive Merkmale
ım Bau der Molaren erwarten müssen:
1. In einer kleineren Lamellenzahl.
2. In einem stärkeren Schmelz.
3. In einer kräftigeren Entwicklung der lateralen und einer schwächeren des medianen Pfeilers.
4. In einer niedrigeren Zahnkrone.
Ueber die unter 3. und A. aufgeführten Punkte macht Pohlig keine Angaben; in der Lamellenzahl
entspricht El. Nesti dem El. antiguus und El. trogontherii, ın dem dünneren Schmelz zeigt er ein fortge-
schrittenes Stadium als El. antiguus und erinnert darin an El. trogontherii, der gerade in diesem Merkmal
eine stärkere Variation aufweist als El. antiquus.
El. Nesti erfüllt die Voraussetzungen durchaus nicht, die ıhn nach unserer Kenntnis von der Ent-
wicklungsgeschichte der Elefantenmolaren als Stammrasse des E/. antıiquus gelten lassen könnten. Die
aus den Kronendimensionen und der Lamellenzahl hervorgehende gleiche Entwicklungshöhe verbietet es
überhaupt, ıhn als eine phylogenetisch ältere Rasse aufzufassen.
Für eine derartige Annahme kann auch eine schwache Rautenform der Schmelzfiguren nicht geltend
gemacht werden, da nicht die Form der Schmelzfiguren und der Kaufläche die wichtigsten, im Laufe phylo-
genetischer Entwicklung abändernden Momente darbietet, sondern die vier oben hervorgehobenen Kar-
dinalpunkte. In der Form der Kaufläche und dem wenig festonierten Schmelz zeigt El. Nesti mindestens
in demselben Maße Beziehungen zu El. trogontherüi.
Aus geologischen und aus palaeontologischen Gründen ist es un-
möglich, die von Pohlie zu El Nestirgestellten Molarenzals erner Nor
läuferrasse des El.antiguus angehörig zu betrachten. Sie müssen viel-
mehr einer intermediären, zwischen El. trogoniherii: und El. antiguus
a Be
stehenden Form angehören, da Merkmale beider Speziesinihrem Zahn-
bau vereinigt sind.
DerzNamerEl.Nesii Pohl. für eineältere Form des Elantiguus Falec.
new zuwistrweichen.
Fassen wir im Folgenden alle Momente zusammen, die für das Vorhandensein von Zwischenformen
von El. trogontherii und El. antiguus sprechen, so ergibt sich:
Zweiwurzelige M. M. III. mand. konnten auch für El. antiguus nachgewiesen werden. Unter den
M. M. II. fanden sich einige in ihrer speziellen Stellung durchaus unsichere Zähne. Die M. M. I. des El.
trogontherit (Süßenborn) zeigten wiederholt, wenn auch nur schwach ausgeprägt, Merkmale des El. antiquus.
Unter den Molaren konnten zahlreiche intermediäre Formen nachgewiesen werden.
Bei Besprechung der Mandibeln habe ich wiederholt auf Aehnlichkeiten und Anklänge im Kieferbau
zwischen El. trogontherii und El. antigquus hingewiesen. Besonders hervorzuheben ist eine Mandibel des
El. trogontherii im Museum zu Mainz.
In den Stoßzähnen zeigt der sogenannte El. intermedius Südfrankreichs eine Zwischenform. An-
gaben über Stoßzähne des El. antiquus und El. primigenius, die vom Typus abweichen, finden sich verein-
zelt ın der Literatur. Im übrigen möchte ich auf Abweichungen in der Stoßzahnbildung der verschiedenen
Spezies aus später zu erörternden Gründen kein allzugroßes Gewicht legen, wenigstens soweit es phylogene-
tische Fragen betrifft.
Cranien des El. trogontherii aus dem alten Diluvium sind noch nicht bekannt geworden, die spär-
lichen vorhandenen Reste dieses Skeletteiles genügen keineswegs, um sich ein abschließendes Urteil zu
bilden. Sicher ist, daß wir bei El. trogontherii im Bau des Craniums große Aehnlichkeit, ja Uebereinstim-
mung mit El. meridionalis einerseits und El. primigenius andererseits erwarten müssen. Da aber in den
Molaren, Mandibeln und Stoßzähnen Aehnlichkeiten, zum Teil Uebergänge zu EI. antiguus vorhanden sind,
da ferner in der Ausbildung dieser Skeletteile und der des Craniums eine, wenn auch nicht immer scharf
ausgeprägte Korrelation besteht, so ist es nur wahrscheinlich, daß auch hinsichtlich des Craniums inter-
mediäre Formen existiert haben. Ich möchte in diesem Zusammenhang besonders auf den Antiquusschädel
von Mauer verweisen, der in einer Intermaxillarbreite von 0,61 m von einigen westphälischen Primi-
geniusschädeln, größte Breite 0,56 m! (nach Pohlig) fast erreicht wird. Ohne auf diese Eigentümlich-
keit des einzigen altdiluvialen Antiquusschädels in Deutschland ein primitives Merkmal gegenüber
dem jüngeren Antiquus von Taubach konstruieren zu wollen, möchte ich aber betonen, daß, wie in der
Dentition und in den Formverhältnissen der Mandibel, so auch im Cranium, Variation und Mutation die
ausschlaggebenden Faktoren für Spezialisierung und Artbildung gewesen sind.
Deere ustellunsunverschiedlicher Merkmale im Bau des Graniums
dem wersechradenen Arten hat aber für Ahylogenetische: Fragen nur be
dinsten Wert, solange sie nicht als Variations- und Mutationsmerk-
maleerkannt werden können. Und dies ist bei dem fast vollständigen Mangel an altdiluvialen
Schädeln heute noch nicht möglich.
Aus den angeführten Gründen erscheint es mir unzulässig, El. anliguus und El. trogontherii so scharf
zu scheiden, wie es Pohlig getan hat, der El. antiguus unter das Subgenus Loxodon, El. trogontherii
unter das Subgenus Euelephas gestellt wissen will. Ich schlage für intermediäre Formen, je nachdem Cha-
rakteristika dieser oder jener Spezies stärker hervortreten, die Bezeichnungen
El. trogontherii var. antiquus,
El. antiguus var. trogontherii
vor. Daß es sich dabei nicht um zufällige Kreuzungen zweier schon seit dem Plıozän vollkommen selbstän-
diger Formen handelt, geht aus den folgenden Erörterungen hervor.
El. meridionalis Nesti und seine Beziehungen zu EI. antiquus Falc.
Von EI. meridionalis stand mir das reiche Material aus dem Val d’Arno im Museum zu Basel zur
Verfügung. Die Maße der gut erhaltenen Molaren habe ich zu Vergleichszwecken in die Tabellen aufge-
nommen.
El. meridionalis zeigt bekanntlich gegenüber allen pleistozänen Elefanten eine lat. Jam. med. an.
Verschmelzung, die in der schwachen Ausbildung des medianen und der kräftigen der fast ausnahmslos
mammillentragenden lateralen Pfeiler beruht. Eine ausgesprochen annulare Gestalt der medianen Figur
in Verbindung mit lamellaren lateralen Teilstücken ist aber auch bei dieser Spezies keine regelmäßige Er-
scheinung. In vielen Fällen trägt der Verschmelzungstyp einen intermediären Charakter, indem bei un-
gelähr gleicher Größe die drei Teilstücke eine lamellare Gestalt entwickeln.
Im Museum zu Basel untersuchte ich zwei M. II. max., deren Verschmelzungstyp schon als lat. an.
med. lam. bezeichnet werden kann. Jedenfalls war das Mittelstück auch an der letzten unverschmolzenen
Lamelle nicht unwesentlich größer als die beiden seitlichen. Aehnliche Molaren sind auch inWeithofers
Arbeit „Die Proboszidier des Arnotales‘‘ abgebildet.
Eine stärkere Reduktion der Lateralpfeiler in Verbindung mit
einer kräftigeren Entwicklung des Medianpfeilers setzt im Oberplio-
zän ein. Diese Umbildung scheint mit einem Höhenwachstum der Mo-
larenin Korrelation zu stehen.
Für letzte Oberkiefermolaren gibt Pohlig als Grenzwerte der Lamellenzahl an x 11x — x 14x.
Ein auch durch seine kleinen Dimensionen bemerkenswerter M. III. max. im Museum zu Basel führt
14 1x2 x: An dem abgebrochenen Proximalende fehlen 1 x, wahrscheinlicher sogar 2x. In der An-
zahl der Schmelzlamellen würde dieser Molar also. übereinstimmen mit einem M. III. max. des El. trogon-
therii aus Mosbach zu Wiesbaden, mit einem M. III. max. des El. trogontherii aus Süßenborn zu Weimar,
mit einem M. III. max. des El. antigquus aus Mosbach zu Mainz, mat drei M. III. max. des El. antiquus aus
Taubach zu Weimar und Jena.
Einen ebenfalls proximal verletzten M. III. max. des El. meridionalis von x 14 —, bei dem es un-
sicher ist, ob nur der Talon oder auch noch eine Lamelle fehlt, erwähnt Weithofer.
Im Oberpliozän finden sich Molaren des El. Meridionalis, die in
der Anzahl derSchmelzlamellen die untere Grenze der bei den pleisto-
zänen El.irogontherii und El.antiguus zu beobachtendenLamellenzahl
erreichen.
Hervorzuheben ist aber vor allem eine gewisse Aehnlichkeit zwischen vielen Molaren des El. meri-
Be
dionalis und EI. antiguus. Sie äußert sich in einer säulenförmigen, nach unten kaum verdickten Gestalt
der Schmelzbüchsen, in dem mitunter sehr regelmäßigen Auftreten einer medianen, nach hinten, seltener
auch nach vorn gerichteten Auszackung, in verschiedenen Fällen sogar in einer schmalen, ziemlich band-
förmigen Kaufläche und durchaus rhombischen Schmelzfiguren. Pohlig (Il), dem der größte Teil des
italienischen Materials vorlag, hat dafür mannigfache Belege gebracht.
Auf Seite 215 erwähnt er die M. II. aus zwei Mandibeln, ‚in beiden Fällen sind die Mahlzähne anti-
quusartig.“
Auf Seite 220: „„Von Mahlzähnen mit abnorm longitudinal excavierter Abrasionsplane liegt noch
ein zweites Belegstück in Florenz, eine Mandibel mit beiden M. III., in jeder Hinsicht antiguusartig, da
ein hohes Diastem neben stark festonierten, sowie zentral angular dilatierten Abrasionsfiguren vorliegt;
doch x ?11x ergeben sich, komplet abradiert, auf 0,252. ! 0,093 m.“
Zusammenfassend über El. meridionalıs sagt er S. 227: „„Bei weitem die große Mehrzahl der Exem-
plare zeigt die typische Ausbildung, und in solchen Fällen kann von einer Verwechslung mit El. antigquus
keine Rede sein. Nach Vorhergehendem gibt es jedoch eine kleine Gruppe von gleichwohl unzweifelhaften
Meridionalismolaren, welche solchen des Urelefanten in vielen wichtigen Punkten nahe kommen, so daß
Verwechslungen entstehen können; das Vorkommen der ersteren mag mit demjenigen der antiquusähn-
lichen Abart der Defensen verknüpft sein. Die Varietät ist stets von geringeren Dimensionen als die ty-
pische Form; die Abrasionsfiguren sind mehr oder minder festoniert und zentral angular dilatiert, die etwas
schmälere Form der Krone und die Proportion zwischen Lamellenformel und Längendimension nähern
sich gleichfalls dem bei El. antiguus herrschenden Verhältnis. Dazu kommt, daß diese Abart die extremen
Maxima der 'Lamellenformel liefert, während die meisten der typischen Belege zwischen x 12 x 14 x
enthalten. Nur in der geringen Höhe der Disken, welche nach dem Dargelegten bei El. meridionalıs meist
zwischen 0,11—0,14 m schwankt, entwickelt selbst jene sonst antiquusartige Varietät in der Regel den
wahren Charakter der Spezies (El. meridionalıs, Soergel)‘“
Einen ähnlichen, in seiner speziellen Stellung unsicheren Zahn beschreibt Weithofer (I, 203).
Es ist ein unvollständiger M. II. mit 9 Jochen.
„Seine größte Breite befindet sich am 5.—6. Joch; von da nimmt er nach vorn zu wie nach hinten
sehr beträchtlich ab. Der Cämentbelag ist sehr stark, die Form der Kaufläche gleicht überhaupt sehr der
eines El. meridionalis. Die Marken sind zwar transversal von ansehnlicher Breite, gleichen jedoch denen
des El. antiguus. Sie erweitern sich gegen die Mitte zu allmählich und stetig und besitzen hier zipfelförmige
Vorsprünge, wenn letztere auch nicht so deutlich wie gewöhnlich ausgeprägt sind. Es ist dies jedenfalls
ein für El. antiguus abnormer Zahn.“
Neuerdings hat C. Bortolottiin der Rivista italiana di Palaeontologia 1904 neben Molaren des
Mastodon arvernensis, El. meridionalis, Rhinoceros etruscus und Hippopotamus Pentlandi auch einige Mo-
laren als El. antiguus aus dem Oberpliozän beschrieben. Nach den Ausführungen des Autors und den Ab-
bildungen gebe ich eine kurze Charakteristik der Molaren.
Ein M. I. mand. sin., in einem Teil des linken Mandibelramus erhalten, führt * ! 7 x und zeigt fol-
gende Maße:
Länge des Fragments fer; ee em
Mutmaßliche Länge des digen Zalne rn DRIN ern
— 8 — ;
Größte Breite an der 5. Schmelzfigur . .. . . 7Acm
Breite “an der ‚8: Schmeziem 72 7, Eee
Höhe des aus dem Kiefer herausragenden Zahnteiles 5,7 cm
Die ziemlich rechteckige Kaufläche erreicht an ihrem proximalen Teil die größte Breite und ist
hinten stumpf gerundet. Die Form der Schmelzfiguren ist rhombisch mit je einer stärkeren proximalen
und distalen Zacke in der Mediane. Die drei Teilstücke der 6. Lamelle zeigen die gleiche Größen- und Brei-
tenentwicklung, der Verschmelzungstyp scheint ein durchaus intermediärer zu sein. In der Lamellen-
formel und in den Dimensionen entspricht dieser Molar El. meridionalis weit mehr als dem El. antiquus,
wie es Bortolotti angibt.
Das zugehörige Mandibelbruchstück zeigt ein sehr hohes Diastem, außen flach einfallende Seiten-
wände. Von vorn nach hinten wird der Mandibelast bedeutend niedriger und entspricht darin wie in den
beiden genannten Merkmalen zwei Mandibeln des El. meridionalis typus im Museum zu Basel.
Ein M. II. max. sin. führt “X! 9x in 185.89 (V,VI). 112 (VI). Die Lamellenzahl und die Maße
entsprechen El. meridionalis weit eher als El. antiguus. Von 9 invadıerten Lamellen sind 5 komplet. Die
Form der Schmelzfiguren ist rhombisch, der mediane Teil ıst stark gefältelt, die lateralen sind glatt. Eine
für El. antiguus ganz ungewöhnliche, bei El. meridionalis dagegen oft zu beobachtende Erscheinung zeigen
die 6. und 7. Lamelle, sie bestehen beide aus zwei gleich großen Teilstücken, es ist also bei ihnen nureine
in der Mediane verlaufende Hauptspalte entwickelt. Der Verschmelzungstyp ist nicht feststellbar. Die
Kaufläche ist ausgesprochen oval und zeigt nur in der mittleren Zahnpartie eine gleichmäßige Breite.
Das Bruchstück eines M. M. I. max. dext. führt
— A— in 72.ca. 58.56.
Die Form der Schmelzfiguren ist etwas rhombisch, durch große unregelmäßig ausspringende Zacken
und eine starke Zurückbiegung der Figuren an der Außenseite des Zahnes aber mehr oder minder verzerrt.
Die diese vier Figuren umfassende Kaufläche ist rechteckig. Auch dieses Stück weist in seinen Maßver-
hältnissen und in der unregelmäßigen Gestalt der Schmelzfiguren Beziehungen auf zu El. meridionalıis.
Die Bestimmung dieser Molaren als El. antiguus Falc. durch Bortolotti beruht lediglich auf
einer falschen Wertung von Variations- und Mutations-Merkmalen.
In oberpliozänen Schichten Italiens kommen neben Molaren des
typischen El. meridionalis Zähne vor, die in ihren Dimensionen und
ihrer Lamellenzahl auf der Stufe des El. mervidionalis stehen, aber m
der Form der Zahnkrone, in der- Gestalt der Schmelzfiswren ander
Ausbildung desSchmelzesnahe Beziehungen zu El.antiquus Falc.zeigen.
Diese Molaren erfüllen alle Bedingungen, die wir auf Grund der an Elefantenmolaren beobachteten und
wiederholt betonten Entwicklungsgesetze an eine Vorläuferrasse des El. antiquus stellen müssen. Sie zeigen
eine kleinere Lamellenzahl, niedrigere Zahnkrone, dickeren oder doch zum mindesten gleichstarken Schmelz,
kräftigere laterale und schwächere mediane Pfeiler. Da für den altdiluvialen El. antiguus auch das Vor-
kommen von zweiwurzligen M. M. III. mand. nachgewiesen werden konnte, da ferner El. meridionalis auch
im Bau der Mandibel und der Stoßzähne ganz antiquusähnliche Formen geliefert hat (siehe Pohlig S. 55
und 220), so ist es meines Erachtens zweifellos, daß wir in der Variationsbreite des El. meridionalis auch
den Vorläufer des El. antiguus gefunden haben. Cranien des El. meridionalis mit ausgesprochen antiquus-
RO
artigen Molaren liegen uns bis heute nicht vor; es ist also auch nicht zu beurteilen, inwieweit im Bau des
CGraniums derartiger Formen Anklänge an El. antigquus zur Ausbildung gelangt sind. Der frontale Stirn-
wulst, den El. namadicus besitzt und den Pohlig (VII.) auch für El. antiguus in Sizilien nachgewiesen
hat, scheidet meiner Meinung nach den Urelephanten nicht so durchgreifend von El. meridionalis und El.
trogontherii. Für eine richtige Bewertung dieses Merkmals, das ich lediglich für ein Variationsmerkmal
halten möchte, fehlen uns erstens Antiquusschädel ın allen Altersstadien, zweitens Meridionalisschädel
mit antiquusartigen Molaren. Die auf den ersten Blick großen Differenzen im Schädelbau erscheinen doch
aber in einem ganz anderen Lichte, wenn wir die Veränderungen sehen, die ein Elefantenschädel in seiner
Ontogenese durchzumachen hat. Die Molarenentwicklung und das Stoßzahnwächstum spielen bei der
Morphogenese des Elefantenschädels eben eine ganz exzeptionelle Rolle; der Mechanismus der ontogeneti-
schen Umänderungen ist aber für das Verständnis des fossilen Schädelmaterials und für eine Deutung
der einzelnen Merkmale hinsichtlich phylogenetischer Fragen nie nutzbar gemacht worden. Und das ist
der einzige gangbare Weg, der uns Verschiedenheiten und Umänderungen mechanisch begreifen lehrt und
dadurch heute auf Grund craniologischer Differenzen getrennte Formen in phylogenetische Verbindung
bringt. Daß dieser Weg noch nicht betreten wurde, hat seinen Grund erstens in der zum Teil heute noch
gebräuchlichen, einseitigen Methode palaeontologischer Forschung, zweitens in dem mangelhaften fossilen
Material. Unberührt aber von der auf diesem Gebiet noch herrschenden Unsicherheit bleiben die Resultate,
die ich aus der Untersuchung der Dentition, der Stoßzahnbildung und der Formverhältnisse des Unter-
kiefers von El. antigquus und El. meridionalis gewonnen habe. Sie beweisen eindeutig, daß
El.meridionalis in seinen verschiedenen Varietäten ingleicher Weise
der Vorläufer des El.antiguus wie des El.irogoniherii gewesen ist).
Stammesgeschichtliche Bemerkungen.
Ehe ich eine Darstellung der Entwicklung unserer pleistozänenElefanten gebe, erscheint es mir wich-
tig, die abweichende Stoßzahnbildung der einzelnen Spezies auf ihren Wert und ihre Bedeutung für die
Stammesgeschichte der Proboszidier zu untersuchen.
Wie sich aus einem Vergleich unserer diluvialen Faunen ergeben hat, haben wir in El. antiquus einen
Waldelefanten, in El. trogontherii einen Steppenelefanten zu erblicken. El. antiquus besitzt in einer Ebene
schwach gebogene, torsionslose Stoßzähne, während die Inzisoren des El. trogontherti eine stärkere longi-
tudinale wie seitliche Biegung aufweisen, ein Verhalten, das im El. primigenius das Extrem seiner Ent-
wicklung erreicht. Die Inzisoren des Wald bewohnenden El. indicus zeigen eine nur geringe Biegung, in
seltenen Fällen schwache Torsion. El. africanus, der in der Gegenwart allerdings häufig in Steppenge-
bieten angetroffen wurde, gleichwohl aber gegenwärtig wie besonders in der Vergangenheit als vorwiegend
waldbewohnendes Tier zu gelten hat, besitzt denen des El. antigquus durchaus entsprechende Stoßzähne.
El. Columbi und El. americanus, die amerikanischen Verwandten unseres El. trogontherti und El. primigenius
haben als Bewohner großer kontinentaler Steppengebiete stark gebogene und torsionierte Stoßzähne.
Die diluvialen indisch-asiatischen Elefanten, El. hysudricus und El. namadıcus, deren Wohngebiete
1 Die gleiche Ansicht vertritt Wüst (I. S. 261, 262), der El. antiguus, ‚wenn auch nicht von El. meridionalis selbst,
so doch jedenfalls von einer diesem Blefanten sehr nahestehenden Form‘ ableitet. (Siehe Anmerk. 2 ebenda.)
Palaeontographica. Bd. LX, 12
sargg se
dem Einfluß der Eiszeit und ihren Klimaschwankungen nicht in dem Maße ausgesetzt waren, vielmehr
gleich dem südlichen Europa durch reichere, gleichmäßigere Niederschläge mehr den Charakter von Wald-
als von Steppenlandschaften besessen haben müssen, scheinen, soweit das spärliche Material überhaupt
Schlüsse zuläßt, nur wenig gebogene Stoßzähne entwickelt zu haben.
Abweichend vom nordeuropäischen El. primigenius hat der italienische Vertreter dieser Spezies
bisher keine in dem Maße gekrümmten Stoßzähne geliefert. Pohlig (ll)sagt darüber Seite 60: „„Bemer-
kenswert ist, daß ich in den italienischen Museen, welche so viele Molaren des Mammuts beherbergen, nicht
eine Spur der charakteristischen Defensen dieser Spezies, trotz sorgfältiger Nachforschung entdecken konnte.
Sollten die transalpinen Vertreter der Art in diesem Punkte von der cisalpinen abgewichen sein ?“*1,
Es ist eine bekannte Tatsache, daß Italien in der Diluvialzeit das Waldland Europas gewesen ist.
Aus den angeführten Daten ergibt sich, daß eine Beziehung zwischen der Stoßzahnausbildung und
dem landschaftlichen Charakter der Wohngebiete zu bestehen scheint und zwar derart, daß waldbewohnende
Formen schwach gebogene, torsionslose, steppenbewohnende stark gebogene und torsionierte Stoßzähne
zur Entwicklung brachten ?.
Es beruht also nach dem Gesagten die Ausbildung der Stoßzähne, soweit longitudinale Biegung und
Torsion in Betracht kommen, in erster Linie auf Konvergenzerscheinungen. Sie kann daher für phyloge-
netische Fragen nur in geringem Umfang maßgebend, jedenfalls niemals für eine so scharfe Trennung zweier
Formen, wie sie Pohlig zwischen El. antiguus und El. trogontherii durchführt, oder für eine so enge Ver-
wandtschaft, wie sie Pohlig zwischen El. antigquus und El. africanus annimmt, beweisend sein.
Meine Untersuchungen haben mich zu folgenden Resultaten hinsichtlich der Entwicklungsgeschichte
der diluvialen europäischen Elefanten geführt.
Aus der Variationsbreite des El. meridionalis lösen sich im Laufe der phylogenetischen Entwicklung
zu Beginn des Pleistozäns zwei Formen schärfer heraus ?: El. antiquus und El. trogontherii, zwischen denen
aber immer noch, die Variationsbreite des El. meridionalis gleichsam fortsetzend, intermediäre Formen
auftreten: El. trogontherii var. antıquus und El. antiquus var. trogontherii. Unter dem Einfluß der bedeu-
tenden eiszeitlichen Klimaschwankungen, die in der Flora und ihrer örtlichen Verbreitung in den Land-
schaften Mitteleuropas beträchtliche Veränderungen hervorriefen, vollzog sich eine schärfere Trennung beider
Formen, die bei El. antigquus schließlich zu einer hohen Spezialisierung und im Zusammenhang damit zu
einer geringen Zahl von meist untergeordneten Varietäten, bei El. trogontherii, seinen abweichenden, unbe-
ständigen Lebensbedingungen entsprechend, zu einem großen Formenreichtum führte. Beide Formen
waren in ihren Verbreitungsgebieten in der Weise verteilt, daß El. antiguus die Waldgebiete, El. trogontherit
die Steppengebiete bewohnte. Die weitere Entwicklung führte bei El. trogontherii schließlich zu der ganz
1 Siehe S. 92 Anmerkung.
®2 Auch bei dem afrikanischen Elefanten ist die Stoßzahnbildung abhängig von landschaftlichen und klimatischen Ver-
hältnissen. Brehm sagt darüber: ‚Von den afrikanischen (Stoßzähnen) ähneln den nordindischen (diese gleichen noch am
ehesten den Mammutstoßzähnen) am meisten die plumpen und stark gebogenen abessinischen; je weiter entfernt von Abessinien
nach Süden und Westen die Herstammungsgebiete liegen, desto schlanker, gerader, verjüngter zulaufend sind im allgemeinen die
Stoßzähne gestaltet.“ Also ganz das gleiche Verhältnis zwischen Stoßzahnbildung und Steppen- oder Waldcharakter der
Wohngebiete.
3 Vergl. Wüst (I. S. 261, 262).
N
spezialisierten Steppenform El. primigenius, bei El. antiguus, der in der Dentition den gleichen Entwick-
lungsgesetzen unterworfen war, zu einer englamelligeren, die Charakteristika der Spezies aber durchaus
bewahrenden, ja noch spezialisierenden Form. Es ist zu betonen, daß diese Entwicklung bei der Antiquus-
reihe langsamer vor sich ging als bei der Trogontherii-Primigeniusreihe, daß besonders englamellige Molaren
mit dünnerem Schmelz bei der ersten Gruppe später zur Ausbildung gelangten, eine Erscheinung, die mit
den beständigeren, gleichmäßigeren Lebensbedingungen des El. antigquus im Zusammenhang stehen dürfte.
Die dargelegten Verhältnisse begründen meine Beurteilung der trogontheriiartigen Molaren aus den
Mauerer Kiesen. Denn wie die Differenzierung der mitteleuropäischen Landschaften in Wald- und Steppen-
gebiete nur ganz allmählich vor sich gegangen ist, so hat auch in der Formenbreite der altdiluvialen Ele-
fanten nur eine allmähliche Isolierung und Aufteilung in schärfer geschiedene Formenkreise stattgefunden.
Es ist deshalb gar nicht erstaunlich, wenn wir in dem altdiluvialen ‚Antiquuskreis‘ noch intermediäre,
teilweise stark nach El. trogontherii variierende Formen antreffen, wie in Mauer, oder im „Trogontherii-
kreis“ häufig Formen, die schwächer oder stärker Merkmale des El. antiguus zur Entwicklung brachten,
wie in Süßenborn. In Anbetracht dieses Entwicklungsganges ist im älteren Diluvium der Begriff „„Formen-
kreis des El. antiguus‘“ oder „Formenkreis des El. trogontherii‘‘ weiter zu fassen als im jüngeren Mittel-
diluvium, wo intermediäre Formen fehlen.
Mit nur geringen, durch verschiedene Klimaverhältnisse bedingten Abweichungen läßt sich die ge-
schilderte Entwicklung in allen Gebieten Europas verfolgen.
In Mitteleuropa (Deutschland, Südengland, Belgien, Holland, Nord-Ost-Frankreich) läßt sich ein
bedeutenderes Divergieren beider Zweige etwa vom mittleren Diluvium konstatieren, intermediäre Formen
sind nicht mehr vorhanden. Jedoch kommen gewisse Annäherungen im Bau der Molaren, in der Divergenz
der Stoßzahnalveolen und in der Form der Stoßzähne, sowie in der Gestalt der Mandibel zwischen El. primi-
genius und El. antiquus gelegentlich vor, eine Erscheinung, die man mit Häckerals Transversionen oder
Ueberschläge bezeichnen könnte. Daß sehr englamellige Molaren des El. antiguus, bei denen durch das
Aneinanderrücken der Schmelzbüchsen eine Rhombenform der Schmelzfiguren nur schwach zum Ausdruck
gelangt, Zähnen des El. primigenius sehr ähnlich werden können, hat schon Po hlig hervorgehoben.
Während El. primigenius in Mitteleuropa bis in die letzten Phasen der Würmeiszeit gelebt hat, ist
El. antigquus im jüngeren Diluvium nicht mehr vertreten; inwieweit die stärker vordringenden Steppen-
gebiete oder der Mensch an seinem Verschwinden beteiligt sind, vermag ich nicht zu entscheiden.
In Westeuropa (Frankreich) ist eine so scharfe Trennung der Formen EI. trogontherii und El. antıquus
auch in jüngeren Perioden nicht zur Entwicklung gekommen, wiewohl beide Arten in typischen Exemplaren
vertreten sind. EI. antiguus und El. trogontherii bilden dort gewissermaßen nur mehr die Antipoden einer
Variationsbreite, die sich von der des El. meridionalis aufwärts durch das ganze Pleistozän allmählicher
und gleichmäßiger entwickeln konnte als in Deutschland. Der Grund hierfür mag in dem mehr ozeanischen
Klima dieses Gebietes gefunden werden, das eine so ausgesprochene Differenzierung in Wald- und Steppen-
gebiete wie in Mitteleuropa nicht zuließ und den einzelnen Varietäten viel einheitlichere Lebensbedingungen
schuf. EI. intermedius Jourd. stellt das Primigeniusstadium intermediärer Formen dar.
In Südeuropa (Italien, Griechenland, einige Mittelmeerinseln), wo ein ausgesprochen ozeanisches,
niederschlagsreiches Klima die Entwieklung der Waldlandschaft außerordentlich begünstigte, kamen fast
ausschließlich antiquusartige Formen zur Ausbildung. El. antiquus ist im älteren und mittleren Pleistozän
Südeuropas der durchaus herrschende Elefant, trogontherüähnliche Formen sind dagegen wenig häufig. Erst
im jüngeren Diluvium gesellt sich ihm in annähernd gleicher Häufigkeit El. Primigenius bei, der aber als
eine in die kleinen Steppengebiete südlich der Alpen zugewanderte Form ! aufzufassen ist, von wo er erst
später eine allgemeinere Verbreitung in ganz Italien erlangte.
Besonderes Interesse unter den südeuropäischen Elefanten verdienen aber die auf verschiedenen
Mittelmeerinseln entdeckten Zwergrassen. Pohlıg hat die Ansicht vertreten, daß es sich bei den Zwerg-
elefanten um degenerierte Formen handelt, die mit einer Reduktion in der Lamellenzahl der Molaren eine
allgemeine Größenreduktion verbanden. Demgegenüber hat neuerdings D&peret(l) eine von Miß Bate
herrührende Erklärung für die Zwergbildung der Elefanten der Mittelmeerinseln vertreten. Er sagt darüber,
nachdem Pohlıigs Erklärung als unbefriedigend befunden worden ist: „Es scheint im Gegenteil vernünf-
tiger, El. melitensis und die anderen ein wenig größeren Mutationen als primitive Formen aus dem Elephas
antiquus-Stamm zu betrachten, die durch geologische Ereignisse auf diesen Inseln abgeschlossen wurden
und in dieser Unterbrechung ihrer geographischen Verbreitung einen besonderen Grund zur Erhaltung
eines primitiven Zustandes fanden“. Dazu möchte ich bemerken: Für den Eintritt der geographischen
Trennung kommen überhaupt nur folgende zwei Möglichkeiten in Betracht: Entweder ist die ganze For-
menreihe auf einer primitiven, El. meridionalis nahestehenden Stufe abgeschlossen worden, zu einer Zeit,
als sich aus verschiedenen Varietäten die antiquusartige nur schwach heraushob. Der ganze Former kreis
hätte dann auch nach der Abschnürung in gewissen Merkmalen eine Weiterentwicklung erfahren, die teil-
weise zu einem echten El. antiguus geführt hätte. Oder diese Formen wurden von den kontinentalen
abgeschnitten zu einer Zeit, als das Stadium des El. meridionalis schon überwunden und die Antiquusform;
allerdings unter Beibehaltung zahlreicher intermediärer Formen, zumeist schon entwickelt war. Es wäre
dann in phylogenetischer Hinsicht ein Stillstand, weitaus häufiger sogar eine Rückentwicklung einge-
treten. In beiden Fällen aber müssen die Zwergelefanten von sehr großen Formen abgeleitet werden,
da wir unter „primitiven Formen aus dem Elephas antiquus-Stamm‘“ dem El. meridionalis näher stehende
Formen zu verstehen haben und dieser Elefant dem El. antiguus an Größe keineswegs nachstand.
Ein Zusammenhang zwischen der insularen Abschließung und der Größenreduktion dieser Elefanten
ist unbestreitbar.
Die dargelegten Verhältnisse in der Entwicklungsgeschiehte unserer pleistozänen Elefanten möge
nebenstehende graphische Darstellung erläutern. Zu ihrem Verständnis möchte ich folgende Gesichts-
punkte betonen:
El. trogontherii und El. antiguus sind weder gegenseitig, noch beide Formen gegen El. meridionalis
scharf abzugrenzen. In horizontaler wie vertikaler Richtung zeigen sich in der Entwicklungsreihe zahl-
reiche Uebergänge, so daß man richtiger von einem Entwicklungsstrom sprechen müßte, dessen Breite in
verschiedenen Stadien verschiedene „Spezies“ umfaßt:
4. Stadium: El. primigenius, El. intermedius.
3. Stadium: El. trogontherii_primigenius, El. intermedius, El. antiguus (Taubach, Gräfentonna).
! Ein abschließendes Urteil über El. primigenius von Italien läßt sich heute nicht fällen. Es ist wahrscheinlich, daß
er sich von intermediären Formen Mittel- und Süd-Frankreichs herleitet.
Stadium:
Mosbach).
El. trogontherii
1. Stadium: Varietäten des EI.
meridionalıs,
93
intermediäre Formen (El.
mertidionalis.
Das 4. Stadium ist von El. antigquus nur in seltenen Fällen erreicht worden.
Als Symbol habe ich ein der Form der Schmelzfiguren ähnliches Schema gewählt, das hier eine Mehr-
heit charakteristischer Merkmale darstellen soll.
Nesti),El. antigquus (Mauer,
Die abnehmende Höhe der Figuren von unten nach oben
drückt die zunehmende Dünnplattigkeit der Lamellen, die Zunahme der Lamellenzahl, überhaupt die Wei-
terentwicklung im Sinne der oft beton-
aus. Die
Rhomben begreifen Charakteristika
der Antiquusformen, die Rechtecke
ten Entwicklungsgesetze
solche der Trogontheriformen, ihre
Kombination die von intermediären.
Die durch bestimmte Signaturen
gekennzeichneten Grenzen umfassen
für verschiedene Fundorte die jeweils
Es
dabei die vom älteren nach dem jün-
vorkommenden Formen. kommt
geren Diluvium immer schärfer her-
vortretende Isolierung eines „Anti-
quuskreises‘ und eines „‚Trogontherii-
Primigenius-Kreises“ in den Faunen
Mitteleuropas gut zum Ausdruck.
Die gegebene graphische Darstel-
lung ist geeignet, das gegenseitige Ver-
hältnis von Varietät, Rasse und Spe-
zies bei den untersuchten Elefanten
demonstrieren. Nennen wir die
Merkmale, die in der Variationsbreite
El. die
Formen unterscheiden ,
zu
einzelnen
Kau-
flächenform, Form der Schmelzfiguren,
des meridionalis
also
Gestaltung des Schmelzes, Varia-
tionsmerkmale, die durch die
Entwicklung bedingten Abänderungen
I Stadium
[primigenius
Il Stadium
Etrogonthei |
(jüngerer)
Il Stadium
© trogonthern
(alterer)
1 Stadium
Emeridionalis
7
Etrogontherii-Reihe
Intermediäre -Reıhe
NI-NSt. E.intermedius
IL-IL St. ENesti
1.St meridionalis E. antiquus Reihe
Zen WE Y/
= een
f 2 ® 2 ® 2 2 2
ee
—/ > € ® 2
nt A yh ——— % 5 ö
er N,
ee Ze EHRT ES: SEES Zueceoomn
= ra WweEz x
= E — + == —
X Sc E — u —— Me — \
C ] al Sie Em ER Sa
Fe a u An
[ ] EC ES SA u
I — UQIDOOQOOODQE ee, nn
je —: IC >>> >
il ( je > ZS—>—>
| men en en 0 0,
ERBE REIN EBRB
EISIE
OEODJL
Le ET >
formen des Vald’A,no
«Formen des Foresibed
- Formen von Mosbach
-----_-- formen von Mauer
Formen von Sulsenborn
—— formen von Taubadh, Tonna
Fig. 14.
von Süd-Frankreich
Ze
N
IV Stadium
Eantiquus
(Jüngster)
Il. Stadium
Lantiquus
(Jungerer)
Stadium
Eantiquus
(älterer)
formen des jüngeren Mitteldiluviums
formen des Loss u. der Niederterasse
1 Stadium
Emeridionalis
oder Eigentümlichkeiten, Reduktion der Lateralpfeiler in Verbindung mit kräftiger Ausbildung des Me-
dianpfeilers, Dünnerwerden des Schmelzes, Zunahme der Lamellenzahl, Mutationsmerkmale,
so ergibt sich:
'i© Entwickelt sich die ganze Breite einer Variation gleichmäßig weiter, so können weder Variations-
noch Mutationsmerkmale Anhaltspunkte für Abgrenzungen geben. Die einzelnen Formen besitzen nur den
je Be
Wert von Varietäten auf gleicher Entwicklungshöhe. 1. Stadium. El. meridionalis. Die verschiede-
nen Formen leben zusammen, örtlich nicht getrennt.
Wird durch irgendwelche Umstände — hier Klimaschwankungen und damit zusammenhängend
der Beginn einer örtlichen Trennung — der Einfluß der Mutation ein stärkerer, so führt das erstens zu
einer Differenzierung der Variationsmerkmale, zweitens können sich die verschiedenen Mutationsmerkmale
an den einzelnen Varietäten jeweils schwächer oder stärker ausprägen, d. h. eine Varietät kann gegenüber
einer anderen in einem Merkmal ein fortgeschritteneres Stadium repräsentieren und umgekehrt: es ent-
stehen Rassen. 2. Stadium. El. trogontherii, El. Nesti, El. antigquus. Entwicklungshöhe allgemein gleich,
nur in einzelnen Merkmalen schwankend. Die einzelnen Formen kommen örtlich noch zusammen vor.
Bei weiterer Mutation und stärkerer Differenzierung der Variationsmerkmale können sich die ein-
zelnen Rassen so weıt von einander entfernen, daß wir berechtigt sind, sie als gesonderte Spezies auf-
zufassen. 3. und A. Stadium. El. trogontherii (jüngerer), El. primigenius, El. antiquus. Abgesehen von Grenz-
gebieten sind die einzelnen Formen örtlich getrennt.
Es liegt in der Art der Entwicklung, daß zwischen Rasse und Spezies eine scharfe Grenze nicht zu
ziehen ist. Hervorheben möchte ich aber für die Beurteilung derartiger Fragen, daß Variations- und Mu-
tationsmerkmale in gleicher Weise berücksichtigt werden müssen, da die letzteren langsam ab-
ändernd die beständigeren Varıiationsmerkmale nicht unbeträchtlich modifizieren, ja sogar aufheben können
und dann für eine Bestimmung fast ausschließlich in Betracht kommen (jüngster El. antiguus). Wollen wir
in Entwieklungsreihen verschiedene Spezies ausscheiden, so müssen wir ihre räumliche u nd ihre zeitliche
Entwicklung in gewisse Grenzen begreifen. Diese Grenzen sind vor allem abhängig vom palaeontologischen
und dann vom geologischen Befund, ihre Bestimmung muß aber, da sieja in Wirklichkeit nicht
existieren, in den meisten Fällen dem Takt des einzelnen überlassen bleiben.
Bezüglich der besprochenen Verhältnisse der Gattung Elephas schließe ich mich vollständig an das
an, was Steinmann auf Seite 275, Z. 5 ff. seiner „„Geologischen Grundlagen derAbstammungslehre‘
ausgeführt hat.
Die verschiedene Entwicklung, welche die Variationsbreite des El. meridionalis in verschiedenen
Gebieten genommen hat und das Vorhandensein zahlreicher, zwischen den jetzt als Arten unterschiedenen
Elefanten stehender, intermediärer Formen läßt die Frage auftauchen: Inwieweit sind wir berechtigt, die
einzelnen Formen in verschiedenen Gebieten als selbständige Spezies aufzufassen ?
El. antiguus aus dem alten (zum Teil wohl praeglazialen) Diluvium Mitteleuropas und Englands
zeigt in dem Vorkommen zweiwurzliger M. M. III. mand. sowie im Bau der Mandibel Anklänge an die gleich-
zeitig lebenden Trogontheriiformen. Das Vorkommen zahlreicher intermediärer Formen, vor allem in Eng-
land, die mit dem typischen El. antiquus und El. trogontherii auf einer Lagerstätte gefunden wurden, spricht
durchaus für einen noch engen Zusammenhang beider Formen. El. antiguus und El. trogontherii können
im alten Diluvium nur als Rassen, nicht als gesonderte Arten aufgefaßt werden.
Für den jüngeren (zum Teil auch den älteren) E/. antiguus Mitteleuropas können hinsichtlich der
Dentition die extreme Ausbildung des Mittelpfeilers, die starke Reduktion der Lateralpfeiler und vor allem
das Vorkommen von ausschließlich einwurzligen M.M. III. mand. gegenüber El. tro-
gonthertii-primigenius als Spezies merkmale geltend gemacht werden. Ueberdies waren beide genannten
Arten auch lokal getrennt — in Grenzgebieten finden sich natürlich beide Arten in diluvialen Sedimenten —,
ag
intermediäre Formen sind nicht vorhanden, El. antiquus ist auf die Wald-, El. trogontherii-primigenius
auf die Steppengebiete beschränkt. Diese Trennung wird durch den geologischen Befund vollauf bestätigt.
Im jüngeren Mitteldiluvium Mitteleuropas berechtigen die geologischen und palaeontologischen
Ergebnisse, El. antiquus und El. trogontherii resp. primigenius als gesonderte Spezies zu betrachten.
In Westeuropa ist auf Grund der angeführten Merkmale eine Scheidung unmöglich. Neben dem ty-
pischen El. antiquus und scheinbar nur seltenen El. trogontherii gehört die Hauptmasse der Elefanten inter-
mediären Formen an, die, selbst wenn sie sehr antiquusähnlich sind, durch den Bau der Lamelle ihre Mittel-
stellung dokumentieren. Es ist nicht erwiesen, meines Erachtens sogar sehr unwahrscheinlich, daß der-
artige Formen einwurzelige M. M. III. mand. besessen haben. Eine lokale Trennung einzelner Formen ist
in keiner Weise vorhanden. Es finden sich meist, soweit ich die Verhältnisse übersehe, neben einer großen
Zahl intermediärer Formen wenige typische Molaren. Es ist für die Beurteilung dieses Sachverhalts höchst
bemerkenswert, daß man in Frankreich eine Scheidung in zwei gesonderte Formen nicht vorgenommen hat,
sondern den ganzen Formenkreis der mittel- und altdiluvialen Elefanten unter dem Namen El. antiquus
zusammenfaßt, wie es auch bei uns vor der Aufstellung des El. trogontherii der Fall war. In Westeuropa ist
eben eine Trennung in zwei Arten unmöglich, da die klimatischen und die daraus resultierenden landschaft-
lichen Verhältnisse des Landes die Bedingungen für eine stärkere Differenzierung der einzelnen Varietäten,
die schließlich zur „Art‘‘-Bildung führen muß, nicht erfüllten.
In Westeuropa können die El. antiguus-Formen selbst des mittleren Diluviums höchstens als Rasse,
nicht als Art aufgelaßt werden.
Indischer Formenkreis.
Im Anschluß an die Behandlung der europäischen Elefanten bespreche ich kurz nach den gleichen
Gesichtspunkten und unter Zugrundelegung der gefundenen Entwicklungsgesetze die Elefanten der indisch-
asiatischen Gruppe. Es lagen mir hierzu von El. indicus in verschiedenen Museen Molaren und Skelette
vor. El. hysudricus und El. namadicus sind mir aus Falconers (I) Arbeiten wohlbekannt, die vorzügli-
chen Abbildungen in seinem Atlas der „Fauna antiqua Sivalensis‘ lassen Originalstücke kaum vermissen.
Für die gesamte indisch-asiatische Formengruppe ist eine gewisse Aehnlichkeit mit El. antiquus
hervorzuheben, die im Bau der Molaren, der Mandibel, schwächer auch im Cranium hervortritt. Die Mo-
laren der drei genannten Spezies besitzen meist schmale, rechteckige, selten breite und ovale Kauflächen,
der Schmelz ist stark festoniert. An den Mandibeln ist ein rundes Kinn, wie bei El. frimigentus sehr selten
zu beobachten, es sind fast ausnahmslos ovale, spitzere Formen entwickelt.
Beh ysudrveus- Fale.
Unter diesem Namen begreift Faleoner phylogenetisch ältere und jüngere Formen einer
Stammreihe, neben durchaus meridionalisähnlichen, also auch solche Formen, die unserem El. trogontherti
und El. trogontherii var. antiguus nahe stehen. Die älteren Formen stimmen in der breiten, unregelmäßi-
gen Form der Schmelzfiguren, in der geringen Anzahl von Schmelzlamellen und in dem Vorhandensein
eines schwächeren medianen und stärkerer Lateralpfeiler gut mit El. meridionalis überein, von dem sie
artlich nicht zu trennen sind. Derartige Stücke sind n Falconers Atlas Taf. 8, Tig. 1—4 abgebildet.
Die jüngeren Formen zeigen in einer größeren Lamellenzahl (M. III. mand. bisweilen 17—18 Lamellen,
Be 3
M. II. max. 12—15) in einer bedeutenden Reduktion der Lateralpfeiler, die neben einem intermediären
oft zu einem ausgesprochen lat. an. med. Jam. Verschmelzungstyp führt, und in der schmäleren, zum Teil
etwas rhombischen Form der Schmelzfiguren die gleiche Entwicklungshöhe wie El. trogontherii und EI.
antiquus. In der Form der Schmelzfiguren sowie in der starken Festonierung des Schmelzes haben die
Molaren einmal zu El. indicus, einmal zu El. antiguus resp. El. namadicus Beziehungen, einige Stücke nähern
sich letzterer Art bedeutend ın der Ausbildung der Pfeiler und einer schmalen Bandform der Kaufläche.
El. indicus ähnliche Molaren sind im Atlas Falconers auf Taf. 7, Fig. 2, 2a, 3, 3a, 10, 10a,
El. antigquus ähnliche auf Taf. 7, Fig. 9 abgebildet.
Es ist nach Vorstehendem also unrichtig, El. hysudricus Falc. mit El. meridionalis Nesti voll-
ständig zu identifizieren, wiees Pohlig getan hat.
El. n amadTreus Bale.
Diese Spezies zeigt im Molarenbau vollständige Uebereinstimmung mit El. antiguus: in der Rhomben-
[orım der Schmelzfiguren, ın der starken Festonierung des Schmelzes, in der schmalen bandförmigen Kau-
lläche, in der Anzahl der Schmelzlamellen und vor allem in der starken Reduktion der La-
teral- und der bedeutenden Entwicklung des Medianpfeilers. Die Man-
dibel entspricht in dem flachen Abfallen der Lateralpartien der Rami, in dem hohen Diastem und dem
meist schwach entwickelten Rostrum El. antiguus. Beiden Elefanten gemeinsam ist ferner die große Diver-
genz der Stoßzahnalveolen. Auffällig ist die wulstartige Auftreibung der Frontalpartien bei El. namadıcus,
die Pohlıig an sizilischem Material auch für El. antigquus nachweisen konnte. (Ueber die Granologie ver-
gleicheauch Pohlıig (Il, VIl)). Die Uebereinstimmung zwischen beiden Elefanten ist eine so große, daß
El. namadicus nur als eine Lokalrasse des El. antiguus betrachtet werden kann. Zwischen beiden besteht
das gleiche Verhältnis wie zwischen El. meridionalis und dem älteren El. hysudricus.
EolSankdkerues:
Die Molaren dieses Elefanten zeigen in der Schmalheit der Zahnkrone, in der starken Festonierung
des Schmelzes gewisse Uebereinstimmung mit El. antiquus resp. namadicus, entfernen sich aber
von dieser Spezies weit durch die zumeist stärker entwickelten ‘Late
salpfeiler, die:.in vielen Fällen in,Mammıallensesp. alten sind DremzNger
rchmelzungstyp.ist,dementsprechend auch häufige intermedrar und
erreicht nur sehr selten das.beiı, El antiquwus herrschende Ex ire muerner
lat. an. med. lam. Verschmelzung. EinM. II. mand. sin. im geologischen Institut zu Grenoble
zeigt die internen Lateralpfeiler durchweg in 2 Mammillen gespalten. In diesem Verhalten entspricht
El. indicus also unserem El. trogontherit, resp. dem jüngeren El. hysudricus, dem er auch in der Anzahl der
Schmelzlamellen näher steht als El. primigenius Blum. Aus diesem Grunde ist es vollkommen ausge-
schlossen, El. namadicus als Vorläufer des El. indicus zu betrachten. Auf Aehnlichkeiten im Bau des Craniums
und der Mandibel mit El. antigquus resp. namadicus einerseits, El. meridionalis, hysudricus und primigentus
andererseits ist schon von Faleoner und Pohlig hingewiesen worden.
Ueber die phylogenetischen Zusammenhänge der drei Formen kann nach den eben angeführten,
auf Faleoners Beobachtungen und reichem Material fußenden Daten kein Zweifel bestehen: Die
ältere Form des El. hysudricus ist in seiner Variationsbreite die Ausgangsbasis erstens für den Formen-
gr.
kreis des El.namadicus, zweitens für die jüngeren Hysudricusformen!, die in El. indicus das vorläufige End-
glied ihrer Entwicklung fanden.
Die Stammesgeschichte dieser indisch-asiatischen Gruppe stimmt mit derjenigen der europäischen
vollkommen überein. Ein Unterschied ist nur insoweit vorhanden, als die beiden Zweige der indisch-asiati-
schen Gruppe selbst in jüngerer Zeit nicht so stark divergieren, die drei Formen sich überhaupt hinsicht-
lich verschiedener Merkmale viel enger zusammenschließen, als es in Europa wenigstens vom älteren Mittel-
diluvium an der Fall gewesen ist. Als Grund hierfür möchte ich vor allem die abweichenden klimatischen
Verhältnisse heranziehen, die in Indien nur eine schwache, in Europa infolge der bedeutenden Klimaschwan-
kungen und der damit zusammenhängenden Veränderungen im Landschaftscharakter eine stärkere Akzen-
tuierung gewisser Speziescharaktere bedingten.
El. meridionalis und die ältere Form des El. hysudricus, Stammformen der europäischen und indi-
schen Gruppen, gehen auf E/. planıfrons Falc. und Gautl. zurück. Abgesehen von folgenden phylo-
genetisch bedingten primitiven Merkmalen bei El. planifrons,
1 Kleinere Lamellenzahl,
2. Zumeist niedrigere Zahnkrone,
3. Aeußerst schwache Mittelpfeiler neben sehr starken Lateralpfeilern,
zeigt sich in den äußerlichen Formverhältnissen besonders der Molaren dieses Elefanten mit denen des
El. hysudricus und El. meridionalis eine erstaunliche Uebereinstimmung, die in der Form der Schmelz-
figuren sehr klar zum Ausdruck kommt. Sie besitzen bei El. planifrons eine breite, wenig gewundene Ge-
stalt und entwickeln an der Proximalwand meist eine starke Zacke, wie es El. hysudricus fast ausnahms-
los, El. meridionalis in sehr vielen Fällen beobachten läßt. Das Vorhandensein von Uebergangsformen
gerade hinsichtlich der phylogenetisch wichtigen Merkmale macht es unmöglich, zwischen El. planifrons
und El. meridionalis-hysudricus eine scharfe Grenze zu ziehen. In kurzen Zügen würde sich also die Ent-
wicklung der Gattung Elephas, soweit sie die europäischen und asiatischen Formen umfaßt, folgender-
maßen darstellen:
Ende Miozän Anfang Pliozän entwickelte sich aus dem in nur engen Grenzen varlierenden El. planifrons
die Formengruppe des El. merid'onalis-hysudricus, die ım Pliozän, wohl unter dem Einfluß der kleineren die
großen Oszillationen der diluvialen Vereisung einleitenden Klimaschwankungen, vor allem aber unter der Ein-
wirkung ganz bedeutender, die Art von ihrem asiatischen Stammland über fast ganz Europa verbreitenden
Wanderungen, eine größere Variationsbreite erhielt. Zu Beginn des Pleistozäns traten aus dieser
Variationsbreite zwei Varietäten allmählich schärfer hervor, die in Indien wie in Europa bis zum mittleren
Pleistozän zur Herausbildung zweier gesonderter Arten führte, in Europa El. antıquus und El. trogontherti-
primigenius, in Indien El. namadicus und El. hysudricus-indicus. Diese Entwicklung vollzog sich unter
dem Einfluß der gewaltigen eiszeitlichen Klimaschwankungen, die natürlich in den nördlichen, europäi-
schen Formen eine schärfere Differenzierung als in den südlicheren indischen Formen hervorrufen mußten ?.
! Zu diesen jüngeren Hysudrieusformen gehört besonders Elephas hysudrindicus Dub. aus den Kendengschichten auf
Java, der Elephas indicus schon recht nahe steht. Vergleiche dazu Eugen Dubois, Das geologische Alter der Kendeng-
oder Trinilfauna. Tijdschr. van het kon. nederlandsch. Aardrijkskundig Genootschap. 1909. 2. Ser. de XXV. p. 1233—70.
2 Vergl. die Notiz von Günther Schlesinger: Ueber den Fund einer pliozänen Elephantenstammform (Elephas
cf. planifrons Falc.) in Niederösterreich. (Vorläufige Mitteilung) Monatsblatt des Vereines f, Landeskunde von Nieder-
Palaeontographica. Bd. LX. 13
El. africanus L.
Eine vom indisch-asiatischen wie vom europäischen Formenkreis ganz gesonderte Stellung nimmt
El. africanus L. ein.
Die Molaren zeigen in ihrer geringen Lamellenzahl ganz primitive, unter El. meridionalis bleibende,
El. planifrons genäherte Verhältnisse. Die beiden Hauptspalten setzen meist nur so flach in die Lamelle
hinein, daß selbst an stärker angekauten Molaren außer der letzten Lamelle der Kaufläche alle vorhergehen-
“ Schmelzfiguren bilden, der Verschmelzungstyp also nur in seltenen Fällen beobachtbar
ist. Dieses. Verhalten hat El*afiricanus mit.den meisten Steeodomten
gemeinsam, es unterscheidet ihn scharf von allen Mitgliedern der Gattung Elephas, El. meridio-
nalis und EI. planifrons miteingeschlossen.
den „komplete‘
Mit El. antiquus stimmt die Rhombenform der Schmelzfiguren und die starke Entwicklung des
Medianpfeilers überein. Die Gestaltung des außerordentlich dicken Schmelzes, der nur selten eine Fälte-
lung oder gar „‚Festonierung‘“ beobachten läßt, entfernt ihn weit von dieser Spezies wie überhaupt von allen
Gliedern der Gattung Elephas und nähert ihn wiederum gewissen Stegodonten.
Archäische Merkmale zeigt ferner die Mandibel, die in der Form des großen Rostrums, in der vom
Diastemrand weit entfernten Lage der Mentalforamina durchaus an Stegodonten erinnert.
Im Bau des CGraniums ist es schwer, die phylogenetisch wichtigen von Konvergenzmerkmalen zu
unterscheiden, da El. afrıcanus zu den verschiedensten Formen: El. antiquus, El. namadicus, El. meridio-
nalis, El. planifrons Beziehungen aufweist. Vergleiche darüber Pohlig.
El. africanus muß als eine, in einigen Merkmalen fortgeschrittene, in
ihren charakteristischsten Eigentümlichkeitenaberden Stegodonten durchaus
nahestehende Form betrachtet werden.
Gewisse Aehnliehkeiten mit El. antigquus können über die ganz vereinzelte, von allen pleistozänen
Elefanten weit entfernte Stellung dieses Proboszidiers nicht hinwegtäuschen. Einen El. priscus als pleisto-
zäne Zwischenform zwischen El. antiguus und El. africanus aufzufassen, halte ich für ganz unzulässig.
Die von Falconer zu El. priscus gestellten Molaren umfassen teils in die Nähe von „El. Nesti“
gehörige Formen, teils stark abgekaute echte Antiquusmolaren, bei denen infolge bedeutender Abrasıon
die Länge der Sehmelzfiguren und Gementintervalle zugenommen hat. Die Schwierigkeit, die Anzahl der
weggekauten Lamellen richtig abzuschätzen und die Abänderungen der Schmelzfigur und des Schmelzes
bei fortschreitender Abrasion richtig zu beurteilen, läßt den Fehlgriff Faleoners begreillich erscheinen.
Dem gleichen Irrtum verdankt El. (priscus) Faleoneri Pohlig das Leben.
El. priscus’ Falec. bez..El. (priseus). KFalconews Pohlmeı zu streveoren.
Von dem äußerst seltenen, ganz sporadischen Vorkommen dieser ‚‚Art‘“ abgesehen — in den Mos-
bacher Sanden soll ebenfalls ein derartiges Stück gefunden worden sein, das aber leider nirgends aufzu-
linden war — beweisen die Merkmale der Dentition keinesfalls einen Zusammenhang mit El. africanus.
Zwischen El.africanusunddeneuropäischenundindischen pleisto-
zänen Elefanten besteht kein phylogenetischer Zusammenhang. Ich
österreich. Jahrg. 1911, No. 16, werde ich an anderer Stelle ausführlicher eingehn. Ich will aber schon hier bemerken, daß
ich die Bestimmung nicht für richtig halte, insbesondere die Auffassung dieses Autors über die Phylogenie der jüngeren Probos-
zidier in vielen Punkten nicht teile.
bin mit Weithofer (I) der Ansicht,daß El. afriecanus von Stegodon bom-
bifrons nahestehenden Formen hergeleitet werden muß. DievonRutten(])
geäußerte Ansicht, daß El. africanus über die insularen Zwergformen EI. melitensis mit El. antiquus. zu-
sammenhinge, daß auch bei dieser Spezies die geringe Lamellenzahl auf eine Reduktion infolge insularer
Abschließung zurückzuführen sei, brauche ich nach dem vorher Gesagten nicht zu diskutieren.
Folgendes Schema zeigt die phylogenetischen Zusammenhänge.
Indische Formengruppe Europäische Formengruppe
E. primigenius
E. namadieus = E. antiquus E. trogontherü
E. indieus
y \ Zi
E. hysudrieus = E. meridionalis
N eg
E. planifrons
| E. afrıcanus
Stegodon sp.
Zur Stratigraphie des Diluviums.
Die Häufigkeit der Proboszidierreste, insbesondere der Molaren in diluvialen Ablagerungen ließ
sie als geeignete Leitformen für Altersbestimmungen erscheinen. In ausgiebiger Weise wurden sie zum
ersten Male von Pohlig (II) für seine Gliederung des Pleistozäns herangezogen. Er unterschied folgende,
durch bestimmte Proboszidier charakterisierte Stufen:
1. Stufe des Mastodon arvernensis für das untere Pliozän,
2. Stufe des El. meridionalis für das obere Pliozän,
(3a Stufe des El. merrdionalis trogontherii für das älteste Pleistozän ?)
(3. Hauptglazialstufe für das untere Pleistozän.)
4. Stufe des El. primigenius trogontherii für das untere Mittelpleistozän,
5. Stufe des El. antiquus für das obere Mittelpleistozän,
6. Mammutstufe für das untere Oberpleistozän.
Wenn Pohlig im 5. Heft der Monatsberichte der deutsch. geolog. Gesellschaft 1909 schreibt:
„Erst im Mosbachium kommt El. antiquus typus äußerst verbreitet vor, hier mit den letzten Vertretern
des Trogontherienelephanten‘“, (auf die Unrichtigkeit dieser Angabe habe ich schon bei Besprechung der
Mosbacher Elefanten hingewiesen) so beweist das, daß er auch heute noch geneigt ist, an seiner Einteilung
des älteren und mittleren Pleistozäns festzuhalten.
Nachdem aber durch Sauer einwandfrei festgestellt worden ist, daß die El. antiqwus führenden
Mauerer Kiese dem I. Interglazial angehören, also einer Periode, in der an anderen Oertlichkeiten auch
- 100 —
El. trogontherii gelebt hat, kann natürlich von einer zeitlichen Differenz im Auftreten beider Elefanten
keine Rede mehr sein: EI. antiguus und El. trogontherii haben als Abkömmlinge des El. meridionalis vom
ältesten Pleistozän an gleichzeitig in Europa gelebt.
Neuerdings hat E. Wüst versucht, die Resultate der Penck schen Glazialforschungen, insbe-
sondere die Diferenzierung der „Interglazialzeiten‘‘ in eine Wald- und eine Steppenphase, auf geologischer
und palaeontologischer Basis zu begründen. Seine Untersuchungen an den Travertin-Bildungen von Wei-
mar-Ehringsdorf-Taubach ergaben, abweichend von Penck, eineDreiteilung der „Interglazialzeiten‘
ın folgende Phasen:
1. Waldphase,
2. Steppenphase,
3. Waldphase.
Die Bedeutung, die einer derartigen Gliederung der ‚Interglazialzeiten‘“ für die Stratigraphie des
Diluviums zukommen würde, veranlaßt mich, ım Folgenden näher darauf einzugehen. Ich zitiere noch-
mals kurz das schon bei Besprechung des Taubacher Materials angeführte W ü s t sche Profil:
3. Jüngerer Travertin (Bildung der Il. Waldphase),
2. „Pariser‘‘ (verderbt aus ‚Poröser“, als Löß gedeutet),
1. Aelterer Travertin (Bildung der I. Waldphase).
Die mittleren und oberen Partien des älteren Travertin führen die bekannte Antiquusfauna, der
‚Pariser‘ hat Säugetierreste gar nicht, nur eine ‚„ärmliche, derjenigen des jüngeren Löß ähnliche Mollusken-
fauna‘ geliefert, in dem jüngeren Travertin fand sich in den unteren Lagen Rh. antiquitatis, in einem höheren
Horizont eine Mandibel von Rh. Merkii, dem Begleiter des El. antiguus ın dem älteren Travertin. Die
Deutung des „Parisers‘ als allerdings stark veränderter Löß wird neuerdings vonPicard, Naumann
und Siegert! bekämpft, die ihn als eine Kalktuffbank betrachten, „‚genau so wie alle anderen der dorti-
gen Gegend“. Demgegenüber muß ich allerdings betonen, daß der ‚‚Pariser‘‘ petrographisch doch
etwas wesentlich anderes ist als die gewöhnlichen Kalktuffbänke des Ehringsdorfer Travertingebietes.
Die von Wüst als obere humifizierte Rinde angesprochene oberste Lage des ‚Parisers‘“ fassen
diese Autoren als eine gewöhnliche Schneckenrietbank auf. Sie konnten in ıhr Limnaea und Planorbis
nachweisen. Aehnliche Bildungen wie der ‚Pariser‘ finden sich nach ihren Beobachtungen öfters in klei-
nerem Ausmaße, sıe keilen stets deutlich aus gegen den echten Travertin und sind als rein lokale Bildungen
\
aufzufassen. Die starke Verwitterung des „Parisers‘‘ soll darin ihren Grund haben, daß diese Schichten
längere Zeit frei gelegen und den Atmosphärilien ausgesetzt waren.
Ich selbst habe aus der Bank des ‚Pariser‘ in Kämpfes Bruch in Ehringsdorf einige typische
Stücke herausgeschlagen und ihre petrographische Zusammensetzung untersucht. Nach Behandlung mit
Salzsäure und Schlämmen des Rückstandes erhielt ich einen feinen Sand, der vorwiegend aus Quarz-
körnern, teils eckig, teils gerundet, und Feldspatkörnern besteht. Die Quarzkörner und die Feldspatpartikel
übertreffen zum Teil die gleichen Mineralien im gewöhnlichen Löß an Größe recht beträchtlich. In Ver-
bindung mit den häufiger zu beobachtenden gröberen Geröllen im „Pariser“ könnte auch dieser Umstand
einer mehr fluviatilen Einschwemmung das Wort reden. Auffallend war weiterhin das starke Zurücktreten
l Centralblatt. f. Min. ete. Heft 4. 1910. S. 106.
Hot
des Glimmers, der im südwestdeutschen Löß, im Löß der Magdeburger Gegend und im sächsischen Löß
sehr häufig ist. Ferner fanden sich ziemlich häufig folgende, für Ilmsand charakteristischen Gesteine
in größeren Körnern: Porphyr, Diabas, Buntsandstein, Karneol aus dem Buntsandstein, Eisenocker
aus dem Muschelkalk, Roteisenstein aus dem Keuper. Diese Tatsachen und auch die geringe Mächtigkeit
der ganzen Schicht scheinen mir für eine rein örtliche Bildung zu sprechen, die zeitlich überhaupt nicht mit
den Lößbildungen anderer Gebiete ohne weiteres zu parallelisieren ist. Besitzen die von Picard, Na u-
mannund Siegert beobachteten dem Pariser ähnlichen, kleineren und bald auskeilenden Bildungen
in dem älteren Travertin die gleiche petrographische Zusammensetzung wie der Pariser, so würde das
auch für die rein örtliche Entstehung dieser Ablagerung sprechen, die übrigens in keiner anderen Tra-
vertinbildung Thüringens zu beobachten ist. Was nun die Schneckenfauna des ‚„Parisers‘‘ angeht, so muß
zunächst das sehr spärliche Vorkommen von Fossilien überhaupt hervorgehoben werden. Da sich aber aus
der Schneckenfauna der älteren Travertine mit Leichtigkeit eine der im jüngeren Löß vorkommenden
durchaus ähnliche Schneckenfauna herausschälen ließe, so kann ich bei der Spärlichkeit der Fos-
silien im Pariser ‚eine ärmliche, derjenigen des jüngeren Löß ähnliche Molluskenfauna‘ in dieser Ablage-
rung nicht als stichhaltiges Argument gelten lassen.
Die Entstehung des Travertins von Taubach-Ehringsdorf, der Lauf der Ilm zur Zeit der Travertin-
bildung — zur Travertinbildung selbst kann ein Fluß wie die Ilm nicht direkt mitgewirkt haben; denn die
harten Travertinbänke sınd häufig fast frei von Sanden und Flußschlick resp. tonigen Gemengteilen —
sind in ihren Einzelheiten heut noch zu wenig bekannt, als daß man aus einer so zweifelhaften Zwischen-
bildung, wie der „‚Pariser‘‘, so weitgehende Schlüsse wie Wüst ziehen kann.
Ich halte daher den „Pariser“, solange nicht einwandireie Gegenbeweise erbracht sind, für eine
fluviatile Einschwemmung. Seine geringe Mächtigkeit macht es mir durchaus unwahrscheinlich, daß er
die Ablagerung einer längeren Periode (Steppenphase des Ill. Interglazial) darstellt; er ist mir daher auch
für eine so scharfe Dreigliederung, wie Wüst sıe durchführt, nicht beweisend. Die Einheitlichkeit des
ganzen Profils wird durch ihn nur wenig gestört. Die klimatischen Veränderungen, wie sie sich in der Säuge-
tier- und Molluskenfauna von den unteren nach den oberen Schichten des Profils geltend machen, sind all-
mähliche, die auf die Sedimentation keinen Einfluß hatten; denn die kalkhaltigen Quellen, die den Travertin
bildeten, stehen im engsten Zusammenhang mit dem Weimar-Taubacher Grabenbruch, von den Klima-
schwankungen einer Interglazialzeit können sie nur wenig beeinflußt worden sein. Auch zur Bildungszeit
des „Parisers‘“ sind diese Quellen geflossen, wie die enge petrographische Verwachsung des „Parisers‘““
mit dem Hangenden und Liegenden und die örtlich ganz gleichmäßige Verkalkung der Ablagerung be-
weisen !.
Den Folgerungen, die Wüst aus seiner Deutung des Profils und aus dem Fund einer Mandibel
des Rh. Merkii in den oberen Travertinen entwickelt: „Der Nachweis der Wiederkehr eines typischen Ver-
treters der Antiquus-Fauna in der zweiten Waldphase der letzten Interglazialzeit berechtigt zu der An-
1 Inzwischen ist mir eine neue Arbeit von Wüst zugänglich geworden: „Die plistozaenen Ablagerungen des Traver-
tingebietes der Gegend von Weimar und ihre Fossilienbestände in ihrer Bedeutung für die Beurteilung der Klimasehwankungen
des Eiszeitalters‘‘. Zeitschr. f. Naturwissensch. Bd. 82. 1910. Ich kann hier nicht auf Einzelheiten dieser Arbeit eingehen, möchte
nur betonen, daß ich die Argumentation W üs t’s in vielen Punkten nicht für überzeugend halte und deshalb keinen Grund habe,
meine obigen Ausführungen zu revidieren.
— 112 —
nahme, daß die gesamte Antiquusfauna, wenn auch wahrscheinlich in etwas veränderter Form. in der
zweiten Waldphase nach Mitteldeutschland zurückgekehrt ist. Da wahrscheinlich alle drei großen Inter-
glazialzeiten in die gleichen klimatischen Phasen zerfallen, ergeben sich nunmehr für die Einordnung
der typischen interglazialen Waldphasen mit Formen wie El. antigquus Fale., El. trogontherii Pohl.,
El. meridionalis Nesti, Rhinoceros Merkii Jäg., Rhinoceyos etruscus F alc. usw. in die Chronologie
des Eiszeitalters nicht mehr nur drei, sondern vielmehr sechs verschiedene Waldphasen. Da-
mit erscheinen die zahlreichen Verschiedenheiten dieser Faunen untereinander, welche eine Unterordnung
dieser Faunen unter nur 3 Typen kaum gestatten, in einer neuen Beleuchtung‘‘ kann ich mich daher
nicht anschließen. Meines Erachtens berechtigt der Fund einer Mandibel von Rh. Merkii erstens noch
nicht zu der Annahme, daß diegesam te Antiquusfauna wiedergekehrt ist, zweitens beweist dieser Fund
wie das ganze Profil keine Wiederkehr resp. ein Ab- und wieder Zuwandern der Antiquusfauna, sondern
vielmehr eine allmähliche, während der Sedimentation des ganzen Profils anhaltende Abände-
rung der Fauna resp. einallmähliches Verschwinden der Antiquusfauna. Meiner Meinung
nach beweist auch die Säugetierfaunakeine soscharfe Dreigliederung
d’es Profile:
Zu der gleichen Dreiteilung der „Interglazialzeiten wie Wüst kommt Freudenberg (])
bei Besprechung des Diluvialprofils von Jockgrim in der Pfalz. Daß lokal ein derartiger Zyklus beobacht-
bar, auch eine Verschiebung der einzelnen Faunen leicht möglich ıst, kann nicht bestritten werden. Dabei
braucht es sich aber nur um geringe, klimatisch bedingte Verschiebungen in den Verbreitungsgebieten
der einzelnen Faunen zu handeln.
Unmöglich aber scheint es mir — und darin liegt für mich, ganz abgesehen von ihrer Richtigkeit,
die geringe Bedeutung der W ü st schen Dreiteilung für die Stratigraphie des Diluviums — die einzelnen
Steppenphasen und die Waldphasen zeitlich über weite Gebiete hin zu parallelisieren, wie es Freuden-
berg(l) tut, wenn er sagt: „Die Steppenphase des Jockgrimer Tonlagers findet in den Kiesen von Süßen-
born vielleicht ihr zeitliches Aequivalent‘‘. Oder wenn er auf Grund dieser Dreiteilung versucht, die Mos-
bacher und Mauerer Sande in ein ganz bestimmtes Altersverhältnis zu den in Jockgrim zu beobachtenden
Horizonten zu bringen. Derartig umfassende Parallelisierungen setzen, wenn sie überhaupt Anspruch auf
Richtigkeit erheben wollen, vor allem voraus, daß Mitteleuropa im Höhepunkt der sogenannten Inter-
glazialzeiten ganz Steppengebiet, zu Beginn und am Ausgang ganz Waldgebiet gewesen ist. Jede Aus-
nahme muß Fehlerquellen für Altersbestimmungen im Rahmen der Wüst schen Methode ergeben.
Aus meteorologischen und klimatologischen Gründen ist eine derartige Einheitlichkeit der Land-
schaft aber bei der orographisch so gegliederten Gestalt Mitteleuropas höchst unwahrscheinlich. Geinitz
und Frech haben das Vorhandensein von Waldgebieten während der ganzen Dauer der Eiszeit in Mittel-
europa betont. Penk (I) hat, allerdings nur für beschränkte Gebiete, das Vorhandensein von Waldge-
bieten zugegeben, er nennt unter anderem das Nordende der oberrheinischen Tiefebene. Beispiele für Wald-
inseln in Steppen- und Wüstengebieten ließen sich aus der Gegenwart unzählige aufführen — und da-
bei handelt es sich zumeist um Steppen, die durch eine sehr kontinentale Lage, durch die Einförmigkeit
ihrer Oberflächengestaltung für die Entwicklung dieser Landschaftsform ganz anders prädestiniert er-
scheinen, als Mitteleuropa zur Diluvialzeit.
Waren aber immer Waldgebiete vorhanden, so ist es höchst wahrscheinlich, daß auch immer Wald-
— 13 —
faunen vorhanden gewesen sind, die mit den benachbarten Steppenfaunen absolut gleichaltrig sein müßten
und nicht in eine andere Phase auch nur einer Interglazialzeit gestellt werden dürften.
Sehr unwahrscheinlich wäre ferner das wiederholte, zum mindesten fünfmalige vollständige Aus-
wandern und Rückkehren einer ganzen Flora und Fauna (Antiquusfauna) aus weiten Gebieten, wie es
aber angenommen werden muß, wenn der W ü s t schen Dreiteilung der ‚‚Interglazialzeiten“ für die Stratigra-
phie des Diluviums, speziell für die Einordnung der einzelnen Faunen in die drei Phasen der verschie-
denen „Interglazialzeiten‘“, praktische Bedeutung beigemessen werden könnte.
Die einzelnen „Phasen“ der „‚Interglazialzeiten‘‘ waren von viel zu geringer Dauer, als daß es den
ausgewanderten Formen überhaupt möglich gewesen wäre, auch nur teilweise von den früher bewohnten
Gebieten Besitz zu ergreifen. Denn da die einzelnen Faunen mit dem durch die Flora bedingten Charakter
einer Landschaft aufs engste zusammenhängen, so können die Antiquusfaunen auch nur in dem Maße an
Verbreitung zugenommen haben, als die Waldgebiete an Ausdehnung gewannen. Und das kann, ebenso
wie ein Rückgang, nur sehr allmählich geschehen sein. Es müssen für die Floren und Faunen gewisse Stand-
plätze in Mitteleuropa während der ganzen Dauer des Diluviums vorhanden gewesen sein, von denen aus
sie bei günstigeren klimatischen Bedingungen eine größere Ausdehnung genommen haben, es müssen immer
Waldgebiete vorhanden gewesen sein, auch zur Zeit eines stark kontinentalen Klimas. Daß die größten
Ausdehnungen der Waldgebiete in den verschiedenen „Interglazialzeiten‘“ gewissermaßen rhythmisch er-
folgt sind, der von Wüst aufgestellte „Zyklus‘
‘
‚ allerdings unter Einschränkungen, also zu Recht besteht,
wäre wohl möglich, erscheint mir aber noch nicht einwandfrei bewiesen.
Für die Stratigraphie des gesamten Diluviums möchte ich diesem „Zyklus“ aber nur geringe Be-
deutung, ja überhaupt nur lokalen Wert im Sinne größerer oder geringerer Grenzverschiebungen, resp.
besserer oder schlechterer Existenzbedingungen für die einzelnen Faunen beimessen. Ein bedeutenderer
Einfluß auf die nicht vereisten, dem Inlandeise ferner liegenden Gebiete kann den einzelnen Vor- und
Rückzugsstadien der dıluvialen Vereisung meiner Ansicht nach nicht zugesprochen werden. Daß die den
Eismassen benachbarten, zeitweise von ihnen bedeckten Gegenden in ihren klimatologischen, floristischen
und auch faunistischen Verhältnissen recht beträchtliche Umwälzungen erfahren haben, ist selbstverständ-
lich. Sehr schön zeigen uns das die verschiedenen in den einzelnen Perioden des Pleistozän in Thüringen
heimischen Faunen. Im I. „Interglazial‘, besonders im Ausgehenden dieser Periode und zu Beginn des
II. „Glazial‘ lebte in Thüringen eine ausgesprochene Steppenfauna, arktische Formen, Rangifer tarandus L.
(Süßenborn), Praeovibos moschatus St aud. (Frankenhausen) wanderten in Thüringen ein; in der Folgezeit
bedeckten die Eismassen der II. ‚‚Vereisung‘‘ fast ganz Thüringen und verwandelten die umliegenden Ge-
biete in weite Tundren und Steppenlandschaften, die auch nach dem Rückzug der Eismassen noch lange
Thüringen beherrschten: In den Ablagerungen des 11. ‚„Interglazial‘ ist bıs heut nur El. trogontherii, ein
Vertreter der Steppenfaunen, nachgewiesen worden. Erst im III. Interglazial haben die Waldlandschaften
wieder von Thüringen Besitz ergriffen und mit ihnen eine typische Waldfauna, die sich in dem Travertine
von Taubach-Ehringsdorf, Burg-Gräfen-tonna und verschiedenen anderen Vorkommen gefunden hat.
Ein derartiger Wechsel von Wald und Steppe, wie er in den von Eismassen wiederholt erreichten oder be-
deckten Gebieten natürlich häufiger sich vollzogen hat, ist aber als eine örtlich durchaus beschränkte Er-
scheinung aufzufassen, die ganz Mitteleuropa nicht in Mitleidenschaft gezogen haben kann. Große, über
weite Gebiete sich gleichzeitig geltendmachende Veränderungen in der Verteilung der Flora und
— 14 —
im Landschaftscharakter Mitteleuropas hat nur de Gesamteiszeit hervorgerufen, und zwar in der
Weise, daß die Steppengebiete auf Kosten der Waldgebiete vom älteren nach dem jüngeren Pleistozän
an Ausdehnung gewannen.
Eine Altersbestimmung der verschiedenen Faunen auf Grund der
von Wüst aufgestellten Einteilung muß zu gezwungenen, zum Teil un
riehtigen- Deutungen Tuhren:
Für die Gleichaltrigkeit von Wald- und Steppenfaunen kann ich verschiedene Beispiele anführen.
Als Waldfauna des I. ‚‚Interglazial‘‘ hat die Fauna von Mauer zu gelten, während zur gleichen Zeit bei
Mosbach die Fauna einer schwachbewaldeten Grassteppe lebte. Eine zeitliche Trennung beider Faunen,
ihre Stellung in eine Wald- und eine Steppenphase einer ‚Interglazialzeit‘‘ ist durch nichts begründet;
es sind lediglich Faziesunterschiede vorhanden. In einem ‚Nachtrag zu Ursus arvernensis und Deningeri
sagt v. Reichenau (I. 313): „Der Zahn (es handelt sich um einen rechten Oberkiefercanin von Ursus
aus den Mosbacher Sanden) gehört zweifellos einem völlig erwachsenen Ursus arvernensis an und belegt
die völlige Uebereinstimmung beider Faunen von Mosbach und Mauer als einer zeitlich und räumlich in
Zusammenhang stehenden altdiluvialen Fauna der oberrheinischen Tiefebene.‘ (Siehe auch Gerth I 49.)
In derselben Zeit treffen wir in Süßenborn eine typische Steppenfauna.
Den grauen Rheinsand mit El. antigquus in Jockgrim in der Pfalz setzt Freudenberg (Il) in
die 2. Waldphase des I. „Interglazial‘‘, also in eine der Il. Eiszeit direkt vorhergehende Zeit; in derselben
Zeit lebte in Süßenborn (vergl. das Alter der Kiese von Süßenborn) eine ausgesprochene Steppenfauna.
In den dem III. „‚Interglazial‘‘ angehörenden Travertinbildungen Thüringens finden wir eine Waldfauna,
während zur gleichen Zeit in Nord- und auch Südwestdeutschland eine Steppenfauna lebte. Kann den
Artelakten der Wert von „Leitfossilien‘ zugeschrieben werden, was Wiegers befürwortet hat, so wäre
bewiesen, daß die Waldfauna von Taubach-Ehringsdorf gleichaltrig ist mit typischen Steppenfaunen, die
vom Chelleo-Mousterien bis zum Solutreen Mähren und Oesterreich bewohnten.
Das sind nur einige Beispiele, die sich leicht vermehren und weiter ausführen ließen. Sie sprechen
ganz eindeutig gegen eine allgemeine Bedeutung der Wüst schen Dreiteilung für die Gliederung des Di-
luviums.
Für völlig unbewiesen erachte ich ferner die Behauptung Pohligs, daß El. antiguus eine Form
besonders warmer, ja heißer Klimate gewesen sei. Grund zu einer derartigen Auffassung gab das Auffinden
einiger jetzt in südlicheren Gegenden, besser in ozeanischerem Klima vorkommenden Pflanzen! in den
Thüringer Travertinbildungen und wohl auch die irrtümlich angenommenen phylogenetischen Beziehungen
zu El. africanus. Wie mir Prof. Hergt in Weimar mitteilte, der seit langem mit der Untersuchung der
Flora aus dem Weimar-Taubacher Travertin beschäftigt ist, hat diese Flora bisher einen Beweis für
ein wärmeres Klima als das heutige nic h t geliefert. Daß an einigen besonders begünstigten Oertlichkeiten
— und auf solche wird sich der Wald auch zur Zeit vordringender Steppe stets beschränkt haben müssen
— seltene Funde von Pflanzen gemacht worden sind, die ein ozeanischeres und somit milderes Klima be-
anspruchen, beweist meiner Ansicht nach noch nicht, daß die „Interglazialzeiten‘ ein ausgesprochen war-
mes Klima besessen hätten. Auch heute noch sind Abweichungen rein örtlicher Natur in der Flora be-
' Pohlig nennt von Cannstatt Buxus, aus Thüringer Travertinen Ilex (Tonna) und Scolopendrium. Letz-
teres findet sich noch heut von Nordthüringen bis nach Rügen.
— 405,
nachbarter Gebiete vorhanden. Diese Differenzen erklären sich meistens durch rein lokale günstigere
oder ungünstigere Existenzbedingungen.
H. L. Krause (I) bemerkt zu diesem Gegenstand: ‚Wo in Deutschland besondere örtliche Ver-
hältnisse auf beschränktem Raume das Wachstum solcher Pflanzenarten gestatten, denen es im allgemei-
nen bei uns zu kalt sein würde, da finden sich manchmal nicht nur einzelne Arten, sondern ganze Vege-
tationsformationen, deren nächste Standorte weit entfernt liegen. Diese Verhältnisse nötigen nicht zu der
Annahme, daß einstmals ein wärmeres Klima die Einwanderung dieser Genossenschaften ermöglicht habe.
Denn Pflanzen können über weite, für sie unbewohnbare Zwischenräume hinweg die ihnen passenden Stand-
orte erreichen. Auch die abgelegensten Inseln, die einsamsten Oasen haben Vegetation; geologisch junge
hohe Berge, namentlich Vulkane, zeigen in ihrer subalpinen und alpinen Flora meist mehr Uebereinstim-
mung mit weit entfernten Hochgebirgen als mit benachbartem Tieflande.“
Ich halte es aus den angeführten Gründen für unzulässig, aus derartigen Erscheinungen, die, wie die
höchst spärlichen Funde derartiger Pflanzen beweisen, auch in der Vergangenheit mehr lokalen Charakter
besessen haben werden, allgemeine Schlüsse zu ziehen.
Für die Lösung der Frage, unter welchen klimatischen Verhältnissen El. antigquus bei uns lebte, sind
die Resultate von Bedeutung, zu denen D. Geyer auf Grund seiner Untersuchung der Molluskenfauna
von Mauer gelangt ist (in Mauer findet sich bekanntlich eine typische Antiquusfauna). Er sagt am Schluß
seiner Arbeit:
„Die den klimatischen Schwankungen am meisten ausgesetzten und die Störungen registrierenden
Berg-, Heide- und Felsbewohner reden nicht mit; allein die Abwanderer nach dem Norden, Nordosten und
den kühlen Tälern des Gebirges erlauben den Schluß, daß, wenn ein anderes Klima als das heutige damals
geherrscht hat, es ein an Gegensätzen reicheres (kontinentaleres), vielleicht auch ein kälteres gewesen sein
kann.“
Daß El. antiquus eine Form besonders warmer Klimate gewesen
sei, ist nicht bewiesen, im Hinblick auf seine Stammesgeschichte so-
gar in höchstem Maße unwahrscheinlich.
Ist es denn überhaupt ausgemacht, daß unsere Faunen führenden Ablagerungen, besonders auch
die älteren, zumeist interglaziale Bildungen sind ? Es ist höchst bemerkenswert, daß die meisten alt- und
mitteldiluvialen faunenführenden Ablagerungen an der Peripherie des Hauptvereisungsgebietes liegen,
und zwar die meisten außerhalb, nur wenige innerhalb seines Bereiches. Eine ‚interglaziale‘“ Entstehung
kann meiner Meinung nach nur bei den Ablagerungen als erwiesen angesehen werden, die von Glazialbil-
dungen über- und unterlagert sind, wie es für die Sande von Rixdorf zutrifft, und auch ın solchen Fällen
braucht es sich nur um kleinere Schwankungen eines Haupteisvorstoßes zu handeln. Bei den von der Haupt-
verbreitungsgrenze des Inlandeises entfernter oder an der Peripherie derselben liegenden Ablagerungen
ist es durchaus nicht unmöglich, daß ihre Bildungszeit eine Eiszeit überdauert hat, wie ich es von dem Ge-
samtkomplex der Mosbacher Sande und auch von den Schottern von Steinheim annehmen möchte, oder
doch bis in eine Glazialzeit hineingereicht hat, wie es für die Schotter von Süßenborn wahrscheinlich ist.
Jedenfalls ist eine Zuteilung derartiger Ablagerungen und ihrer Faunen in „sogenannte“ Interglazialzeiten,
geschweige denn in einzelne Phasen derselben durch nichts bewiesen.
Aus den erwähnten Gründen bin iich der Ansicht, daß im Diluvium
Palaeontographica. Bd. LX. 14
— 106 —
Wald- und Steppenfaunen gleichzeitig in Mitteleuropa gelebt haben,
daß klimatische Schwankungen eine stärkere Entwicklung einmal die-
ser, einmal jener Fauna wohl begünstigt haben können, daß aber keine
von beiden Faunen bis zum Jüngeren Mitteldiluvium (Taubach) jemals
gänzlich aus Mitteleuropa verdrängt worden ist. Ich halte es’ daher
für unzulässig, die Antiquusfaunen von den Trogontherien- bezw. Pri-
migeniusfaunen von vorneherein prinzipiell zeitlich zu trennen. Die
Verschiedenheiten dieser Faunen lassen sich durch Faziesdifferenzen
befriedigender und in vielen Fällen wohl auch richtiger erklären!
Daß zwischen den einzelnen Antiquusfaunen (Mauer, Taubach) einer-
seits und den Trogontherienfaunen und Primigenienfaunen anderer-
seits recht erhebliche Altersunterschiede- bestehen, "bedarikeiner
Diskussion. In welehem Altersverhältnis die einzelnen Waldfaunen
aber zu den einzelnen Steppenfaunen stehen, dürfte in vielen Fällen
recht schwer und wohl.überhaupt nur. unter Berücksichtieunge aller
in Betracht kommenden geologischen Faktoren zu entscheiden sein.
Die palaeontologische Untersuchung, insbesondere die der Elefantenmolaren, gestattet uns bisher nur
das Alter einer Fauna annähernd zu bestimmen, sie gibt uns kein Argument, das für die außerhalb des Ver-
eisungsgebietes lebenden Faunen ein bestimmt interglaziales oder glaziales Alter beweisen könnte.
Wenn ich trotzdem zur Altersangabe der einzelnen Faunen den Ausdruck „‚Interglazialzeit‘ gebrauchte,
so hat das seinen Grund darin, daß uns augenblicklich keine so kurze und geläufige Bezeichnung für Alters-
bestimmungen zu Gebote steht und überdies viele Faunen eine genauere Angabe heute noch nicht gestatten.
Nach unseren heutigen Kenntnissen lassen sich die bekannteren Faunen führenden Ablagerungen
folgendermaßen in die von mir gewählte Chronologie des Diluviums einordnen:
Dem I. ‚„Interglazial‘‘ gehören an: ch L
die Sande von Mosbach, |#:"" I b, »#z, Ä
die Kiese von Mauer,
die Sande von Petersdorf b. Gleiwitz in Schlesien,
die Tone und grauen Rheinsande b. Jockgrim i. d. Pfalz,
die Kiese von Süßenborn, die allerdings bis in die II. Eiszeit hineingehen. 2 ad |
Dem Il. „Interglazial‘‘ gehören an: BE T ot
die Bachkiese bei Vieselbach, w- B
die Saalekiese von Uichteritz b. Weißenfels, _ |
die Ilmkiese unter dem älteren Travertin von Taubach-Ehringsdorf, ' 373 |
die Schotter von Steinheim (Il. Glazial-Interglazial).
Ferner halte ich die Sande von Rixdorf b. Berlin für eine Ablagerung des II. „Interglazial“. Und
zwar stütze ich diese Altersbestimmung auf das Vorkommen des typischen El. trogontherii Pohl., der
in Ablagerungen nach der III. Eiszeit durchaus fehlt, wo er, wie schon gegen Ende des II. „‚Interglazial‘“
ai
wo
r
r
mn
—
an
=
u
last vollständig in El. primigenius aufgegangen ist. So findet sich an der Basis des älteren Travertin zu
Pe u Ds
! Diesen Gedanken hat Schröder (I) schon ausgesprochen.
— 107 —
Taubach-Ehringsdorf, der dem III. Interglazial angehört, kein El. trogontherii mehr, sondern El. primi-
gentus, ın den Hochterrassenschottern des Rheins (III. Glazial) ebenfalls nur El. primigenius. Die übrige von
Rixdorf bekannte Fauna entspricht der Fauna von Steinheim ganz gut, Differenzen scheinen mir eher auf
Fazies- als auf Altersunterschieden zu beruhen.
\ Dem III. Interglazial gehören an:
} der Travertin von Taubach-Ehringsdorf-Weimar,
\ der Travertin von Burg-Graefentonna,
\ der Travertin von Bilzingsleben
und verschiedene andere Travertinvorkommen Thüringens.
Derselben Zeit vielfach Tone und ein Teil der Lößbildungen mit El. primigenius, Rh. antiguitatis etc.
Im Folgenden gebe ich eine kurze, nach dem Alter der verschiedenen Formen geordnete Zusam-
menstellung der wichtigsten diluvialen Säugetiere. Die in den Wald- und Steppenfaunen häufigsten Arten
sind gesperrt gedruckt. Formen, die in der betreffenden Periode zum letzten Male auftreten, sind durch
einen Stern gekennzeichnet. Für die Faunen des I. „Interglazial‘ sind folgende Formen charakteristisch:
Steppe.
Elephas trogontherii Pohl, Rhinoceros etruscus Fale.* Rhinoceros
Merkii Jäg., Equus StenonisCoccehi*, Equus Süßenbornensis Wüst* Equus Mos-
I
EN
Becmensısvy. Reich* hLeptobos etruscus Falc* Bison priscus Boj., Cervust
elaphus L., GCervus elaphus trogontherii Pohl.*, Cervus capreolus L., Alces lati-
frons Johns*, Ursus arvernensis Croiz. et Job.*, Ursus Deningeriv. Reich*, Felis leo fossilis
Goldf., Hyaena arvernensis Croizet Job.*, Canis neschersensis Groizet Job.
I
Wald.
EBlephas antiquus Falc, Rhinoceros etruscus Falc.*, Equus Sienonis
Gocechi*, Equus Mosbachensis v. Reich.*, Bison priscus Boj, Gervus elaphuüs
antiqui Pohl. Cervus capreolus L., Alces latifrons Johns.*, Ursus arvernensis Groiz. et Job.*,
Ursus Deningeri v. Reich.*, Felis leo fossilis Goldf., Canis neschersensis Groizet Job.
Gegen Ende dieser Periode, zum Teil schon dem II. ‚„‚Glazial‘ angehörend, finden wir folgende Formen:
Pra®owıbos priscus Staud,, Buuus germanıcus.Nehr,
Rangifer tarandus L,, Gervus euryoevos Aldr,,
von denen die erstgenannte auf diese Periode beschränkt zu sein scheint, die beiden letzten für die Faunen
des II. „‚Interglazial‘ charakteristisch sind. Da uns aus dieser Zeit keine reine Steppen- oder Waldfauna
vorliegt, führe ich die wiehtigsten Formen in einer Reihe auf, ohne häufige Arten besonders hervorzuheben.
Elephas trogontherii Pohl*, CGervus elaphus L.,
Elephas antiquus Falec., Gervuws-euryeeres Aldr,,
Rhinoceros Merkii Jäg,, Equus germanicus Nehr,
Bison priscus Bo;j., Rangifer tarandus L. (selten).
— 108 —
[23
Am Ausgehenden dieses „Interglazıals‘‘, vielleicht auch schon früher treten ferner auf:
Elephas primigenius Blum b., allmählich aus Elephas trogontherii P o hl. hervorgegangen.
Rhinoceros antiquitatis Blumenb. (zweifelhaft) Ursus spelaeus Rosenm.
Bos primigenius Blumenb.
Für das III. ‚Interglazial‘“ sind uns Wald- und Steppenfaunen ın gesonderten Ablagerungen erhal-
ten. Folgende Säuger sind als charakteristisch hervorzuheben:
Steppe und Tundra.
Elephas primigenius Blumenb., Rhinoceros antiquitatis Blumenb,,
EqguusgermanicusNehr., Bison priscusBoj., Bos primigenius Blumenb,, Cervus
elaphus L., Cervus euryceros Aldr.!, Rangifer tarandus L., Ursus spelau Rosenm.
Wald.
Elephasantiquus Falc.* Rhinoceros Merkii Jäg.*, Equus germanicus N ehr.,
Bison priscus Boj, Gervus elaphus antıqui Pohl. Cerous euryeeros Ada
Cervus capreolus L., Ursus arctos L. (Portis), Felis leo fossilis. Hyaena spelaca Goldf.,
Canis lupus L.
Im Laufe der nun folgenden IV. ‚„Glazialzeit‘‘ verschwinden El. primigenius und Rh. antiquitatis
aus Mitteleuropa, haben aber wohl in Sibirien noch etwas länger gelebt. Elephas antigquus und Rhinoceros
Merkii sind seit Ende des III. ‚‚Interglazıal‘‘ bei uns ausgestorben, ersterer bewohnte aber in jüngerer Zeit
vielleicht noch Italien. Ursus spelaeus treffen wir am ausgehenden III. „Interglazial‘‘ und im Anfang
des IV. ‚„‚Glazial‘ äußerst verbreitet in den Höhlen Süddeutschlands und Frankreichs, neben ihm weniger
häufig Felis spelaea. Beide erlöschen bei uns noch in diluvialer Zeit ebenso wie Hyaena spelaea. In
derselben Zeit, hauptsächlich aber im IV. ,‚Glazial‘‘ bewohnte Ovzbos moschatus Zi m m. große Gebiete von
Mitteleuropa. Hervorzuheben und besonders charakteristisch für die letzten Phasen der diluvialen Ver-
eisung ist das Einwandern einer arktischen Steppen- und Tundrafauna (2 Nagerhorizonte) in unsere Gegen-
den, eine Fauna, die in keiner früheren Eiszeit in Mitteleuropa vorhanden oder doch in nur annähernd so
weiten Gebieten verbreitet war und die den Einfluß der Gesamteiszeit auf Klima, Flora und Fauna
Mitteleuropas gegenüber dem der einzelnen Eisvorstöße oder „Glazialzeiten‘ in seiner ganzen Bedeutung
erkennen läßt.
Außerdem sind im IV. „Glazial‘
Bison priscus Boj., der teilweise im Bison Cervus elaphus L.,
europaeus OÖ wen weiterlebt, Cervus capreolus L.,
Bos primigenius Blumenb,, Cervus euryceros Aldr.
Rangıfer tarandus L.,
bei uns heimisch gewesen. Von diesen ist eigentlich nur Cervus euryceros, und auch dieser erst in der
Postglazialzeit erloschen. In dieser Periode, von sicheren älteren Funden sind nur 3 bekannt, tritt noch ein
1 In verschiedenen Arten.
— 109 —
anderer großer Cervide, Alces palmatus L., der Nachkomme des Alces latifrons Johns. in großer Häufig-
keit bei uns auf. Neben ihm bewohnte, wenn Caesars Angaben richtig gedeutet sind, noch in geschicht-
licher Zeit Rangifer tarandus L. die deutschen Landschaften, eine letzte lebende Erinnerung an die große
diluviale Vereisung.
Zum Schluß möchte ich noch hervorheben, daß die meisten Folgerungen, die Mortillet, Hör-
nes, Klaatsch und andere Prähistoriker und Anthropologen aus den mit dem diluvialen Menschen
zusammen vorkommenden Faunen auf die klimatischen Existenzbedingungen und die Wanderungen der
diluvialen Menschenrassen gezogen haben, nach Vorstehendem zum größten Teil hinfällig sind oder doch
stark eingeschränkt werden müssen.
Die Verbreitung des El. antiquus und El. trogontherii in den verschie-
denen Perioden des Pleistozäns.
Ich gebe im Folgenden keine lückenlose Zusammenstellung von allen Fundpunkten beider Elefanten,
sondern beschränke mich darauf, nur ganz allgemein, unter Berücksichtigung der markantesten Fundstellen,
die Verbreitung beider Formen in den verschiedenen Perioden des Pleistozäns zu erörtern.
Schon EI. meridionalis war ım Pliozän in fast all den Gebieten heimisch, in denen später die pleisto-
zänen Elefanten ihre Hauptverbreitung fanden. Sehr häufig war er in den Mittelmeerländern, in Frank-
reich, Süd- und Mittel-England. Von hier können wir ihn über Mitteldeutschland, wo er zuerst bei Wendel-
stein im Unstrutgebiet in allerdings nur spärlichen Resten durch v. Fritsch und Wüst (I) nachge-
wiesen wurde, verfolgen über den nördlichen Balkan bis nach Südrußland (Gegend von Odessa). Im
Pleistozän haben die Nachkommen des El. meridionalis, El. antiquus und EI. trogontherii im allgemeinen
die gleichen Wohngebiete innegehabt, El. trogontherii sich allerdings durch große Wanderungen weit nach
Osten verbreitet.
El. antiquus finden wir im ältesten Pleistozän häufig in den Mittelmeerländern ! und in Frankreich,
wo er während des ganzen Pleistozäns heimisch war, finden ıhn in Südengland und im westlichen Deutsch-
land in Mauer und Mosbach. Dieser Zeit gehört nach Freudenberg (Il) auch das Vorkommen bei
Jockgrim ı. d. Pfalz an. Aus diesen Gebieten drang er in der Folgezeit immer weiter nach Osten vor: Im
II. „‚Interglazial‘‘ ® treffen wir ihn in Württemberg (Steinheim a. d. Murr, verschiedene kleinere Vor-
kommen) und in seinem für Deutschland nördlichsten Vorkommen bei Rixdorf b. Berlin. Ob er in dieser
Zeit schon in Thüringen oder gar in Schlesien heimisch war (aus Voltz’ (I) Ausführungen geht das Alter
der beschriebenen Antiquusreste nicht hervor), ist noch nicht erwiesen, aber immerhin wahrscheinlich.
In diese Gegenden wanderte er jedenfalls im III. Interglazial ein. Die Sedimente dieser Zeit, besonders
die Travertinbildungen Thüringens haben seine Reste in großer Menge geliefert. Damals hat El. antiguus
überhaupt seine größte Verbreitung besessen: Er bewohnte die Mittelmeerländer, Griechenland, Italien,
Spanien, Frankreich und die Mittelschweiz (Dürnten), Süd- und Mittelengland, Süd-, Mittel- und wahrschein-
1! Das durch Ramsay (I, 514) bekannt gewordene Vorkommen in Nordafrika bei Tanger gehört wohl auch dieser
Zeit an, da spätestens im Mittelpleistozän die Europa über Italien und Sizilien mit Afrika verbindende Landbrücke einerbrochen
sein muß, was aus dem Vorkommen teilweise recht primitiver Zwergformen auf Sizilien und Malta hervorgeht.
2 Welcher Zeit einige ganz spärliche Vorkommen in Böhmen angehören, steht noch nicht fest.
— 110 —
lich auch auch Südost Deutschland. In Deutschland verschwindet er gegen Ende, vielleicht schon in der Mitte
des III. Interglazial, lebte aber in Italien, wohl auch in Frankreich, neben El. primigenius bis in die Würm-
eiszeit fort. Das allmähliche, gänzliche Verschwinden der Art, zuerst im nördlichen Mitteleuropa, später-
hin auch in den westlichen und südlichen Teilen, hängt wohl mit klimatischen und dadurch bedingten
[lorıstischen und landschaftlichen Veränderungen zusammen und darf dem Menschen, der an ihrer Ver-
nichtung sicher mitbeteiligt war, nicht allein zugeschrieben werden.
Während El. antiquus Gebiete mit ozeanischerem Klima bevorzugte, jedenfalls stets solche,
die nicht mehr im direkten Wirkungsbereich der nördlichen Inlandeismassen lagen, bewohnte EI. trogon-
therii mehr die nördlichen, nordöstlichen, kontinentaleren Gegenden. In Italien, Spanien und
Griechenland fehlt er fast vollständig (siehe Stammesgeschichte). In Frankreich tritt er in geringerer Häu-
figkeit auf als El. antiguus, zumeist auch nicht in charakteristischen, sondern mehr in intermediären For-
men. Das Stammland des El. trogontherii-Typus ist eigentlich auf England, Deutschland, vielleicht auch
Rußland beschränkt. Im I. „Interglazial‘“ finden wir ıhn von Südengland über ganz Mitteldeutschland
bis nach Südrußland verbreitet. Die reichsten Funde aus dieser Zeit haben folgende Fundpunkte geliefert:
das Forestbed, Mosbacher Sand, Kiese von Süßenborn, Sande von Petersdorf b. Gleiwitz in Schlesien
und Tone von Jockgrim in d. Pfalz. Schon in dieser Periode müssen die Abwanderungen nach Osten be-
gonnen haben, die diesen Elefanten über Sibirien und Alaska bis tief nach Mexiko hinein führten, so daß
wir in Sibirien noch manchen Fund auch des El. trogontherii zu erwarten haben. Im II. Interglazial treffen
wir ıhn fast im gleichen Verbreitungsgebiet. Sein südlichstes Vorkommen in Deutschland für diese Zeit
ist Steinheim a. d. Murr, das nördlichste Rixdorf b. Berlin. In Thüringen ist er nachgewiesen in den Ilmkie-
sen unter dem älteren Travertine von Taubach, in Bachkiesen bei Vieselbach b. Erfurt und verschiedenen
kleineren Vorkommen. Nähert er sich schon im II. Interglazial in vielen Formen dem jüngeren El. primi-
genius, so geht in der Folgezeit El. trogontherii ganz in der jüngeren Form auf und erreicht in ihr seine
größte Verbreitung.
El. primigenius war im Ill. Interglazial in Nord- und Süditalien, Frankreich, Süd- und Mittel-Eng-
land, fast ganz Deutschland, Schweiz, Oesterreich, Ungarn, Rußland, Finnland, Sibirien, Alaska, Kanada
bis Mexiko hinein in zahllosen Herden verbreitet. Am Ausgang der Würmeiszeit ist er in Europa nur noch
sehr selten — mir nur in zwerghaften, diminutiven Exemplaren bekannt —, hat aber wohl in Sibirien noch
sehr zahlreich gelebt, wohin sich möglicherweise auch viele europäische Herden, der immer mehr zurück-
weichenden Tundra folgend, zurückzogen. Wann und aus welchen Ursachen er auch dort ausgestorben ist,
entzieht sich vorläufig unserer Kenntnis.
Beide Elefantenformen, El. antigquus und EI. trogontherii, zeigen eine kontinuierliche Ausbreitung
nach Osten, der bei beiden Formen gemäß ihren Lebensbedingungen nur durch die landschaftlichen und
klimatischen Verhältnisse einer Gegend Grenzen gesetzt wurden. Ein wiederholtes Vordringen mit jedes-
mal folgendem Zurückweichen oder gar vollständigem Auswandern aus dem bewohnten Gebiet läßt sich
aus den Fundverhältnissen weder geologisch, noch palaeontologisch erweisen.
11 —
Inhalt.
Vorwort :
Husykomisie Hesı = u... 20.
Diemtitron .
I. Molaren
1. Bau der ame
2. Bau der Molaren
Il. Ineisoren ee EEE
Zu den Maßen und Tabellen
Behandlung des Materials von Mauer, Mosbach,
Burg-Tonna, Süßenborn und der Begleitfaunen
Manwerz nei treiderlprere
Elefantenmaterial
Fauna RE 1 EN? PERRaEn
Mosbach bei Wiesbaden
Elefantenmaterial
Fauna N
Stern hlenmera.,.d.«M-UTT
Elefantenmaterial
Fauna
Taubach und Ehringsdorf b. Weimar
Elefantenmaterial le
Antiquusreste von Burgtonna b. Gotha
Vergleich des El. antiquus von Mauer und
Fauna von Taubach-Ehringsdorf
Fauna von Burg-Gräfen-Tonna
Bemerkungen über ausländische Malen es El. ERBE
Süßenborn b. Weimar
Elefantenmaterial
Fauna A .; ;
Das Alter des Kieses’ von Sußenborn
Faunentabelle
Intermediäre Formen von verschiedenen
Elvmeridionalis Nestiundseine Beziehungen zuEl.
Stammesgeschichtliche Bemerkungen
Indischer„Bormenkreis
BEE afrieanus 7. er
zur Stratigraphie des ande
DyrseVerbrevotung-desiEil antiquwws.un.d Bi.
den des Pleistozän
Literaturverzeichnis
Fundpunkten
trogontherii
Steinheim,
antiquus
in
den
Nanulbiarchh
Falc.
verschiedenen
Ehringsdorf,
Perio-
un
1 Mo
en
@ ©
15
109
111
— 12 —
Benutzte Literatur.
Adams, A. Leith, (I) Monograph on the British fossil Elephants. Part. I. London 1877, Part. II. London 1879, Part. III. Lon-
don 1881.
Andreae,AÄA., (Il) Der Diluvialsand von Hangenbieten im Unterelsaß. Abh. z. geolog. Spezialkarte von Els.-Lothringen. Bd. IV,
H. 2, 1884.
Blainville, H.M. Ducrotay de, (1) Osteographie des mammileres T. III. avec Atlas. Paris 1839 —64.
Bortolotti,@., (I) Denti di Proboscidati, di Rhinoceronte e di Ippopotamo dell’ antica collezione Canali in Perugia. Riv. ital.
di Palaeontologia. Bd. X. 1904, S. 83—93. T. IV, V.
Botti, U., (I) La grotta ossifera di Cardamone in Terra d’Otranto. Boll. della Soc. geol. ital. Vol. IX. 1890.
Boule,M., (I) La ballastiere de Tilloux pres Gensac-la-Pallue (Charente). L’Anthropologie. T. VI. 1895. P. 497—507.
Brandt, J. F., (I) Versuch einer Monographie der Lichorhinen Nashörner nebst Bemerkungen über Rhinoceros leptorhinus.
Memoirs de l’acad. imp. des sciences de St. Petersbourg. Vlle Serie.
Brehm, (DRierlebenz 17211893:
Gayeux,L., (l) Decouverte de l’elephas antiquus A l’ile de Delos (Cyclades). GC. R. Ac. Sei. Paris. 147. 1908. S. 1089—1090.
Goccehi,(l) Di uno scheletro di Elephas anliquus trovalo presso Arezzo. Boll. della Soc. geol. ital. Vol. XIII. 1894. S. 276.
Dames, W., (l) Ueber ein Schädelfragment von Gervus euryceros von Rixdorf b. Berlin. Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch.
BATADESS TR
DepereLl,Ch., (I) Note sur la suecession straligraphique des faunes de mammiferes pliocenes d’Europe el du plateau central en
partieulier. Bull. d. 1. soc. g&ol. de France Ser. III. T. XXT. S. 524.
(11) Description geologique du bassin tertiaire du Roussillon. Annales des sciences g£olog. T. NVII. 1885, S. 1—272.
— (111) Die Umbildung der Tierwelt. Stuttgart 1909.
Dietrich, W.O., (I) Neue Hirschreste aus dem schwäbischen Diluvium. Jahresh. d. V. f. vaterl. Naturk. in Württemberg.
Jahrg. 1909. Nr. 67.
— (11) Neue fossile Cervidenreste aus Schwaben. Jahresh. d. V. f. vaterl. Naturk. in Württemberg. Jahrg. 66. 1910.
Falconer, Hugh, (l) Palaeontological memoirs and notes, compiled and edited by Charles Murchison. Vol. I. and Il. London 1868.
Frech, Fr. und Geinitz,E., (I) Flora und Fauna des Quarlärs. Lethaea geognostica. III. Teil. II. Band.
Freudenberg, W., (l) Das Diluvialprofil von Jokgrim in der Pfalz. Berichte über d. Vers. d. oberrheinisch. geol. Vereins.
12. Vers. Heidelberg 1909. S. 65—68.
Geinitz, E., (I) Das Quartär Nordeuropas. Lethaca geognostica. Stuttgart 1903.
Gerth, H.(I) Ueber die Gliederung des Lößes auf den Terrassen am Taunusrand zwischen Höchst und Wiesbaden. Berichle des
Niederrheinischen geol. Vereins 1909.
Geyer,G.,(l) Zur Molluskenfauna der Sande von Mauer. Ber. über d. Vers. d. Oberrhein. geolog. Vereins 43. Vers. 1910.
Hagmann, Goltfr., (I) Die diluviale Säugetierfauna von Völklingshofen. Abh. d. geol. Spezialkarte v. Els.-Lothringen. N. F.
Heft III. 1899.
Harle,(I) Faune quaternaire de la Province de Santander. Bull. Soc. geol. France. 4. Serie T. 8. 1908.
Kinkelin, F., (I) Ueber sehr junge Unterkiefer von E. primigenius und El. afrieanus. Ber. über d. Senkenb. naturfrsch. Gesell-
schaft. 1885—86. Frankfurt a. M.
Krause,H.L.,(I) Die Veränderungen des Klimas seit der letzten Eiszeit. Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellschaft. Bd. 62, H.2. 1910.
Be
Leisewitz, W., (I) Ein Beitrag zur Kenntnis der bilateralen Asymmetrie des Säugetierschädels. Sitzber. d. Gesellsch. f. Morpho-
logie und Physiologie in München 1906.
LortetetM.E.Chantre, (I) Eiudes des Paleontologiques dans le Bassin du Rhone. Periode Quaternaire. Arch. du Mus.
d’Histoire naturelle de Lyon. T. I. 1872. p. 59—130. Planche XI—XXII.
Major,c. I. Forsyth, (I) Beiträge zur Geschichte der fossilen Pferde, insbesondere Italiens. Abh. d. schweiz. palaeontolog. Ge-
sellschaft. B. IV und VII. 1877—80. -
Mariani,E., (I) Su un Molare di Elephante fossile trovato nel sottosuolo di Milano. Soe. Ital. di Science Naturali. Vol. XLIX.
1910. p. 34.
Michael,P., (I) Die Gerölle- und Geschiebe-Vorkommnisse in der Umgegend von Weimar. 34. Jahresbericht d. Realgymnasiums
z. Weimar. Weimar 1896. Progr. Nr. 693.
Mourlon, M., (I) Sur la decouverte de l’elephas antiquus au Kattepod a Schaerbeck l&z Bruxelles, dans un depot rapporte au
Quaternaire moseen. Bull. Soc. belge de G£ol. 22. 1908. S. 327—333.
Naumann, E., (I) Fossile Elephantenreste von Mindanäo, Sumätra und Malakka. Abh. u. Ber. d. K. zool. und anthropolog.-
ethnolog. Museums zu Dresden. 1886. 1887. Nr. 6.
Newton,E.T., (I) The Vertebrata of the Forest Bed Series of Norfolk and Suffolk. Mem. of the geol. sur. England and Wales.
1882.
De Angelis d’Ossat, G., (I) Sulla probabile mancanza in Italia dell’ Elephas primigenius Blum. Boll. della Soc. geol. ital.
Viola DVI. 1897.S. 324.
Penck, (I) Das Klima während der Eiszeit. Naturw. Wochenschrift. B. XX. Heft 38. 1905.
Penck und Brückner, (II) Die Alpen im Eiszeitalter. Leipzig 1909 H. Tauchnitz.
Parona, C. F., A proposito dei resti di un elefante (El. primigenius Blum.) scoperto in un deposito quaternario della collina
di Torino. Congr. d. Nat. Ital. 1906 (1907).
Pohlig,H., (I) Ueber Elephas trogontherii und Rhinoceros Merkii von Rixdorf bei Berlin. Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch.
B. XXXIX. 1887. S. 778—807. Hr
— (II) Dentition und Kranologie des E. antiquus Fale. I. Nova acta Acad. Leop. Carol. Bd. LIII. Nr. 1. T. 1—X. II. ebenda. Bd.
LVII. Nr. 5. S. 267—466. T. XIX—XXV. 1891.
— (III) Die großen Säugetiere der Diluvialzeit. Zool. Vorträge, herausg. v. W. Marshall. 5. Heft. Leipzig 1890.
— (IV) Die Cerviden des thüringischen Diluvialtravertins. Weiterer Nachtrag zu der Dentition des El. antiquus. Palaeontographica.
Bd. XXXIX. 1892. S. 215—264. T. XXIV—XXVII.
— (V) Ueber Elephas trogontherii in England. Monatsberichte d. deutsch. geol. Gesellsch. Nr. 5. 1909. S. 242—249.
— (VI) Ueber zwei neue altpleistozäne Formen von Cervus. Ebenda, S. 250—53.
— (VII) Eine Elephantenhöhle Sieiliens und der erste Nachweis des Cranialdoms von El. antiquus. Abh. K. bayr. Akad. d. Wiss.
II. Cl. 18. Bd. I. Abt. München 1893.
Pontier, G., (I) Decouvertes pal&ontologiques dans la Vallee de l’Aa. Ann. Soc. g&ol. du Nord. 37. 1908. S. 131—139.
— (II) Remarques sur l’Elephas meridionalis et ’Elephas antiquus d’Angleterre. Ann. Soe. g&ol. du Nord. 37. 1908. S. 54—66.
Portis,A.,(I) Ueber die Osteologie von Rhinoceros Merkii Jäg. Palaeontographica. Bd. XXV. 1878. S. 141—162. T. XIX—XXI.
— (II) Di alcuni avanzi elephantini fossili scoperti presso Torino. Boll. della Soe. geol. ital. Vol. XVII. 1898. S. 95.
Ramsay,A.G.and Geikie, J. (I) On the Geology of Gibraltar QOuart. Journal of the geol. soc. of London. London 1878.
v. Reichenau, W., (I) Ueber einen Unterkiefer von Equus Stenonis Cocchi aus dem Pliopleistozän von Mosbach. Notizblatt
des Ver. f. Erdk. und d. Großh. geol. Landesanstalt Darmstadt.
— (II) Ueber eine neue fossile Bärenart Ursus Deningeri Mihi aus den fluviatilen Sanden v. Mosbach. Jahrb. d. nassauischen Ver.
f. Naturkunde. Jahrgang 57. Wiesbaden 1904.
— (I1I) Ueber einen Schädel der Hyaena arvernensis Croiz. et Jobert. aus dem Mosbacher Sande. Jahrb. d. nassauischen Ver. £.
Naturk. Jahrgang 58. 1905.
— (IV) Beiträge zur näheren Kenntnis der Carnivoren aus den Sanden von Mauer und Mosbach. Abh. d. großh. hess. geol. Landes-
anstali. 1906. Bd. IV. H. 2, S. 189—313. T. I-XIV.
Rütimeyer,L., (I) Beiträge zur Kenntnis der fossilen Pferde und vergleichende Odontographie der Huftiere. Verh. d. naturf.
Gesellsch. Basel. 1863. Bd. III.
— (II) Weitere Beiträge zur Beurteilung der Pferde der Quaternair-Epoche. Abh. d. schweiz. palaeontolog. Gesellsch. 1875. Bd. II.
Rutten,L.M.R,, (I) Die diluvialen Säugetiere der Niederlande. Utrecht. 1909. i
Sauer,A., (I) Erläuterungen zu Blatt Neckargemünd. (Nr. 32) 1898. Großh. bad. geol. Landesanstalt.
Schäfer, H.F., (I) Ueber die pleistozäne Säugetierfauna und die Spuren des palaeolithischen Menschen von Burgtonna in Thü-
ringen. Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch. Bd. LXI. 1909. S. 445—469.
Palaeontographica. Bd. LX. 15
— 14 —
Schoetensack, O., (l) Der Unterkiefer des Homo Heidelbergensis. Leipzig. Verlag v. Wilh. Engelmann. 1908.
Schroeder,H,., (I) Ueber E. antiquus und trogontherii. Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch. 1895. Bd. 47. S. 216.
— (II) Revision der Mosbacher Säugetierfauna. Jahrb. d. Nass. Ver. f. Naturkunde. Jahrg. LI. 1898. S. 211—230.
— (II) Die Wirbeltierfauna des Mosbacher Sandes. Gattung Rhinoceros. Abh. d. Kgl. preuß. Landesanstalt. 1903. H. 18.
Siegert,L.E,NaumannundE.Picard,(lI) Ueber das Alter des thüringischen Lößes. Zentralbl. f. Min., Geol. und Palaeon-
tologie. 1910. H. 4.
Staudinger, W., (I) Praeovibos priscus nov. gen. nov. spec. ein Vertreter einer Ovibos nahestehenden Gattung aus dem Pleistozän
Thüringens. Zentralbl. f. Min. Geol. und Palaeontologie. 1908. S. 481.
De Stefano, G., (I) L’elephas meridionalis ed il rhinoceros Merkii nel Quaternario Calabrese. Boll. della Soc. geol. ital. Vol.
DSV. II SI ESTATE
— (II) Ancora sull’ elephas meridionalis Nesti ed il rhinoceros Merkii Jaeg. nell Quaternario di Reggio-Calabria. Boll. della Soc.
geol. ital. Vol. XX. 1901. S. 339.
Steinmann, G., (I) Die geologischen Grundlagen der Abstammungslehre. Leipzig. 1908. W. Engelmann.
Stromer v. Reichenbach, Fr., (I) Ueber Rhinocerosreste im Museum zu Leiden. Samml. d. geol. Reichsmuseums zu
Leiden. Bd. II, H. 2.
Tuecimei, (I) Sul Castor fiber, sull’ Elephas meridionalis e sul periodo glaciale nei Dintorni di Roma. Boll. della Soc. geol. ital.
Vol. X 1891.57 332.
Volz,W.und R. Leonhard, (I) Ueber einen reichen Fund von Elephantenresten und das Vorkommen von El. trogontherii
Pohl. in Schlesien. Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch. Bd. XLVIII, 1896. S. 356—362.
Volz,W., (I) Elephas antiquus Falc. und Elephas trogontherii Pohl. in Schlesien. Ebenda Bd. IL. 1897. S. 193—200.
Weber,M., (I) Die Säugetiere. Verl. Gustav Fischer, Jena 1904.
Weithofer, K. A. (I) Die fossilen Proboszidier des Arnotales in Toskana. Beiträge z. Palaeontol. Oesterreich-Ungarns und
des Orients. Bd. VIII. 1891. S. 107—240. T. I—XV.
Wüst,E., (I) Untersuchungen über das Pliozän und das älteste Pleistozän Thüringens nördlich vom Thüringer Wald und westlich
von der Saale. Abh. d. naturf. Gesellsch. zu Halle. Bd. XXIII. 1901. S. 21—368. T. I—IX.
— (II) Das Vorkommen von Rhinoceros Merkii Jäg. in den oberen Travertinen von Ehringsdorf bei Weimar und seine Bedeutung
für die Beurteilung der Klimaschwankungen des Eiszeitalters. Zentralbl. f. Min. Geol. und Palaeontologie. 1909. S. 23—25.
— und H. Hahne, (III) Die palaeolithischen Fundschichten und Funde der Gegend von Weimar. Zentralbl. f. Min. ete. 1908.
S. 197—210.
Zittel,K.A., (I) Handbuch der Palaeontologie. I. 4. 1891—93. München—Leipzig.
Tabelle I.
Form und
Fundort
Lamellerl- _ ’
Sammlung Formeı Fänge |Breite
Langen- Lamellen)
Quotient
MM III.
chmelä Invadierte | Komplete
stärke| Lamellen | Lamellen
m
Schmelzfiguren
Form der kompleten
and.
form der
Kauflache
Mammillenzahl
der
Lamelle
des
Externpfeil Unternpelerd
Bemerkungen
27 Manfigung.r [mand sin [Museum Damstacr 23] 21 [190] insitv 27735" 6,0 | -ı Ben = =
DE anmauug er Imand sin |beologinst Heidelbg| x 3x | 2,3 em Fe Re) — anne lattan.medlam! vorhanden | vorhanden |sehrgutl D3— —
17 El.antiquus Dach [mand sin | MuseumWeimar |*; 20,5 non] 205:35- 5,8 0,5| — 2 — — | = = = gut = = ER Derhahe LLGmibeing
18 |Elantiguus „_, |manddextral Museum Weimar 19 3 1e(m|:3>°5.4 105] — = — — | = — = gut — Eure
Tabelle II. MMI mand.
form und Stellung S a Bei Komplete | Form der kompleten | Form der |Verschmelzungs- Dickenzunahme Bleftenzünatime Erhalt Mammillenzahl 2: Bone)
Ne Fundort Gebiß Ss ange) Sielt Figuren | Schmelzfiguren Kaufläche typ Schmelzbüchse|Schmelzbüchse Lamelle np Inerpfier, BER IEN
5 jElmerdionalis __|mand.sin. [Museum Basel |x5*!| 62 HERZEN 5 21 Te länglich oval Preiebesteg| Stark SIaULEREE Keirylln] 726, Ai
26 |H anfiquus_ mand sin. ‚Museum Darmstadt} «5x | 64 insitu [69696 1-12 4 2 rhombisch minimal unregelmalsigschmallbandförm.latanmed.lam. | gering malsig isehrgut | 2 — 1 u u
„2 |jE. anfiquus mandsin Museum Darmstadt\x' 5x | 60 insitu 160: 6° Sol 4 | es ‚schmal, bandform lat.an.med.lam.| schwach malsig isehrgut | 5 7 1 | . B
23 |. ENTE Imand dextra Museum Darmstadt x 5 x insitu 195 :3,5 10,0| | 4 ] 1 rhombisch,ehwas unrzgelmälsig[länglich schmal |lal an.med.lam.| schwach mälsig \sehrgut _ | |
1 — H-— - >= - Y — —
13 |El antıquus _,.mand sin. |Museum Weimar 73 (v)| #41) [73:3 9,1 Ei 7 7 rhombisch Ischmal,länglih| | — kaum kaum |sehrgt| — =: - RB
El. trogontheril _ Imandsin |Museum Mainz |x7x | 65 |32(W)| insitu 165:7,5°g 7 7 4 lunregelmälsig bandförmig | birnförmig — — _ gut — = za
1 Ibodnmedkehlegera | mand.sin |StadtMuseumGera|x!8x | 67 25(vi)| 3)” 9 7,4 1 |unregelmälsig gezähnelt |schmal rechteckig — mälsig | mälsig |sehrgut — - - =
MMII max.
6 El:aniquus_. max.dextra Geolog Inst.Heidelbrg| x 7 x | 78 Ö) 2 —— schmal |latan med.lam| . stark stark mälsig _ - = |
25 |Elanlıquus ,_ |max.dextral MuseumDarmstadt|x6 x | 63 — Ischmal,etwas al - gering maäfsig gut — Ka RE
10 |Elanfiquus _ Imax.dextra Geolog Inst Heidelbergx'6 x | 65 — schmal = malsig stark |mafsig stark | gut = er ie RE
I) EIORAqUU SEHEN max sin. |MuseumWeimar |x6x!| 76 nu ınsitu | 76: 7.5470,1 11-15 6 6 rhombisch Bchmal,bandförmjlat.an.med lam| vorhanden \vorhanden | gut — = s k
8 jEl.anfiquus ubacn max. dextral Museum Weimar #225 x - 31V) insitu 15: 559,7 | 5 5 | etwas rhombisch \oblong schmal = — — gut | = = _
43 |& Frogonmherii „un max. sin. [Museum Darmstadi x 5 x 31 I 34 (v)|61:6 0,1| -1 5 2 breit bandförmig ER at med.lam.| wenig mäfsig gut — - De
24 |Eltrog. ‚var.anfiquus S | max sin. [Museum Mainz |x©x 25 M) 30 (1)\63: 6.5°9, 7 075-1 6 3 etwas rhombisch | bandformig jlahan.med.lam) kaum [deutlich erh. |sehrgut _ IL | in
44, |E. trogontherii ch | max sin. [Museum Darmstad! x © x a 32 28(V)]60:65°g,2 -ı 6 © _‚breit,wenig raulenförmig |breit,wenig oval _ I gering gering gut = |
75 Fiommern om, max. sin. [Sammlung Rebling x 6x!| 64 | 23({i)| 37(v)|6*:7 9,11” | 5 1 unregelmäfsiggewunden schmal |latanmedlam| sehr stark | stark a Zu ss
7 r aufläche x =
2 [El primgenus „nel max sin. |MuseumGera |x8x | 58 | ? | #0(m]>28:8: j 3 0 — = | = mafsig stark |schleht| = B
Palaeontographica. Bd. LX.
Tabelle III. | MMI mand.
fon m — m N
Ne Form und Stellung Serra Höhe Längen- LamellenSchmelzt Jnvadierte |Komplete | Form der kompleten | Form der |Verschmelzungs Pickenzunahme Breitenzunahme eh Nammillenzahl dr, Benerkur
Fundort Gebils Quotient |stärke| Lamellen |Lamellen Schmelzfiguren Kauflache typ |Schmelzbuchsen Schmelzbüchsen Lamelle Eepee Inernpees Sen
3) |Erantiquus ,„ |\mand sin |MuseumWiesbaden| «9x | 129 | 36(M) insitu |129: 102,9 1-15 rhombisch schmal == — gut — = _
32 |Ekantiquus _, |manddestra|MuseumWiesbaden| 9x | 125 |37(M)| insitu | 1251072 5 |1-1,5 ji rhombisch schmal | _ u gut
25 |Ekanfiquus __„ Imand.dextral Museum Mainz 120 \40(D)| 75 (m) 120:10;, 9 1 » | 2 ni een Mami handfärmig |1 Iatan.med lam. | gering nichtvorh R
12 |Elentiquus _,_.. manddextal MuseumWeimar |x11x | 128 133(11) insitu ee ı 1 10 17 | schwach rombisch | schmal _ |latanımed.lam | gering gering Al
44 je. 1 erben mand.dextral Museum Weimar \x10x| 122 |41(y)|5o(vu)| 12:11, 11,0| ! 9 4 schmal; bandformig_ |länglich schmal |I2! En INEE NEN mäfsig mälsig schlecht| 12 (1X) — |siehe Wüst.S. 253
78 NET, mand sin |SammlungRebing |x10x| 117 135(M)ezW) 17 ige ı | 7 oa ee schmal langhih alla medamiemiihbedeutnd mäßig Isehrgutl — = 1 je
66 | El primigentus , |mand sin. | Museum Karlsruhel «10x | 98 |37(M Zur 3.1 gg| 1 © — rechtekigetwasovall unklar mälsig mälsig gt | 6-7 — — | siehe Pohlig 5.117.
4, jlEläpr en manddentral MuseumKonstanz Ix11x| 105 | 2? [65(m)| 105: 28 ı = = — — lattan medamd®?’_— — | Kalkkongretion verdekt
Zu EN mand doc] Museum Konstanz |x11=| 102 42m) 53x) 02:12 8,5 ml 11 & |medanschwellendugezackt| lang schmal |latanmediam| nicht gering \sehrgutl & (XI) — =
MMI max.
s | merichonalis, ., Imaxdextra | Museum Basel |%7x | 107 |46(M)| insitu "9°°3°13,3 11-2] 7 etwas rhembisch |oval,länglich en Eee gut — —-— | —
7 ie anfiquus „ |max dextra| Museum Weimar x10x| 121 m a) 2 N nolı 5 wenig rhombisch \schmal,oblong |latan.med.lam.| minimal mälsig gut 2a) | lb
48 |Elfragontherii __ Imax.dextra MuseumWeimar | x2 8x 55 (yn)| 77° 3° 2 8 schmal,etwas rhombisch| rechteckig eckig [Pay sche" minimal gering gut — u Me a Ve hang
68 [Eltrogontherii max. sin |SammlungRebling 129 | 2a) 83:9°92| 1 &) medlan anschwellend [rechteckig.längli minimal nicht Bentigd zu |
65 | primigeniuis Enherm | max. sin. | Museum Karlsruhe 95% 60 (X) |10*:11- 9,5 10 El gut Siehe Pohlig 5.117
s2m El PEmTaeN us 1, |Imassn Museum Karlsruhe|x! insitu | 102:1- 9,2 9 5 |schmal,med.wenig gezackt| oval latan.medlam _— —_ gut 4 1 l
3 | u Pe ggenstin a Rhein ||max dextra] Museum Karlsruhe|x! 10x insitu 193: 9,3| ı 9 5 " u latan.medlm] 3|— = i Beer i
27 |H ge max. sin. \Deolog.Inst Freiburg |x 10x 8 ran 8 5 schmal oval,birnförmig |latanmed.lam| stark sehr stark | gut | 10 (v1) I “
6 |Elprimigenius 37x 53 137(1)| 70(v)| 53:8 6.6] 1 SEO — — latan med lam.) gering stark gut = N
Emmendingen | MAX Sin. Geolog.Inst Freiburg
Palaeontographica. Bd. LX.
Tabelle III. MMI mand.
s " Lamellen ' R Höh Langen- Lamellen Schmelz| Jnvadierte |Komplete | Form der kompleten | Form der |Verschmelzungs Dickenzunahme Breitenzunahme El Mammillenzahl 3% En Kohrerk
ammlun ange | Breite | Hohe n er dene rhalt der emerkungen
I | formel 3 Quotient |stärke| Lamellen |Lamellen Schmelzfiquren | Kauflache typ (Schmelzbuchsen|Schmelzbüchsen Lamelle |Externpfeilersnternpfeilers 3
Ne
3] |Erantiquus 4" ||mand sin | Museum Wiesbaden 129 | 36(M) insitu 07 1-15 rhombisch schmal E= - gut - _ En
32 |Elantiquus 4, |jmanddextra|MuseumwWiesbaden 125 37m) insitu |125:1072 5 |1-1,5 _ rhombisch schmal | — ee |
25) jelanfiquus "7, Museum Mainz 120 \40(M) 75 (m) | 120:10 72 0 | I 4 2 Dice ent bandförmig |latan.medJam.| gering nicht vorh. sehr gut. — 1 1
12 |Elantiquus „0, |manddextal Museum Weimar 11x | 128 |33(1) |insitu BERToe 1 10 7 | schwach rombisch | schmal _\lalanmed.lam | gering gering |sehrgut| | — u
44 \El.trogonfheri, _ Imand.dextral Museum Weimar |x10x| 122 |41(v)|50W)| 22:17, 0 | 1 9 | 4 | schmal,bandformig |länglichschmal 2tan medlem | mäfsig mäfsig | schlecht| 12 (1X) = siehe Wüst.S. 253
78 |E. trogonfheTit om, mand sin | Sammlung Rebling |x10x 17 \35(M)| 67 | 17 Njo6| j 7 On nee |schmal länglich |fe! POnmedlanE ziemlibedeuend mäßig Isehrgul 3 — El DER ä
66 EI primigenius \ . |mand sin | Museum Karlsruhe] «10x | 98 |37(M) 70(wm)| 98:1 gg | ı 72 (0) mn | rehedigehasonl unklar mäßig mäfsig gut | 6-7 I siehe Pohlig 5. 117
| z
EI PEN Gen |manddexiral MuseumKonstanz |x11 «| 105 | ? Test) TO gg | ı - — — )lahan medlamd — er
2 |Elprimigenius \mand.dextral Museum Konstanz | x 11x | 102 [#2(yil)| 53(IX)|102:12 8 5 ment 11 8 |medanschwellendu.gezackt| lang schmal \latan.medlamı nicht gering |sehrgut| 8 (XI) == —
MMI max.
atan.med.lam
8 |lElimeridionalis maxdextra | Museum Basel &7x] 107 46(W)| insitu 1979 °13,3 |1-2 H
Jasso.Yald'Amo etwas rhombisch \oval,langlıch Ba ah) = = gut — >
7 | TERBUE max dextra| Museum Weimar |x10x| 121 |32 DIE) AI ol ı) 5 wenig rhombisch |schmal,oblong |latan.med.lam.| minimal mäfsig gut 7(?) — |
48 IE a knborn maxdextra MuseumWeimar 2 8x| 77 147(M] 551) 77 3° 9,6 IM 8 schmal,etwas rhombisch| rechteckig EL minimal | gering gut — En SER EER
68 |Eltrogontherii max sin |SammlungRebling «x294 83 [s5(ıN] za(vı) 83:9 9,2| ı 9 medlan anschwellend |rechteckig.längli minimal nicht Biemthguf _ Bee
65 |0 primigenlus_ „m | max. sin. | Museum Karlsruhe ko 52(V)| 60(X) 1 gut Siehe Pohlig 5117
schmal, med.wenig gezackt latan.medlam 2_— B — gut
82 | Plynknamen|maxsın Museum Karbruhel!
83 | prmigenus
Eggenstein a Rhein
21 er max. sin. \beolog.Inst Freiburg
35 schmal
6 j|E Be mendingen| MAX Sin. |Geotog ins Freiburg 266 j —
Palaeontographica. Bd. LX.
max dextra| Museum Karlsruhe] x! latan.med.lam.
oval, birnförmig a) stark sehrstark | gut
latan.med.lam.| gering stark gut
Tabelle IV. M.- I mand.
No ne Pi Samaling Lamellen BE Längen-Lämellen: Keus Invadıerte |, Komplete‘ | Form der Kontpjelen VerschmelzungsDickenzunahme Breitenzunahme Mammillenzahl
iss formel Quotient stärke |Lamellen Figuren | Schmelzfiguren typ. Schmelzbuchsen Schmeizbüchsen taking anelle temp Inter Bemerkungen
3 ee mand.dextra Museum Basel |x10x | 163 | 51 (Il) IDEE DE 0 == Sie (efdmımesem N geing JE iemlthlbegetend gb De = =
4 |Eanfiguuf er mand.dexralGeolag.nstHeidelbryx 9x!| 155 szWml insıt 135 7075,511-2| 9 7 | rhombisch | bandformig |atan med lam a] vorhanden | gut = l we i
2 |E anfiquus .. |mand.sin Geolog.Inst Heidelbrg x 10 „| 131 | 31(M)| in st 1317053, 11-2] 10 | 8 hombischstarkdilahert bandförmig Ilatan med.lam. stark | sehr stark | qut - _ _
20 en mand derrd MuseumDarmsuact «11 <| 179. | 50 ( 115 (x) 179: Bas 2 9 3 rhombisch chmal,bandförmig lat.anı med Iam. Inicht vorhanden! gering gut _- Dres
22 |E. lern mand. sin, [MuseumWeimar |x 11x | 165 |62(N)| 90 (X) 765° 2137 Fl 2 8 bandförmig,schmal \oblong,schmal PENEAEN kaum vorhanden kaum vorhanden gut Ge 1 | 1=2° Intervalle sehrian
45 jEl.trogontherüi \manddextral MuseumWeimar| x 11x | 159 471) 101(v) 159° all 5 |7® — _ Iatan meaam mälsig malsig gut, en 2] Tim hanırus eiwas z
ae too Eon mand.dextra| MuseumWeimar|x 12x| 172 | 6I()) 91 (xı) 172° Beim! al) IN 4 bandförmig oblong birnförmig BAL en KenorTaEn ieh vorhanden! gut | Be 2 In oo
6) ann mand dextra Sammluna Soergel" 229% 10,9 sol) 65(1X) ze 9 3 en. oblong [ganz unbestimmt kaum vorhanden kaum vorhanden gut = ae Dee
3 EI DENE BEN Momnhein mandsin. |Museum Mannheim x 12 x | 124 + ZU SEE =1| 12 9 |med.aufgebauscht oval,rechteckig |latan. med lam _ = gut = ie er
er |. Pr heralluvium? manddextra| Museum Asa 15x| 146 | 53()) 102) 7*®: Er A 7 bandförmig birnförmig |lat.an med \am |kaumvorkanden kaumvorhanden| qut Sr
7 EHRE Sn mand sin. |GeologInstFreiburgk8:3=5 72 | #1(i]] 6avun) 728° 90 | 8 l schmale Bänder | oblong je Ben bedeutend | bedeutend | gu | 9-0 | -— | I
NM am
16 ae Imax dextra, 28x!| 127 | 54{) go (un) 127 94,1 2-25) 8(10) | 6(8) rhombisch Jänglıch,wenig ovall at an.med.lam. |sehr gering sehr gering | gut Zi = Sa is
9 |El.antiquus max sin |beolog.Inst.Heidelbrgx 10 x | 142 13.6. (V) 86. (Vı) 142: 1172,9| 1 SO - — E an medlam | vorhanden | vorhanden ji guf —— rei
27 |E antiquus max dextra Museum Darmstadtx 10x | 126 49I| 66(IX) BE l 10 10 Irhombisch,stark festonierten Schmetz| schmal kardformgichmenfsiähat nicht I nicht |sehr gut _ er ZN
18 Eltrogontheni(aranhıqu x. dextra | Museum Mainz 1704 105 [EXO) TE 9 9 \ewasrhombischmedweniggezackt! breil, rechteckig re — — gut — re "8
49 KH frogontherü, | max. sin. |Museum Weimar |x 12 x Sl) nah) 169:1253 11-15] 8 1 unregelmäfsig.gewellt | oblonng,oval | latanımed lam.| gering en sehr gut | 6 (VIII) ) ) =
Tan max dertra Sammlung Rebling x 10x Sal) 96 (iX) |" za 2 I 9 > bandförmig birnformig |lat.an.med. lam.|ganz gering maßsig |sehr gut — ven u
ze vos RG) mardera )1137 151,9] | 11 I ee] rechteckig De | 9202 gering | nicht |sehrgut — _ Wi F
24 | Ge max. sin. 131 un y|ı N Il en | rechteckig | — |ganzgering | nicht Isehrgull — le u
27 RL enknerg en) MAX. Sin. 22} 22970 7 0 - klwasellpfisch ol nicht Feststelbat gering gering | gut _ — —
28 primigenWN, mar dextra 78 : 8591 ) u 7 0 — elwas elliptisch oval nicht Feststelbar | gering | gering | gut —_ _ _ :
Palaeontographiea. Bd. LX.
»
Tabelle V. M II mand.
form und Stellung i Längen- Lamellen Schmelz; Jnvadierte| Komplete“| Form der kompleten” | Form der \erschmelzungs- Di
N: Fundort Gebifs Slallug Bine Quotient |stärke Lamellen | Figuren | Schmelzfigur Kaufläch Schmelzbü In nt ae im des im. Bemerkungen
guren ache chmelzbüchsen\Schmelzbudhsen ExternpfeilersInternpfeilers]
6 |Emeridionalis, ., . Imandderra| Museum Basel |x8x | 197 ZA) E zn) 197921, 8123| 23 6 Iehwasrhambischmed stark gezackt breitrehedig o,,)> latılam.medlam?] gering gering gut — —_ =
7 | meridionalis, Arno |manddextral Museum Basel |x9x | 190 |69(I11) 93x) 190:10; 9025| © breit, med.anschwellend |länglich,rechteckig Iatan(lam)medlam| mafsig el gut 7. 1 nz j
227 El anfıquus 4 \manddextral Museum Mainz nz] 28 77m) 1360) 8 __|rhombisch, stark festoniert |oblongbandförmig!iatan.med.lam.| gering gering Isehrqut| 2 — Eee ö
20 jElantiquus __\manddetra |Geolog.Inst.Strassb, x29x| 194 62) in situ 8 rhombisch 5 einladen mafsig mäfsig | out — — F ==
19 |Eantiquus _ |mand.sin. \Geolog Inst. Strassbg?= 9x| 193 sh) insitu 8 rhombisch ischmal,bandförmig [nicht festzustellen malsiq mäfsig gut _ = u
1 |jEranfiquus | mand.sin. (Geolog Inst Heidelbergix 12 = | 240 sel) 13Evın) 5 [rhombisch,nicht sharfausgepragt schmal, bandförmiglatan.medlamtypisch gering mäfsig Isehrgut| 10-12 ig Er
12 |Elantiquus __ [mand det (eo landesanstKarlsruhx!11 x | 214 |57(Il)| insitu 2 rhombisch ischmal,bandformigllatanmedlamtypish maälsig Keutlich vorhandenisehrqut| 8-9 | ui ü
Te manddextra Geolog.InstHeidelberg’x 12 x| 21,3 | 59(IN)| in situ 4 rhombisch Eigentum Iatanmedlam. | mäfsig vorhanden Iscehrgut| | 2—
2 |Elantiquus _ |Imand sin. | MuseumWeimar |x9x!| 187 |62() 106(IX) 9 rhombisch schmalbandförmig| — kaum kaum Ischrgut| 3 — = — Willich liegt MLvor
3 |E.antiquus, manddextra| Museum Weimar |* 9x!| 185 | 61 v)112(X) 8 rhombisch schmal, bandformig KEN kaum kaum |sehrgut .- — = Original uPoigs290
10 |Elanfiquus _ mand sin. | Museum Weimar IB: 225 | 62V) insitu 7 rhombisch schmal,bandförmig at. med lm] 2 — _ gut —= 1 j
4 |P-anhiauus, ort mand sin |Museum Weimar X134 220 Soll)! 151(X1) 7 rhombisch | sehr schmal Iiatanmedilam| nicht gering |mäßig — | 119 orignatzu Pohlig S.167
19 |E: trogontherii _ Imanddextra|SammlungReblingx12 x | 220 | 91V)! 129) Eee) | 10 schmal, gezackt breit, rechteckig |ganz intermediärl malsiq mälsig gut = iss
8 IE} frogontherii I mand dena Museum Weimar Ix11 x| 200 | 75(iV 12400) 200-1276, 6|- 21 710 6 | med. aufgebauscht | oblong,oval |latanmed.lam | stark kaum gut —_ Seien
7 [fl trogontheri , |Imand sn. |Museum Weimar |x11x | 187 | zo) naln)]787 W356 21-2 | 10 |5(6) Imed aufgebausht — » Fi u " gut — | = |} sehr unregelmätsig
12 |E} trogontherii _ ||mand sin. | Museum Weimar |X11x | 189 zofıy DIN zer neen 10 | schmale Bänder | oblong latanmedlmunkar minimal | minimal | gut 1 I \ fe sehr starke F
13 |H Hrogonthenn nun Museum Weimar |x11x | 188 [301 101 (K)\188:12 75,6 115 | 11 9 D " ' " " gut | je Cemententwicklung
67 |E! trogentherii _ Inand.sin [Sammlung Soergel x11x | 179 | eı(n)| 6a(xı) 179-1 2155| 15 I | 11 \sehr schmale Bänder | oblong, schmal a gut = ste ementeniä
22 |tl,primigenius __ Imand.dextra Museum Weimar BaN5% 178 |70(X)| insitu |178° Böj4|-2 15 12 lunregelmalsig bandformig oval lätan.med.lam.unklariı_—— —_ qut Bil
13 |ET,primigenius „Imand.dextral&eolog.nst.Freiburg x15 x] 180 | 63{v)| no) 180° 16° 11,2 11-15 schmal (oblong [ln med.lam.| nicht gering | gut ) 1
14 EBEN mand.sın. \Geolog.Inst.Freiburg'x15%| 181 | 61(IV 120/] "87: Enz ” " " BEN: U (I
Zu EN DDINgenIUSTuRE nnd dea215] 165 75(v) 1300) 55: 1*71.0 schmal länglich, oval |latan.med.lam.| minimal i ?
5 jElprimigenius Imand.deira| Stadt MuseumGera |x 6x1 185 | 58{I1) 1220) 2 lzro)s 14 I sehr schmal länglich,oval | intermediär nicht i _ _
2 mand.sin. |Fürstl Sammlung Gera] x 15 x| 147 3m) 100(n] 197° el =] U 2 sehr schmal oval, rundlich em nicht i _ _
5 je! primigenhus,,, Imand dextra Museum KarlsruhP22012% 115 69V) 61 KLEE 83 1-15 wa med.aufgebauscht | rechteckig [nicht ersihtlih | nicht i ii = _—
Palaeontographica. Bd. LX.
Tabelle VI.
MII
max.
Ne Form und Selling Semlurs Höhe Längen- Lamellen Schmelz Jnvadierte |Komplete | Form der kompleten | Form der KrschmeungsDidnzunahme Breitenzunahme Mammillenzahl
v Fundort |Gebils Quotient |starke| Lamellen | Figuren Schmelzfiguren Kaufläche typ Schmeizbüchsen|Schmelzbüchsen Erhalt Kameile ep Intmpler Bemerkungen
EI. Anne max.sin. | Museum Basel breit, med dilatiert | breit oval [ermmedi| gering | gering |semaul 10 | 2 | 2 |
El. meridionalis ||max.dextra| Museum Basel meer 2 " „ ü ü ji 10 2 Dei 2
14 Mosbach || max. sin |Museum Mainz 88 9x| 184 [65{W)| insitu "6,7 | 2 | 9 [9 rhombisch bandförmig | = nicht kaum | gut Zur =
15 U __ Mosbach |jMax.detra insitu 7 17,6 | 2 9,8 | hombisch bandformig — | nicht kaum | qut _ _ _
42 I Mosbach max dextra: (enkenberg.Musrankfix 12 J6)| 220 16,9 2-25] 11 7 rhombisch _|schmal,bandförmig latanımedlam.typ! kaum nicht Isehrgut 8 Mene)
13 | Mauer | max sin. \beollandesanstKarisruh“210 x in situ |196: 10.5 18.6 2 9 5 rhombisch schmal,bandförmig] lat.au.med lam schwach | malsig | qut Be 1 1 -
8 IS Mauer |mar dextralGeolog.nst. Heidelberg N\ itu 1192 las 2-3 10 10 breitrhombisch starkdilatiert| etwas oval Ilatan.medlamı malsig mäfsig gut = — — |
6 S __ Taubach |maxdestra Museum Weimar |x12x| 218 |57 1) 1481) AS 152 7. 3 rhombisch Jlängtich rediteckig latan med lam| kaum nicht sehr gut er el | |
ER Arge max.dextra| 1x] 186 | 8oln |172(n)]"3°:"Si6, 1 Fe] 1 7 rhombisch |breihehwasoval |latanmed.lam| kaum kaum |qu | — ) )
8] Q Taubacn |max.dextra x210x| 147 | 80(W) | insitu [7 "0"14,7 15-2] 10 10. Tehombrn nase Sungzagen Drei, rechteckig) — mäfsig gering gut —- | = | -
= nn max.dextra | Geolog Inst. Jena bo]2x 184 \68(iv)] 118(X) 258 ze 122 d rhombisch rechteckig länglich| lataa.med.lamı gering kaum gut — | |
39 Mosbach |max. sin. |SenkenbergMus Frankf.\512 x | 224 | 95 NW 105X as 25-3 10 5 breit bandförmig medgezackt; birnformig ee] ® | mäfsig sehr qut 7 GERN
25 una. __ Mosbach | Max. dextra Museum Mainz |x11x | 168 | - = ER 1401-15) 2 (0) — — | mafsig = malsig — Erle
6 | Teufengrapen max sin. |Städt Museum bera «14x | 24,0 | 91) | 162(u) 2*0:75 16.0 225 13 9 breit. bandförmig |breit rechteckig |lat.an.medlamı mäfsig mäfsig | gut — _ _
5 Süfsenborn max dextra| Museum Weimar'x13x | 207 | 68{ll)| 138 (X DR |R2al 1 2 | — oblong,oval |latan.med.lam| kaum nicht | qut I age
42 N _ Süfsendorn |Max.dextra x13x!! 201 55 (11) 157 (v)120°:'* 15101 152205 Sl —— schmal |latan.med.lam| minimai stark sehr gut ER _ _
39 S Süfsenborn | MAX. Sin. x12x| 175 |85(1V)| 156(X1 VRR 15-2 1] 6 |schmal, med. aufgebauschtjoval, rundlich |latan.medlam| nicht vorhanden | gut = TB u =.
55 OD) Süfsenborn | Max.dextra - 15x! 21,1 14. 301m | 1,5 2 ? schmal — lat.an.med.lam| mälsig nz mafsig — — — |Rufl, stark zerbräckeit
56 | 2 Sufsenborn | Max Sin - |x17x| 23,3 Eu 5 bandförmig oval atanmed lam. | sehr gering | mälsig |mäfsig =
_51 |” _Süfsenborn| Max. sin. 24x 9m) 109°: 13.0 | 1,5 | 14 11 I med aufgebauscht rechteckig wenigoullat.an.mes Iam — | — Siehe Pohlig 5.169
32 | & Süfßsenborn | Max dextra 168 | 79m) 131(x1)| "68:73 12,9|1-15| 12 8 |schmal,medwenigaufgebausch] oral etw. rechtedig lah.an.med.lam| nicht mälsıg \sehrgut BEE j
76 Sälsenborn max.dextra |SammlungRebling| x14x | 192 | 58(1)| 135 vi) 125 Ban: 18:2 | unregelmälsig bandförmig |länglic schwachoall lat.an. med.lamı gering gering |sehr qu _ _ _
#1, Eohehängenmax:sin. [beoiag Inst Freiburg x15% | 172 | 6 |1sılaı) 17? "°jo,2 1115| 12 gering |sehrguti 2 — zu
zus nn 200. &15x| 167 | 66 |) 167: 71-15) 12 6 ü " " " „ " - a - R
ge S el max dexra Museum Karlsruh S15X| 163 | 80(VV) insitu 109° >35, 1-1,5| 14 12 bandformig birnförmig |atanmetlam — — Ischruul — - |
73 & A EE max.sin |» “15x | 166 |80(v)| insitu [166160 4 1-15] 13 11 " " " = — u = =
CH iS LE un Imandextral + x16x | 15% | 67(m) 139001) 1%.” 9 1 11-09) 12 ? bandförmig oblong |latan.med.lamı nicht nicht gut | 6-8 2 [ 1 |Kaufl, schlecht erhalten
a Eur fmaxsin | » + 16x] 159 | 6Hlm)] 127°” 4 I-hs)] 12 ? " „ " n l 2 2 1
3 | Umaezertoil mar sin, Stadt Museum Gera P22314k 128 schmal va | — nicht nicht en = Me
2 = Rheinschotter| maxdextra [Museum Mannheim +*e1l4 100 | 48.) Bez 2 " u unsicher nicht minimal | qut | 5-6 15238 selie
Palneontographien. Bd. LX.
m
Tabelle VII.
M Ill
mand.
To Palaeontographılaa. Bd. LX.
Form und Stellung 1 ., |langen- Lamellen! Schmelz Invadierte |Komplete |Form der kompteten | Form der Verschmelzungs Dickenzunahme Breitenzunahme Mammillenzahl |
0 T ange Breite | Höhe der der Erhalt der des | des | Bemerk
Fundort |Gebils formel Quotient |stärke| Lamellen |Lamellen , Schmelzfiguren | Kauflache typ |Schmelzbüchse Schmelzbuchse Lamelle _fExtempkiktsjnternpkikrs| sungen
40 Ü Mosbach mand dextra Senkenb Mus.Frankfurt ya 264 65(n) 15+W1) )| 26%: 15: 17.0 5-3| 5% |HhombischponZacke Stark vrspring d bandformig ‚atan medlam sehr gering | sehr gering |sehrgut
DI I Mauer mand sin. [Museum Darmstadt XS 200 | 68) 86 (ix) 200: ums 7 2225| 10 Ü rhombisch,med stark gefaltet | schmal, bandf. lat an mei lam | nicht vorh malsıq : qut —e ı I i
Bei IR zen Pisch ! = 1 =
1 I steinheim |mand dert Naturalienkab Stutgar x15 x | 310 | 65(1)|166(X) [205.500 |3-35| 10 4 rhombisch bandformig lahanmedlam. malsis kaum vorhanden] sehr gut\ — | |
IS 1 : IE I] wer =
1 23 Baar manddextra| Museum Gotha dass 266 70(W) insitu |266 “io 6\2-3| 15 8 rhombisch, med dilafiert |schmal, länglich laratumed Iam.| mälsig deutlich ausgepräl sehr gut| — IDEE m
Di = 9] al sl = Seen
oo SS Valdı Chiana |mand sin. |Museum Basel %316x | 277 221) 1440) 277: 16557 335 1% 5 |breil med. stark dilatiert schmal bandförmg lat, med. Iam stark [ziemlich stark Isehrgutl 5-7 | 1 | | |
I Elantiquus Lee han dextrafürstl Samlung Gera 18x 339 | Bolvı) 144 (XV1)1339: 13° 13,8|23| 17 10 rhombisch ang, schmalbandf |latan med El stark ziemlich stark | sehrgut — = =
24 Eaniausriaynhe) mand sin. |Museum Darmstadt|* 16x | 245 |75(uni] ın situ | 2 8 bretbandforig meist ga eliptisch Anızs, |latan. meclam gering nicht vorhanden sehr ut | 6-8 ) | 2 -
9 | Mosbach ||mand sin. |Museum Mainz 519 332 8+(ı) \160(X1) x) 1332.19) 7,0|225| 1 5 |breit;med wenig gezackt an latan.medlamı| Stark vorhanden |sehrgut| 2 — = |
10 |. _ Mosbach mand dexrd Museum Mainz |x19x | 340 |85(vw) 156(X]) |3+0:79.557 174 2725 219, © _|breit, med wenig gezackt (eat lat an med lam stark vorhanden |sehrgut —_ — E | ae
SB) "T _ Mosbach mand denra u lei 305 | 82(m) ınsıtu |305:2075 7) - | 13 6 med wenig aufgebauscht een med lomvorhanden mäßig, vorhanden | gut — — | - ae:
30 V Süfsenborn Mand sin. |Museum Weimar K2>314% 293 aan) 142(1X)1293°7549,5 115-2) 10 & _\schmalmed etwasverbreitert| oval lattan.med.lam| vorhanden | vorhanden | gut 3=6 | |
a | |
71 S Süfsenborn ManddextraSammlungRebling| x17x | 330 1oow)!| II EEIBLEFEIPZEIER 9 [med plötzlich auf« oval, breit — vorhanden stark | gut | — - | -
66 N sursenbornmanddedralSammlung SoergelIx17% | 325 |85.(m)| 153 |32>° 18 17,5 2-3) 11 5 |breitimed. schwach ausgezackt er] unsicher vorhanden |sehr bedeutend! sehr | 6 _ — |
za (a) P 3 - "17, T En 7 EB; IT !\Mammillensp alfur
47 I, _Süßenborn mand. sin. | Museum Weimar 02 293 lunsichen 153(Vi)| 293:17°17,2|2-3| 7 (0) L — (ern medllam stark stark gut —_ = e REES
46 Senken Museum Weimar 18 = | 270 162 (11) 1soWn)| 270:18 75,0 23| 8 [6) — lat.an.med.lam stark stark gut — — | — |) die drei Hauptpfeiler
#17 = Süßsenborn manddextra| Museum Weimar ven 83 (V 105(Xı) 255 1675,9 2-22] 13 6 _|schmal, bandförmıg loblong wenigellptishlat.an med.lam |] 2 — — malsig 6 KERNE | ö
4 u Süfsendorn Mand:sin. |Museum Weimar | -16% | 26, v)|12800) | 26377754 12-25] 13 7 bandförmig De latan.med lamı — — gut | 7 | I BL
85 . Süfsenborn) mand sin. Sammlung Rebling|x21% | 32.0 | 76({I1) 157(x1) 1320: 21 75.212-3| 11 1(2) breit oval,etwasreditechig lat,anmed lam| vorhanden |sehr bedeutend sehr gut 6 LER fi id
10 Ü Sursenborn |manddextra Museum Weimar | x 21x 73 m)137@0) 316: 2243 222] 12 5 bandförmig (must latan. med la] — — sehrgutl 2 — = ®
| 1 | L _l —ı Sie
born mand sin. [Museum Weimar |x20x 75 (iM) 140(x)|295 214.0 12-22| 1 IB 4 bandförmig Bl latan.medlam 2— — sehr gut pr zer er.
79 2 AL mand.destro Naturalienkab Karls *20x | 305 (Ba 150(y)| 303: 20; 16 9 breteBändr,medewas aueh t oval, birnformig,| Iat.an.med lam.| vorhanden jortanden mag isehr gut _ _ a
80 mand.sin aturalienkab Karlsruh 19x 307 |n3ln)| 151(uv)] 307 19.56 712-3 | 14(15) | 8 on 90 |ovalıbrnnformig |latan.med,lam.| vorhanden | maisig sehr gut — ER
16 |Elogonlheniprimigenius| mand sin. Museum Weimar |% 17x 236 | 70(vı)| 96(Xl) 236:17* 13,8.|1,5-2 7 lat.an.med.lam| gering gering | mafsig ats u |
16 Rheindiluvium oo,jmand dextrdNaturalienkab.Kansruhl -18% | 244 g{vi) 123001) 241853 2| 2 oval latan. med. lam?nicht vorhanden Inicht vorhanden gut ee
24 S Nieder" Haftinsen mand.dextralbenlLandesanst Krull «22 | 279 | U) 129) 279° 2312 1 |1-1,5 lang oval jat.lammedan| gering |ziemlichstark | gut | 5-7 | 1 11-2
13 Ss eins dimnufv _ Imand.sın. Naturalienkab.Karlsruhlx1 20x 227 83 (vi) 137(Xl1)| 227° mal 15 schmal bandförmig oval |latan. Med Im ziemlich bedeutend mälsig Isehrgut| 7-9 1? 1? oe
23 = ueber man sin |Museum Weimar |x21x | 241 165 M) 123 (vn) 24: 2270,9 bandförmig [schmal nl red a.an.med lam.ı gering KIEL vorhanden| sehr gut 5 ll 1 | 1 |
10 IS Jungerer Lass Tmand. sin. |Geolag Inst.Freiburg “xs21% 227 |(W) N EBE schmal,bandförmig | oval, breit en nicht vorhanden |kaum vorhanden sehr gu _— _ _ 3
23 SE mand dextralGeolog Inst Freiburg 124.1 207:21°9,8 |1-1,5 bandförmig,geringe Dilatation malengeighaarlam medan an minimal |nicht ld JR _ — ==
M Il
Tabelle VIII. max.
Ne AL a Sammlung a Länge |Breite | Höhe Dr LamellenSchmelztInvadierte |Komplete | Form der kompleten | Form der Verschmelzungs- Dickenzunahm Breitenzunahma Mammillenzahl R
g: otient |stärke| Lamellen | Figuren | Schmelzfiguren Kauflache typ Schmelzbuchse Schmelzbüchse zul KamzilE Etepkiesintempfeles Bemerkungen
a ee ame max.dertra | Museum Basel |*14x | 264 | 94 (1)1139 (1) 26% :'% 18,8 | 3 6 2 |breiteunregemälsiggezaikieBänder| oval. birnförmig | lal.lam.med.an ?2| unbedeutend i |
2 EEE max sin | Museum Basel lt%=21 20,8 | ? TU BES | 3 a breit.unregelmälsig en ne: an ne os = ZZ u
40 ER eek sın. |Senkenb Mus Frankfi14 x 3177 1731) 21803775 "21.1 |2-25| 5 I [bandformigbisscwacrhombisch etwas oval Ilatan.med.lam.| nicht en Er t 7 if 2 20 Porz
13 |Erantiquus _, Imax.sin. Museum Mainz |x15x | 310 |8+(ml1e7( 01679 3 2.3 | 11 7 En rechteckig | lat.an.med lam.| gerin Er = nn ee
5 [Elantiquus max dextra| MuseumWeimar 16x | 279 79 (1) zu (ix 279:1776,4| 2 TR: Al Hana wenig band Ian med lam I | a N Se 7 ng
Ei; An max.dextra Geolog Inslitutlena |x16 x | 261 | 70) \insitu 126117 15,3 | 2 &) 5 |rhombisch etwäs gezackt- ae Eihnmed Iam erin Em nn = I — | SI
ki ON bach max. sin. | Museum Weimar 317 x 1233 62 v|1570)1239 1719.1 15-2 u 8 breit.wenig rhombisch enge lat.an en mar Min ne! = | | IB | —
ni a etbae ” sin eo KB I () 218 W = LArIE SE breit, unzegelma lg oral | nicht sichtbar malsıq stark sehr gut sehr viele“ = | = ar
. nach ax sin | Museum a x21x | 320 |80 (V)| in sıtu ra 2 1 8 |med,aufgebauscht,bandformig| oval, rechteckig _|lat.an. med lam gut TrTameyır, —
Mosbach |Jmax dextra| Museum Mainz |x21x | 310 |79(V)| insitu [30:22 4140| 2 n 8 " D D E| Meer — ee Aw
| max. sin. | SammlungRebling 173-| 353 |61 (N)| 186(1v)1353 175201123 | 3% ) — _- unsicher |sehrbedeutend| sehr stark | gut — | — | _ MimaibreteditLamele
73 |[Eltrogontherii max sin |SammlungRebling x18x | 332 lse(i)hiaı Is 9 4 med piötzich aufgebauscht Van arm MahHTen 34 27, med.lam möfsig | mäßig Isehrgul 5 Delle ne
so | Arogontheriunen maxdextra SammlurgRebling |x18x | 302 |91 (N)| 192 (X)|302:18° 76,7 |2-25| 10 3 med. aufgebauscht etwas hans lat.an.med In gering | ering Arm 5 im L 1 =
65 EI. Togo m max. sin SammlungSoergel |x183x 300 \57 (II) II Fr) | unsicher mälsig En Em ae] =
36 N Bm | Mär Sin. | Museum Weimar 18x | 305 |102 (WI 153 (X) 30518516, 4| 2 10 6 _\schmalunregelmafsigggefältelt\ oval Iat.an?medlam.| mälsig mälsig | schlecht 6 nz j - En
70 |H EN horn max sin. | Sammlung Rebling 2.25] 13 12 [med aufgebauscht, stark gefältelt | rechteckig.länglich | lat.an. med Im gering sehr gering | gut ii Dem
41 |El.trogontherii [max sin | MuseumWeimar 5 andermig medalmälchanscwel. ovale echte lat an mediam | nicht mäfsig gut + | ı Ne
79 El.trogontherii max sin. | Sammlung Rebling } 2 |unregelmäisig gezack! u gefältelt oval latan.med lam. | gering sehr gering |sehr gut 5 Pain 2 Bin:
64 [E-frogonthert, m | max sin. | Sammlung Soergel 15. I |bandformig,geringemedAufbauschg. oval lat.an. med.lam gering gering sehrgut| 6 imeilsalls u
69 ran max dextra Sammlung Rebling ©°20x | 291 \88.(VI) 160(XV) 291° 2044,5 |2-25) 16 10 bandförmig länglich‚rechteckig |lat.an med.lam.| gering iR gering |sehrgut Zi = .
15 El-trogontherü max. Sin Museum Weimar 16x! 248 84 (1 |166(Vı) 2#371774,5]| 7 8 hi bandförmıg oval latanmedlam| stark stark sehrgut 6 FT I Ba
32 |Eltrogontheril __. Imax.dexra| MuseumWeimar |x20x| 296 |66 (M)| 137 (v1) 296 20%74,.4| 15 | 7 0 — ovalenigredteillatan.med.Jam| nicht nicht | gut | circa 5 Zee us
Ban Ente MuseumWemar |x20x| 293 62m ı32(u2%3 20s14.3| 15 | 7 ı De R . -- Eu BE EEE
39 1. frogomiheri) max.dextra SammlungRebling |x 18x | 264 7] (1) | 162 (vn) 264:19°13,8 | 2-25 6 2 breit, bandförmig oval Istanmedlamunkları mälsıq gering |sehrgut| 5-6 — - -
29 EN or max. sın. 232 \87(V 123(x1) 232 171377212.25 12 9 wenig aufgebauscht oval latan.medlamunklarl gering nicht gut 5 I-2 l
872. |E-frogontherii max dextra| SammlungRebling |x 20x | 274 185 (I) ı (v)l27* 2" 13,.0|222 7 2 | bandformig oval Iatan.med.lam = gering bedeutend | gut 6-7 =>
18 BINDEDOn EN max.sin [Museum Weimar |x17x | 21,3 174.(v)| 18 (x)|273°175 72,2| 15 11 7 | bandformig oval.oblong |lat.an.medilam.| nicht nicht |malsig lem j
77 |Elprimigenus „ |max dextral Museum Karlsruhe &319x| 240 |113(vI) 122(vu]2*0:20 72,0 15-2| 19 13 | bandförmig oval, birnförmig|latan.medlam.| nicht nicht gut euren
22 RIP U[ERLUSEN max dextra | Museum Karlsruhe Be 24x| 279 |92 (VI) 188(XIV) 279: 24.547 4 1-15 15 12 bandförmig.breit oval lat.an.medlam| nicht | nicht sehrgut es m 2! l [
26 Kain heim 8 Jmax sin [Museum Karlsruhe 183 24x| 261 191 (V) |176(XV) 212% 1081-15] 15 | 12 | bandförmig, breit oval |lat.an.med lam zur 2 > u _
64 LS osdart max sin. | MuseumWeimar %33"1% 196 sz(vn)| 1350) BeTosl|le: 16 11 bandformig.schmal | breit,oval |latan.medlam.| nicht | nicht [sehrgut =
19 El.primigenius 5 max. dextra | Museum Karlsruhe X 22 x| 216 |8#{N) | 169x276 22° 9,8 15-2] 18 15 bandförmig birnförmig |latan.mediam| nicht gering \sehrgut 6 | 2 I l
3 Elprimigenius max dextra |Museum Konstanz *32+20x 195 |87(VII| 105(XVI) BESTE 16 13 Ischmale,glatte Bänder | breit.oval unklar nicht | sehrgering | gut SU — | — \diminutiv
N ERTLNSENE inge| mar sin. | beolog.Inst-Freiburg ®22x| 215 15541) 220:23° 9,5 I1-15| 18 14 |bandformig meddilatiert| oval unklar nicht al gut 5 1 12) =
12 |Elprimigenius , |maxexna]eolginst.Freiburg]«22x | 226 |sem)| 1711226. 23° 98 1-15] 18 | 1% Se . . 5 ı | 1@9
3 |Eprimigenuus, Imax.destra 189 |68{IV)| 144 (xy) 189° 2! 90| 2 16 12 | schmal, bandförmig oval lat.arı.med.lam. nicht | nicht |sehrguf| 5 —_ —
Palaeontographica. Bd. LX.
rc
u ee
3%
ERareleT
ES Ber}
le
Tafel-Erklärung.
Tafel I.
Mandibel des El. antiquus Fale. (Nr. 1, Inv. 1497) zirka 4, Sande von Mauer. Geol. Institut Heidelberg. Text S. 27, 28.
Juvenile Mandibel des El. antiquus Fale. mit M. M. III und M. M. Il in Funktion. Zirka Y,. Sande von Mauer. Landes-
museum zu Darmstadt. Text S. 28 für die Molaren S. 24, 25.
Dieselbe im Profil zirka 23 (zweiwurzeliger M. M. IIl.!).
El. antiquus Fale. M. II max. sin. zirka ?/s. Sande von Mauer. Großh. badische geologische Landesanstalt.
Mandibel eines noch in den Formenkreis des El. antiquus Fale. zu ziehenden Elephanten. Zirka Y,. Sande von Mauer.
Landesmuseum zu Darmstadt. MexteSsw29:
Die unter Fig. 1 abgebildete Mandibel in Profilansicht zirka 4. .
Juveniler linker Mandibelramus des El. antiquus Fale. mit M. M. III und M.M. IIin Funktion. Zirka 13. Sande von Mauer,
Landesmuseum zu Darmstadt. Text für’ die Zähne S. 24, 25.
El. antiquus var. trogontherii Bruchstück eines M. Il oder M. III max. Zirka 23. Sande von Mauer. Geologisches Institut
Tübingen. Mextes29.
M. III der unter Fig. 5 abgebildeten Mandibel. Zirka 13. Sande von Mauer. Landesmuseum zu Darmstadt. MexS229%
El. antiquus Fale. M. II mand. sin. Zirka 15. Sande von Mauer. Geologisches Institut Heidelberg. Text S. 26.
El. antiquus Fale. M. II max. dextra. (Nr. 42). Zirka ®/s. Sande von Mosbach. Senkenberg Museum Frankfurt. Text S. 33.
El. antiquus Fale. M. III max. sin. (Nr. 13). Zirka 1,5. Sande von Mosbach. Naturw. Museum Mainz. Text-S. 33.
El. trogontherii meridionalis Pohl. M. II max. sin. (Nr. 39). Zirka 4%. Sande von Mosbach. Senkenberg Museum Frankfurt.
Text S236, 3%»
El. antiquus Fale. (von Pohlig als El. primigenius Blumb. bestimmt). M. I. max. dextra zirka */s. Aelterer Traver-
tin von Taubach. Landesmuseum zu Darmstadt. Text S. 53.
El. antiquus Fale. M. M. III mand. sin. (Nr. 17) zirka 24. Aelterer Travertin von Taubach. Städtisches Museum Weimar.
Text S. 52.
. Derselbe von unten, die Einschnürung der Wurzelpartie zeigend. Zirka 24.
El. antiquus Falec. M. M. III mand. dextra (Nr. 18) zirka 25. Aelterer Travertin von Taubach. Städtisches Museum Weimar.
Text! S. 52.
El. trogontherii Pohl. stark abradierter M. II mand. sin. (Nr. 19). Zirka °/s. Süßenborn. Städtisches Museum Weimar.
Text S. 65, 66.
Al:
ve
fd»
Fa Bd
iR De 5 ? j I.
PART Dr “
Palaeontographica Bd. LX.
au u
u
En LE Pr
--
mn BI Bu A a %
4
W, Soergel
Soergel phot.
Taf.
u N VENLTEREEN,
men
RE RER
en N 222
Ten rtnpe an a
}
- ? u
un Be ni
Br " EEE u ER
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co,, Stuttgart.
; trogontherii Pohl.
Male.
Rn
*
n;
(u
4
£
‘1 or
Tafel-Erklärung.
Tafel II.
El. trogontherii var. antiquus. M. III max. dextra. Zirka %,. Balastiere de Flins (Seine et Oise) Museum Basel. Text S. 81.
El. antiquus var. trogontherii. M. III mand. dextra. Zirka 13. Uichteritz b. Weißenfels. Fürstliche Sammlung Gera.
i Text S. 20.
Derselbe in Seitenansicht. Zirka 14.
El. antiquus var. trogontherii M. III mand.sin. Zirka 4. Steinheim a.d. Murr. Kgl. Naturalienkab. Stuttgart. Text S. 46.
Derselbe in Seitenansicht. Zirka 1.
El. antiquus Fale. M. III mand. dextra. Zirka 15. Steinheim a. d. Murr. Kgl. Naturalienkab. Stuttgart. Mext>s. 45.
El. trogontherii var. antiquus M. III max. sin. Zirka ?/s. Steinheim a. d. Murr. Kgl. Naturalienkab. Stuttgart. Text S. 46, 47.
Palaeontographica Bd. LX. Taf. II.
er
[*
Een Se
BE a a i
u .r
Soergel phot.
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart.
W. Soergel: Elephas trogontherii Pohl.
Pom
1 9 Qu
Tafel-Erklärune.
Tafel II.
. trogontherii Pohl. M. II mand. sin. Zirka 23. Süßenborn. Eigene Sammlung. Text7S68,
. trogontherii Pohl. M. III max. dextra. Zirka ?/s.. Süßenborn. Sammlung Rebling. Text ‚S. 62.
. trogontherii Pohl. Nr. 28. M. III max. dextra. Zirka ?/s. Süßenborn. Städtisches Museum, Weimar. Inv.270. Text S. 67.
. trogontherii Pohl. M. III max. dextra. Zirka 23. Süßenborn. Städtisches Museum Weimar. Text S. 65, 66.
. trogontherii Pohl. M. III max. sin. Zirka 15. Süßenborn. Eigene Sammlung. Text S. 64.
. trogontherii Pohl. M. II und M. I max. dextra. Zirka %. Süßenborn. Sammlung Rebling. Text S. 66.
. trogontherii Pohl. Nr. 10. M. III mand. dextra. Zirka 13. Süßenborn. Städtisches Museum. Text S. 68, 69.
Palaeontographica Bd. LX. Taf. II.
oerg phot, a m . EN N
zone Fig Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart
W. Soergel: Elephas trogontherii Pohl.
zu
*
w
en
ET,
=
r
f
aa
f
I
“
©
Te
— Der
f,
Le} >4
— 15 —
Die Bryozoen des schwäbischen Jura.
Von
Otto Wolfer.
Mit Tafel IV—VIII und 28 Textfiguren.
Vorwort.
Die vorliegende Bearbeitung der schwäbischen Jura-Bryozoen entstammt der Anregung meines
hochverehrten Lehrers, Herrn Professor Dr. v. Koken. Ihm möchte ich auch an dieser Stelle für das
mir erwiesene Wohlwollen und die liebenswürdige Unterstützung bei der Ausführung meiner Arbeit den
wärmsten Dank aussprechen. Zu großem Danke bin ich auch Herrn Professor Dr. Fraas verpflichtet,
der mir das reichhaltige Bryozoenmaterial des Stuttgarter Naturalienkabinetts bereitwilligst zur Verfügung
stellte; ebenso Herrn Professor Dr. Schlosser, der mir aus der bayerischen Staatssammlung in Mün-
chen hauptsächlich die wertvollen Originale Waagens zur längeren Benützung überließ. Endlich ist
es mir eine liebe Aufgabe, Herrn Lehrer Hauff von Burgfelden, dem unermüdlichen und sorgfältigen
Sammler am Böllat, für die freundliche Ueberlassung seines reichen Materials, das wesentlich zur Vervoll-
ständigung meiner Arbeit beigetragen hat, herzlich zu danken. Ein großer Teil der mir zur Verfügung
stehenden Bryozoen stammt aus der Tübinger Universitätssammlung, in der sich auch die Originale Quen-
stedts beinahe vollständig befinden. In ihr habe ich auch das von der Universitätssammlung übernom-
mene Material des Herrn Lehrer Wittlinger aus Holzheim gefunden. Weiteres Material erhielt ich
durch Herrn Pfarrer Dr. Engel in Kleineislingen und Herrn Dr. Fischer, Assistent am Mineralo-
gischen Institut in Tübingen, außerdem aus einer Reihe weiterer Privatsammlungen. Bei der Herstellung
meiner Mikrophotographien war mir Herr Privatdozent Dr. Lang in freundlichster Weise behilflich. Auch
ihnen möchte ich an dieser Stelle für ihre freundliche Unterstützung meinen besten Dank aussprechen.
Palaeontographica. Bd. LX.
— 116 —
Allgemeiner Teil.
Nennenswerte Beschreibungen und Abbildungen schwäbischer Jura-Bryozoen finden sich zuerst
bei Goldfuß (Petrefacta Germaniae, Band I, 1827), der durch gute Abbildungen nament-
lich einige Formen von Nattheim scharf charakterisierte. Das eigentliche Verdienst einer ersten eingehen-
den, außerordentlich pünktlichen Darstellung gebührt zweifellos unserem großen Paläontologn Quen-
stedt, der namentlich in seiner Petrefaktenkunde Deutschlands Band VI, 1878—81
die damals bekannten Formen ausführlich behandelte. Jedoch beschränkt sich Quenstedt auf eine
einfache Beschreibung der verschiedenen Formen, ohne auf die Systematik weiter einzugehen. Auch
Waagen, dernach Quenstedt noch als einziger hier in Betracht kommt, hat seine Braun-Jura-
Formen mehr beschrieben, als systematisch charakterisiert.
Es war daher eine lohnende Aufgabe, die mancherlei Beobachtungen und Beschreibungen, die wir
über schwäbische Jura-Bryozoen haben, zusammenzustellen, soweit als möglich zu vervollständigen und
durch systematische Behandlung zu einem Ganzen zu verarbeiten.
In Ermangelung einer festen zoologischen Grundlage hat die Paläontologie natürlich mit erhöhten
Schwierigkeiten zu kämpfen. Sind ihr doch zur Aufstellung einer Systematik nur noch diejenigen Bestand-
teile der Bryozoen geblieben, die sich allein bis auf den heutigen Tag erhalten konnten: die Gehäuse. Zu
welchen Verwirrungen nun die verschiedenartige Bewertung bald dieser, bald jener Schaleneigentümlich-
keit geführt hat, das weiß jeder, der sich einmal näher mit fossilen Bryozoen befaßt hat. An außerordentlich
zahlreichen Einzelbeschreibungen hat es nie gefehlt. Daß diese aber in Ermangelung einer allgemein gültigen
Systematik zu einer wahren Flutwelle neuer Namen ausgeartet sind, ist begreiflich. Auch die bis in alle
Einzelheiten ausgeführte Systematik, die uns D’Orbigny namentlich in seiner Pal&ontologie
[rancaise 1851—52 gegeben hat, konnte diesen Mißständen nicht abhelfen, sondern hat sie eher er-
höht, insofern sie im allgemeinen auf sehr unnatürlichen Gesichtspunkten aufgebaut ist. Sie wurde daher
auch bald von neuen Vorschlägen abgelöst. Und hier sind es vor allem Busk und Reuß, welche sich
das große Verdienst erworben haben, eine Systematik anzubahnen, die zwar in ihrem Innern noch steten
Schwankungen unterliegt, aber doch ein festes, für jede Bearbeitung der Bryozoen unentbehrliches Gerüste
bildet. Sie gründet sich im wesentlichen auf die Anlagerungsweise der einzelnen Zellen zu Kolonien, also
auf eine natürliche Grundlage. Diesem System haben sich auch, abgesehen von einigen Abänderungen,
Zittel und Gregory angeschlossen. Beschreibungen einzelner Formen und auch Beiträge zur Sy-
— 17 —
stematik finden wir außer bei den schon genannten Forschern namentlich noch bei Michelin,
Haimeu.a.
Vorkommen: Wenn wir untersuchen, wie sich die Bryozoen auf die verschiedenen Schichten des
schwäbischen Jura verteilen, so fällt uns auf, daß sie in einigen Schichten überhaupt nicht, oder doch nur
sehr artenarm vertreten sind, in anderen dagegen wieder zu einem erstaunlichen Artenreichtum anschwellen,
der sich meistens auch in einer großen Individuenzahl äußert. Im Lias findet man nur sehr wenige
Formen, welche in der Hauptsache zu den Diastoporiden gehören. Das erste namhafte Auftreten der Bryo-
zoen, das namentlich durch seine große Individuenzahl auffällt, haben wir im Lias { zu verzeichnen. Im
unteren Braunjura vermißt man sie wieder annähernd vollständig, bis sie sich in y und 8 auch e
wieder in großer Anzahl und auch mit vielen Arten einstellen. Diese Formen gehören mit wenigen Aus-
nahmen im y zu den Entalophoriden und Cerioporiden, im ö und e zu den Diastoporiden. Im oberen braunen
Jura scheinen sie wieder zu fehlen, um dann in den Schwamm- und Korallenschichten des weißen
Jura wieder massenhaft einzusetzen. Hier sind nun außer den Diastoporiden besonders auch die Cerio-
poriden stark vertreten. Dieses Aussetzen und Wiederauftreten der Bryozoen muß seinen Grund in einem
jeweiligen Wechsel der äußeren Lebensbedingungen gehabt haben. Auch ist es geradezu auffallend, wie
z. B. die Stomatopora dichotoma bei uns zuerst im braunen Jura y und 8, dann erst wieder im unteren
weißen Jura vorkommt. Von außerschwäbischen Gebieten, so von England, Frankreich, Baden, vom
Elsaß, kennen wir sie zum Teil auch in den anderen Schichten des Jura. Man muß auf Grund dieser Tat-
sachen eine außerordentlich weitgehende Verbreitung bestimmter Bryozoenformen annehmen,
die nur da unterbrochen wurde, wo sich die Lebensbedingungen ungünstig gestalteten, um sich aber beı
günstiger Veränderung derselben wieder auszugleichen. Auf dem Wege der Verschleppung entweder ganzer
Bryozoenkolonien durch andere Tiere oder der jungen, die Mutterkolonie verlassenden Einzeltiere durch
Meeresströmungen ist ja eine ziemlich rasche und weitgehende Verbreitung leicht denkbar. Der Gedanke,
die große Ausdehnung der Bryozoen stratigraphisch zu verwerten, ist nur selten und dann mit großer Vor-
sicht ausführbar. Auf Grund einer einzelnen Form gewisse Horizonte verschiedener Gegenden mit einander
in Einklang zu bringen, ist wegen der Konstanz, mit der sich dieselben oder nah verwandte Formen häufig
über mehrere Horizonte ausbreiten, eine sehr gefährliche Sache. Man kann dies mit einiger Sicherheit
nur auf Grund einer umfassenden Bryozoenfauna tun. So scheint z. B. eine Fauna, wie sie für den braunen
Jura y von Schwaben charakteristisch ist, auch in England und Frankreich auf gewisse Horizonte des
braunen Jura beschränkt zu sein. Die Cerioporiden des weißen Jura, wie wir sie so typisch in den Schwamm-
schichten des Lochen und Böllat finden, scheinen in den meisten außerwürttembergischen Gebieten zu
fehlen; näher beschrieben sind sie nur von Goldfuß vom Streitberg in Franken. Reuß kommt auf
Grund seiner Untersuchungen der Bryozoen des braunen Jura von Balin bei Krakau zu dem Schluß, daß
dieser mit den entsprechenden Schichten von England und Frankreich in Einklang zu bringen ist. Er ver-
mißt jedoch diese Bryozoenfauna in den zwischenliegenden Gebieten. Durch Identifizierung zahlreicher
schwäbischer Formen mit Formen von England und Balin glaube ich, ein schwaches Bindeglied gefunden
zu haben. Näher auf derartige Fragen einzugehen, ist jedoch wohl nicht angängig, bevor die allgemeine
Systematik der Bryozoen besser durchgeführt ist und auch Beschreibungen von anderen Gebieten vorliegen.
Auf Grund des wechselnden Vorkommens der Bryozoen auf etwaige klimatische Unter-
schiede zu schließen, ist wohl aussichtslos; findet man doch lebende Bryozoen, die zum großen Teil
— 18 —
mit den fossilen Formen verwandt sind, in gemäßigtem und in kaltem Klima. Wohl aber kann man auf eine
bestimmte Meeresbeschaffenheit schließen; denn soviel ist sicher, daß die Bryozoen
zu einer ungestörten Entwicklung im allgemeinen ein ruhiges, klares, nur durch leichte Strömung in Be-
wegung gehaltenes Wasser brauchten. Außerdem durfte in den Gebieten ihrer Ansiedelung eine Schlamm-
ablagerung womöglich überhaupt nicht oder doch wenigstens nur sehr langsam stattfinden, da sonst na-
mentlich die krustenbildenden Formen in kurzer Zeit zugedeckt worden wären. *°
Im schwäbischen Jura finden wir die Bryozoen, besonders die zu der Familie der Diastoporiden
gehörigen, auf Ammoniten, Austern, Belemniten, Schwämmen, oder auf Gesteinsstücken, seltener auf
Crinoideen, Brachiopoden, Würmern; häufig auch ohne Zusammenhang mit einer Unterlage, so namentlich
die Entalophoriden und Cerioporiden; oder endlich, allerdings nur in ganz wenigen Fällen, massenhaft
im Gestein steckend. Man kann nicht selten die Beobachtung machen, daß die Kolonien auf der Innenseite
der Schale sitzen, also auf abgestorbenen Organismen. Ob und wie weit der Gedanke, daß die Bryozoen
allgemein auf den Schalen toter Tiere gelebt haben, Berechtigung hat, ist allerdings noch eine offene Frage.
Eine Stütze erhält er vielleicht dadurch, daß sich die Bryozoen regelmäßig mit Würmern vergesellschaftet
finden, die doch wohl durchweg auf dem Meeresboden lebten. Auch das Vorkommen der Bryozoen auf
Steinkernen, wie wir es namentlich schön auf den Ammoniten des braunen Jura beobachten können, spricht
unbedingt dafür. Denn man kann sich diese Erscheinung nicht anders erklären, als daß die zu Boden ge-
sunkenen Ammonitenschalen von einem sich rasch bildenden Steinkern ausgefüllt wurden, auf dem sich
die Bryozoen dann ansiedelten, sobald die Schale gelöst war.
Was nun das Vorkommen der Entalophoriden und Cerioporiden anbelangt, so kann man
darüber folgendes als feststehend ansehen: die meisten hierher gehörigen Formen finden wir ohne Unter-
lage, nur in seltenen Fällen einem Schwamm oder einem sonstigen Organismus aufgewachsen, mit
einer bald größeren, bald kleineren, meist typisch geformten Haftscheibe. Diese finden wir beinahe
stets auch bei den Exemplaren ohne Unterlage, so daß man wohl als sicher annehmen darf, daß auch sie einst
einer Unterlage aufgesessen und nicht etwa direkt im Meeresschlamm gesteckt sind. Die in die Höhe wach-
senden, stämmchenförmigen Arten können im Gegensatz zu den kriechenden Diastoporiden sehr wohl
in einem sich mehr oder weniger rasch verschlammenden Meeresteil gelebt haben. Ja, einige Erscheinungen
weisen sogar direkt darauf hin. So kann man namentlich deutlich bei der Neuropora angulosa, aber auch
bei anderen Formen beobachten, daß der Koloniestamm, der mit einem gewissen Durchmesser beginnt,
sich — meistens öfters in einer Kolonie — mehr oder weniger plötzlich erweitert und so rings um den Stamm
herumlaufende Vorsprünge bildet (Fig. 1—3). Dieses Aufhören des Wachstums am unteren Ende kann man
sich wohl nicht anders erklären, als daß dieser Teil durch irgend welche äußere Lebensbedingungen ent-
wicklungsunfähig gemacht wurde, was sich wohl am einfachsten durch Einhüllung in irgend eine Fremd-
substanz erklären läßt.
Zum Schutz gegen äußere Eingriffe bedienen sich die meisten wasserlebenden Tiere einer festen
Kalkhülle. So auch die, für den Paläontologen wenigstens in Betracht kommenden Bryozoen. Durch
eine große Oelfnung am vorderen Ende der Schale stehen die innen festsitzenden Tiere zwecks Nahrungs-
aufnahme mit dem umgebenden Wasser in Berührung. Außerdem beweisen zahlreiche, die Schalenwand
durchbohrende Kanäle, die sich an der Zellenoberfläche als Poren äußern, einen inneren, vitalen Zusammen-
hang der Zellen miteinander,
— 119 —
Der Kalk der Schale ist manchmal, namentlich in den Korallenschichten des weißen Jura, mehr oder
weniger vollständig durch Kieselsäure ersetzt. Der äußeren Untersuchung wird dadurch selten Abbruch
getan; wohl aber ist die innere Struktur durch den Verkieselungsprozeß meistens zerstört. Man kann
daher diesen Formen durch Dünnschliffe, die sich bei der Beurteilung des inneren Aufbaues als unentbehr-
lich erweisen, nicht beikommen. Zur mikroskopischen Untersuchung sind die reinen Kalkformen, wie wir
sie im schwäbischen Jura auch meistens haben, am besten geeignet, obwohl auch sie zum Teil infolge von
Kalkwucherungen kein klares Bild mehr geben. Daß ferner die außerordentlich zarten Schalengebilde,
namentlich die über die Kolonieoberfläche hervortretenden Teile derselben durch Verwitterung und Ab-
reibung für die Untersuchung sehr ungünstig werden können, ist begreiflich. Es ist daher Pflicht, bei einer
systematischen Bearbeitung der Bryozoen nur tadellos erhaltene Exemplare zu verwerten.
Nach welchen Gesichtspunkten hat sich nun eine Systematik der Bryozoen, speziell
der Jura-Bryozoen zu richten ? Es bietet sich eine dreifache Möglichkeit: entweder nach der Zellform,
oder nach der Kolonieform, oder endlich nach den inneren Strukturverhältnissen.
Fig. 1. Rie. 2. De
Anwachsringe bei Ceriopora clavata. Anwachsringe bei Ceriopora clavata. Anwachsringe bei Neuroposa angulosa.
1. Zellform. Die Zellen sind bei den cyclostomen Bryozoen, mit denen wir es hier ausschließlich zu
tun haben, im allgemeinen sehr einfach gebaut und daher schwer in deutlicher Weise von einander zu trennen.
Durch zahlreiche mikroskopische Messungen der Zellänge, des Zellquermessers und der Zellmündung,
bezw. durch das Verhältnis dieser Zahlen zueinander habe ich nun versucht, irgend welche systematische
Anhaltspunkte zu bekommen. Dieses Verfahren kommt im allgemeinen nur für die Diastoporiden in Betracht.
Jedoch habe ich dabei die Erfahrung gemacht, daß man innerhalb derselben Spezies, ja sogar innerhalb
derselben Kolonie ziemlich erhebliche Schwankungen der Maße zu verzeichnen hat. In einigen Fällen habe
ich trotzdem, unter Beifügung der genauen Zahlen, die Maße systematisch verwertet und dies wohl um so
eher mit Berechtigung, als sehr starke Größendifferenzen der Zellen, die doch wohl durch verschiedene
Form des innewohnenden Tieres bedingt sein müssen, der Kolonie schon rein äußerlich betrachtet, ein sehr
verschiedenes Aussehen geben können, Man kann drei verschiedene Zellformen herausheben, die
— 120 —
jedoch durch zahlreiche Uebergänge miteinander verbunden sind und die in durchgehend idealer Form
nur selten auftreten:
a) die Zylinderform: die Zelle hat durchweg denselben Durchmesser. Sie kann nach dem oralen
Ende zu etwas verjüngt sein,
b) die Keulenform: die Zelle ist nach vorne zu mehr oder weniger stark verdickt,
c) die Spindelform: die Zelle zeigt am oralen wie am aboralen Teil eine oft ziemlich spitz zulaufende
Verjüngung.
Durch verschiedene Wachstumsverhältnisse können diese drei Typen ziemlich stark modifiziert werden.
Zu einer generellen Einteilung ist jedoch die Zelle nicht verwendbar, da sie zu wenig individualisiert ist;
dagegen läßt sie sich sehr wohl zu einer Abgrenzung der einzelnen Spezies benützen. Zu demselben Zweck
müssen wohl noch mehr als bis jetzt Zellgebilde herangezogen werden, die zwar leider in zahlreichen Kolo-
nien fehlen, wenn sie aber vorhanden sind, auffallende Beständigkeit zeigen: die sogenannten Eizellen
oder Oöcien. Sie sind umgebildete Zellen und hatten wohl den Zweck, den befruchteten Eiern zu ihrer
Weiterentwicklung Schutz zu geben. Auf ihre einzelnen Formen werde ich im systematischen Teil noch
näher eingehen.
2. Kolonieform. Betrachten wir nun die Form der Kolonien auf ihren systematischen Wert hin,
so werden wir bald die Beobachtung machen, daß einer einwandfreien, von der Kolonieform ausgehenden
Systematik in erster Linie die nahen, verwandtschaftlichen Beziehungen zahlreicher Formen hinderlich
im Wege stehen, welche es zum Teil beinahe unmöglich machen, irgendwo einen gerechtfertigten Strich
zu ziehen. Ein ausgezeichnetes Beispiel dafür finden wir in der Entwicklungsreihe Stomatopora-Proboscina-
Berenicea-Diastopora. Man ist jedoch bei einer Systematik, namentlich der Diastoporiden, trotzdem auf
die Kolonieform angewiesen, da sie zweifellos natürlichere Merkmale gibt, als die Zellform: ist sie doch
durch das gegenseitige Wachstumsverhältnis der Zellen bedingt. Als zweiter wesentlicher Faktor muß
allerdings auch die Zelle herangezogen werden.
3. Innere Strukturverhältnisse. Anders ist es bei den massiven Stämmchenformen, also
namentlich bei den Entalophoriden und Cerioporiden: hier gibt uns in erster Linie das Bild der inneren
Strukturverhältnisse gute systematische Gesichtspunkte an die Hand. Auf Grund der Untersuchung zahl-
reicher Dünnschliffe bin ich selbständig zu einer Einteilung gekommen, wie sieim wesentlichen auch dem
System Zıttels entspricht.
Ich will im folgenden vier Typen aufstellen, um die sich die meisten hierher gehörigen Juraformen
gruppieren lassen:
1. Typus (vergl. Taf. VI, Fig. 4,5): das zylindrische, massive Stämmchen wird gewissermaßen
von lauter aufeinanderliegenden, Berenicea-ähnlichen Kolonien gebildet. Man kann sich sein Wachstum
ungelähr folgendermaßen veranschaulichen: der Unterlage sitzt eine kreisrunde Schicht von Zellen auf,
die sich etwas konvex nach der Peripherie zu neigen; die nach oben liegenden Zellwände werden verdickt
und bilden miteinander eine ebenfalls konvex über den Stammquerschnitt gewölbte Kugelschale; diese
wird in ihrer Mitte, manchmal auch mehr nach dem Rande zu, von Zellröhren, die von der ideellen Kolonie-
mittelachse ausgehen, durchbrochen. Diese Zellen nun bilden ihrerseits wieder die bis zum nächsten ‚„An-
wachsring‘“ reichende und diesen bildende zweite Etage usw., sodaß man schließlich eine Gesamthöhe
— 121 —
von 10—20 mm erhalten kann. Das, was die Annahme der Aufeinanderlagerung Berenicea-ähnlicher Schich-
ten noch entschieden verstärkt, ist die an der Stammspitze gelegene, käppchenförmige, sogenannte „Brut-
knospe“, die meist in der Mitte des Scheitels sitzt und diesen nur zum Teil bedeckt. Bei ihr sieht man häufig
namentlich die randlich gelegenen, zylindrischen Zellen beinahe der ganzen Länge nach. Eine derartige
Brutknospe für sich allein genommen gleicht einer Bereniceakolonie auffallend. Durch Vereinigung der
an die ideelle Mittelachse stoßenden Zellseitenwände kann man eine mehr oder weniger deutliche, unregel-
mäßig verlaufende wirkliche Mittelachse erhalten. Vertreten wird dieser Typus durch die von Goldfuß
unter dem Namen Ceriopora radiciformis beschriebene Form.
2.Typus (vergl. Taf. VII, Fig. 2, 3): Eine bestimmte Anzahl von langen Zellröhren läuft, nebenein-
anderliegend, in der Koloniemitte senkrecht in die Höhe, um, sich allmählich erweiternd, nach der Kolonie-
oberfläche auszubiegen. Man erhält so ein zentrales, die Mittelachse ersetzendes Bündel von Röhrenzellen.
Vertreten ist dieser Typus durch die Gruppe der Entalophoriden.
3. Typus (vergl. Taf. VII, Fig. 7): Hier hat man nun eine wirkliche, von den Zellwänden selbst
gebildete, scharf hervortretende mediane Längsachse, von der aus sich die parallelwandigen Zellröhren
nach außen biegen. Charakteristisch für diese Gruppe sind außerdem zahlreiche, die Zellen in eine Reihe
von Einzelkammern zerlegende Zellquerwände, die in Zusammenhang gebracht eine im allgemeinen kon-
zentrisch zur Kolonieoberfläche verlaufende Uebereinanderlagerung zahlreicher Koloniekappen verraten.
Diese Kappenbildung wird auch dadurch bewiesen, daß man an Stellen plötzlicher Kolonieerweiterung
wie sie oben beschrieben wurde, die übereinanderliegenden, scharf gegeneinander abgegrenzten Schichtungs-
lamellen sieht. Vertreter dieses Typus ist die von Goldfuß als Ceriopora angulosa beschriebene Form.
4.Typus (vergl. Taf. VII, Fig. 5): Dieser steht gewissermaßen in der Mitte zwischen dem 2. und
dem 3. Typus. Die Zellen biegen sich von einer nur selten und schwach zu erkennenden Mittelachse, die
zum Teil durch ein Röhrenbündel ersetzt werden kann, nach außen. Zellquerwände kann man nur unsicher
wahrnehmen. Trotzdem hat man zum Teil auch hier den Eindruck, durch Koloniequerleisten hervorgerufen,
als habe man schwache Schichtenübereinanderlagerung. Vertreten ist dieser Typus durch die von Gold-
fuß als Ceriopora clavata beschriebene Form.
Es ist noch zu erwähnen, daß sich die durch diese Typen gekennzeichneten Formen meist schon
äußerlich durch irgend einen charakteristischen Zug unterscheiden, daß aber ihre Kolonieform selbst ein
außerordentlich mannigfaltiges Gebilde sein kann.
Endlich möchte ich mich noch kurz der Art und Weise der Untersuchung, wie ich
sie angewendet habe, zuwenden. Zur ersten Untersuchung genügt eine 5—10fache Vergrößerung, der jedoch
stets eine weitere 20—30fache zur genauen Beobachtung der verschiedenen Einzelheiten zu folgen hat.
In einigen Fällen habe ich bis zu 100facher Vergrößerung angewendet. Bei der Kleinheit der Objekte
arbeitet man am bequemsten durchweg mit dem Mikroskop. Zur Untersuchung des inneren Aufbaus
kann man zwei Methoden in Anwendung bringen, von denen die erste, die Methode des Schleifens, bei weitem
den Vorzug hat. Soweit das zur Verfügung stehende Material es erlaubt, sollte man von jeder Form Dünn-
schliffe herstellen und diese miteinander vergleichen. Leider nur zu oft ist man infolge Mangels an mehreren
zusammengehörigen Stücken daran verhindert. Die andere Methode, die am ehesten noch bei schlecht
erhaltenen Stücken Nutzen bringen kann, ist die des Aetzens durch verdünnte Salzsäure. Da die Zellfüll-
— 12 —
masse meist etwas leichter löslich ist, als die schalenbildende Masse, treten durch das Aetzen die Konturen
zwischen beiden etwas besser hervor. Unterstützt können die beiden Methoden durch Färbung der Objekte
werden, da auch hier die beiden Substanzen eine, wenn auch nur wenig verschiedene Aufnahmefähigkeit
gegenüber dem Farbstoff zeigen. Endlich dienen noch namentlich zu vergleichenden Zwecken die Messun-
gen mittels des Mikrometers bei entsprechender, möglichst starker Vergrößerung.
— 13° —
Spezieller Teil.
Klasse Bryozoa Ehrenberg.
Ordnung Gymnolaemata Allman.
Unterordnung Cvyclostomata.
Familie DIASTOPORIDAE. Busk.
Die Familie der Diastoporiden umfaßt die kriechenden, krustenbildenden und die aufgerich-
teten, blätterbildenden Formen, außerdem noch wenige massivästige Arten. Die Röhrenzellen sind in
ziemlicher Ausdehnung miteinander verwachsen, nur am oralen Ende frei, und stehen durch Kanäle, welche
die gemeinsame Zellwand durchbrechen, miteinander in Verbindung. Die Mündung ist kreisrund bis ellip-
tisch. Die Eizellen haben die Form einfacher Aufblähungen.
In Zittels Grundzügen der Paläontologie 1910 wird diese Familie gespalten in Diastoporiden
(mit Berenicea und Diastopora) und in Tubuliporiden (mit Stomatopora und Proboscina). Diese Trennung
stützt sich im wesentlichen auf die Lage der Koloniemutterzelle (ob in der Mitte oder am einen Ende der
Kolonie) und auf die Größe der Zellöffnung (ob von kleinerem oder gleichem Durchmesser wie die Zelle).
Jedoch wird diese Spaltung den augenfällig nahverwandtschaftlichen Beziehungen dieser beiden Familien
nicht gerecht. Ich fasse sie daher als natürlich zusammengehörig wieder unter dem ursprünglichen Namen
Diastoporidae zusammen.
Gattung STOMATOPORA Bronn 1825!.
Syn.: 1821 Aleto Lamouroux, Exp. Meth., p. 84.
1827 Aulopora p. Goldfuß, Petref. Germ., S. 82 u. 245.
Die Zellen bilden durch einfache Hintereinanderlagerung kriechende, häufig verzweigte und wieder
zusammenwachsende, einreihige Zellinien. Die Zellen sind entweder zylindrisch oder keulenförmig, nur
selten spindelförmig. Die Zellöffnung ist meistens kleiner als die Zellweite und das Peristom nur wenig
erhoben. Die einreihige Stomatopora wird gelegentlich mehrreihig und leitet so zur Gattung Proboscina
hinüber.
1 Bronn, System der urweltlichen Pflanzentiere, S. 27.
Palaeontographica. Bd. LX. 16
— 124 —
STOMATOPORA DICHOTOMA Lamouroux 1821.
Syn.: 1821 Alecto dichotoma Lamouroux, Exp. Meth., p. 84.
1852 2 * Quenstedt, Handb. d. Petref. Kunde, S. 639.
18980 " Quenstedt, Der Jura, S. 666.
1825 Stomatopora dichotoma, Bronn, System der Pflanzent., S. 27 u. 43.
1831 Aulopora dichotoma, Goldfuß, Petref. Germ., Bd. 1 S. 218.
1878 a Ss Quenstedt, Petref. K. Deutschl, BE- NT AH. 17257107
1854 Stomatopora Terguemi, Haime, Bryozoaires jurass.: Mem. Soc. geol. France ser. 2
t. .V...p: 1168.
Die Kolonie ist streng einreihig und ihrer ganzen Länge nach von ungefähr dem gleichen Durch-
messer. Sie bildet gerade oder schwach gekrümmte Zellreihen, die sich häufig dichotom verzweigen und
zu einem Maschenwerk verwachsen können. Der Winkel, den die Verzweigungsäste miteinander bilden,
ist sehr verschieden: in den meisten Fällen ungefähr 90°, zum Teil jedoch auch erheblich darüber oder
darunter. Die Zahl der zwischen zwei aufeinanderfolgenden Verzweigungsstellen liegenden Zellen ist eben-
falls nicht konstant, bald nur eine, bald mehr (bis zu 10). Eine Verbreiterungsunterlage fehlt der Kolonie.
Die Zellen sind regelmäßig zylindrisch und nicht oder wenigstens nicht scharf gegeneinander
abgegrenzt. Man erhält so gewissermaßen einen fortlaufenden Schlauch ohne Einschnürungen, auf dessen
Mittelachse sich die Peristome ziemlich schwach erheben. Die Zelloberfläche ist von zahlreichen und zum
Teil ziemlich starken Querfurchen durchzogen und mit Poren überdeckt. Die Zellmündung ist kreisrund,
kann jedoch, wenn abgeschliffen, Ellipsenform annehmen. '
Die Eizellen sind klein und halbkugelförmig.
Maßet: Zellänge : 4159.u 1333 W 17056
Zellquermesser : Abu 6&%2u 82 u
Man kann aus den Maßen, die jedoch, wie schon oben erwähnt, keineswegs konstant sind, ersehen, daß die
Zellen im allgemeinen doppelt so lang als dick sind. Die Zellmündung mißt ca. !/; —"!/; des Zellquermessers.
Vorkommen: Braun y Gingen
Braun 8 Stuifen
Weiß «—y‘ Böllat, Lochen,
STOMATOPORA DICHOTOMA Lamx. var. diplopora. n. v.
Kolonie- und Zellform stimmt mit der von St. dichotoma überein. Der Unterschied liegt
in einem Porendimorphismus, den ich allerdings nur in diesem einen Falle beobachten konnte. Die Poren
haben entweder normale Größe (ca. 10—20 u) oder sind erheblich größer (ca. 60—70 u); sie sind nur spär-
lich über die Zelloberfläche verteilt. Die großen kreisrunden Poren sind von einer dünnen Wand umgeben,
die sich etwas über die Zelloberfläche zu erheben scheint. Von einer bestimmten Anordnung der Poren
ist nichts zu erkennen. Die Maßverhältnisse sind dieselben wie bei dichotoma.
1 Die Maße sind aus zahlreichen Messungen erhaltene Durchschnittszahlen. Unter Zellänge verstehe ich den Abstand
von einem Zellöffnungsmittelpunkt zum andern; unter Zellquermesser nur den Abstand der Zellseitenwände, also eine Verbreiterungs-
unterlage nicht eingerechnet.
N
Ich stelle diese Form deshalb nur als Varietät zur Si. dichotoma, weil ich sie nur durch ein einziges,
nicht mehr ganz gut erhaltenes Exemplar vertreten habe. Sollte ein Porendimorphismus zweifellos nach-
gewiesen werden, so müßte man selbstverständlich eine weitergehende Trennung vornehmen.
STOMATOPORA DICHOTOMA Lamx. var. tenuata n. v.
Quenstedt schreibt von dieser Form: ‚Sie weicht wohl nicht wesentlich von Aulopora dicho-
toma ab; wenn man nicht spitzfindig sein will, so kann man sie als die Vorgängerin ansehen“. Der einzige
Unterschied, der zu einer Trennung beider Formen führen kann, liegt in den Maßen:
Zellänge 882,5 u
Zellquermesser My
Man erhält so ein Verhältnis von Zellänge zu Zellquermesser wie 5,5: 1, das der Zelle ein wesentlich anderes
Aussehen verleiht, als es die S?. dichotoma gewöhnlich hat. Ich halte es für angebracht, auf Grund dieser
Abweichung aus der vorliegenden Form zwar keine neue Spezies, aber doch eine Varietät zu machen.
Vorkommen: Braun 8 Aalen.
STOMATOPORA DICHOTOMOIDES D’Orbieny 1849.
Syn.: 1849 Alecto dichotomoides d’Orbigny, Prodrome de Pal. stratigr., p. 288.
1852 Stomatopora dichotomoides d’Orbigny, Pal. franc. Terr. cret. t. V. p. 834—35.
Ein deutliches Unterscheidungsmerkmal dieser Form von Si. dichotoma gibt die keulenförmige
Zelle. Zwischen beiden Spezies gibt es allerdings eine Reihe Bindeglieder, deren Zugehörigkeit zur einen
oder zur anderen man nicht eindeutig bestimmen kann. Haime! gibt als weiteres Merkmal noch das
Vorkommen von verschieden großen Poren an: man hätte demnach auch bei 57. dichotomoides Porendimor-
phismus. Ich selbst konnte ihn nie beobachten und habe ıhn auch sonst nirgends angeführt gefunden.
Die Kolonie setzt sich aus hintereinandergelagerten Zellen zusammen, die einreihige, dichotom ver-
zweigte, manchmal auch anastomosierende Zellreihen bilden. Der Verzweigungswinkel ist veränderlich,
ebenso wieder die Zahl der zwischen zwei Verzweigungspunkten gelegenen Zellen.
Die Zellen haben eine mehr oder weniger deutlich ausgeprägte Keulenform und sind im allge-
meinen scharf gegeneinander abgegrenzt. Sie sind von schwachen Querrunzeln durchzogen und mit zahl-
reichen, zum Teil undeutlich reihenförmig angeordneten Poren bedeckt. Die Zellöffnung ist kreisrund.
Die Eizellen sind merkwürdigerweise bis jetzt noch nicht gefunden.
Maße: Zellänge : 658 u 1070 u 1395 u.
Zellbreite (am oralen Teil) öl mn. 34a. 372 u
Zellbreite (am aboralen Teil) 1500 470 er 120 u
Diese Zahlen beweisen die außerordentliche Veränderlichkeit der Zellen.
Vorkommen: Braun 8 Stuifen.
STOMATOPORA DICHOTOMOIDES D’Orb. var. procera. n. v.
Auf Grund der folgenden Maße sehe ich mich veranlaßt, vorliegende Form, die mir nur in einem
Exemplar zur Verfügung steht, von der normalen St. dichotomoides als Varietät zu trennen:
1 Mem. de la Soc. G£ol. de France, 2. serie t. V. p. 163.
— 126 —
Zellänge : 2325 u
Zellbreite (am oralen Teil) : 310 u
Zellbreite (am aboralen Teil) : 186 u
In ihrem Habitus stimmt sie vollständig mit Si. dichotomoides überein.
Vorkommen: Braun Stuifen.
STOMATOPORA UNDULATA n. sp. (Taf. IV, Fig. 1).
Die außerordentlich schön und regelmäßig ausgebildete Kolonie besteht aus einreihigen Zell-
linien, die sich unter einem Winkel von annähernd 90° dichotom verzweigen; eine Verwachsung derselben
konnte ich nicht beobachten; zwischen zwei Verzweigungsstellen hat man nur wenige Zellen (1—3).
Die in ihren Maßen auffallend konstanten Zellen sind sehr stattlich, zylindrisch (bezw. in der
Mitte schwach ausgebaucht) und, was sie deutlich von den anderen Formen unterscheidet, von zahlreichen,
außerordentlich tief einschneidenden Querfurchen durchzogen. Diese verleihen der Zelloberfläche gewisser-
maßen ein wellenförmiges Aussehen, das sich in Form: von regelmäßig abgerundeten Einbuchtungen über
die ganze Oberfläche erstreckt. Die Poren liegen annähernd durchweg in den runden Furchen, sind also
in geraden oder auch schwach gekrümmten Reihen angeordnet. Die Poren haben durchweg gleiche Größe
(ca. 13 » im Durchmesser). Die Peristome sind schwach erhoben, die Zellöffnungen kreisrund mit einem
Durchmesser von ca. 310 x. Die Zellen sind scharf gegeneinander abgegrenzt.
Eizelle (nicht ganz sicher als solche erkennbar) hat die Form einer stark erweiterten Zelle.
Maße: Zellänge lan
Zellbreite 868 u
Breite der Eizelle : 1240 u
Vorkommen: Weiß «’ Böllat.
STOMATOPORA INTERMEDIA Münster 1831.
Syn.: 1831 Aulopora intermedia Münster, Goldf. Petref. Germ. S. 218.
1878 7 4 Quenstedt, Petref. K. Deutschl. Bd. VI, Abt. 1. S. 108.
Die einreihige Kolonie bildet ein ziemlich enges Maschenwerk.
Die Zellen sind zylindrisch und sehr kurz. Die Peristome sind ziemlich stark erhoben und stark
verdickt.
Ich selbst habe nie eine Si. intermedia gefunden und berufe mich daher in dieser Angabe auf Quen-
stedt.
Vorkommen: Weiß «’ Böllat.
STOMATOPORA CREPIDINIFORMIS n. sp. (Taf. IV, Fig. 2).
Die einreihige Kolonie bildet durch häufige diehotome Verzweigung und Wiederverwachsung
ein ziemlich weitmaschiges Netzwerk. Verzweigungswinkel ist sehr verschieden. Zwischen zwei Verzwei-
gungspunkten liegen nur wenige Zellen (1—2). Die Kolonie erhält dadurch ihr charakteristisches Gepräge,
daß die Zellreihen durch eine Lamelle zu beiden Seiten der Zelle außerordentlich verbreitert werden.
Die Zellen sind zylindrisch oder in der Mitte schwach ausgebaucht und zum Teil mehr, zum
— 27 —
Teil weniger stark mit der Verbreiterungsunterlage verschmolzen, gewissermaßen in sie eingebettet. Die
Zelloberfläche ist mit zahlreichen Poren bedeckt, ebenso auch die Verbreiterungsunterlage. Die Peristome
sind ziemlich stark erhoben und liegen in der Mittelachse des Bandes. Der Durchmesser der Zellöffnung
ist nur wenig kleiner als der der Zelle. Querrunzeln sind nur sehr schwach entwickelt.
Maße: Zelläne :70u 7254 WO u
Zellbreite :319u 310 u 341 u
Bandbreite: 380 u—1240 u
Die Bandbreite ist ziemlich wechselnd. Die größeren Maße beziehen sich im wesentlichen auf Stellen kurz
vor einer Verzweigung.
Vorkommen: Braun 8 Stuifen.
STOMATOPORA RECURVA Waagen 1868}.
Kolonie: Diese Form ist mit der vorhergehenden nahe verwandt, sie unterscheidet sich von ihr
im wesentlichen nur dadurch, daß die Zellen zusammen mit einer ziemlich schwachen Verbreiterungsunter-
lage nicht den bandförmigen, etwas glatt gedrückten Eindruck machen, sondern höher sind. Die Sf. recurva
mit der St. dichotoma zu identifizieren, wie es Gregory tut, verbietet die Verbreiterungsunterlage,
die ich bei keiner dichotoma beobachten konnte. Die Kolonie ist einreihig, verzweigt sich dichotom und
anastomosiert.
Die Zellen sind zylindrisch oder in der Mitte schwach ausgebaucht und sind entschieden noch
mehr als bei der vorhergehenden Form mit der Verbreiterungsunterlage verwachsen. Die Peristome sind
stark erhoben. Poren und schwache Querrunzeln sind vorhanden.
Maße: Zellänge : 960 u
Zellbreite : 408 u
Bandbreite : 772 u
Vorkommen: Braun y, Gingen.
STOMATOPORA CELEISALTERNANS n. sp. (Taf. IV, Fig. 3).
Die vorliegende Form leitet, wie überhaupt die bandförmigen, vorher beschriebenen Formen, all-
mählich zur Gattung Proboscina hinüber. Man findet hier schon einen leichten Ansatz zur Nebeneinander-
lagerung von Zellen.
Die Kolonie bildet ein diehotomes Band, das sich aus Zellen zusammensetzt, die sich nicht
nur hintereinander, sondern zum Teil auch nebeneinander angliedern. Dadurch, daß sich die Zellen annä-
hernd vollständig in die Verbreiterungsunterlage auflösen, und daß sich auf demselben Bandquerschnitt
nie mehr als eine Zellöffnung findet, bleibt der Eindruck der Einreihigkeit bestehen. Daß man es aber in
Wirklichkeit zum Teil schon mit nebeneinandergelagerten Zellen zu tun hat, beweist der Umstand, daß
die Zellöffnungen nicht mehr wie bei Stomatopora gewöhnlich, hintereinander in der Bandmittelachse liegen,
sondern bald mehr nach der einen, bald mehr nach der anderen Seite verschoben sind, also alternieren.
Die Zellen sind, soweit man beurteilen kann, zylindrisch und annähernd vollständig mit der
1 Geogn. Pal. Beiträge Bd. 1, Heft 3. S. 647.
— 128 —
Unterlage verschmolzen. Querrunzeln sind nur schwach ausgebildet, Poren zahlreich vorhanden. Die
Peristome sind ziemlich stark erhoben, die Zellöffnungen kreisrund und ziemlich kleiner an Durchmesser
als die Zelle.
Scheinbar getrennt von der Kolonie liegt eine Eizelle. Einen ursprünglichen Zusammenhang
beider beweisen nur noch zwei parallele Verbindungsleisten, die den Rest der Zellseitenwand darstellen.
Es ıst ein großes, annähernd ovales, aufgewölbtes Gebilde mit einer großen Oefinung am vorderen Ende
beinahe auf der Höhe der Wölbung; am anderen Ende hat man eine normalgroße Oeffnung (ca. 120 u).
Maße: Bandbreite : 1007 u (ziemlich konstant)
Zellänge : 1073 a (im Durchschnitt)
Zellbreite : 465 u (nicht sicher zu ermitteln)
Länge der Eizelle : 1488 u.
Breite der Eizelle : 1240 u
Oelinungsdurchmesser an der Eizelle: 425 u
Vorkommen: Weiß «‘, Böllat.
Gattung PROBOSCINA Audowin 1826!.
Syn.: 1852 Diastopora pars, Quenstedt, Handb. d. Petref. Kunde
1878 Aulopora pars, Quenstedt, Petref. K. Deutschl.
Die Zellen bilden durch Hintereinanderlagerung und durch Nebeneinanderlagerung flache, krie-
chende, hin und wieder verzweigte, nur selten anastomosierende, mehrreihige Zellbänder. Aus einer Mutter_
zelle gehen meist zwei Tochterzellen hervor, aus diesen wieder eine Reihe von Enkelzellen, die aber dann
vom dritten oder vierten Glied ab in ihrer Anzahl ziemlich konstant bleiben. Die Zellen sind fast ausschließ-
lich zylindrisch und seitlich Wand an Wand miteinander verwachsen, nur an ihrem oralen Ende frei. Die
kreisrunde Zellöffnung ist meist kleiner als der Zellquermesser. Die Peristome sind zum Teil nur schwach,
zum Teil aber auch außerordentlich stark erhoben. Die Zellöffnungen können in ein und derselben Kolonie-
querreihe liegen.
Die Frage, ob man die mehrreihig bandförmigen Arten als besondere Gattung von Stomatopora
einerseits und von Berenicea andererseits trennen soll, ist schon häufig erörtert worden. Zugunsten einer
Vereinigung aller dieser Formen sprechen eben immer wieder die nahen verwandtschaftlichen Beziehungen
derselben zueinander, der nachweisbare Uebergang einer Form in die andere. Andererseits muß man aber
doch wieder betonen, daß nicht nur die einreihigen und flächenbildenden, sondern auch die regelmäßig
mehrreihigen, bandförmigen Diastoporiden in so unverfälschter, typischer Form auftreten können, daß
eine Trennung dieser Typen gerechtfertigt und in den meisten Fällen auch ziemlich säuberlich durchzu-
führen ist. Der letztere Punkt ist allerdings Voraussetzung und für mich ausschlaggebend für die Aufstel-
lung einer besonderen Gattung, die nur die durchweg oder wenigstens zum größten Teil bandförmigen
Arten einschließt.
'V. Audouin, Explication Sommaire des planches des Polypes de l’Egypte et de la Syrie; Description de l’Egypte
Hist. nat. t. I p. 236.
— 1229 —
PROBOSCINA JACQUOTI Haime 1854}.
Die Kolonie beginnt mit einer Mutterzelle, die meist nach mehreren Seiten hin Tochterzellen
entsendet. Diese bilden durch Nebeneinanderlagerung regelmäßige, mehrreihige Koloniebänder (mit durch-
schnittlich 2 bis 3 Zellen nebeneinander), die sich verzweigen und anastomosieren können. Am Ende jedes
derartigen Zellstrangs kann eine mehr oder weniger stark ausgeprägte, fächerförmige Verbreiterung der
Kolonie ansetzen. In den mir zur Verfügung stehenden Stücken konnte ich nicht mehr als höchstens 4—5
Zellen an jeder Erweiterung zählen; Haime gibt zum Teil mehr an. Ich halte dies jedoch für keinen
genügenden Grund zur Trennung beider.
Die Zellen sind zylindrisch und ziemlich lang, zum Teil schwach gekrümmt und zum größten
Teil ihrer ganzen Länge nach sichtbar. Die Querrunzeln können entweder nur über eine Zelle verlaufen,
oder sich auch über die ganze Koloniebreite ununterbrochen fortsetzen. Poren sind vorhanden. Die Peri-
stome sind ziemlich stark erhoben und unregelmäßig angeordnet.
Die Eizellen haben die Form ziemlich großer, halbkugelförmiger Ausbauchungen.
Maße: Bandbreite : 620 u — 930 u; an Verzweigungsstellen bis zu 2015 u
Zellänge : 900 u — 1054 u
Zellbreite : 310 u — 372 u
Breite der Eizelle a )
Vorkommen: Braun y Gingen.
Braun S Aalen, Stuifen.
PROBOSCINA DESOUDINI Haime 1854°.
Syn.: 1854 Stomatopora Desoudini, Haime, Bryoz. jurass. p. 165.
1895 Proboscina Desoudini, Gregory, Ann. Mag. Nat. Hist. ser. 6. vol. XVI p. 448.
Die Kolonie zeichnet sich durch große Unregelmäßigkeit im Wachstum aus. Bald hat man
Einreihigkeit, bald Mehrreihigkeit (jedoch nieht mehr als 2—3 Zellen nebeneinander), bald Verwachsung
der Bänder zu engen Maschen, bald zu breiteren Bändern. Zum Teil hat man eine Verbreiterungsunterlage
mit vorgeschobenen Zellwänden.
Auch die Zellen sind nicht formbeständig: zum Teil zylindrisch, zum Teil, namentlich an Stellen
größerer Zellanhäufungen, etwas keulenförmig und gekrümmt; teils beinahe ihrer ganzen Länge nach
sichtbar, teils derartig zusammengeschmolzen, daß man die Zellscheidewände kaum mehr sieht. Die Quer-
runzeln sind ziemlich stark ausgeprägt. Auch Poren sind vorhanden. Die Peristome erheben sich unter-
schiedlich stark und sind unregelmäßig angeordnet.
Die Eizelle stellt auch hier wieder eine bauchige Anschwellung dar, aus der zwei Peristome
herausragen. Es ist dies ein Beweis dafür, daß die Eizellen häufig nichts anderes sind, als aufgetriebene
Zellen. Mehrere Zellen können zu einer Eizelle vereinigt sein.
Maße: Bandbreite : 372 u — 1550 u
Zellänge : 620 u — 868 u im Durchschnitt
1 M&m. de la Soc. g£ol. de France, ser. 2. t. V, p. 165.
?2 M&m. de la Soc. g&ol. de France, ser. 2. t. V, p. 165.
— 130 —
Zellbreite : 340 u — 382,5 u
Durchmesser der Eizelle: 850 u
Vorkommen: Braun 8, ?
Braun e, Beuren.
PROBOSCINA LIASICA (Quenstedt) 1852.
Syn.: 1852 Diastopora hiasica Quenstedt, Handb. d. Petref. Kunde S. 637.
1854 v „. Oppel, Mittl. Lias Schwabens, 'S. 130.
1878 Aulopora hiaasica, Quenstedt, Petref. Deutschl. Bd. VI Abt. A, S. 113.
1895 Proboscina liasica, Gregory, Ann. Mag. Nat. Hist. ser. 6. vol. XVI p. 450.
Die Kolonie besteht aus Bändern, die in ihrer ganzen Ausdehnung dieselbe Breite haben und
sich verzweigen können. Eine fächerförmige Ausbreitung hat man nicht. In ein und demselben Band-
querschnitt hat man 1—5 Zellen. Die Kolonie beginnt mit einer Mutterzelle und erweitert sich von ihr aus
zu einer konstanten Bandbreite. An einer Stelle kann man Verwachsung der Bänder vermuten, jedoch
ist es nicht ganz sicher festzustellen. Das Kolonieband wird durch eine außerordentlich feine, zu beiden
Seiten des Bandes liegende Lamelle verbreitert. Diese wird von zarten, schräg nach vorn verlaufenden
Zellwänden durchzogen, die sich jedoch nie zu einer vollständigen Zelle vervollkommnen.
Die zylindrischen Zellen sind sehr zierlich und in ihrem ganzen Verlauf scharf gegeneinander
abgegrenzt. Sie schieben sich stets zwischen zwei ältere Zellen ein, die sie gewissermaßen auseinander-
drängen. Schwache Querrunzeln durchziehen nicht nur die Zelle, sondern zum Teil auch die Unterlage.
Die Zellöffnungen sind kreisrund bis schwach elliptisch. Poren sind vorhanden. Die Peristome sind nur
wenig erhoben.
Eizellen konnte ich nicht finden.
Maße: Bandbreite : 1860 u
Zellänge : 465 u — 620 u
Zellbreite 22680
Vorkommen: Mittlerer Lias, Ohmenhausen.
Lias L, Heiningen.
PROBOSCINA TAENIAPLANA n. sp.
Die Kolonie wird von einem breiten, flach gedrückten Band gebildet, das sich häufig verzweigt
und anastomosiert. Man hat zum Teil Einreihigkeit, wobei dann die Zelle fast vollständig mit der Ver-
breiterungsunterlage zusammenfließt, oder auch Mehrreihigkeit (jedoch nicht mehr als 2—3 Zellen neben-
einander), wobei dann die Zellen ebenfalls mit der Unterlage und untereinander verschmelzen können
oder auch mehr oder weniger deutlich gegeneinander abgegrenzt sind. Von Pr. Desoudini unterscheidet
sich diese Form durch die flache und beinahe regelmäßig breite Bandform.
Die Zellen sind zylindrisch und von ziemlich verschiedener Länge. Sie sind häufig gekrümmt.
In vielen Fällen sind die Zellen mit der Grundfläche ganz verschmolzen: man sieht dann nichts anderes,
als ein ziemlich breites, mit Poren reichlich bedecktes Band, auf dem sich in der entsprechenden Entfernung
— 131 —
die Peristome in Form von Kratern ziemlich stark erheben. Die Zellen sind von Querrunzeln durchzogen,
die sich bei Mehrreihigkeit über die ganze Bandbreite erstrecken können. Poren sind in großer Anzahl
vorhanden.
Maße: Bandbreite: : 620 u—930 u (an Verzweigungsstellen bis zu 2170 u)
Zellänge : 1085 „ im Durchschnitt
Zellbreite: 310
Vorkommen: Braun 8, Stuifen.
PROBOSCINA PROREPENS Waagen 1868!. (Taf. IV, Fig. A).
Das Original zu Waagens Proboscina prorepens Braun y Gingen fehlt mir zwar leider; ich
glaube aber, auf Grund der Abbildung und Beschreibung derselben die folgend beschriebene Form aus
dem Braun y von Oberalfingen mit ihr in Einklang bringen zu dürfen. Sollte sich dies durch Vergleichung
der beiden Originale als falsch herausstellen, dann hat man es wenigstens sicher mit zwei nahverwandten
Formen zu tun. Die Proboscina prorepens Waag. mit der Proboscina hiasica Qu. zu identifizieren, wie es
Gregory tut, ist wegen der starken Erhebung der Peristome, wie sse Waagen in seiner Beschrei-
bung selbst angibt, unmöglich.
In der mir vorliegenden Kolonie hat man es mit einem ausgesprochenen mehrreihigen, in seiner
Breite sehr konstanten Bande zu tun, das sich mehrere Male verzweigt, aber nicht anastomosiert. In ein
und demselben Bandquerschnitt hat man 2—4 Zellen nebeneinander. Eine Ausbreitung der Kolonie zur
Fächerform kommt nicht vor.
Die Zellen sind zylindrisch und, was der Beschreibung Waagens allerdings nicht vollständig
entspricht, nicht ihrer ganzen Länge nach, aber doch weitaus zum größten Teil sichtbar. Ich halte jedoch
diese minimale Abweichung für durchaus unwesentlich. Die Zellen biegen sich sehr stark in die Höhe. Das
Peristom ist leicht zugespitzt und trägt die kreisrunde Zellöffnung. Querrunzeln sind nur sehr schwach
angedeutet; Poren sehr zahlreich und ziemlich groß (ca. 25,5 u).
Maße: Bandbreite : 1860 u — 2015 u sehr konstant
Zellänge : 930 u — 1240 u
Zellbreite 465 u
Vorkommen: Braun y, Gingen, Oberalfingen.
PROBOSCINA ERUCAEFORMIS n. sp. (Tat. IV, Fig. 5).
Die Kolonie stellt ein ziemlich schmales, ein- bis zweireihiges Band dar, das sich nur selten
verzweigt. Verwachsung der einzelnen Aeste konnte ich nie beobachten. Die Breite des Bandes ist sehr
konstant; eine Erweiterung der Flächenform kommt nicht vor.
Die Zellen sind zylindrisch und nach dem Peristom zu etwas zugespitzt; zum Teil ihrer ganzen
Länge nach sichtbar, zum Teil miteinander verschmolzen. Charakteristisch für die Zellen und auch für die
Kolonie ist die außerordentlich starke Erhebung der Peristome beinahe senkrecht zur Unterlage; sie ver-
leiht der Kolonie gewissermaßen das Aussehen einer auf dem Rücken liegenden Raupe mit ihren Stummel-
1 Geogn. Pal. Beiträge Bd. 1. Heft 3. S. 647.
Palaeontographica. Bd. LX. 17
— 132 —
füßen. Außerdem biegen die Zellen, die während des Kriechens auf der Unterlage einander anliegen, von
dem Moment ihrer Erhebung an nach dem Kolonierand zu sich von einander ab. Die Zellöffnungen können
entweder im selben Bandquerschnitt liegen, oder, was meistens der Fall ist, alternieren. Die Querrunzeln
sind ziemlich stark und laufen zum Teil über das ganze Band herüber. Poren konnte ich nicht sicher beob-
achten: daß sie aber vorhanden gewesen sein müssen, kann man aus anderen, verwandten Formen wohl
mit Berechtigung schließen.
Diese Form ist verwandt mit der Pr. prorepens; sie unterscheidet sich von ihr durch die entschieden
noch stärker erhobenen Peristome und durch die Stellung der Zellen zueinander.
Maße: Bandbreite : 930 u — 1240 u
Zellänge : 930 u — 1147 u
Zellbreite : 460 u — 510 u
Vorkommen: Weiß «‘, Böllat.
Gattung BERENICEA Lamouroux 1821!. (Taf. IV, Fig. 6, 7, 8).
Syn.: 1827 Cellepora f. Goldfuß, Petref. Germ.
1851 = p. Quenstedt, Flözgebirge Württembergs
1858 bs p. ke Der Jura
1878 5 p- % 'Petref. K. Deutschl. L
1829 Aulopora $. Goldfuß, Petref. Germ.
1878 En bp. Quenstedt, Petref. K. Deutschl.
1848 Stomatopora f. Bronn, Nomenclator palaeontologieus
1849 Diastopora $f. D’Orbigny, Prodrome de Paleontologie
1852 > ?. Quenstedt, Handb. d. Petref. Kunde.
Die Hintereinanderlagerung der Zellen, wie wir sie bei Stomatopora und im wesentlichen auch bei
Proboscina haben, wird durch eine ausgedehnte Nebeneinanderlagerung derselben ergänzt. Dadurch,
daß eine Mutterzelle nicht nur einer oder zwei Tochterzellen, sondern durchweg zwei oder mehreren Ent-
stehung gibt und die Tochterzellen dieselbe Art der Vermehrung wiederholen, erhält man eine ziemlich
rasch fortschreitende Ausbreitung der Zellen in Flächen. Als erstes Stadium bekommt man Fächerform,
die sich dann mehr oder weniger rasch zu einem teils vollständigen, teils nicht ganz vollständigen Kreise
schließen kann. Die Koloniemutterzelle liegt bei den im Fächerstadium stehen gebliebenen Formen am
einen Ende der Kolonie, bei den zu einem Kreis geschlossenen stets in dessen Mitte. In diesem Fall kann
sie entweder zu beiden Seiten und hinten von einem zellfreien Raum umgeben oder vollständig von Zellen
umschlossen sein, so daß sie bei manchen Arten gänzlich verdeckt ist. Die so entstehende krustenbildende
Kolonie ist teils außerordentlich zart und dünn, teils aber auch zu beträchtlicher Dicke erhoben. Die Zellen
sind ursprünglich wohl durchweg zylindrisch, werden aber großenteils durch gegenseitige Ineinanderschach-
telung, namentlich am aboralen Ende stark zugespitzt und so mehr oder weniger spindelförmig. Die Peri-
stome sind unterschiedlich stark erhoben. Die Zellanordnung kann regelmäßig oder unregelmäßig sein.
Die Eizellen sind aus normalen Zellen umgebildet, zum Teil sehr groß und vielgestaltig.
' Lamouroux, Exp. M&6th. des Genres de l’Ordre des Polypiers p. 80.
— 13 —
Die Abgrenzung gegenüber Proboscina ist insofern gerechtfertigt, als die verschiedene Kolonieform
durch das verschiedene Wachstumsverhältnis der Zellen bedingt ist; sie beruht also auf einer wenigstens
einigermaßen natürlichen Grundlage.
BERENICEA COMPRESSA (Goldfuß) 1829!. (Taf. IV, Fig. 9; Taf. V, Fig. 1).
Syn.: 1829 Aulopora compressa, Goldf. Petref. Germ. Bd. 1. S. 84
1848 Stomatopora ,, Bronn, Nomenel. pal. S. 1201
1851 Cellepora en Quenstedt, Flözg. Württ. S. 357
1852 Diastopora = Quenstedt, Handb. d. Petref. Kunde S. 637
1858 an Quenstedt, Der Jura, S. 457
1868 Berenicea e Waagen, Geogn. Pal. Beiträge Bd. 1, S. 645.
Die Kolonieform ist außerordentlich charakteristisch; sie geht von einer Mutterzelle aus, ver-
breitert sich durch Nebeneinanderlagerung der Zellen zu einem schön geschwungenen Fächer, aus dem dann
an der peripheren Seite ein- oder mehrreihige Bänder herauswachsen können, die sich dann
ihrerseits wieder zu Fächern ausbilden. Man erhält so ein ganz eigenartiges, sich immer wieder
verzweigendes Koloniesystem. Die Ber. compressa hat zum Teil unverkennbar noch einen
Hang zur Bandform, leitet aber andererseits schon hinüber zu den Kreisformen. Die Flächen-
form überwiegt jedoch stark. Die Kolonie ist ziemlich flach gedrückt und kann sich über weite
Flächen ausdehnen.
Die Zellen sind zylindrisch und sehr lang, wenigstens im Verhältnis zu ihrer Breite.
Sie sind meistens gerade gestreckt oder können sich auch, namentlich an Stellen der Umbie-
gung des Fächers, mehr oder weniger stark krümmen. Sie wachsen untereinander hervor oder
schieben sich seitlich ineinander hinein. Die Koloniemutterzelle (Fig. 4) ist nicht wie die anderen
Fig. 4.
Zellen lang zylindrisch, sondern oval und kürzer. Die Zellen sind eng aneinandergelagert und _Kolonie-
ihrer ganzen Länge nach sichtbar. Am Kolonierande hat man einen außerordentlich zarten mutterzelle
Randsaum, der von vorgeschobenen Zellwänden durchzogen wird. Es gibt dieses Bild einen a
Hinweis auf die Bildungsweise der Zellen und die allmähliche Weiterentwicklung der Kolo-
nie. Die erstliche Bildung der Zellseitenwände mußte demnach von dem Randsaum ausgehen, der
in einem vitalen Zusammenhang mit der Kolonie gestanden haben muß. Die weitere Ausbildung der Zell-
compressa.
schale dürfte dann wohl von dem allmählich vordringenden Bryozoenindividuum übernommen worden sein.
Querrunzeln sind zahlreich vorhanden, ebenso ziemlich große Poren, die zum Teil deutlich ringförmig
angeordnet sind. Die Peristome sind nur sehr schwach erhoben und unregelmäßig angeordnet. Die Zell-
öffnungen sind kreisrund bis elliptisch.
Die außerordentliche Zartheit dieser Form wird dadurch bewiesen, daß eine Kolonie, die sich beim
Kochen in Kanadabalsam vollständig abgelöst hat, an Durchsichtigkeit einem Dünnschliff keineswegs
nachsteht.
Die Eizelle stellt eine birnförmige, von zahlreichen Poren bedeckte Aufwölbung dar mit einer
kreisrunden Oeffnung von 153 u Durchmesser.
1 Goldfuß, Petref. Germ. Bd. 1. S. 84,
— 134 —
Maße: Zellänge : 930 u — 1395 a
Zellbreite : 205 u — 280 u
Länge der Mutterzelle 297,9
Breite der Mutterzelle : 280,5 u
Länge der Eizelle ca, dal
Breite der Eizelle im max. 29 TbH
Breite der Eizelle im min. 12
Vorkommen: Lias «, Krummenacker
Lias Z, Heiningen
Braun y, Gingen
Braun S, Dettingen.
BERENICEA SUBTIEIS a2 sp: (Tat. V, Pie);
Die vorliegende Form unterscheidet sich van der Ber. compressa äußerlich nur durch ihre genau
kreisrunde Ausbildung. Die Kolonie ist im allgemeinen ziemlich klein (10—12 mm im Durchmesser),
außerordentlich dünn und wie man am (uerschnitt sieht, plattgedrückt. Am Rande der Kolonie hat man
wieder einen zarten Randsaum mit vorgeschobenen Zellwänden. Die Mutterzelle liegt in der Koloniemitte
und ist von einem kleinen, zellfreien Raume umgeben. Die weitere Ausbreitung der Kolonie geschieht
durch Hintereinanderlagerung und Ineinanderschächtelung der Zellen. Den Boden der Kolonie bildet
eine außerordentlich zarte, dem Wirt aufliegende Unterlage. Man hat nur eine Lage von Zellen.
Die Zellen sind zylindrisch bezw. durch das gegenseitige Wachstumsverhältnis spindelförmig
und ihrer ganzen Länge nach sichtbar. Ihr Querschnitt ist ein Rechteck. Die Peristome sind nur sehr
schwach erhoben und zum Teil in geraden oder schwach gekrümmten Reihen angeordnet. Querrunzeln
sind kaum angedeutet. Poren sind ziemlich regellos über die Zelloberfläche zerstreut und von einem ziem-
lich breiten, hell erscheinenden Ring umgeben, der auch bei ihrer Mündung im Zellinnern wieder auftritt.
Die Zellen sind meist gerade gestreckt, seltener gekrümmt. Die Zellwand, die man an abgeriebenen Exem-
plaren sehr gut beobachten kann, ist ziemlich dünn (ca. 25,5 u bis 34 u). Sie besteht aus zweierlei Sub-
stanzen: einer helleren, die die Zelle nach außen und nach innen abgrenzt und außerdem den Porenkanal
auskleidet und einer dunkleren, die zwischen diesen beiden Grenzschichten liegt. Die hellere Substanz
ist zweifellos die ursprüngliche Schalensubstanz. Die Schalenwand steht senkrecht auf der Unterlage.
Der Winkel, den sie mit dieser bildet, ist durch eine zum Teil ebenfalls mit Poren versehene Kalkmasse
etwas abgerundet, so daß das Bryozoenindividuum gewissermaßen auf einer beinahe halbkreisförmigen
Unterlage ruht (Fig. 5).
NIE DIN IS II
mr _mnrN
Fig. 5. Boden der Bereniceazellen (Schliff). Fig. 6. Porenkanäle von Berenicea.
Was diese Form außer der Kolonieform noch von der Berenicea compressa unterscheidet, ist die Aus-
bildung der Porenkanäle (Fig. 6). Bei der Ber. compressa hat man eine rosenkranzartige Einschnürung der
— 15 —
aneinanderstoßenden Zellwände. Eine vollständige Durchbrechung zu einem Kanal konnte ich nicht beo-
bachten. Bei vorliegender Form ist die Einschnürung entschieden weiter auseinandergezogen, so daß man
eine sehr schmale Verbindungsbrücke erhält, oder aber ist der Kanal ganz durchgebrochen. Angeschliffene
Formen zeigen ferner noch den Unterschied, daß die Zellen bei Ber. compressa mehr den Zylindertypus
bewahrt haben, während die Zellen der vorliegenden Spezies mehr spindelförmig sind.
Die Eizelle hat die Form eines langen Schlauches, der sich von der Koloniemitte radial nach
der Peripherie hinzieht. Sie steht ebenfalls durch Verbindungskanäle mit den benachbarten Zellen in Zu-
sammenhang. Ihre Oberfläche ist mit zahlreichen Poren bedeckt.
Maße: Zellänge : 775 u — 1240 u
Zellbreite : 2122 5 u — 25u
Länge der Eizelle : 3038 a ım Durchschnitt
Breite der Eizelle : 310 u ziemlich konstant.
Vorkommen: Braun z, Beuren.
BERENICEA FLABELLULUM (Quenstedt) 1878. (Taf. V, Fig. 3).
Syn.: 1878 Aulobora flabellulum, Quenstedt, Petref. K. Deutschl. Bd. VI, Abt. 1, S. 112.
Auch diese Form ist eine nahe Verwandte der Ber. compressa. Die Kolonie überwuchert außer-
ordentlich große Flächen (von einem Durchmesser bis zu 20 mm und darüber), indem sie zum Unterschied
von der Ber. compressa eine geschlossene, allerdings unregelmäßige Form annimmt, die sich, wie die com-
pressa, durch Hervorsprossen mehrerer Zellen an der Kolonieperipherie und deren rasche Ausbreitung
verzweigen kann. Stoßen derartige Verzweigungen aufeinander, so erhält man ein furchtbares Zellchaos
von übereinander- und durcheinanderwachsenden Zellen. Die Kolonie ist sehr flach gedrückt und dünn,
im Querschnitt streng einzellig. Die vollständig zylindrischen Zellen verleihen durch ihre außerordentliche
Länge der Kolonie ihr eigenartiges Gepräge. Sie sind ihrer ganzen Länge nach sichtbar und verlaufen
durchweg parallel zueinander, da sie sich nicht, wie z. B. bei compressa, ineinander hineinschieben. Häufig
sind sie hin und her gekrümmt. Die Peristome sind so gut wie gar nicht erhoben und unregelmäßig ange-
ordnet. Die Zellöffnungen sind kreisrund bis elliptisch. Querrunzeln sind nur schwach ausgebildet; Poren
scheinen in schrägen Linien angeordnet zu sein.
Fig. 7. Eizelle von Berenicea flabellulum. Fig. 8. Eizelle von Berenicea bisuleata.
Die Eizelle (Fig.7) hat die Gestalt eines Glockentierchens. Sie beginnt mit einem ziemlich langen,
normalen Zellzylinder von ca. 1395 u Längsmesser und 248 u Quermesser, dem sich eine ziemlich umfang-
— 136 —
reiche, ovalsackförmige Aufwölbung ansetzt. Diese trägt an ihrem peripheren Ende zwei Oeffnungen (die
eine mit 76,5 u, die andere mit 127,5 u Durchmesser) und ist mit zahlreichen Poren bedeckt. Die Oberfläche
der Eizelle ist nicht ganz regelmäßig abgerundet, sondern mit einigen Eindrücken versehen. Der Kelch
einer anderen Eizelle ist oberflächlich aufgebrochen: man sieht so in einen Hohlraum hinein, der von drei
Querwänden, die in der Mitte zusammenstoßen, in drei Einzelkammern abgegrenzt ist. Vorne hat man
wieder einen Ausführgang. Man meint, die Poren in Form von Kanälen auch in den Kelchhohlraum vor-
dringen zu sehen.
Maße: Zellänge : 1395 » — 1880 u (bis zu 2480 u)
Zellbreite : 212,5 u — 255 u
Länge der ganzen Eizelle: 2480 u
Länge des Kelches A108
Breite des Kelches ee
Der Unterschied in der Zellänge, in der Eizellenform und in der Kolonieform rechtfertigt eine Trennung
von Ber. compressa.
Vorkommen: Braun d, Dettingen, Stuifen.
BERENICEA BISULCAT An zsp: (Tai:
Die Kolonie hat eine unregelmäßig elliptische Form (11 mm: 6,5 mm) und ist ziemlich dünn.
Am Rande hat man einen schwachen Randsaum mit vorgeschobenen Zellwänden.
Die Zellen sind zylindrisch, bezw. in ihrer Mitte schwach ausgebaucht und ‚unregelmäßig ge-
wunden. Sie grenzen sich scharf gegeneinander ab. Die Peristome sind schwach erhoben und zum Teil
undeutlich reihenförmig angeordnet. Charakteristisch für diese Form sind die außerordentlich starken
Querrunzeln, in diesem Falle geradezu Querwülste, die wie bei Stomatopora undulata, die Zellen durch-
furchen. Sie verlaufen parallel zueinander oder schneiden sich unter einem spitzen Winkel. Sie sind ziem-
lich zahlreich (im Durchschnitt 10—12) auf einer Zelle und auch in ungefähr gleichen Abständen von
einander. Außerdem kann man noch bei stärkerer Vergrößerung zahlreiche, feine Runzeln beobachten,
die die Zelle in ihrer Längsrichtung durchziehen und parallel zueinander in nur kleinen seitlichen Abständen
verlaufen. Sie können sich über die Querwülste fortsetzen. Diese können sich über mehrere Zellen er-
strecken.
Die Eizelle (Fig. 8) stellt eine am oralen Ende stark aufgeblähte Zelle dar mit einer Oeffnung
von ca. 76,5 „. an ihrem aufgewölbten, peripheren Ende.
Maße: Zellänge : 807,5 u — 892,5 u
Zellbreite : 212,5 u — 255 u
Länge der ganzen Eizelle : nicht sicher zu ermitteln
Länge des verdickten Endes : 680 u
Breite des verdieckten Endes : 25 u
Diese Form unterscheidet sich von der Berenicea striata Haime, mit der sie wohl nahe verwandt sein dürfte,
durch die Längsrillen auf der Zelloberfläche, durch die zum großen Teil unregelmäßig gewundenen Zellen
und durch ihre geschlossene Kolonieform.
Vorkommen: Braun ?, Fundort unbekannt.
— 1397 —
BERENTCBHAHINCOMPOSITA n.-sb:. (Taf. V, Fig..b).
Syn.: 1867 Berenicea striata? Reuß, Denk. d. K. Akad. der Wiss. Wien. Bd. XXVII, S. 7.
Die vorliegende Form aus unserem braunen Jura stimmt mit einer von Reuß nur zweifelhaft
zur Ber. striata gestellten Form überein. Diese beiden Vorkommen zu Ber. striata zu rechnen, oder als
Varietät hinzustellen, halte ich aus später zu erörternden Gründen nicht für angängig. Die Beschreibung
bezieht sich im wesentlichen auf unsere schwäbische Form.
Die Kolonie ist annähernd kreisrund (9,5 mm: 8,5 mm) und ziemlich dünn. Am Rand setzt
ein zarter Randsaum mit vorgeschobenen Zellwänden an.
Die Zellen sind im allgemeinen zylindrisch und sehr lang. Das, was diese Form und auch die
von Reuß unbedingt von Ber. striata trennt, ist die auffallend unregelmäßige Ausbildung der Zellen.
Dadurch, daß sie meist sehr eng zusammengepreßt sind, erscheinen sie stark deformiert. Sie sind nur selten
gerade gestreckt, wiees Haime in seiner Abbildung angibt, sondern vielfach gewunden, zum Teil bei-
nahe rechtwinklig abgebogen. Sie wachsen zum Teil ein Stück übereinander her, lösen sich wieder von-
einander, so daß man den Eindruck von Einschnürung der Zelle bekommt; andere erscheinen auf diese
Art wieder ausgebaucht. Kurzum: das Bild außerordentlich unregelmäßiger Wachstumsverhältnisse.
Der Umstand, daß diese Erscheinung in mehreren Fällen beobachtet worden ist, beweist mir daß es sich
hier nicht allein um gestörtes Wachstum handeln kann, sondern daß man es mit tiefergreifenden Unter-
schieden zu tum hat. Die Varietät discordea, die Gregory aufstellte, bezieht sich nur auf die für Hai-
mes siriata ungewöhnliche Kreisform der Kolonie. Querrunzeln sind vorhanden, jedoch entschieden
schwächer als bei der vorhergehenden Form. Längsrillen fehlen. Die Poren sind ziemlich groß und unregel-
mäßig zerstreut. Die Zellen biegen sich ziemlich stark nach oben. Die Peristome sind zum Teil in schwach
gekrümmten Kurven angeordnet.
Fig. 9. Eizelle von Berenicea incomposita. Fig. 10. Eizelle von Berenicea diluviana.
DieEizellen (Fig. 9), die in größerer Anzahl vorhanden sind, stellen ziemlich gleich gestaltete unge-
fähr herzförmige Gebilde dar. Bei aufgebrochenen Eizellen sieht man im Innern mehrere nebeneinander-
liegende Zellwände verlaufen. Am zentralen Ende der Eizelle scheinen mehrere normale Zellen in sie ein-
zutreten, am peripheren Ende herauszuwachsen.
Maße: Zellänge 21085 u» — 1395 u
Zellbreite PT
"Breite! der Eizelle : 1581 u
Länge! der Eizelle : 1085 u
1 Unter Breite verstehe ich hier den Abstand senkrecht zum Verlauf der normalen Zellen, unter Länge den Abstand in der
Richtung der normalen Zellen.
— 1383 —
Zur Unterscheidung dieser Form von der vorhergehenden dient das Fehlen der Längsrillen, die schwä-
chere Ausbildung der Querrunzeln, und die Verschiedenheit in der Form der Eizelle.
Vorkommen: Braun ?, Fundort unbekannt.
BERENICEA DILUVIANA Lamouroux I82I!.
Die Kolonie ist unregelmäßig gelappt und von mittlerer Dicke. Am Rande vorgeschobene
Zellwände mit schwachem Randsaum.
Die zylindrischen Zellen sind von mittlerer Länge. In der Koloniemitte verlaufen die Zellen
mehr horizontal und sind beinahe ihrer ganzen Länge nach sichtbar. Erst nach dem Rande zu stauen sie
sich etwas auf und sind so zum Teil nicht mehr vollständig sichtbar. Zum Teil hat man schwache Quer-
runzeln. Poren sind zahlreich vorhanden. Die Peristome sind ziemlich schwach erhoben und großenteils
in Linien angeordnet. Eine Peristomverwachsung, wie sie auch Reuß darstellt, konnte ich hier eben-
falls wahrnehmen.
Die Eizellen (Fig. 10) sind ungefähr birnförmig, jedoch größer als die von Gregory be-
schriebenen. Sie sind zahlreich und mit Poren bedeckt.
Maße: Zellänge : 465 w— 930 u (je nach ihrer Lage)
Zellbreite : 297,5 u — 340 u
Länge der Eizelle 20155
Breite der Eizelle : 950 u ım max. am oralen Ende
Breite der Eizelle : 279 u im min. am aboralen Ende
Vorkommen: Braun y, Gingen.
Braun d, Oeschingen.
BERENICEA ARCHIACI Haime 1854°.
Die Kolonie ist annähernd kreisrund (10O—11 mm im Durchmesser) und nicht sehr dick. An
der Peripherie hat man nur einen schwachen Randsaum.
Die Zellen sind, namentlich in der Koloniemitte, nur wenig sichtbar. Sie lösen sich gewissermaßen
in eine allgemeine Grundmasse auf. Nach der Peripherie zu schließen sie sich gegenseitig näher aneinander
an. Die Zellen sind zylindrisch und ziemlich lang. Die Peristome sind ziemlich stark erhoben und stehen
im allgemeinen weit auseinander. Sie sind unregelmäßig angeordnet.
| Die Eizellen, die ich selbst nicht sicher beobachten konnte, stellen große, mit ihrer Längs-
richtung radial gestellte, birnförmige Säcke dar.
Maße: Zellänge : 1240 u im Durchschnitt
Zellbreite : 297,5 u — 340 u.
Vorkommen: Braun y, Gingen (nach Waagen)
Weiß «‘, Böllat, Lochen.
Lamouroux, Exp. Meth. p. 81.
® M&m. de la Soc. G£ol. de France, ser. 2. t. V. p. 180.
— 139 —
BERENICEA TEGULAEFORMIS n. sp. (Taf. V Fig. 6).
Die Kolonie ist kreisrund (5 mm im Durchmesser) und ist etwas dicker als die Ber. Archiacı,
mit der sie jedoch ziemlich nah verwandt sein dürfte. Der Randsaum ist kaum entwickelt.
Die Zellen sind zylindrisch und meist nicht ihrer ganzen Länge nach sichtbar. Die ziemlich
steile Stellung der Zellen, die sich zum Teil schwach dachziegelartig überlagern, unterscheidet sie ebenfalls
von Ber. Archiaci. Die Peristome sind im allgemeinen unregelmäßig angeordnet, nur selten hat man
schwache Kurvenbildung. Die Zellen sind mit Poren und Querrunzeln bedeckt. Die Zellöffnungen
nehmen annähernd den ganzen Querschnitt der Zelle ein und sind kreisrund bis elliptisch.
Fig. 11. Eizelle von Berenicea tegulaeformis. Fig. 12. Eizelle von Berenicea verrucosa.
Die Eizellen (Fig. 11), die in ziemlicher Anzahl vorhanden sind, stellen große, nach der Ko-
ioniemitte zu langsam schmäler werdende, nach der Kolonieperipherie zu stark erweiterte Säcke dar. Sie
können einem Ansatzstiel aufsitzen. Ihre Oberfläche ist mit Poren und mit leichten Runzeln ver-
sehen. Auch die Form der Eizelle weist auf eine Verschiedenheit dieser Form von Ber. Archiaci hin, indem
sie hier viel mehr in die Breite geht.
Maße: Zellänge : 765 u — 850 u
Zellbreite \ RT!
Länge der Eizelle : 1257 u (mit Ansatzstiel ca. 1457 u)
Breite der Eizelle am peripheren Ende : 1105 u
Breite der Eizelle am zentralen Ende I Aa
Vorkommen: Braun s, Beuren.
BERENICEA VERRUCOSA (M. Edwards) 1838.
Syn.: 1838 Diastopora verrucosa, Edwards, Mem. Cris.: Ann. Sci. nat. Zool. ser. 2.t. IX. p. 229.
1890 Berenicea verrucosa, Vine, Rev. Fam. Diast.: Quart. Journ. G£ol. soc. vol. 36, p. 357.
Die Kolonie ist kreisrund und sehr dick (ca. 250 u bis 300 u hoch). Sie beginnt mit Fächer-
form (was man an tiefgeführten Dünnschliffen deutlich sieht); man kann dann auch beobachten, daß die
Mutterzelle von einem kleinen, zellfreien Raum umgeben ist. Dadurch, daß sich die Zellen sofort sehr
stark in die Höhe richten, was man schon bei ganz jungen Exemplaren sehen kann und sich gewissermaßen
dachziegelartig übereinanderlegen, erhält man eine beträchtliche Koloniehöhe. Auch der Raum neben der
Koloniemutterzelle wird überdeckt. Der Rand der Kolonie fällt ziemlich schräg nach außen geneigt ab
Palaeontographiea. Bd. LX. 18
— 140 —
und zeigt eine bienenwabenförmige Uebereinanderlagerung von Zellquerschnitten (durchschnittlich 3—5).
Die Kolonie kann dadurch den Eindruck machen, als sei sie aus mehreren, übereinanderliegenden Zell-
lagen gebildet, was jedoch aus der obigen Erklärung der Koloniebildung als irrtümlich hervorgeht. Am
Rande der Kolonie hat man einen schwachen Randsaum mit vorgeschobenen Zellwänden.
Die Zellen sind zylindrisch bezw. schwach spindelförmig. Der Zellverlauf ist nur zu einem
kleinen Teil sichtbar. Zwischen den Zellen hat man eine verbindende Grundmasse. Durch die steile Stel-
lung der Zellen wird ein nahes Aufeinanderrücken der Zellen bedingt. Die Zellöffnungen sind kreisrund.
Die Peristome sind unregelmäßig angeordnet. Querrunzeln und Poren sind vorhanden. Die Zellen sind
durch Kanäle miteinander verbunden.
Die Eizelle (Fig. 12) ist ein länglich, unregelmäßig sackförmiges Gebilde. Am vorderen Ende trägt
sie eine Oeffnung, die etwas größer als eine normale Zellöffnung zu sein scheint. Die Oberfläche ist mit
zahlreichen Poren bedeckt. Die Eizelle beginnt mit dem Durchmesser einer normalen Zelle und verbreitert
sich stetig zur Keulenform.
Maße: Zellänge :., 850 u; = 93byh,
Zellbreite : 212,5 u — 297,5 u
Länge der Eizelle : 1761 u — 2480 u
Breite der Eizelle am oralen Ende 2 SA0 a 680
Vorkommen: Braun e, Beuren
Braun £, Pfullingen.
BERENICEA ASSURRECTZA nWsp: 7 al YyEie. 73)
Kolonie kreisrund (7”—8 mm im Durchmesser). Sie ist nicht ganz so dick wie Ber. verrucosa;
außerdem fehlt der randliche Kolonieabfall mit seinen Zellquerschnitten. Randsaum ist vorhanden.
Die Zellen sind zylindrisch und annähernd vollständig sichtbar, sehr stark erhoben und zu-
sammengedrängt, beinahe noch mehr als bei Ber. verrucosa. Die Peristome sind in schwach gekrümmten
Kurven angeordnet. Poren und schwache Querrunzeln sind vorhanden.
Die Eizellen, die in großer Anzahl vorhanden sind, haben ungefähr die Form eines aufgewölb-
ten, gleichschenkligen Dreiecks. Ihre Oberfläche ist mit Poren bedeckt. Sie können einem Stiel in Gestalt
einer Zellröhre aufgesetzt sein. Sie haben häufig eine deutlich erkennbare Oeffnung. Zum Teil wachsen
mehrere Zellen aus ihnen hervor. Auch durch die Form der Eizelle wird die vorliegende Art scharf von der
Ber. verrucosa getrennt.
Maße: Zellänge : 510 u — 595 u
Zellbreite : Duo:
Länge der Eizelle mit Stiel 1275,
Breite der Eizelle : 850 u (gemessen von der einen Dreieckspitze bis zur
Mitte der gegenüberliegenden Seite)
2
Vorkommen: Braun eg, Lochen.
— 141 —
BERENICEA SCOBULINA (Michelin) 1840.
Syn.: 1840 Diasiopora scobulina, Michelin, Iconogr. Zoophyt. p. 10
1852 Berenicea # D’Orbigny, Pal. franc. Terr. cret. t. V p. 860
1868 E A Waagen, Geogn. Pal. Beitr. Bd. 1, S. 530, 535, 536, 645.
Kolonie kreisrund und sehr dick. Am steil abfallenden Kolonierand hat man 3—5 Zellquer-
schnitte übereinander.
Die Zellen sind zylindrisch und stehen namentlich nach dem Rande zu außerordentlich gedrängt,
indem sie sich dachziegelförmig übereinanderlagern. Die nebeneinanderliegenden Zellen schließen sich
gegenseitig eng aneinander an und auch die hintereinanderliegenden Zellen haben nur einen geringen Peri-
stomabstand. Die Peristome sind zum größten Teil in geraden oder ganz schwach gekrümmten Reihen
angeordnet. Der Vergleich mit einem Reibeisen, wie ihn Michelin gebraucht, ist sehr treffend. Poren
und schwache Runzeln sind vorhanden. Zellöffnungen sind rund.
Maße: Zellänge (d. h. Peristomabstand) : ca. 465 u
Zellbreite ı 272 u — 297 u
Vorkommen: Braun y, Gingen
Braun e, Balgheim.
BERENICEA RADIATA n. st.
Die Kolonie stellt eine kreisrunde, sehr dünne Scheibe dar, die im Querschnitt nur eine Lage
von Zellen zeigt. Sie kann sehr groß werden (bis zu 40 mm Durchmesser beobachtet). Randsaum schwach.
Die zylindrischen, nicht ausgebauchten Zellen sind außerordentlich lang und schließen eng
aneinander an. Die Zellwandungen verlaufen alle annähernd parallel zueinander. Man erhält so eine regel-
mäßige, schräg nach außen verlaufende, reihenförmige Anordnung der Peristome. Diese sind nur schwach
erhoben. Querrunzeln vorhanden; in den von ihnen gebildeten Furchen liegen zumeist die Poren. Die
Zellöffnungen sind kreisrund und gegenüber dem Zellquerschnitt kaum verjüngt. Die Zellwände zeigen an
einigen Stellen auch die rosenkranzförmigen Einschnürungen oder vollständige Durchbrechungen.
Maße: Zellänge : 1395 u — 1550 u
Zellbreite : 297,5 u — 340 u
Vorkommen: Braun s, Beuren.
BERENICEA RADIATA var. curvata n. v. (Taf. V, Fig. 8).
Diese Form ist mit der vorhergehenden nah verwandt. Die Kolonie ist kreisrund und eben
falls sehr dünn (ca. 255 u hoch), flach gedrückt, sodaß die Zellen wie bei der vorigen Form im Querschnit-
ein Rechteck darstellen, dessen Längsseite der Unterlage aufliegt. Der Randsaum ist nur schwach ent-
wickelt. Zu beiden Seiten der Mutterzelle, die in der Koloniemitte liegt, ist ein sehr kleiner, zellfreier Raum.
Die Zellen sind im Gegensatz zu der vorhergehenden Form mehr spindelförmig und daher nicht
mehr streng parallelwandig. Außerdem sind die Peristome, die sich nur schwach erheben, nicht in geraden
Reihen, sondern in ziemlich starken Kurven angeordnet, die außerordentlich regelmäßig von der Kolonie-
mitte nach außen verlaufen und zwar in zwei verschiedenen Richtungen, so daß man ein Maschenwerk
gebildet von den sich schneidenden Kurven erhält. Die Zellen sind durchweg gerade gestreckt und im,
u: 409
allgemeinen in der Koloniemitte kürzer als nach dem Rande zu. Die Zelloberfläche ist mıt Poren und Run-
zeln bedeckt.
Maße: Zellänge in der Koloniemitte 930%
JE nach der Kolonieperipherie : 1240 u. — 1550 u
Zellbreite 255) W
Vorkommen: Braun eg, Beuren.
BERENICEA ORBICULATA (Goldfuß) 1827.
Syn.: 1827 Cellepora orbiculata, Goldfuß, Petref. Germ. Bd. 1. S. 28
1878 Pr ; Quenstedt, Petref. K. Deutschl. Bd. VI. Abt. 1 S. 108.
Die Kolonie ist kreisrund und zum Teil sehr ausgedehnt; ziemlich dick. An der Peripherie
hat man, jedoch nicht sicher beobachtet, einen Randsaum. Goldfuß gibt ihn in seiner Abbildung
nicht an.
Die Zellen sind zylindrisch bis schwach ausgebaucht und zum Teil sehr weit, zum Teil nur sehr
wenig weit sichtbar. Sie scheinen im allgemeinen seitlich auseinander hervorzusprossen und sich so von
einander abzubiegen und zugleich in die Höhe zu wachsen. Sie sind so angelegt, daß die Peristome sehr nah
aufeinanderstehen und vom Mittelpunkte ausstrahlende, geradlinige Zellreihen nach dem Kolonierand
hin bilden. Diese Reihenanordnung, wie sie auch .Goldfuß angibt, verbietet eine Vereinigung der Ber.
orbiculata mit der Ber. verrucosa, wiesie Gregory annimmt. Man hat also, im allgemeinen wenigstens,
keine radiale, sondern eine unter einem Winkel davon abweichende Zellwachstumsrichtung. Der Raum
zwischen den Peristomreihen kann wie von einem Schleier überdeckt sein, indem die Zellen hier an ihrer
Oberfläche vollständig verschmelzen und so gewissermaßen eine Grundmasse bilden, aus der sich nur die
Peristome herausheben. Die Zellöffnungen sind rund bis oval. Poren und Querrunzeln sind vorhanden.
Der Abstand der Peristomreihen voneinander kann ziemlich verschieden sein. Die Peristome selbst stehen
sehr dicht aufeinander.
Maße: Zellänge : infolge der Verwachsung nicht sicher festzustellen, durchschnittlich
ca. 1000 u. — 1200 u.
Zellbreite : ca. A00O u
Vorkommen: Weiß «‘, Böllat, Lochen.
BERENICEA CONCATENATA Reuß 1867".
Syn.: 1868 Berenicea margopunctata, Waagen, Geogn. Pal. Beitr. Bd. 1. S. 646.
Die Kolonie ist unregelmäßig oder annähernd rund und sehr dick, was meines Erachtens nicht
von einer Uebereinanderlagerung mehrerer Zellschichten herrührt, wie es Reuß annimmt, sondern von
der steilen Stellung der Zellen, die sich, wie z. B. auch bei Ber. verrucosa dachziegelartig übereinander her-
schieben. Am steil abfallenden Kolonierande hat man zum Teil 6—7 Zellquerschnitte übereinander.
Die Zellen scheinen zylindrisch zu sein. Sie sind außerordentlich nah zusammengestaut, sodaß
sich die Peristome zu mehr oder weniger geschlossenen, leistenförmigen Reihen anordnen, die durch ziem-
lich viele Furchen getrennt sind. Poren und Querrunzeln sind vorhanden.
! Denkschr. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien Bd. XXVII S. 9,
— 143 —
Maße: Zellänge infolge der Zusammendrängung nicht zu messen
Zellbreite Zellbreite ca. 340 u
Vorkommen: Braun y, Gingen.
BERENICEA-LIMBATAn. sp. (Taf. V, Fig. 9;-Taf.. VI, Eig. 1.)
Kolonie kreisrund bis oval und ziemlich dick. Charakteristisch ist ein außerordentlich breiter,
von tiefen konzentrischen Furchen durchzogener Randsaum. Dieser erreicht eine Breite von 930 u — 1085 u
und ist in seinen Maßen ziemlich konstant. Zarte Zellwände schieben sich auf ihm vor. Im Querschnitt
ist die Kolonie ein- bis zweizellig.
Die Zellen sind zylindrisch, ziemlich massig, zum Teil nach vorne etwas zugespitzt, manchmal
leicht gewunden. In der Koloniemitte sind sie erheblich kürzer als nach dem Kolonierande zu. Die Zellen
sind eng aneinandergelegt und ihrer ganzen Länge nach sichtbar. Die Peristome sind nur schwach er-
hoben und unregelmäßig angeordnet. Poren sind vorhanden, Querfurchen ziemlich stark ausgebildet.
Die Poren sind häufig in Reihen angeordnet. Die Zellöffnungen sind kreisrund bis oval.
Fig. 13. Eizelle von Berenicea limbata. Fig. 14. Eizelle von Berenicea interfarta.
Die Eizelle (Fig. 13) ist ein wurstförmiges, ziemlich regelmäßiges Gebilde, das der Kolonie senkrecht
zur Richtung des Zellverlaufs aufliegt. An einer aufgebrochenen Eizelle meint man zu erkennen, wie sich
eine gewöhnliche Zelle plötzlich beinahe rechtwinklig umbiegt und zur Eizelle erweitert. Vorne hat man
eine Oeffnung. Die normalen Zellen laufen unter der Eizelle her, soviel man beobachten kann. Die Ei-
zellen sind ziemlich zahlreich vorhanden.
Maße: Zellänge in der Koloniemitte : 620 u — 930 u
Zellänge nach der Kolonieperipherie : 930 u — 139 u
Zellbreite : 340 a — ca. 400 u
Länge der Eizelle (senkrecht zur Zellrichtung) : 1395 u
Breite der Eizelle (parallel zur er ): A25.u
Vorkommen: Weiß «‘, Böllat.
BERENICEA INTERFARTA n. st. (Taf. V1, Fig. 2.)
Kolonie nicht ganz regelmäßig kreisrund und ziemlich dick. Der Randsaum ist sehr stark ent-
wickelt (ca. 2 mm breit), aber nur wenig gefurcht; er ist zum Teil von vorgeschobenen Zellwänden durch
zogen.
— 144 —
Die Zellen sind zylindrisch und stark in die Höhe gerichtet. Charakteristisch ist, daß sie nur
an ihrem Ende ziemlich steil aus einer allgemeinen Grundmasse hervorragen. Am Kolonierand lassen sie
sich zum Teil auch weiter verfolgen. An einigen Stellen sind die Peristome schwach reihenförmig angeord-
net, sonst im allgemeinen unregelmäßig. Die Grundmasse, wie auch die Zellen, sind von Furchen durch-
zogen. Von Poren ist nichts mehr zu sehen.
Die Eizellen (Fig. 14) stellen nach vorne stark aufgeblasene Säcke dar, die mit ihrer Längsrichtung
senkrecht zur Zellrichtung stehen. Die normalen Zellen werden durch die Eizellen in ihrer Lage ziemlich
gestört; auch sie nehmen zum Teil eine senkrecht zur normalen Richtung verlaufende Stellung ein, drehen
sich aber bald wieder in die ursprüngliche Richtung zurück. Die Oberfläche der Eizelle ist zum Teil von
ziemlich starken Querzellen durchzogen.
Maße: Zellänge d. h. Peristomabstand ı 255 u — 340 u
Zellbreite : 170 u — 212,5 u
Länge der Eizelle (senkrecht z. Zellrichtung) : ca. 1455 u
Größte Breite der Eizelle 850 1
Vorkommen: Weiß «‘, Böllat.
BERENICEA CRIBRIFORMIS n. sp. (Taf. VI7 EHie. 9).
Diese Form wurde von Quenstedt (Petref. Kunde Deutschl. 1. Abt. Bd. VI S. 109) als Celle-
pora orbiculata beschrieben: „Der Limbus fehlt hier, und die Poren nimmt nur das schärfste Auge soeben
noch wahr, die Zellenmündungen ragen zwar deutlich über die Fläche hervor, sind aber untereinander zu einer
[4
glatten Fläche verschwommen.‘“ Durch diese Grundmasse, aus der sich die Zellen nur sehr wenig heraus-
heben, unterscheidet sich diese Form wesentlich von der Cellepora (Berenicea) orbiculata. Die Kolonie ist
unregelmäßig abgerundet und sehr dick. Am Rande hat man 2—3 Zellquerschnitte übereinander.
Die Zellen scheinen zylindrisch zu sein (am Kolonierand treten sie etwas deutlicher hervor).
Sonst sind die Peristome nur äußerst schwach über die allgemeine Oberfläche erhoben. Sie ordnen sich
zum Teil in schwach gekrümmte Reihen an. Querrunzeln sind nur sehr schwach ausgebildet. Poren konnte
ich nicht beobachten.
Maße: Peristomabstand in der Reihenrichtung : 212,5 x» — 297,5 u
Br senkrecht zur Reihenrichtung : 297,5 u — 425 u
Zellbreite : 170 a — 212,5 u
Vorkommen: Weiß y, Gosbach.
Gattung REPTOMULTISPARSA D’Orbigny! 1852.
Die Gattung unterscheidet sich von Berenicea im allgemeinen nur dadurch, daß sie Kolonien mit
mehreren übereinandergelagerten Zellstockwerken bildet. Das Bild, das man bei einem Querschnitt erhält,
zeigt uns eine Wechsellagerung von mehreren übereinanderliegenden Zellquerschnitten und von ziemlich
dicken, scharf abgegrenzten Trennungslamellen. Die krustenbildenden Kolonien, die auf diese Weise eine
ziemlich beträchtliche Höhe erreichen können, zeigen schon rein äußerlich betrachtet meist eine Differen-
: D’Orbigny, Pal. france. Terr. ceret, t. V. p. 875
— 15 —
zierung in verschiedene, übereinandergeschichtete Einzelkolonien, indem eine obere Lage gegenüber einer
darunterliegenden meist einen kleineren Durchmesser hat.
Es entsteht nun auch hier wieder die Frage, ob eine Scheidung derartiger Formen von Berenicca
gerechtfertigt ist. Es läßt sich ja wohl ohne weiteres annehmen, daß eine Reptomultisparsa durch einfache
Kolonieübereinanderlagerung aus einer gewöhnlichen Berenicea hervorgegangen ist. Andererseits ist je-
doch das Bild, wie man es namentlich bei Querschnitten erhält, so charakteristisch und zugleich verschie-
den von dem eines Berenicea-(Juerschnitts, daß man eine Trennung beider doch wohl vornehmen kann,
namentlich mit Hinsicht auf die beinahe durchweg zweifelhaften Unterscheidungsmerkmale, die einer Syste-
matik der Diastoporiden zur Verfügung stehen.
Die mehrschichtigen Formen werden häufig zur Gattung Berenicea oder Diastopora gestellt.
REPTOMULTISPARSA (?) MICROSTOMA (Michelin) 1846.
Die einzige, mir aus dem schwäbischen Jura bekannte Reptomultisparsa möchte ich nur zweifelhaft
zur Spezies microstoma stellen, da sie äußerlich nieht gut erhalten ist. Beim Anschleifen zeigt sie jedoch
unzweideutig Reptomultisparsa-Struktur.
Die Kolonie ist ungefähr kreisrund und sehr hoch (2170 u). Die übereinandergelagerten Einzel-
kolonien gehen am Rande ineinander über. An der Kolonieperipherie hat man vorgeschobene Zellwände.
Die Zellen scheinen, soweit ich beobachten konnte, zylindrisch zu sein. Sie sind nur zum Teil
sichtbar. Ueber die Zell- und Kolonieoberfläche zieht sich eine konzentrische Streifung hin. Die Zellöff-
nungen sind rund. Die Peristome haben eine unregelmäßige Anordnung.
Maße: Zellänge cas I30.u
Zellbreite : ca. 127,5 u» — 170 u
Vorkommen: Weiß «‘, Böllat.
Gattung DIASTOPORA Lamouroux I82r!.
Die Kolonien, die bei Berenicea auf der Unterlage kriechen, erheben sich bei Diastopora zu auf-
rechten Blättern und Zweigen. Die Besetzung mit Zellen kann nur auf der einen oder auch auf beiden
Seiten erfolgen. Im letzteren Fall sind die beiden Lagen durch eine Zwischenschicht getrennt. Von Bere-
nicea leiten natürliche Uebergänge zur Diastopora hinüber.
Es ist auffallend, daß sich im schwäbischen Jura im Vergleich mit anderen Gebieten nur außerordent-
lich wenige, hierher gehörige Formen finden.
DIASTOPORA FOLIACEA Lamouroux 1821}.
Diese Form wurde von Quenstedt (Petref. Kunde Deutschl. Abt. 1 Bd. VI. S. 225) als Colla-
pora escharordes beschrieben und abgebildet.
Die Kolonie stellt ein zweischichtiges, in der Mitte durch eine scharfe Wand getrenntes und nur
schwach gebogenes Blatt dar. Es steht mir nur ein ziemlich kleines Teilstück zur Verfügung. Die Trennungs-
lamelle springt messerschneideartig vor.
Die Zellen sind zylindrisch, zum Teil an ihrem Hinterende zwischen zwei andere Zellen einge-
l Lamouroux, Exp. Meth. p. 42.
— 146 —
drängt und dadurch etwas zugespitzt. Sie sind im allgemeinen ihrer ganzen Länge nach sichtbar. Die
Peristome sind nicht sehr stark erhoben und unregelmäßig angeordnet. Die Zellöffnungen sind kreisrund
und nehmen beinahe die ganze Zellbreite ein. Poren sind sehr zahlreich vorhanden; Querrunzeln nur
schwach ausgebildet. Die Peristome stehen gegenseitig etwas von einander ab.
Maße: Blattdicke : 1550 u — 1705 u
Zellänge : 1240 u — 1395 u
Zellbreite : 391 u — 425 u
Vorkommen: Braun y, Gingen.
DIASTOPORA CERVICORNIS Michelin 1846.
Die Kolonie ist ausgeprägt bandförmig, zum Teil verzweigt. Diese Form mit Diastopora lamel-
losa Mich. in Einklang zu bringen, wiees Gregory tut, halte ich wegen dieser plattgedrückten, parallel-
seitigen Bandform für nicht angängig. Die Zellen sitzen zu beiden Seiten des Bandes.
Die Zellen sind kurz und verbreitern sich ein wenig nach vorn. Sie sind scharf gegeneinander
abgegrenzt. Die Peristome sind nur schwach erhoben und teils regelmäßig, teils unregelmäßig angeordnet.
Die Zelloberfläche ist mit zahlreichen Poren bedeckt.
Maße: Banddicke : ca. 2480 u — 3100 u
Zellänge : 680 u.
Zellbreite am oralen Ende : 212,5 u — 255 u
= am aboralen Ende 70
Vorkommen: Braun y, Gingen.
DIASTOPORA PETALOIDES Waagen 1868°.
Das Original zu dieser Form steht mir nicht zur Verfügung. Nach der Beschreibung von Waagen
bildet sie breite Blätter, die auf beiden Seiten mit Zellen besetzt sind. Gregory identifiziert sie mit
Diastopora foliacea.
Vorkommen: Braun y, Gingen.
Gattung RADICIPORA (Quenstedt)?. (Taf. VI, Fig. A, 5, 6.)
Syn.: 1827 Ceriopora pars Goldfuß
1867 ” » Quenstedt.
Die Kolonie baut sich aus übereinandergelagerten, Bereniceaähnlichen Einzelschichten auf, die je-
weils durch eine verdickte, kugelschalenförmig verlaufende Wand voneinander getrennt sind. Eine Schicht
gibt der darüber folgenden dadurch Entstehung, daß ihre zentralen Zellen die Kugelschale durchbrechen,
in die Höhe wachsen und sich dort ausbreiten. Man erhält so massive Stämmchen. An der Spitze derselben
hat man die sogenannte Brutknospe, d. h. eine erst in der Entwicklung begriffene neue Zellage. Die Zellen
sind zylindrisch bezw. durch Wachstumsverhältnisse mehr oder weniger unregelmäßig umgebildet. Sie
ı Michelin, leonogr. Zoophyt. p. 247.
*® Geogn. Pal. Beitr. Bd. 1 H.3 S. 645.
2 Ouenstedt, Petret. K7Deutschl. "Apt; 1L2BAS VIESzpAR:
sind ziemlich kurz und endigen mit einem über die allgemeine Kolonieoberfläche hervorragenden Peristom,
das an seiner Spitze eine kreisrunde Zellöffnung trägt.
Im Prinzip hat man hier wohl dieselben Verhältnisse der Koloniebildung wie bei Reptomultisparsa.
Der typische und zugleich einzige mir bekannte Vertreter dieser Gattung ist die Ceriopora radici-
formis Goldfuß (Petref. Germ. S. 34). Schon Quenstedt macht die Andeutung, diese Form wegen
ihrer eigenartig hervortretenden Zellenden, wie man sie bei den Cerioporen sonst nie findet, als besondere
Gattung mit dem Namen Radicipora abzutrennen; er führt sie jedoch nach wie vor unter der ihr von
Goldfuß gegebenen Bezeichnung an. Es sind im wesentlichen drei Merkmale, die diese Form von der
Gattung Ceriopora trennen: 1. einmal die vorspringenden Zellenden, 2. die kurzen, meist etwas unregel-
mäßigen Zellen und 3. die Aufeinanderlagerung mehrerer Zellschichten, die übrigens ja nicht mit der In-
einanderschachtelung, wie wir sie bei Ceriopora finden, zu verwechseln ist. Namentlich der dritte Punkt,
den ich näher auf Seite 120 ausgeführt habe, veranlaßt mich, die Ceriopora radiciformis von der Gattung
Ceriopora zu trennen und unter die Diastoporiden zu stellen. Im allgemeinen faßt man ja unter den Diasto-
poriden nur dünne, krusten- oder blätter- oder hohlzylinderbildende Formen zusammen. Aber ich glaube,
mit demselben Recht, mit dem man die Reptomultisparsa, die ja wohl ebenfalls als massive, in die Höhe
wachsende Form angesprochen werden kann und auch noch andere derartige Formen, wie z. B. die Radıo-
pora stellata hierherstellt, kann man auch die massive, stämmcehenbildende Ceriopora radiciformis hier
unterbringen. Und ich glaube dies um so mehr, als man es nach meiner Ansicht, die sich auf zahlreiche
namentlich auch mikroskopische Untersuchungen von Dünnschliffen und von vollständigen Exemplaren
stützt, mit verwandtschaftlichen Beziehungen der Radiciformis besonders zur Gattung Berenicea bezw.
auch Reptomultisparsa zu tun hat.
RADICIPORA RADICIFORMIS (Goldfuß). (Taf. VI, Fig. A, 5, 6).
Syn.: 1827 Ceriopora radiciformis Goldfuß, Petref. Germ. S. 34
1867 2 , Quenstedt, Handb. d. Petref. K. S. 765
1885 5 3 £ a % = re es
Die Kolonie bildet ziemlich hohe, massive, zylindrische Stämmchen, die sich auch verzweigen
können, was jedoch nur sehr selten vorzukommen scheint. Sie sind dadurch charakterisiert, daß die Kolonie-
oberfläche durch zahlreiche, rings um das Stämmchen herumlaufende Ausbuchtungen und Einschnürungen,
die regelmäßig ineinander übergehen, gewissermaßen wellenförmig erscheint. Die Zellöffnungen liegen
meistens auf den erhobenen Wülsten, in den Furchen fehlen sie annähernd vollständig. Jeder Furche ent-
spricht eine schichttrennende Lamelle. Die Stämmchen, die im allgemeinen gerade gestreckt, hin und wieder
auch unregelmäßig gekrümmt sind, haben einen im allgemeinen konstanten Durchmesser, der in seiner
Regelmäßigkeit nur durch die Anwachsringe gestört wird. Ausnahmen gibt es natürlich auch hier. So hat
man Formen, die sich z. B. nach oben stark verdicken können oder auch solche, die sich etwas zuspitzen.
Jedoch sind dies Seltenheiten. Die Wülste müssen nicht unbedingt senkrecht zur Kolonielängsachse ver-
laufen, sondern können sich auch, allerdings nur wenig, gegen sie neigen; sie können unterschiedlich stark
erhoben sein. Eine verbreiterte Fußscheibe hat man bei der Radiciformis nicht; dagegen stets eine konkave
- Einwölbung des Fußbodens, mit der die Kolonie der Unterlage aufgesessen ist. Der Stammscheitel ist mehr
oder weniger kugelschalenförmig aufgewölbt und trägt in seiner Mitte oder auch etwas seitlich davon die
Brutknospe. In ihrer Mitte sieht man mehrere etwas hervortretende Zellendigungen; nach dem Rande zu
Palaeontographica. Bd. LX. 19
— 18 —
dagegen hat man zum Teil ziemlich weit sichtbare, zylindrische Zellen, die nach vorn etwas zugespitzt
sein können. Zwischen diesen normalen Zellen hat man über die ganze Kolonie nicht all zu zahlreich ver-
breitet, kleinere Zellen, die sich zum Teil namentlich auch in der Brutknospe als kleinePoren äußern können;
nach meiner Ansicht hat man es in ihnen mit noch nicht vollständig entwickelten oder aber in ihrer Weiter-
entwicklung gehemmten Zellen zu tun.
Die Zellen sind also zylindrisch und wie man an sen äußerlich sichtbaren Zellen der Brutknospe
sehen kann, zum Teil mit deutlichen Querrunzeln versehen. Auf jedem Wulst liegen gewöhnlich zwei bis
drei verschieden stark hervorragende Zellendigungen übereinander. Im Längsschliff sieht man, daß die
Zellwände meistens ziemlich stark gekrümmt und gewellt sind, im allgemeinen aber doch parallel zuein-
ander verlaufen. Die Zellen beschreiben einen ziemlich starken Bogen nach außen, zuerst nach oben, gegen
den Kolonierand hin zum Teil wieder ein wenig nach unten. Die nach oben liegenden Zellwände werden
verdickt und bilden die Trennungslamelle, die eine Dieke von bis zu 85 u erreichen kann, in einigen Fällen
sogar noch etwas mehr. Im Querschnitt erscheinen die Zellen kreisrund oder elliptisch, zum Teil auch ab-
gerundet polygonal. An Uebergangsstellen von einer Schicht in die andere haben die Zellen häufig eigen-
artige wulstförmige Wandverdiekungen. Auch Poren auf der sichtbaren Zelloberfläche glaube ich wahr-
nehmen zu können.
Maße: Koloniehöhe : bis zu 18mm
K.oloniebreite : bis zu 6 mm
Zellänge : bis zu 930 u
Zellbreite : ca. 170 u — 227,5 u
Zellwanddicke : 25,5 u — 3Ayu
Schiehthöhe : ca. 310 u — 372 u
Vorkommen: Weiß «'—.y', Iicchen, Böllat.
Mit dieser Gattung schließe ich mit den Diastoporiden des schwäbischen Jura ab. Ich bin mir nun
vollständig bewußt, daß man aus dem mir zur Verfügung stehenden Material mit Leichtigkeit und zum
Teil vielleicht auch mit einer gewissen Berechtigung noch mehr Arten hätte herausziehen können als ich
es getan habe. Gibt es doch besonders in dieser Familie kaum zwei Exemplare, die in allen für die Syste-
matik in Betracht kommenden Punkten vollständig übereinstimmen. Aber ich bin stets dem Prinzip ge-
folgt, nur möglichst wenige Typen herauszugreifen, um die sich, wie ich hoffe, die zwischen ihnen liegenden
Uebergangsformen mit einigem guten Willen herumgruppieren lassen werden. In zweifelhaften Fällen
habe ich es vorgezogen, nur Varietäten zu machen.
Familie IDMONEIDAE Busk.
„Die /dmoneidae bilden aufrechte, baumförmige, meist ästige Stöcke, bei denen die röhrigen Zellen
alle auf der Vorderseite münden“ (Nach Zittel, Grundzüge der Palaeontologie 1910).
Gattung IDMONEA Lamouroux 1821}.
Die Kolonie bildet aufrechte, massive und häufig verzweigte Aestehen mit rundem oder abgeplat-
, g g
tetem Querschnitt. Sie setzt sich aus langen Röhrenzellen zusammen, die im hinteren Teil des Aest-
ı Lamouroux, Exp. Meth. p. 80.
— 149 —
chens in die Höhe laufen, und am vorderen meist in alternierenden Querreihen und in geraden Längsreihen
münden.
IDMONEA SUEVICA (Quenstedt) 1858. (Taf. VI, Fig. 7, 8.)
Syn.: 1858 Tetrapora suevica, Quenstedt, Der Jura S. 666.
Die Kolonie ist außerordentlich zierlich und ziemlich lang, jedoch nicht verzweigt. Ihr Quer-
schnitt ist ziemlich stark abgeplattet und hat einen größten Durchmesser von ca. 930 u — 1085 u.
Die Zellen sind zylindrisch und münden in zwei Abteilungen, die durch einen leichten Kiel
von einander getrennt sind. Zu beiden Seiten desselben liegen 2—3 Zellöffnungen in einer Reihe angeord-
net, die Reihen zu beiden Seiten des Kiels miteinander alternierend. Die Peristome, die dem Kiel am näch-
sten liegen, sind am stärksten erhoben (bıs zu 255 x — 297,5 u) und nach vorne etwas zugespitzt. Nach der
Seite zu nehmen sie an Erhebungshöhe ab. Die Zellöffnungen sind kreisrund und haben bei den mittleren
Zellen einen Durchmesser von 119 u — 127,5 u, bei den äußeren 102 u — 110,5 u. Die Poren lassen sich
nur schwach erkennen.
Die Eizellen (vesicules ovariennes von D’OÖrbigny) haben die Form kleiner runder oder
etwas in die Länge gezogener Bläschen, die zwischen den beiderseitigen Zellreihen liegen und ohne scharfe
Abgrenzung in die Umgebung übergehen.
Vorkommen: Weiß «
y‘, Lochen, Böllat.
Familie ENTALOPHORIDAE Reuß!.
Die Kolonie wächst frei in die Höhe, ist mehr oder weniger baumförmig verzweigt und hat einen
beinahe zylindrischen Querschnitt. Die langen Röhrenzellen sind zu Reihen verwachsen und münden
auf allen Seiten des Stämmchens. Zuweilen sind die Oeffnungen eines Teiles der Röhren durch dünne
kalkige Deckel geschlossen. Zwischenporen und akzessorische Poren fehlen. (Zusammengestellt nach
Zittel 1876—80, 1900 und 1910.)
Im Gegensatz zu Reuß, Zittel 1876-80 und 1910 nehme ich mit Gregory und Zittel
1900 die Zellen als nach allen Seiten des Stämmchens mündend an, um einen Unterschied von den Idmoneiden
zu haben.
Gattung ENTALOPHORA Lamouroux 1821?.
Die Kolonie bildet dünne Stämmchen, an deren Oberfläche die langen Röhrenzellen zum Unterschied
von der Gattung Spiropora unregelmäßig verteilt münden. Im schwäbischen Jura ist diese Gattung nicht
vertreten.
Gattung SPIROPORA Lamouroux 18213. (Taf. VI, Fig. 9; Taf. VII, Fig. 1—4.)
Die Kolonie bildet baumförmig ästige, zum Teil wieder verwachsende Stämmcehen, auf deren Ober-
fläche die Zellen in mehr oder weniger einfachen, kreisförmigen oder spiralen Reihen münden, die bald größere,
1 Reuß, Die Bryozoen, Anthozoen und Spongiarien des braunen Jura von Balin.
2 Lamouroux, Exp. M&th. p. 47. 81.
® Lamouroux, Exp. M6th. p. 47. 81.
— 190 —
bald kleinere vertikale Abstände haben. Die Zellen sind um eine zentrale Achse, bezw. um ein zentrales
Zellenbündel herumgruppiert.
Auf Grund einiger Dünnschliffe möchte ich noch folgende Bemerkungen anknüpfen (vergl. auch
Ss: 12):
Das zentrale Zellenbündel wird von langen, nebeneinander herlaufenden, parallelwandigen Röhren-
zellen gebildet, die, um ein Beispiel anzuführen, einen Quermesser von nur 60 u haben können. Diese biegen
sich gelegentlich nach außen und erweitern sich dabei sehr erheblich; bei demselben Dünnschliff, von dem
auch die obigen Maße stammen, hat man an der Zellmündung einen Quermesser von ca. 170 u. Durch diese
Erweiterung der Zelle und durch eine nach außen zum Teil nicht unbeträchtlich verdickte Zellwandung
ist der vertikale Abstand der Zellreihen bedingt. Die Zellen sind also, wie auch aus einer Abbildung von
Gregory (The jurassice Bryozoa p. 154 fig. 10) deutlich hervorgeht, nicht zylindrisch, sondern vielmehr
gewissermaßen trompetenförmig nach vorne erweitert. Die Zellwandung ist bei Zellen in der Kolonieachse
ca. 25 u— 35 u dick, kann aber zum Teil nach außen hin eine Dieke von 200 u — 300 u erreichen. Zell-
querwände konnte ich nirgends wahrnehmen. Die Zellen haben in allen Fällen, die ich untersuchte, am
oberen Ende ihres breiten Auslaufs eine zitzenartige Vorwölbung, die die eigentliche, kreisrunde Zellöffnung
trägt. Unter und neben ihr wird der Zellauslauf von einer dünnen, mit zahlreichen Poren besetzten Kalk-
decke geschlossen. Ist diese abgetragen, so erhält man das charakteristische Maschennetz. Die Zellquer-
schnitte sind meistens rund und nur selten durch gegenseitige Abplattung polygonal.
Gregory trennt von Spiropora eine neue Gattung Haploecia Gregory (The jurassic Bryozoa
p. 157) ab mit dem Merkmal: ‚the zooecia are short and angular in form“. Ich kann dieser Einteilung
aus folgenden Gründen nicht folgen: 1. habe ich bei einer Form, die mit Gregorys Haploecia straminea (Phil-
lips) identisch ist und an der Oberfläche genau dasselbe Bild gibt, wie Gregorys Abbildung (Fig. 12
Seite 160), beim Dünnschliff genau dieselben Strukturverhältnisse erhalten, wie sie eine gewöhnliche Spiro-
pora ebenfalls liefert, und 2. hat man andererseits bei typischen Spiroporen, wenn sie oberflächlich abge-
tragen sind, dieselbe polygonale Gitterbildung, wie se Gregory für eine Haploecia voraussetzt. Man
kann sie übrigens zum Teil auch bei vollständig erhaltenen Exemplaren wahrnehmen. Und endlich kann
man, wie es Gregory auch selbst in seiner Figur 11 Seite 158 angibt, in ein und derselben Kolonie
sowohl länglich zylindrisch als auch breit polygonale Abgrenzung der Zellen untereinander beobachten.
SPIROPORA ELEGANS Lamouroux 1821.
Die Kolonie bildet dünne, sich verzweigende Stämmchen mit rundem Querschnitt. Die langen
Röhren zellen münden mit schwach erhobenen Peristomen, die in regelmäßigen Horizontalreihen an-
geordnet sind. Die Oeffnungen sind kreisrund und haben einen Durchmesser von ca. 186 u. Die Peristome
sind seitlich mehr oder weniger eng aneinander angewachsen und bilden so eine schwache, kranzartige
Erhebung.
Maße: Stammdicke 6a 1550
Vertikalabstand der Reihen : 1240 u (ziemlich konstant).
Vorkommen: Braun =, Ehningen.
Lamouroux, Exp. Me6th. p. 47
— 151 —
SPIROPORA ANNULOSA (Michelin) 1847.
Syn.: 1847 Cricopora annulosa, Michelin, Iconogr. Zoophyt. p. 339
1868 u acutimargo, Waagen, Geogn. Pal. Beitr. Bd. 1, Hft. 3. S. 641.
1896 Spiropora annulosa, Gregory, Ann. Mag. Nat. Hist. ser. 6vol. XVII p. 197.
Die Kolonie bildet ziemlich dieke, sich verzweigende Stämmchen mit rundem Querschnitt.
Zellen münden mit ziemlich stark erhobenen Peristomen, die in horizontale oder schwach schiefe
Reihen angeordnet sind. Die Peristomwände stoßen seitlich aneinander an. Die Reihen sind sehr nah
aufeinandergerückt. Die Zellöffnungen sind kreisrund bis oval mit einem Durchmesser von ca. 195,5 u
bis 212,5 u. Die Peristomfelder, d. h. die bedeckten Zellausläufe fließen mehr oder weniger ineinander über.
Ihr horizontaler Quermesser beträgt ca. 442,5 u bis 467,5 u. Sie sind mit zahlreichen Poren bedeckt. Die
regelmäßige Peristomanordnung wird nur selten gestört. Ist die Oberfläche abgetragen, so erhält man ein
Netzwerk von polygonalen Maschen, die in ihrer horizontalen Richtung kürzer sind als in der vertikalen.
Maße: Stammdicke : ca. 2790 u
Vertikalabstand der Reihen : ca. 620 u (ziemlich konstant).
Vorkommen: Braun y, Gingen.
SPIROPORA CAESPITOSA Lamouroux 1821}.
Syn.: 1868 Diastopora subramosa, Waagen, Geogn. Pal. Beitr. Bd. 1, Hit. 3, S. 645
(?) 1868 Pustulopora tenuis, Waagen, er x = Bd1. Hits, 8.641
Die Kolonie bildet lange, häufig verästelte und zum Teil anastomosierende Zweige mit rundem
oder schwach elliptischem Querschnitt. Sie wachsen bäumchenförmig.
Die Zellen sind zylindrisch bezw. nach dem oralen Ende zu etwas an Breite zunehmend und
von einem ziemlich stark hervortretenden und sich erhebenden Ring umrandet. Die Peristome sind zum
Teil deutlich in Spiralreihen angeordnet, die ziemlich nahe aufeinanderstehen. Die Peristome sind nicht
sehr stark erhoben, die Zellöffnung ist kreisrund und nicht sehr klein (ca. 153 u bis 170 u im Durchmesser).
Auf der Oberfläche hat man Poren.
Maße: Stammdicke : ca. 930 u» — 1085 u
Vertikalabstand der Reihen : ca. 777,5 u — 930 u
Breite des Peristomfeldes : 255 u — 297,5 u.
Vorkommen: Braun y, Gingen.
Ob die Pustulopora tenwis Waagen, zu der ich das Original nicht in Händen habe, zur Spiropora
caespitosa zu rechnen ist, will ich nicht sicher entscheiden. Die Beschreibung, die Waagen gibt, macht
es jedoch sehr wahrscheinlich. Die Identität von Diastopora subramosa und Spiropora cäspıitosa habe ich
am Original nachgewiesen.
SPIROPORA TESSONIS (Michelin) 1846.
Syn.: 1846 Cricopora Tessonis, Michelin, Iconogr. Zoophyt. p. 236.
1854 Spiropora Tessonis, Haime, Mem. Soc. geol. de France ser. 2t. V. p. 19.
lLamouroux, Exp. Meth. p. 86
Die Kolonie bildet ziemlich dicke, verzweigte Aestehen mit rundem Querschnitt.
Die Zellen sind in Spiralreihen angeordnet, die ziemlich nah aufeinanderstehen. Die Peristom-
felder sind meist ausgebaucht, polygonal und mit zahlreichen Poren bedeckt. Die Peristome erheben sich
nur schwach. Die Zellöffnungen sind kreisrund bis elliptisch mit einem Durchmesser von ca. 127,8 u und
stehen in ziemlich großer gegenseitiger Entfernung.
Maße: Stammdicke : 4650 u — 5735 u
Vertikalabstand der Reihen : ca. 510 u
Breite des Peristomfeldes : ca. 340 u.
Vorkommen: Braun y, Gingen.
SPIROPORA ARBOREA Waagen 1868.
Die Kolonie bildet dünne, zierliche, hoch erhobene Stämmchen, die sich verzweigen und in
weiten Maschen anastomosieren. Ihr Querschnitt ist rund.
Die Zellen münden mit nur ziemlich schwach erhobenen Peristomen, die zum Teil mehr, zum
Teil weniger deutlich in ringförmige Reihen angeordnet sind. Das Peristomfeld ist mit zahlreichen Poren
bedeckt. Die Peristomfelder können ineinander übergehen, sodaß man von einer gegenseitigen Abgren-
zung nichts sieht, oder sie können durch eine ungefähr sechseckige Zellwand gegeneinander abgegrenzt
sein, oder sie können endlich nach Einbruch der Decke des Peristomfeldes ein Gitter von sechseckigen
Vertiefungen bilden.
Maße: Stammdicke
: ca. 2325 u — 2480 u.
Vertikalabstand der Reihen : 350 u — 425 u
Breite des Peristomfeldes : ca. 212,5 u — 255 u.
Vorkommen: Braun y, Gingen.
Diese Formen mit Spiropora abbreviata Blainville zu vereinigen, wie Gregory es tut, ist nicht
wohl angängig, da die Spir. abbreviata viel dickere und stumpigere Aeste bildet als die arborea.
SPIROPORA STRAMINEA (Phillips) 1829. (Taf. VII, Fig. 2, 3, A.)
Syn.: 1829 Millepora straminea, Phillips, Geol. Yorks pt. 1 p. 144, 149.
1858 = Quenstedt, Der Jura, S. 368
1868 Pustulopora Quenstedti, Waagen, Geogn. Pal. Beitr. Bd. 1, Hft. 3 S. 641.
1896 Haploecia straminea, Gregory, Ann. Mag. Nat. Hist. ser. 6. vol. XVII, p. 199.
DieKolonie bildet ziemlich dünne, verzweigte Aestchen von ziemlich konstantem Durchmesser.
Der Querschnitt ist rund. Die Stämmchen, d. h. in diesem Fall die Bruchstücke davon, sind in außerordent-
licher Menge den blauen Kalken des Braun y (so namentlich bei Rosswangen) eingelagert; an der Ober-
fläche wittern sie sehr schön heraus.
Die langen Röhren zellen münden an der Kolonieoberfläche mit nur schwach erhobenen Peri-
stomen, die in Horizontalreihen, nur selten in wenig geneigten Spiralen angeordnet sind. Das Peristomfeld
ist, wie man an zahlreichen Exemplaren sehen kann, regelmäßig sechseckig in Uebereinstimmung mit Gr e-
gorys Figur 12 S. 160 und mehr oder weniger deutlich gegen die angrenzenden Peristomfelder abge-
! Geogn. Pal. Beitr. Bd. 1. Hft. 3 S. 640.
— 1938 —
hoben. Auf ihrer Oberfläche sind zahlreiche, kleine Poren zerstreut. Die Zellmündung ist im Gegensatz
zu Gregorys Angaben beinahe regelmäßig kreisrund und nicht elliptisch. Ich halte dies jedoch für
kein wesentliches Unterscheidungsmerkmal. Die Zellöffnung hat hier einen Durchmesser von ca. 102 u
bis 119 u.
Die Pustulopora Quenstedti Waagen hat eine ziemlich vollständige Form- und Maßübereinstimmung
mit der Spiropora straminea. Man hat auch bei ihr die deutlich sechseckigen Gitter.
Maße: Stammdicke 1395 u
Vertikalabstand der Reihen: : 680 u — 765 u.
Breite des Peristomfeldes : 297,5 u — 340 u.
Vorkommen: Braun y, Wettbach (bei Roßwangen), Lochen.
(?) SPIROPORA RHOMBIFER (Waagen) 1868.
Syn.: 1868 Escharites rhombifer, Waagen, Geogn. Pal. Beitr. Pd. 1, Hit. 3, S. 622.
Ein Längsschnitt zeigt deutlich, daß wir es hier mit einer Spiropora zu tun haben. Die Kolonie ist
im Original nur schlecht erhalten. Die Decke des Peristomfelds ist durchweg eingebrochen und zeigt eine
polygoniale Gitterstruktur.
Die Kolonie stellt ein kleines, dichotom verzweigtes Stämmchen dar. Die langen Röhren-
zellen münden mit einer „schwach eingesenkten, runden Pore‘, wiesich Waagen ausdrückt, in die
Gittervertiefungen, die zum Teil deutlich sichtbar in ziemlich steil gerichteten Reihen
angeordnet sind. Die Gitter sind rhombisch bis quadratisch, an den Kanten mehr
oder weniger abgerundet. Die Scheidewand zwischen zwei Gittern springt etwas leisten- "is. 15. Spiropora
artıg in die Höhe (s. Fig. 15). Häufigkann man nun beobachten, daß sich zu beiden Seiten ee Kae
dieser Leiste je eine grabenförmige Vertiefung einschneidet, sodaß man etwas übertrei-
bend nebenstehendes Bild erhält. Die so gebildeten Mittellinien laufen schief zu einander, schneiden
sich und bilden so zusammen mit den Seitenlinien die Umrandungen der Gitter. Diese allerdings zum
großen Teil nur sehr undeutlich zu erkennende Grabenbildung ist auffallend; bei anderen Formen konnte
ich sie nicht beobachten.
IIITBTBRNEHLDIINITINN
scheidewand.
Ich stelle diese Form wegen ihrer schlechten Erhaltung nur zweifelhaft zur Gattung Spiropora.
Maße: Stammdicke : 2635 u — 2790 u
Länge eines Gitters : ca. 297,5 u — 340 u
Breite „, e : ca. 297,5 u — 340 u
Vorkommen: Braun y, Gingen.
Familie THEONOIDAE Busk.
Die Gattung Theonoa Lamouroux, die früher und zum Teil auch jetzt noch als solche der Familie
der Fascigeridae untergestellt war, wurde von zahlreichen Autoren zu der besonderen Familie der T'heo-
noidae Busk erhoben, die dann ihrerseits wieder in mehrere Gattungen zerfällt. Der Unterschied zwischen
diesen beiden Familien stützt sich auf die verschiedene gegenseitige Anlagerungsweise der Zellen zu Zell-
gruppen. Jedoch scheint die Abgrenzung noch nicht eindeutig durchgeführt zu sein. Das außerordentlich
kleine Material, das der schwäbische Jura zur Untersuchung bietet, macht es mir unmöglich, auf die Einzel-
— 154 —
heiten näher einzugehen. Ich schließe mich den Angaben und dem Einteilungsprinzip Gregorys! an.
Die Theonoiden bilden überkrustende oder aufrechte Kolonien. Die einfachen Röhrenzellen erheben
sich zu gruppenweise zusammengelagerten Peristombündeln. Im Gegensatz zu den Fascigeriden, bei denen
die Zellen von ihrem Anfang an zu Bündeln gesondert sind, wachsen bei den Theonoiden die Zellen zuerst
auf ziemlich weite Erstreckung alle nebeneinander her und sondern sich erst an ihrem Ende in den Peri-
stomen zu zahlreichen Peristombündeln.
Gattung ACTINOPORA D’Orbigny 1852°.
Die Kolonie bildet ziemlich flache, runde Ueberkrustungen auf Fremdkörpern.
Die Röhren zellen ordnen sich zu radial verlaufenden, ziemlich stark erhobenen Peristomrippen
an, die kurz vor der Koloniemitte aufhören. Am Kolonierande hat man einen mehr oder weniger stark
ausgeprägten Randsaum.
ACTINOPORA INFRAOOLITHICA (Waagen) 1868.
Syn.: 1868 Defrancia infraoolithica, Waagen, Geogn. Pal. Beitr. Bd. 1 H. 3 S. 643.
Die Kolonie ist kreisrund und von einem ziemlich breiten Randsaum eingefaßt, der von einer
Reihe vorgeschobener Zellwände durchzogen wird. Er hat eine Breite von ca. 595 u. Der Koloniedurch-
messer beträgt ungefähr 11—12 mm.
Die ziemlich langen Zellen erheben sich zu Radialrippen. Man kann deutlich 4 Hauptrippen
und dann zahlreiche zwischengelagerte etwas kürzere Nebenrippen unterscheiden. Zwischen diesen können
noch mehrere kleinere Rippenstücke eingeschaltet sein. Seitlich an den Rippen und zwischen ihnen sieht
man den Zellverlauf. Die Peristomreihen sind ziemlich stark erhoben und so durch tiefe Furchen vonein-
ander getrennt. Die Breite einer Reihe bleibt ziemlich konstant. Die Zellöffnungen sind deutlich polygonal.
Die Peristome derselben Gruppe sind eng miteinander verwachsen und platten sich zum Teil an ihren
Berührungsstellen gegenseitig ab.
Maße: Breite einer Peristomrippe : 255 u — 340 u
Zellänge . nicht zu messen
Zellbreite : ca. 130 u — 170 u.
Vorkommen: Braun y, Gingen.
Gattung THEONOA, Lamouroux I82T°.
Die Kolonie bildet dicke runde Ueberkrustungen oder aufrechte Blätter.
Die Röhren zellen sind miteinander verwachsen und bilden ziemlich stark erhobene Peristom-
gruppen von verschiedener Lage, Größe und Form, die durch tiefe, den Zellverlauf zeigende Furchen von
einander getrennt sind.
I Gregory, The Jurassie Bryozoa, p. 173.
= DIOr'pigny, Bal.frane, Deueereiaie Amp m762:
®Lamouroux, Exp. Meth., p. 82.
— 15 —
THEONOA PARVECRISTATA, Waagen, 18681.
Die Kolonie bildet ein Blatt bezw. einen Hohlzylinder von ca. 465 u — 620 u. Wanddicke; der
Hohlraum hat einen Durchmesser von ca. 2480 u. Im Koloniequerschnitt sieht man 2—3 Zellquerschnitte
übereinander liegen.
Die zum Teil sehr langen Zellen sind zylindrisch bis prismatisch, liegen sehr flach und erheben
sich erst ziemlich kurz vor der Mündung zu deutlich von breiten Zwischenräumen gesonderten Gruppen
von 2-5 Peristomen. Diese Gruppen liegen unregelmäßig zerstreut. Hin und wieder ist ein Peristom
auch isoliert. Die Zellen sind häufig ihrer ganzen Länge nach sichtbar. Die Höhe einer Gruppe kann bis
zu 775 u gehen. Die Peristome sind eng miteinander verwachsen und an ihrer gegenseitigen Berührungs-
stelle abgeplattet. Die Zellöffnungen sind rund oder polygonal mit einem Durchmesser von ca. 170 u
bis 212,5 u.
Maße: Zellänge (im Durchschnitt) : ca. 1550 u — 1860 u
Zellbreite : ca. 310 u — 34Al un.
Vorkommen: Braun y, Gingen.
Familie CERIOPORIDAE Busk.
Die Cerioporiden bilden inkrustierende und aufrechte Kolonien von außerordentlicher Mannigfaltig-
keit. Sie werden häufig aus übereinandergelagerten Schichten gebildet.
Die Röhrenzellen sind dicht gedrängt und eng verwachsen und ragen nie über die Kolonieoberfläche
hervor. Die Zellöffnungen sind rund oder polygonal und bedecken entweder ununterbrochen die ganze
Kolonieoberfläche oder sind auf gegenseitig getrennte Felder beschränkt. Zuweilen hat man Zwischenzellen,
die mit kleinem Quermesser die normalen Zellen umstehen. Zellquerwände sind häufig.
Gattung CERIOPORA Goldfuß 1827°.
Unter diesem Namen werden von Goldfuß u. a. außerordentlich viele massive, stämmchen-
bildende Bryozoen vereinigt. Erst allmählich wurden, namentlich auf Grund von Untersuchungen des
inneren Aufbaus zahlreiche Formen von dieser Gattung losgelöst.
Die Kolonie bildet vielgestaltige, überrindende, massive, lappige, knollige oder baumartig erhobene
und verästelte Formen, die oft aus zwei oder mehr übereinanderlagernden Zellagen bestehen. Die Zellen
sind prismatisch oder zylindrisch, im Innern wie am Mundrande glatt, fast überall gleichweit, mit zahl-
reichen Zellquerwänden; sie münden in fast gleicher Größe, unregelmäßig und meist gedrängt liegend
auf der ganzen Kolonieoberfläche. Die Zellen sind dicht gedrängt und in engem Zusammenhang. Die Mün-
dungen sind rund oder polygonal.
Auf Grund dieser Definition scheidet vor allen Dingen die bisherige Ceriopora angulosa und mit ihr
die striata, alata und radiata aus dieser Gattung. Bei ihnen sind die Zellöffnungen auf verschiedene Felder
verteilt, die durch vorspringende Rippen getrennt sind. Diese äußere Erscheinung wird von inneren, den
Cerioporen nicht eigentümlichen Strukturverhältnissen begleitet, wie wir später sehen werden. Die Ab-
trennung der Radicipora radiciformis ist schon früher begründet worden. Andere Formen wie namentlich
die Ceriopora compacta Goldfuß kann ich nur zweifelhaft zu dieser Gattung stellen.
2 Geogn. Pal. Beitr. Bd. 1, Heft 3, S. 643.
2 Goldfuß, Petref. Germ. p. 32, 244.
Palaeontographica. Bd. LX. 20
— 156 —
CERIOPORA GLOBOSA, Michelin 1846}.
Diese Form steht mir nur in einem einzigen, schlecht erhaltenen Exemplar zur Verfügung. Sie wird
jedoch auch von Waagen als im schwäbischen Jura vorkommend angeführt.
Die Kolonie ist massiv, hat halbkugelförmige Gestalt und wird aus mehreren übereinander
lagernden Schichten gebildet.
Die Zellen münden an der Kolonieoberfläche mit runden bis polygonalen Oeffnungen, die einen
Durchmesser von ca. 125 u» — 170 u haben. Außerdem hat man noch sehr wenige kleinere Oeffnungen
mit einem Durchmesser von ca. 85 u, die wohl von Zwischenzellen herrühren. Zellquerwände sind ziemlich
zahlreich. Die breite Koloniebasis mit dem Randsaum, wie se Gregory angibt, ist bei diesem Stück
nicht mehr zu sehen.
Vorkommen: Braun y, Gingen.
CERIOPORA ARBORESCENS, Waagen 1868°.
Die Kolonie bildet ziemlich dicke, verzweigte und anastomosierende Bäumchen mit ungefähr
rundem Querschnitt. Bei einem der mir zur Verfügung stehenden Stücke glaube ich, Schiehtenübereinander-
lagerung wahrnehmen zu können.
Die langen Zellen münden mit runden oder schwach polygonalen Oeffnungen an der ganzen
Oberfläche. Man hat hier einen eigenartigen Dimorphismus der Zellöffnungen; große, normale Oeffnungen
bis zu einem Durchmesser von 297,5 u, die, namentlich nach dem unteren Rande einer Ueberwachsungs-
schicht hin immer mehr und mehr an Größe abnehmen können und schließlich nur noch ziemlich kleine
Poren darstellen. Zum Unterschied von Heteropora liegen die kleinen Oeffnungen im allgemeinen nicht um
die größeren herum gruppiert und von diesen ohne weiteres abstechend, sondern meistens mit einem zu-
sammenhängenden Uebergang an gewissen Stellen der Kolonieoberfläche. Jedenfalls überwiegen die großen
Oeffnungen. Die Wand zwischen den Zellöffnungen springt mit einem ziemlich deutlichen Grat vor.
Vorkommen: Braun y. Gingen, Jungingen.
CERIOPORA CLAVATA, Goldfuß 1827°. (Taf. VII, Fig. 5; Textfig. 16—21.)
Die Kolonie bildet außerordentlich verschiedengestaltige, nach ihrem oberen Ende meist keulen-
förmig verdickte und oben abgerundete, massive Stämmchen. Die Kolonieoberfläche ist wie abgedreht
ohne jegliche Unregelmäßigkeit. Den Kolonieboden bildet eine ziemlich ausgedehnte, annähernd kreis-
runde Fußplatte. An zahlreichen Exemplaren kann man deutliche Uebereinanderwucherung der Schichten
wahrnehmen. Jedoch ist sie im allgemeinen nur schwer zu beobachten und wohl auch nur sehr schwach
ausgebildet. Sie äußert sich in horizontalen rings um den Stamm herumlaufenden sog. Anwachsringen.
Diese „Hüllrunzeln‘“, wiesie Quenstedt nennt, und deren Bedeutung und Entstehung er sich auch
nicht sicher vorstellen kann, können in ziemlicher Anzahl über die Kolonieoberfläche zerstreut sein. Nach
meiner Ansicht hat man es sicher mit Ueberwachsungsschichten zu tun, worauf auch die nächste, der clavata
zıemlich nahe stehende Form hinweist.
! Michelin, Iconogr. Zoophyt. p. 246.
® Geogn. Pal. Beitr. Bd. 1, Heft 3, S. 644.
® Goldfuß, Petref. Germ. S. 36.
— 157° —
Von dieser normalen Typusform hat man nun ziemlich weitgehende Abweichungen. So kann sich
der keulenförmige Kopf sehr stark verdicken, so daß man annähernd Kugelform erhält mit einem ziemlich
dünnen und kurzen Stiel. Oder kann sich andererseits das keulenförmige Ende verschmälern, so daß die
Form beinahe Zylinderhabitus annimmt. Dann kann sich die Fußplatte außerordentlich stark ausdehnen:
in einem Falle umschließt sie das Stielglied eines Eugeniacrinus annähernd vollständig. Auch Verzerrungen
und Verbiegungen der Kolonie kommen vor. Verzweigung des Stämmchens ist im allgemeinen selten;
häufiger kann man einen Ansatz zur Teilung des Köpfchens wahrnehmen, indem es von mehreren ziemlich
tief einschneidenden, vom Scheitelmittelpunkt ausgehenden Einschnürungen durchzogen wird. An einer
Kolonie sieht man, wie sich ungefähr auf halber Höhe des Stämmchens eine halbkugelförmige Erhebung
mit zahlreichen Zellöffnungen als Verzweigung ansetzt.
Fig. 16. Fig. 17. Fig. 18. Fig. 19. Fig. 21. Fig. 20.
Fig. 16—21. Verschiedene Formen der Ceriopora clavata.
Die langen Zylinder zellen münden mit annähernd vollständig gleich großen Oeffnungen über
die ganze Kolonieoberfläche. Auch die Fußplatte trägt an ihrer Oberfläche Zellmündungen. Sie sind ziem-
lich eng aneinander geschlossen, kreisrund bis schwach polygonal und haben einen Durchmesser von ca. 119 u
bis 136 x. Die zwischenliegende Zellwandung hat eine durchschnittliche Breite von 42 u. und springt nicht vor.
In Schliffen sieht man die auf S. 121 und Taf. VII, Fig. 5 geschilderten Verhältnisse.
Vorkommen: Weiß «—y‘, Lochen, Böllat.
CERIOPORA SANDALINA, n. sp. (Taf. VII, Fig. 6.)
Die Kolonie bildet kleine, massive Stöcke, die äußerlich zweifellos an die Ceriopora clavata
erinnern. Sie unterscheidet sich von dieser in erster Linie dadurch, daß sie breitgedrückt ist, also nicht
den für clavata typischen kreisrunden Querschnitt, sondern einen ziemlich platt ovalen hat. Die beiden
Stücke, die ich zur Verfügung habe, sind nicht gerade gestreckt, sondern ihrer Länge nach ziemlich stark
aufgebogen. Dann sieht man bei dieser Form außerordentlich schön die Schichtenübereinanderlagerung
ee
und zwar an der Basis. Man hat um den ideellen Basismittelpunkt herum mehrere, scharf gegeneinander
abgegrenzte und hervortretende, einander umschließende Lamellen. Diese verlaufen merkwürdigerweise
in beiden Fällen so, daß die erste Lamelle ungefähr kreisrund ist, die darauffolgende nicht konzentrisch
zu dieser, sondern elliptisch und zwar nach der einen Seite weit mehr ausgreifend als nach der andern;
so auch die nächsten Lamellen. Man erhält so Ellıpsen, in deren einem Brennpunkt gewissermaßen der
Mittelpunkt der ersten Lamelle liegt. Die Kolonieoberfläche ist ganz regelmäßig, abgerundet, ohne jegliche
Vorsprünge wie bei der c/avata auch. Die Formen sind sehr klein, in ihrer größten Ausdehnung vom Scheitel
bis zur Fußplatte nur ca. 4,5 mm.
Die Zellen münden mit denselben Oeffnungen, wie sie für die c/avata typisch sind, mit einem
Durchmesser von ca. 127,5 u. Sie sind von gleicher Größe und über die ganze Kolonieoberfläche regelmäßig
verteilt. Auch der etwas vorspringende Teil der Lamellen zeigt Zellöffnungen.
Vorkommen: Weiß «‘, Böllat.
(?) CERIOPORA COMPACTA, Quenstedt 18581.
Die hierher gehörigen Formen geben weder bei äußerer Betrachtung noch bei Untersuchung eines
Dünnschliffs irgendwelche Anhaltspunkte außer dem, auf welchen auch schon der Name hinweist, daß
sie vollständig ‚kompakt‘ sind.
Das Stämmehen stellt sehr kleine und zierliche, meist zylindrische oder schwach keulenförmige
Gebilde dar, die kaum höher als 10 mm werden, meistens aber erheblich kleiner sind. Ihre Oberfläche ist
vollständig glatt. Die Fußplatte ist rund und zum Teil ziemlich ausgedehnt. Die Kolonien können sich
verzweigen. Von Zellöffnungen sieht man nichts. Auch im Dünnschliff hat man nur eine strukturlose
Masse vor sich. Bei einigen Formen, die äußerlich einer compacta gleichen, meint man, schwache Andeu-
tungen von Zellöffnungsumrissen beobachten zu können, die mit den Zellöffnungen von clavata ziemliche
Aehnlichkeit zu haben scheinen.
Nach meiner Ansicht hat man es in diesen Formen nur mit äußerlich mehr oder weniger vollständig
abgeriebenen und innerlich metamorphosierten c/avata- oder auch striata-Formen zu tun. Jedenfalls möchte
ich dieser Art, die nur durch negative Merkmale charakterisiert werden kann, jegliche Berechtigung ab-
sprechen.
Vorkommen: Weiß «—y‘, Lochen, Böllat.
CERIOPORA FOLIACEA (Waagen) 1868.
Syn.: 1868, Neuropora foliaca, Waagen, Geogn. Pal. Beitr. Bd. 1. Heft 3, S. 642.
Eine Neuropora kann diese Form deshalb nicht sein, weil ihr die für diese Gattung charakteristischen
vorstehenden Sehnen vollständig fehlen. Ob sie allerdings sicher eine Ceriopora ist, darüber könnte nur ein
Schliff Auskunft geben.
Die Kolonie stellt einen kleinen, verbreiterten, mit mehreren zitzenartigen Vorsprüngen ver-
sehenen Stock dar.
Die Zellen münden mit ziemlich kleinen, runden Mündungen, die einen Durchmesser von ca. 85 u
1 Quenstedt, Der Jura, S. 665.
— 159 —
bis 92,5 » haben und über die Kolonieoberfläche regelmäßig verteilt sind. Auch hier hat man wieder, wie
bei der Ceriopora arborescens den Zellöffnungsdimorphismus. Die kleinen Zellöffnungen beschränken sich
hier im wesentlichen auf die Vegetationspunkte, d. h. auf die Spitzen der Aestchen; nur sehr selten sind sie
zwischen die normalen Oeffnungen eingelagert. Diese Form legt den Gedanken ziemlich nah, daß man es
bei den kleinen Oeffnungen nur mit unentwickelten Zellen zu tun hat, und nicht wie bei Heteropora, mit
Zwischenzellen. Man hat auch hier Uebergänge zwischen den kleinen und den großen Oeffnungen.
Vorkommen: Braun y, Gingen.
Gattung NEUROPORA, Bronn!. (Taf. VII, Fig. 7).
Syn.: 1827 Ceriopora pars Goldfuß
1878 a8 »„ Quenstedt.
Die Neuropora bildet im allgemeinen unregelmäßige, baumförmig verästelte, an der Basis aufge-
wachsene, frei erhobene Formen. Die röhrenförmigen Zellen sind mit ihren Wänden eng verwachsen. Die
Zellöffnungen sind rund bis polygonal, liegen über die ganze Oberfläche der Kolonie ausgebreitet und werden
durch mehr oder weniger stark erhobene, glatte, solide Rippen in mehrere Porenfelder abgeteilt. Diese Rippen
verlaufen teils einfach, teils zerspaltet am Stamm empor, mitunter sich durchkreuzend nach allen Richtungen.
Vertreten wird diese Gattung besonders durch die Chrysaora damaecornis Lamouroux, die von
Bronn den Namen Neuropora damaecornis erhielt, da die Bezeichnung Chrysaora schon anderweitig
vergeben war. Diese Neuropora damaecornis nun ist identisch mit der Ceriopora angulosa Goldfuß?. Ich
möchte jedoch die Bezeichnung angulosa, die sich schon vollständig eingebürgert hat, nicht fallen lassen.
2
2]
anaaee
III
ı
\
\\
N
i
Hi
N
LI]
FR
2
Bin:
N
mym
13
X
Sn
NS Y}
EN TE
Fig. 22. Schematischer Längsschliff von Neuropora angulosa. Fig. 23. Schematischer Querschlift von Neuropora angulosa.
Auf Grund der Untersuchung namentlich zahlreicher Dünnschliffe von dieser Neuropora angulosa
möchte ich zu der oben gegebenen Charakteristik von Neuropora noch folgendes beifügen (s. auch S. 121):
Die Kolonien scheinen sich vollständig durch Schichtenübereinanderlagerung gebildet zu haben. Darauf
weisen 1. die Zellquerwände hin, die, wie man im Längsdünnschliff zum Teildeutlich sehen kann, mehr oder
weniger zusammenhängende, sich gegenseitig umschließende Teilbögen bilden, die sich alle um den Basismittel-
punkt herumgruppieren, so daß man sich nebenstehendes, idealisiertes Bild davon machen kann (Fig. 22, 23);
1 Bronn, System der urweltl. Pfilanzentiere, p. 2C 2 Goldtuß, Petref. Germ. S. 38.
— 160 —
2. aber auch die häufig schon bei äußerlicher Betrachtung sichtbaren, gegenseitig scharf konturierten und
übereinandergeschobenen Schichtlamellen selbst. Diese Erscheinung hat man nicht nur bei der angulosa,
sondern vielleicht sogar noch schöner bei der radiata. Im Querdünnschliff erhält man bei der angulosa
ein Bild, wie es nebenstehend etwas schematisch skizziert ist: man hat ungefähr im Mittelpunkt des Schliffes
den feinen (Querschnitt der vertikalen Koloniemittelachse, von dem aus nach den durch die Rippen gebil-
deten Kanten ziemlich scharf hervortretende Scheidungslinien verlaufen. Erst von ihnen zweigen die
Zellumina fiederartig ab.
Diese Verhältnisse auf die ganze Gattung der Neuropora zu verallgemeinern ist wohl nicht angängig,
mir jedenfalls unmöglich, da ich von mehreren Formen wegen Mangels an hinreichendem Material keine
Dünnschliffe machen konnte.
Wie man sich nun allerdings das Wachstum einer derartigen Kolonie vorstellen muß, ist sehr frag-
lich. Ob man in einer vollständigen, von der Kolonieoberfläche bis zur Koloniemittelachse verlaufenden
Zelle nur ein einziges Individuum annehmen darf, das, sich immer weiter im Zellumen vorschiebend, je-
weils hinter sich eine Wand bildete, oder ob in jeder durch zwei Zellquerwände gebildeten Kammer ein
besonderes Individuum saß, das durch Sprossung das nächstfolgende hervorbrachte und dann abstarb ?
NEUROPORA ANGULOSA (Goldfuß) 1827. (Tat. VII, Fig. 7, 8, 9.)
Syn.: 1821 Chrysaora damaecornis, Lamouroux, Expos. Meth. p. 83
1825 Neuropora = Bronn, Syst. d. urweltlichen Pflanzentiere S. 20.
1827 Ceriopora angulosa Goldfuß, Petref. Germ. S. 38.
Die Kolonie bildet massive Stämmchen von außerordentlichem Formenreichtum. Goldfuß
allein bildet 29 verschiedengestaltige angulosen ab, die man jedoch noch erheblich vermehren könnte. Das,
was alle Kolonien gemeinsam haben, sind die meist sehr scharf, manchmal auch nur verschwommen aus-
geprägten Kanten, die von dem fein zugespitzten Scheitel der Kolonie am Stämmchen herunterlaufen
und sich zum Teil vielfach verzweigen. Diese Kanten rufen den typisch polygonalen Stammquerschnitt
hervor. Unter den zahlreichen Formen, die ich untersuchte, hat man: 56% mit 5 Rippen
DIN ZELTE
8% ’ 6 7?
4% ” 3 ”
2% ” 7 „
Die Rippen stoßen am Stammgipfel zusammen und verschmelzen dort miteinander; sie laufen zum Teil
in schwachem Bogen, zum Teil auch ziemlich gerade gestreckt von oben bis zur Koloniefußplatte, wo sie
sich allmählich verlieren; manchmal hören sie auch schon vorher auf. Sie gabeln sich ziemlich häufig,
namentlich kurz nach ihrem Abgang vom Scheitel, in zwei gleich starke Aeste, die sich ihrerseits wieder
in Rippen zweiter und dritter Ordnung verzweigen können, die jedoch erheblich schwächer hervortreten
als die Rippen erster Ordnung. Die Rippen können sich untereinander schneiden und so abgeteilte Felder
bilden. Die Rippen zweiter und namentlich dritter Ordnung sind nichts anderes als ziemlich stark verdickte,
höchstens noch leicht vorspringende Zellwandungen. Die Hauptrippen können eine Breite von 220 u —
280 u haben, während die Nebenrippen durchschnittlich 50 u bis 120 u breit sind. Zwischen diesen Rippen
nun liegen die Zellöffnungen. Die Rippen selbst tragen keine; nur in einigen Fällen konnte ich sie am
— 161 —
Seitenhang derselben beobachten. Die Kolonie, die meistens ohne Zusammenhang mit einer Unterlage
gefunden wird, sitzt einer mehr oder weniger ausgebreiteten, in den meisten Fällen kreisrunden Fußscheibe
auf. Auch diese wird zum Teil von Rippen durchzogen und von Zellöffnungen bedeckt. Die Stämmchen
sind meistens verzweigt und bilden so vielgestaltige, baumförmige Kolonien. Sehr häufig sind die Aestchen
von meist mehreren horizontal verlaufenden Anwachsringen umzogen, die zum Teil sehr deutlich die Schicht-
übereinanderlagerung erkennen lassen.
Fig. 24. Fig. 25. Fig. 26.
Fig. 24—26: Verschiedene Formen von Neuropora angulosa (Fig. 24 nat. Gr.; 25, 26 verer.).
Von einer derartigen normalen Form hat man zahlreiche Abweichungen (Fig. 24— 26). So kann die sonst
sehr scharfe Scheitelspitze abgerundet werden. Das Stämmchen kann verbogen und um seine Längsachse ge-
dreht erscheinen, was man namentlich am Verlauf der Rippen sieht. Diese können außerordentlich stark,
zum Teil aber auch nur sehr schwach ausgebildet sein. Die zwischen ihnen liegende Fläche kann vollständig
eben sein, häufig schwach eingewölbt, ja zum Teil eine deutliche ziemlich scharfwinkligeFurche bilden,
die immer tiefer und tiefer werden kann, so daß man Formen erhält, die allmählich zur Neuropora alata
überleiten. Die Fußplatte kann, wie in sehr vielen Fällen, eine Verbreiterung der Kolonie darstellen, kann
aber auch schmäler sein als der Koloniedurchmesser. Auch die Anwachsringe können durch verschieden
starkes Hervortreten der Kolonie ein eigenartiges Gepräge verleihen. Quenstedt sagt: „Die Mannig-
‘faltigkeit ist so groß, daß man aus jeder nicht nur eine Spezies, sondern unter Umständen sogar ein Ge-
schlecht machen könnte.“ Jedoch würde eine Berücksichtigung derartiger äußerer Verschiedenheiten
nur eine Unmenge neuer Namen hervorrufen. Nach meiner Ansicht sind alle diese Formen, so verschieden
sie auch auf den ersten Blick sein mögen, durch ihre kantige Stammform genügend charakterisiert und
auch sofort von anderen Bryozoenstämmchen zu unterscheiden. Außerdem sind alle diese Varietäten
durch zahlreiche Uebergänge verbunden.
Die Röhren zellen sind annähernd vollständig parallelwandig, nur nach der Koloniemitte zu ein
wenig verjüngt. Sie münden mit runden oder polygonalen Oeffnungen ziemlich dicht gedrängt auf der
Oberfläche. Die Zellumina werden von sehr zahlreichen, senkrecht auf den Zellwänden stehenden Quer-
wänden in eine Reihe Einzelkammern zerlegt, die von nicht ganz konstanter Längsausdehnung sind. Die
Zellwände sind im allgemeinen dick (ca. 42,5 u — 68 u), die Wand der Querböden nur sehr dünn (ca. 17 u).
— 192 °—
Das Zellumen hat einen Durchmesser von ca. 85 u — 102 u. Der Abstand der Querwände voneinander
schwankt in den extremen Fällen zwischen 51 u und 170 u. Die Zellöffnung hat genau denselben Durch-
messer wie das Zellumen. Nebenzellen sind nicht vorhanden.
a) Neur. ang. var. superficie convexa.
b) Neur. ang. var. superficie aequa.
ce) Neur. ang. var. superfieie angulata.
Blıowspune
Wenn man darauf ausgeht, diese ziemlich mannigfaltige Gruppe der Neuropora angulosa in einzelne
Untergruppen zu zerlegen, so fällt dies auf Grund äußerlicher Merkmale nicht allzu schwer. Jedoch etwas
anderes als Varietäten daraus zu machen, halte ich nicht für angängig. Quenstedt ! unterscheidet
zwischen angulosa porata und angulosa cellata, je nachdem die Zellöffnungen gleichmäßig zwischen den
Hauptrippen verteilt sind oder zu Oeffnungshaufen in Grübchen angeordnet sind. Diese Unterscheidung
hängt von dem Fehlen bezw. Vorhandensein der Rippen zweiter und dritter Ordnung ab. Zwischen beiden
Varietäten stehen zahlreiche Formen, die man mit gutem 'Gewissen weder zu der einen, noch zu der andern
stellen kann. Eine andere Unterscheidung wäre die nach Formen mit spitz zulaufendem Scheitel (var. prae-
acuta n. v.) und nach Formen mit abgerundetem Scheitel (var. praerotunda n. v.). Auch hier hat man zahl-
reiche Uebergänge. Endlich könnte man auch noch unterscheiden (Fig. 27) zwischen Formen, beidenen die
Fläche zwischen den Kanten sich vorwölbt (var. superficie convexa n. v.) oder eben ist (var. superficie ae-
qua n. v.) oder endlich einspringt (var. superficie angulata n. v.). Auch zwischen diesen drei Fällen gibt es
zahlreiche Verbindungsformen. Ich möchte diesen Unterschieden jedenfalls keine wesentliche Bedeutung
beilegen.
Maße: Höhe des Stämmchens bis zu 36 mm beobachtet, durchschnittlich ca. 10 mm.
Dicke des Stämmcehens außerordentlich variierend, durchschnittlich 3—4 mm.
Erhaltung: meistens verkalkt; in Weiß e vollständig verkieselt, so daß die Silifikationspunkte
die Struktur vollständig zerstören. Aus dem Korallenkalk von Nattheim kann man
sie ziemlich massenhaft herausätzen.
Vorkommen: Weiß «—{‘, Lochen, Böllat, Nattheim, Oerlingen.
An die Neuropora angulosa schließt sich nun eine Reihe von Formen an, die sich von ihr ableiten
lassen und durch Uebergänge mit ihr verbunden sind.
1 Quenstedt, Petref. K. Deutschl. Abt. 1, Bd. VI, S. 236, 237.
— 18 —
NEUROPORA STRIATA (Goldfuß) 1827.
Syn.: 1827 Ceriopora striata, Goldfuß, Petref. Germ., S. 37
1878 en er Quenstedt, Petref. K. Deutschl. 1. Abt. Bd. VI, S. 239.
Die Kolonie bildet zierlichere Aeste als die anguwlosa. Außerdem machen sie einen mehr abge-
rundeten Eindruck, indem die Rippen nicht so stark ausgeprägt sind. Ferner zeigen die Stämmchen keine
erheblichen Quermesserdifferenzen, sondern sind beinahe zylindrisch, oben spitzig, meist etwas abgerundet,
unten mit einer mehr oder weniger ausgedehnten Fußplatte. Rippen sind meist in ziemlicher Anzahl vor-
handen (häufig 8&—10). Sie sind nur sehr selten verzweigt und laufen meist nicht ganz bis zur Fußplatte,
sondern endigen ungefähr auf '/; Höhe; sie sind ım allgemeinen gerade gestreckt. Zwischen ihnen,
nie auf ihnen, hat man die Zellöffnungen. Die Rippen laufen parallel zu einander und nicht wie häufig bei
angulosa, gegen einander geneigt. Verzweigung und Krönchenbildung ist ziemlich häufig, jedoch bei weitem
nicht so stark ausgeprägt, wie bei angulosa. Auch hier hat man Anwachsringe, die schon rein äußerlich
auf eine Schichtenübereinanderlagerung hinweisen.
Die parallelwandigen Zellen laufen, wie man im Dünnschliff sieht, in leichtem Bogen von einer nicht
allzu deutlichen Koloniemittelachse nach außen und münden mit ziemlich nah aufeinanderstehenden,
runden Oeffnungen zwischen den Längsrippen. Die Mündungen sind mehr oder weniger deutlich in Längs-
zum Teil auch Querreihen angeordnet, die nur äußerst selten von Rippen zweiter Ordnung unterbrochen
werden, und erstrecken sich über die ganze Kolonieoberfläche, auch auf die Fußplatte. Die Zellumina
sind ebenfalls von Querscheidewänden in Kammern abgeteilt. Diese Diaphragmen zeigen ebenfalls sehr
deutlich zusammenhängende, konzentrische Lamellierung. Im Querschliff sieht man wieder die von dem
Mittelpunkt nach den durch die Rippen gebildeten Kanten verlaufenden Scheidelinien. Auch meint man
eine zum Koloniequerschnitt konzentrische Ringlamelle zu sehen. Das Zellumen hat einen Durchmesser
von ca. 93,5 »— 127,5 u. Die Zellwand ist ungefähr 51 u — 60 u dick, die Querwand ca. 25 u.
Eine Verwechslung mit Neuropora angulosa ist leicht möglich. Man hat es mit zwei nahverwandten
Formen zu tun.
Maße: die Höhe des Stämmchens kann über 10 mm, im Durchschnitt ungefähr 5 mm — 8 mm sein.
Die Dieke des Stämmchens sehr gering, im Durchschnitt ungefähr 2,2 mm.
Vorkommen: Weiß «—y‘, Lochen, Böllat.
NEUROPORA ALATA (Goldfuß) 1827.
Syn.: 1827 Ceriopora alata, Goldfuß, Petref. Germ. S. 38.
1878 ie » Quenstedt, Petref. K. Deutschl. ‚Abt. 1. Bd. VI, S.. 248.
Die Kolonie form läßt sich durch zahlreiche Uebergänge von der
Neuropora angulosa mit einspringenden Zwischenflächen (var. angulosa swper-
ficie angulata) ableiten. Dadurch, daß der einspringende Winkel immer kleiner
wird (bis zu 90°), erhält man Formen mit blattartig von der Koloniemittel-
achse vorspringenden Lamellen, die im Querschnitt Kreuzform bilden (Fig. 28). rie.28. Neuropora alata
Die Kolonie beginnt mit einem meist ziemlich dünnen Stil, der am unteren Ende (Ouerschnitt).
eine nur schwach ausgebildete Fußscheibe trägt. Auch Verzweigung kommt vor, wobei dann die Seiten-
äste ebenfalls kreuzförmige Blattbildung zeigen. Auf diesen Blattlamellen können sich noch alle mög-
Palaeontographica. Bd. LX. 21
— 164 —
lichen Erhebungen zweiter Ordnung bilden, die jedoch ziemlich stark zurücktreten. Die Stücke sind fast
durchweg sehr schlecht erhalten. An einigen Exemplaren kann man noch leichte, von den Blattkanten ab-
gehende Rippen beobachten. Dünnschliffe geben nur außerordentlich undeutliche Bilder.
Die Zell röhren gehen in leichtem Bogen von der Koloniemitte nach außen und sind von Zell-
querwänden in Einzelkammern abgeteilt. Jedoch sind diese Verhältnisse nur sehr undeutlich zu erkennen.
Die Zellöffnungen sind rund.
Maße: Höhe des Stämmchens bis zu 36 mm, meistens jedoch ziemlich kleiner: ca. 10—15 mm.
Abstand zweier entgegengesetzter Blattkanten bis zu (im Durchschnitt) ca. 5 mm — 10 mm.
Vorkommen: Weiß «—-‘, Lochen, Böllat, Nattheim.
NEUROPORA CRISPA (Goldfuß) 1827.
Syn.: 1827 Ceriobora crispa Goldfuß, Petref. Germ. S. 38
1878 = „ Queüstedt, Petref. K. DeutschlL--Abt: 17Bd, 74T 2517273
Diese Form ist nach meiner Ansicht zweifellos den Bryozoen zuzurechnen. Sie bildet ein weiteres
Glied in dieser Entwicklungsreihe.
Die Kolonie hat im Grundton ebenfalls die Blattform. Nur sind hier die Blätter unregelmäßig
gewellt und gekräuselt, mit zahlreichen Erhebungen versehen, die miteinander verwachsen können. Der
so entstehende ziemlich dieke Kopf sitzt meistens einem dünnen Stile auf, der an seinem unteren Ende
eine Fußscheibe tragen kann. Auch bei dieser Form kann man mehrere, deutlich hervortretende Anwachs-
ringe beobachten. s
Die Röhren zellen münden mit runden Zellöffnungen auf der ganzen Kolonieoberfläche. Ihr
Durchmesser beträgt ca. 93 u» — 110 p. Die Zellumina sind, wie man allerdings nur selten sehen kann,
von Querwänden abgeteilt.
Maße: Höhe der Kolonie durchschnittlich 10 mm.
Dicke des Köpfchens durchschnittlich 5 mm.
Vorkommen: Weiß «‘, Böllat, Lochen.
NEUROPORA TUBERIFORMIS n. sp. (Taf. VIII, Fig. 1, 2.)
Von den dicken und plumpen angulosa-Formen läßt sich eine Entwicklungsreihe zur Neuropora
radiata verfolgen. Das vorliegende Stück, das schon Quenstedt abbildete und beschrieb!, bildet
ein Bindeglied. Quenstedt zweifelte, ob er es zur angulosa oder zur radiata stellen solle.
Die Kolonie hat eine sehr dicke und plumpe Gestalt und teilt sich in mehrere Seitenäste. Die
Längsrippen treten etwas zurück. Das auffallende an dieser Form ist nun folgendes: bei einigen Verzwei-
gungsästen liegt das Rippenzentrum d. h. der Punkt, von dem das Rippensystem ausstrahlt, wie bei angulosa
genau in der Scheitelmitte und sendet seine Aeste auf allen Seiten des massiven Stammes gleichmäßig
herab; bei einem andern Verzweigungsast in derselben Kolonie liegt das Rippenzentrum etwas seitlich
von der Scheitelmitte; und endlich kann ein Ast zwei und mehrere, nicht mehr symmetrisch zur Scheitel-
mitte gelegene Rippenzentren tragen. Die Rippen sind mehr oder weniger stark erhoben und verzweigen
sich in mehrere, sich allmählich verlierende Seitenäste, zwischen diesen, nie auf ihnen, liegen die Zellöffnungen
! Quenstedt, Petref. K. Deutschl. Abt. 1, Bd. VI S. 239, tab. 152° Fig. 19.
— 165 —
ziemlich dicht gedrängt. Es sind meistens ungefähr 4—5 Rippen, die in leichtem Bogen an dem Stamm
herunterlaufen. Die Flächen zwischen den einzelnen Rippen sind meistens sehr stark vorgewölbt, aber so,
daß sie sich gegen die Rippen durch eine ziemlich stark einspringende Furche deutlich abgrenzen. Die
Kolonie kann eine ziemlich weit ausgedehnte Fußplatte haben. In einem Fall sitzt sie einem Korallen-
ästchen auf, dieses ziemlich weit umfassend. Rings um den Stamm herum ziehen sich zahlreiche, scharf
abgegrenzte Schichtungslamellen, die man bei abgelösten Stücken auch sehr schön am Boden der Grund-
fläche sieht. Hier hat man zweifellos Uebereinanderschachtelung mehrerer Schichtkappen (an einem Stück
konnte ich 12—13 deutlich unterscheiden). Dadurch, daß sich die Aeste nicht mehr scharf voneinander
abheben, sondern in leichtem Bogen ineinander übergehen, erhält man ziemlich abgerundete, zum Teil
sehr massige Formen. Bei ihnen können die Rippen eines Strahlenzentrums in die eines andern kontinu-
ierlich übergehen.
Die Zellöffnungen sind wie die Zellen einer Bienenwabe eng aneinander angeschlossen und in den
meisten Fällen mehr oder weniger scharf polygonal, nur selten kreisrund. Sie haben alle ungefähr dieselbe
Größe (ca. 130 u — 170 u ım Durchmesser). Die Dicke der zwischen den Oeffnungen liegenden Wand
beträgt durchschnittlich ca. 42,5 u. Auch auf und unter den sich buchblattartig voneinander abhebenden
Schichtlamellen hat man Zellöffnungen. Auffallend sind einige wenige, kraterartig erhobene, jedoch nur
wenig über die allgemeine Kolonieoberfläche hervortretende Gebilde, die an ihrem oberen Ende eine ziem-
lich große, kreisförmige Oeffnung von ca. 465 u Durchmesser tragen. An ihren Seiten sind sie mit normalen
Zellöffnungen überdeckt. Die Röhrenwand hat eine Dicke von ca. 212,5 u bis 255 u. Ihre Bedeutung ist
mir unklar.
Von der angulosa unterscheidet sich diese Form durch die plumpen Aeste und durch die teilweise
Verlagerung des Rippenzentrums, von der typischen radiata durch ihre massige, warzenförmig erhobene
Gestalt.
Vorkommen: Weiß %, Nattheim, Sirchingen.
NEUROPORA PATELLAEFORMIS n. sp. (Taf. VIII, Fig. 3.)
Die Kolonie macht nicht mehr den massigen, kompakten Eindruck wie die vorhergehende
Form, sondern ist viel graziöser. Sie bildet auf ihrer Unterseite tellerartig ausgehöhlte, ziemlich niedere
Formen, so daß die Kolonieinnenseite zur Kolonieoberfläche beinahe konzentrisch liegt. Die Höhe der
umgestülpten Schale kann ca. 10 mm betragen. An der Unterseite sieht man deutliche, konzentrische
Lamellenbildung gewissermaßen als Projektion der schaligen Schichtenübereinanderlagerung. Der Mittel-
punkt dieser Ringstruktur kann seitlich vom Mittelpunkt der Kolonie liegen. Auch an der Oberseite der
Kolonie kann man zum Teil die Schichtungsstruktur erkennen. Die Rippenzentren sind durch kleine Er-
hebungen charakterisiert, in denen die Adern von allen Seiten zusammenlaufen. Diese sind meist stark
entwickelt und verzweigen sich zu einem außerordentlich feinen Adernsystem, das mit dem eines anderen
Rippenzentrums anastomosieren kann. Auf einer zusammenhängenden Kolonie können 20—30 Rippen-
zentren liegen. Die Rippen sind meist mehr oder weniger gekrümmt; sie schlängeln sich gewissermaßen,
bis auf das feinste verzweigt, zwischen den Zellöffnungen hindurch.
Die Zellen münden nun in den von den Rippen gebildeten Feldchen, nicht auf den Rippen, ziemlich
eng gedrängt. Die Rippen zweiter und weiterer Ordnung stellen auch hier nichts anderes dar, als die er-
— 16 —
hobenen Wände zwischen den Zellöffnungen. Der Zellöffnungsdurchmesser beträgt ca. 119 u — 136 u;
die Dicke der zwischenliegenden Wand ca. 60 u — 68 u. Auch hier hat man wieder wenige, über die Kolonie-
oberfläche erhobene, oben beschriebene Röhren. Sie liegen zwischen den Adern und werden zum Teil noch
von diesen durchzogen. Auf einem Stock hat man 1—3 derartige Gebilde.
Vorkommen: Weiß {, Nattheim, Sirchingen.
NEUROPORA RADIATA, Goldfuß 1827.
Syn.: 1827 Ceriopora vadiata Goldfuß, Petref. Germ. S. 40.
1878 2 ” Quenstedt, Petref. K.- Deutschl. Abt.’1. Bd- VL S. 238%
Die Kolonie ist ziemlich eben ausgebreitet und liegt mit ihrer ganzen Unterseite der Unterlage
auf. Auch sie besteht aus mehreren, übereinandergelagerten Schichten, wie man zum Teil am Kolonierande
deutlich sieht; außerdem hat man noch auf der Kolonieunterseite die konzentrische Lamellierung. Die
Formen sind annähernd kreisrund und im allgemeinen ziemlich zierlich. Sie tragen ein oder auch mehrere
Rippenzentren auf ihrer Oberfläche. Das Adernsystem ist meist sehr stark ausgeprägt. Die Hauptadern
können eine Breite bis zu 450 u erreichen.
Die Zellen münden mit den normalen Oeffnungen zwischen dem Adernsystem. Auch hier hat
man wieder die kegelförmigen, schwach vorspringenden Röhren.
Vorkommen: Weiß %, Nattheim.
NEUROPORA QUENSTEDTI n. sp. (Taf. VII, Fig. 4.)
Es ist eine eigenartige Erscheinung, daß wir im Braun y eine der Neuropora radiata sehr nah ver-
wandte Form finden.
Die Kolonie bildet eine ziemlich dünne, der Unterlage vollständig aufliegende und weit aus-
gedehnte Schicht, auf deren Oberfläche sich die Rippenzentren als ziemlich hohe Kegel erheben.Die Rippen-
zentren sind zum Unterschied von allen bisher betrachteten Formen hier erheblich stärker erhoben, bis
zu 1240 u von der allgemeinen Kolonieoberfläche. Sie stehen sehr nahe aufeinander in einer Entfernung
von nur ca. 2480 u. bis 3000 u. Sonst zeigen sie ziemlich dieselben Erscheinungen, wie die Weiß- Jura-Formen:
zahlreiche, stark entwickelte Rippen mit häufiger Verästelung. An einer Stelle meint man auch, Schichten-
übereinanderlagerung zu erkennen. Auch die Zellöffnungsverhältnisse sind dieselben.
Vorkommen: Braun y, Gingen.
NEUROPORA FUSIFORMIS n. sp. (Taf. VIII, Fig. 5.)
Die Kolonie hat eine eigenartig spindelförmige, in die Länge gezogene Form. Sie hat kreis-
runden Querschnitt und scheint nur mit schmaler Basis einer Unterlage aufgesessen zu sein. Ob das Stämm-
chen innen hohl ist oder ob es rindenartig einen Fremdkörper überzieht oder ob es endlich massiv ist, kann
ich nicht entscheiden. Auf einer Oberfläche hat man mehrere ziemlich flach liegende Adernzentren mit
ziemlich deutlichen Rippen, die sich nur selten verzweigen. Die Kolonie läuft namentlich auf der einen
Seite beinahe nadelspitz zu. Die beiden Stücke, die ich zur Verfügung habe, haben eine Länge von 17 mm
bezw. 22mm und eine größte Dicke von 3,7 mm bezw. A mm.
Die Zellöffnungen liegen zwischen den Rippen ziemlich eng gedrängt, sind rund oder polygonal
— 167 —
und haben einen Durchmesser von durchschnittlich 127,5 u; die Dicke der zwischen den Oeffnungen lie-
genden Zellwand schwankt zwischen 60 und 90 u im Durchschnitt.
Vorkommen: Weiß %, Sontheim.
(2) NEUROPORA PRISMATICA n. sb. (Taf. VIII, Fig. 6.)
Die vorliegende Form stelle ich nur zweifelhaft zu dieser Gattung.
Die Kolonie bildet einen ziemlich großen, außerordentlich verzweigten Stock. Die Verzwei-
gungsäste sind ihrer ganzen Länge nach von demselben Durchmesser und im Querschnitt ausgeprägt poly-
gonal: scharfkantig vier- oder fünfeckig. Es fehlen ihnen abgesehen von den Kanten die Längsrippen
vollständig. Dagegen hat man, von den Kanten ausgehend, zahlreiche parallel zueinander zuerst etwas
horizontal und dann in schwachem Bogen nach unten verlaufende Querrippen, die in der Mitte der Ast-
flächen zusammenstoßen und teilweise verwachsen können. Rippen zweiter Ordnung sind ziemlich selten.
Der Quermesser eines Aestchens beträgt ca. 1860 u — 2170 u.
Die Zellöffnungen liegen zwischen den Rippen verteilt mit einem Durchmesser von 85 u — 102 u.
Die Form ist sehr schlecht erhalten und die Struktur durch Verkieselung zerstört, sodaß die Kolonie
einer näheren Untersuchung nicht zugänglich ist. Von der gewöhnlichen Neuropora angulosa unterscheidet
sie sich jedenfalls durch den meist quadratischen und konstanten Stammquerschnitt und durch die Quer-
rippen.
Vorkommen: Weiß %, Obersontheim.
Gattung HETEROPORA, Blainville! 1834. (Taf. VIII, Fig. 7.)
Syn.: 1827 Ceriopora pars, Goldfuß, Petref. Germ.
Die Kolonie bildet vielgestaltige, aufrechte, knollige, knopf- oder keulenförmige, häufig ästig
oder netzförmig verzweigte Stücke. Die ganze Oberfläche ist mit gedrängten runden oder eckigen Poren
von zweierlei Art bedeckt, indem zwischen den größeren eigentlichen Zellenmündungen kleinere Oeffnungen
von Interstitialröhren liegen. Letztere sind an gut erhaltenen Exemplaren durch ein dünnes Kalkhäutchen
geschlossen. Rippen fehlen vollständig. Die prismatischen oder annähernd zylindrischen Zellröhren sind
häufig durch dünne Querböden abgeteilt.
HETEROPORA CONIFERA, Lamouroux, 1821.
Syn.: 1827 Millepora conifera, Lamouroux, Expos. Meth. p. 87.
Heteropora ,, M. Edwards, Lamarck Hist. Anim. s. Vert. ed. 2 t. II. p. 318
1849 Ceriopora 4 D-Orbieny, Prodr. Pal. t. 1. p. 324
1846 Heteropora ramosa, Michelin, lconogr. Zoophyt. p. 244
1852 er Quenstedt, Handb. d. Petref. K. S. 641.
1854 „ veticulata, Haime, Mem. Soc. geol. france, ser. 2, t. V. p. 211.
1868 ” Waagen, Geogn. Pal. Beitr. Bd. 1 Heft 3 S. 644.
Die Kolonie bildet verzweigte Aestchen, die miteinander anastomosieren können. Ihr Quer-
schnitt ist rund oder elliptisch. Man kann die conifera nach der äußeren Kolonieform in mehrere Varietäten
”
er}
l Blainville, Zoophytes, Diet. Seiene. nat. LX.
— 168 —
einteilen. Die Stücke, die mir zur Verfügung stehen, würden unter die Varietäten ramosa (Astquerschnitt
kreisrund) und reticulata (Aeste anastomosierend) fallen. Mehr als Varietäten daraus zu machen, ist ebenso-
wenig angängig, wie z. B. bei der Neuropora angulosa aus den sehr verschiedenen Kolonieformen.
Die Zellröhren münden mit kreisrunden Oeffnungen von ungefähr 170 » Durchmesser, die Inter-
stitialröhren mit kleineren Poren von ca. 68 u — 85 u Durchmesser, die zwischen die größten Oeffnungen
verteilt nur an Anzahl geringer sind als diese.
Vorkommen: Braun y, Gingen.
(?) ZETEROPORA LIASICA, 0. Eyaas:
Die Kolonie bildet einen dicken, massigen, aber nur schlecht erhaltenen Stamm; er ist an
seiner Oberfläche mit einigen unregelmäßigen Erhebungen versehen und verzweigt.
Die Zellen, die man an angeschliffenen Stellen nur selten und unsicher verfolgen kann, scheinen
an der Kolonieoberfläche mit ungleich großen Oeffnungen zu münden. Jedoch sind diese Verhältnisse
nur sehr schwer zu erkennen. Manchmal meint man, in den Zellen Querwände zu beobachten. Der Durch-
messer der großen Poren beträgt ungefähr 102 u — 127,5 u, der der kleinen ungefähr 51 u.
Einen Bryozoenstamm hat man in dieser Form sicher vor sich; ob er jedoch zur Heteropora gehört,
kann ich wegen der schlechten Erhaltung nicht sicher entscheiden, es scheint mir aber ziemlich wahr-
scheinlich.
Vorkommen: Lias «, Deizisau.
— 4169 —
Anhang.
Es bleibt mir noch übrig, einige Formen zu berücksichtigen, die ursprünglich den Bryozoen unter-
gestellt wurden und in Handbüchern hin und wieder als solche angeführt werden, die aber in Wirklichkeit
nicht in die Klasse der Bryozoen gehören. Es handelt sich vor allen Dingen um Formen, die, wie nament-
lich die Chaetetes, bald hier, bald dort eingereiht wurden, nie aber einen eindeutig sicheren Platz gefunden
haben.
BULLOPORA Quenstedt 1857}.
Die Bullopora bildet rosenkranzförmige Aneinanderreihungen von bläschenförmigen Gebilden,
die Belemniten, Cidarisstacheln, Encrinusglieder usw. überkriechen. Die Bläschenreihe kann auf den ersten
Blick einer Stomatopora ähneln, wobei die einzelnen Bläschen je einer Einzelzelle entsprechen würden. Das,
was die Bullopora aber unbedingt von der Stomatopora und überhaupt von den Bryozoen trennt, ist in
erster Linie das Fehlen einer Zellöffnung an einem Ende der Bläschen. An keinem der mir zahlreich zur
Verfügung stehenden Stücke konnte ich auch nur eine Andeutung einer Oeffnung beobachten, außer am
Ende einer Bläschenreihe, wo sie jedoch wohl nichts anderes als eine Bruchstelle der innen hohlen Körper-
chen darstellen dürfte. Auch das Bläschen selbst zeigt bei genauerer Betrachtung keine Uebereinstimmung
mit einer Bryozoenzelle. Eine Einreihung der Bullopora in die Klasse der Bryozoen ist daher unmöglich.
Dagegen kann man sie sehr wohl, wie es auch in Zittel, Text-Book of Palaeontology angegeben ist,
mit der Gattung Placopsilina D’Orbigny identifizieren, also den Foraminiferen, speziell den Lituolidae
Brady beistellen.
Vorkommen: Lias L, Braun 5 u. /, Weiß «‘.
CONODICTYUM Münster 1827. (Taf. VIII, Fig. 8.)
Syn.: 1827 Gold&kuß, Petref. Germ. S: 103, S. 245
1857 Quenstedt, Der Jura S. 666
1881 Quenstedt, Petref. K. Deutschl. S. 250—252.
Bei der Besprechung dieser Form darf ich mich vor allem auf die Arbeiten von Gümb el? beru-
fen, der das zuerst von Etallon? beschriebene Conodictyum bursiforme Etallon genau untersuchte und dieses
’Quenstedt, Der Jura S. 292, S. 554.
2 Württemberg. naturwiss. Jahreshefte 1862, S. 234. 1873: Gümbel, ‚Ueber Conodietyum bursiforme‘“ in „Silz-
ungsberichte der Akademie zu München, math.-phys. Kl. Bd. III, S. 282—294.
3 Lethaea bruntrutana, p. 413.
— 170 —
mit zahlreichen Exemplaren von Conodictyum striatum Münster verglich. Gümbel kommt namentlich
auf Grund von Schliffen zu dem Ergebnis, daß man es in dem Conodictyum bursiforme zweifellos mit einer
Foraminifere, was auch schon Etallon aussprach, und zwar aus der Gruppe der Dactyloporideen zu
tun hat, daß aber andererseits das Conodictyum striatum, das er u. a. auch an den Stücken von Tübingen
und Stuttgart, die mir ebenfalls zur Verfügung stehen, untersuchte, nichts mit Conodictyum bursiforme
zu tun hat. Er stellt Conodictyum striatum vielmehr
allerdings nur zweifelhaft — zu den Spongien.
Das, was diesen beiden Formen einige Aehnlichkeit verleiht, ist ihre ballonförmige, innen hohle
und am oberen Ende mit einer Oefinung versehene Gestalt. Zum wesentlichen Unterschied von C. bursi-
forme hat man jedoch bei €. striatum — wie ich bei den mir zur Verfügung stehenden 21 Stücken durch-
weg beobachten konnte — zahlreiche Längsrippen, die zum Teil mehr, zum Teil weniger stark hervortreten.
Der äußere Habitus an sich hat nichts, was auf eine Zugehörigkeit des C. striatum zu den Bryozoen hin-
weisen würde. Vielmehr spricht das Bild, wie man es bei Quer- und Längsschliffen erhält, direkt dagegen
(vergl. auch Gümbel, Sitzungsberichte Taf. I Fig. 22—24). Bei einem von mir hergestellten Quer-
dünnschliff sieht man eine ziemlich dünne Wandung (ca. 85 » — 127,5 u dick), die den weiten Hohlraum
umschließt. In der Wandung sieht man, allerdings nur an wenigen Stellen zu beobachten, Teile eines in
der Schliffebene liegenden, also vertikal verlaufenden Ringkanals von ca. 42,5 » Durchmesser. Außerdem
hat man in ziemlich regelmäßigen Abständen von ca. 102 u bis 127,5 u kleine, kreisrunde Poren von ca.
25,5 » Durchmesser und mit einer Wandung von ca. 17 u Dicke, die als die Querschnitte der von Gümbel
abgebildeten horizontal verlaufenden Kanäle anzusprechen sind. Endlich hat man noch Röhren, die von
den Ringkanälen an die Oberfläche, also zu den kleinen Oeffnungen führen. Man erhält so, alles zusammen-
gefaßt, ungefähr folgendes Bild: eine sehr dünne Schale, die von horizontalen, parallel zur Oberfläche ver-
laufenden und von vertikalen, sowohl parallel als auch senkrecht zur Oberfläche verlaufenden, im allge-
meinen wohl zusammenhängenden Kanälchen durchsetzt wird. Man hat also eine Art Röhrensystem,
wie es bei den Bryozoen nicht vorkommt; allerdings widerspricht dieses auch einer Einreihung des €. stria-
tum in die Klasse der Foraminiferen. Am ehesten könnte man noch daran denken, das €. striatum den
Coelenteraten, speziell wohl den Spongien unterzuordnen, was jaauch Gümbel für das wahrschein-
lichste hält. Skelettnadeln konnte ich allerdings in keinem Fall finden.
Maße: Höhe des Stockes : 7 mm — 20 mm
Größte Dicke des Stockes : 3mm —8mm
Durchmesser einer Zellspitze : 4225 u
r „ Zellspitzenöffnung : 255,5 u — 297,5 u
Vorkommen: Weiß «', Lochen, Böllat.
CHAETETES Fischer 1834. (Taf. VIIL, Fig. 9-12.)
Unter dem Namen Chaetetes laufen zahlreiche Formen, die mir nur in schlecht erhaltenen, verkie-
selten Stücken aus dem oberen Weißen Jura zur Verfügung stehen. Das Material, das mir zur Bearbeitung
vorliegt, ist schon von Herrn Professor Steinmann einer näheren Untersuchung unterzogen worden.
Er stellt es, wegen der schlechten Erhaltung allerdings nur zweifelhaft, den Stromatoporiden zu?. Zum
! Bibliographica palaeontologica p. 333, 1834 Oryetographie de Moscou, p. 159, 1837.
’
®? Schmierer, Das Altersverhältnis der Stufen ‚„Epsilon‘ und ‚Zeta‘““ des weißen Jura. Inaug.-Diss. Tübingen, ge-
druckt Berlin 1902, Zeitschr. der deutsch. geol. Gesellschaft, Bd. 54, S. 547.
ee
Vergleich dieser schwäbischen Chaetetesformen, die sich meines Erachtens unter die Stromatoporiden
und Chaetetiden verteilen, habe ich die im folgenden aufgeführte Literatur herangezogen:
Goldfuß, Petrefacta Germaniae Bd. 1 S. 21 (Stromatopora)
Quenstedt, Flözgebirge Württemb. S. 466 (Chaetetes)
Der Jura, Ss. 2700
Petrefaktenkunde Deutschlands, S. 3, S. 67, S. 70
Handbuch der Petrefaktenkunde, S. 992
Bargatzky, Die Stromatoporen des rheinischen Devons, Inaug.-Dissertation, Bonn 1881
Lindström, Beschreibung einiger obersilurischen Korallen aus der Insel Gotland, 1896
Nicholson, A Monograph of the British Stromatoporoids
Part 1: Palaeontogr. Society Vol. XXXIX p. 1—130, Pl. I—XI
BEST: E nn. 130 158. Pi, XI x
Ei u £ EN 09.15025902° PLIKKAXKY
Ey: % 0200037 DI XRVLEXXIX
Struve, Ein Beitrag zur Kenntnis des festen Gerüstes der Steinkorallen, Verhandl. der Kais. Russ.
Min. Gesellschaft, Bd. XXXV, 1898
A. Tornquist, Sitzungsberichte der kgl. preuß. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1901, Bd.
XLVI.
warbre = Journ. Geol Soc. Tokyo, Vol. X, No. 123, 1903.
Sowohl der äußere Habitus und Aufbau, soweit er noch zu erkennen ist, als auch das im Dünnschliff
entstehende Bild weisen unbedingt darauf hin, daß wir es in einem Teil der ‚schwäbischen Chaetetes‘
mit einem Formenkreis zu tun haben, der sich mit dem von Nicholson als Stromatoporiden beschrie-
benen Vorkommen in sicheren Einklang bringen läßt. Die Zuteilung der Stromatoporiden zu den Hydro-
zoen ist im allgemeinen wohl nicht angefochten. Jedenfalls weisen Dünnschliffe, wie sie Nicholson u. a.
wiedergeben und wie ich sie auch selbst untersuchte, auf eine Uebereinstimmung mit den Coelenteraten
hin: man sieht in vielen Fällen, wenn auch bei unseren Exemplaren meist nur sehr undeutlich, in den Kolonie-
querschliffen radiäre Lamellen, die von der Peripherie der runden Stammröhre nach deren Zentrum laufen,
dort mit ihren Enden einen ziemlich kleinen, freien Raum umschließend.
Der andere Teil gehört wohl zweifellos zu den Chaetetiden, deren Stellung im palaeontologischen
System immer noch stark umstritten ist. Die Gruppe der Chaetetiden ist, wie auch die der Stromatopo-
riden, die am stärksten im Palaeozoicum, nur sehr schwach im Mesozoicum vertreten war, ausgestorben.
Früher wurde sie meist den Bryozoen beigestellt, unterscheidet sich aber von diesen durch die Art und Weise
der Vermehrung. Struve stellt in seinen Untersuchungen folgendes fest (S. 81): „Die Vermehrung
geschieht durch Teilung, welche häufig gleichzeitig in mehreren benachbarten Zellen erfolgt. Zuerst ver-
längern sich hierbei die Fasern des der betreffenden Stelle zunächst gelegenen Wandbündels in den Visceral-
raum, wodurch eine größere Anschwellung entsteht, aus der bei weiterem Wachstum sich allmählich eine
Rippe bildet. Nachdem diese Rippe eine gewisse Länge erreicht hat, beginnt gewöhnlich an der ihr gegen-
überliegenden Wand sich eine ähnliche Rippe zu bilden, welche sich schließlich mit der ersteren vereinigt,
und eine neue Wand entsteht‘. Eine derartige Vermehrung durch Teilung, wie sie durch diese Ausführung
wohl als eindeutig festgestellt angesehen werden darf, und wie ich sie, allerdings nicht vollständig zweifel-
Palaeontographica. Bd. LX. 22
— 12 —
los, bei unseren schlecht erhaltenen Formen zu beobachten glaube, widerspricht einer Zuordnung der Chae-
tetiden zu den Bryozoen. Näher auf diese systematische Frage einzugehen, verbietet mir das kleine und
schlechte Material, das der schwäbische Jura bis jetzt geliefert hat und würde außerdem den Rahmen
dieser Arbeit überschreiten.
Vorkommen: Weiß e und /, Wittlingen, Oberstotzingen, Arnegg, Heidenheim, Sirchingen.
CERIOPORA FAVOSA Goldfuß 1827.
Syn.: 1827 Ceriopora favosa, Goldfuß, Petref. Germ., S. 38
1878 Thalaminia favosa, Steinmann, Ueber fossile Hydrozoen, Palaeontographica XXV,
S2 112.
Diese Form hat in ihrem äußeren Habitus einige Aehnlichkeit mit Neuropora crispa Gdf., beweist
aber durch eine ziemlich große, am Scheitel der Kolonie liegende und in die Tiefe gehende Oeffnung, daß
die zweifellos nicht zu den Bryozoen gehört. Steinmann zählt sie zu den Hydroiden.
Vorkommen: Weiß «'‘, Böllat, Lochen.
CERIOPORA FLAMMATA Quenstedt und C. CIDARIFORMIS Quenstedt 1881}.
Diese beiden Formen stehen mir im Original nicht zur Verfügung, auch sind mir sonst nie ähnliche
Stücke zu Gesicht gekommen. Die Ceriopora flammata (Lias «x, Göppingen) möchte ich nach der Beschrei-
bung und Abbildung von Quenstedt nur sehr zweifelhaft den Bryozoen, sicher jedenfalls nicht den
Cerioporen unterstellen. Die Ceriopora cidariformis (Lias «, Göppingen) könnte nach der Abbildung von
Quenstedt in ihrem äußeren Habitus namentlich durch die Rippenzentren an ihrer Oberfläche an
Neuropora fusiformis oder mit dieser verwandte Formen erinnern.
1 Quenstedt, Petref. K. Deutschl. Abt. 1, Bd. 6, S. 221, 222, Tab. 151 Fig. 46, 47 und 48.
Literaturverzeichnis').
Blainville, 1830, Zoophytes: Dietionn. des Sciene. nat. LX, p. 1—546.
Brauns, 1869, Die Bryozoen des mittleren Jura der Gegend von Metz; Zeitschr. der deutschen geol. Gesellschaft, Bd. XXXI,
S. 308—338.
Bronn, 1825, System der urweltlichen Pflanzentiere.
— 1837; Lethaea geognostica, Bd. 1.
Edwards, Milne, Me&moires sur les Crisies, les Horneres et plusieurs autres Polypes vivants ou fossiles; Annales des sciences
naturelles, seconde serie, IX.
Goldfuß, 1827, Petrefacta Germaniae, Bd. 1.
Gregory, 1896, Catalogue of the fossil Bryozoa in the department of Geology British Museum: The Jurassic Bryozoa.
—, 1899, The Cretaceous Bryozoa.
Hagenow, 1839, Monographie der Rügenschen Kreideversteinerungen; Neues Jahrbuch für Mineralogie etc.
Haime, 1854, Description des Bryozoaires fossiles de la formation jurassique; M&m. de la Societe geol. de France, ser. 2, t. V.
p. 156—218.
Hamm, 1881, Die Bryozoen des Maastrichter Obersenon. Inaugural-Dissertation Berlin.
Lamouroux, 1821, Exposition Methodique des Genres de l’Ordre des Polypiers.
—, 1824, Encyclopedie Methodique: Histoire naturelle des Zoophytes ou Animaux rayonnes.
Michelin, 1840—47, Iconographie Zoophytologique.
Oppel, 1853, Der mittlere Lias Schwabens, Württ. naturwissenschaftliche Jahreshefte, Bd. X.
Oppel, 1866, Ueber die Zone des Ammonites transversarius. Geognostisch palaeontolog. Beiträge, Bd. 1.
Orbigny, 1851—52, Paleontologie francaise, Terrains cretaces V.: Bryozoaires.
Pictet, 1857, Traite de Pal6ontologie.
Quenstedt, 1851, Das Flözgebirge Württembergs.
—, 1858—85, Handbuch der Petrefaktenkunde.
—, 1858, Der Jura.
—, 1878—81, Petrefaktenkunde Deutschlands, Abt. 1. Bd. VI, Korallen (Röhren- und Sternkorallen).
Reuß, 1866, Die Bryozoen, Anthozoen und Spongiarien des braunen Jura von Balin bei Krakau. Sitzungsberichte der k. Aka-
demie der Wissenschaften, Wien, Bd. LIII.
—, 1867, Die Bryozoen, Anthozoen und Spongiarien des braunen Jura von Balin bei Krakau. Denkschriften der kais. Akademie
der Wissenschaften. Math. naturw. Klasse Bd. XXVII.
Sauvage, 1889, Note sur les Bryozoaires jurassiques de Boulogne. Bulletin de la Societ& geologique de France, ser. 3, t. XVII.
Steinmann, 1878, Ueber fossile Hydrozoen aus der Familie der Coryniden, Palaeontographica XXV.
Waagen, 1868, Ueber die Zone des Ammonites Sowerbyi. Geogn. Palaeont. Beiträge, herausgegeben von Benecke, 1. Bd. Heft 3.
Zittel, 1876—80, Handbuch der Palaeontologie 1. Bd. 1. Abt.
—, 1900, Text-Book of Palaeontology, Vol. 1 London.
—, 1910, Grundzüge der Palaeontologie (Palaeozoologie) 1. Abt. Invertebrata.
1) Nur für den allgemeinen und den speziellen Teil.
De N
BA FTE
5 . ii
ne iur
me
a
Ta,
m» oo DD —
[>11
Tafel-Erklärung.
Tafel IV.
Stomatopora undulata n. sp. (!0/)). S. 126.
Stomatopora crepidiniformis n. sp. (1%/,). S. 126, 127.
Stomatopora cellisalternans n. sp. (1%/,). S. 127, 128.
Proboscina prorepens Waagen (1%/,). S. 131.
Proboseina erucaeformis n. sp. (1%/,). S. 131, 132.
Berenicea Lam. Horizontaldünnschliff (1%/,). S. 132.
Berenicea Lam. Horizontaldünnschliff. Zellwandkanäle (1°%/,). S. 118, 132.
Berenicea Lam. Horizontaldünnschliff. Zellwandkanäle (%/ı). S. 118, 132.
Berenicea compressa Goldf. mit Koloniemutterzelle (nat. Dicke) (1°/,). S. 133.
Palaeontographica Bd. LX. Tai. IV.
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart.
0. Wolfer: Bryozoen des schwäbischen Jura.
| 8
Fu
} Tafel V.
: Die Bryozoen des schwäbischen Jura.
Berenicea
Berenicea
Berenicea
Berenicea
Berenicea
Berenicea
Berenicea
Berenicea
Berenicea
Tafel-Erklärung.
Tafel V.
compressa Goldf. Horizontaldünnschliff (1%/,). S. 133, 134.
subhilisen sp> (KON) S- 134 l3D:
flabellulum Ouenst. (1%/,). S. 135, 136.
bisulcata n. sp. (1%/,). S. 136.
incomposita n. sp. (1%/,). S. 137.
tegulaeformis n. sp. (1%/,). S. 139.
assurrecta n. sp. (1%/,). S. 140.
radiata var. curvata n. sp.n v. (1%/,). S. 141, 142.
limbata n. sp. (1%/,). S. 143
Palaeontographica Bd. LX. Taf. V.
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart.
0. Wolter: Bryozoen des schwäbischen Jura.
Tafel v1.
r: Die Bryozoen des schwäbischen Jura.
son con pP m» DD -
Tafel-Erklärung.
Tafel VI.
Berenicea limbata n. sp. mit ausgebauchten Zellen (1%/,). S. 143.
Berenicea interfarta n. sp. (1%/,). S. 143, 144.
Berenicea cribriformis n. sp. (1%/,). S. 144.
Radieipora radieiformis (Goldf.) Längsdünnschliff (1%/,). S. 120, 121, 147, 148.
Radieipora radieiformis (Goldf.) Längsdünnschliff (1%,). S. 120, 121, 147, 148.
Radieipora radieiformis (Goldf.) Querdünnschliff (1%/,). S. 120, 121, 147, 148.
Idmonea suevica (Quenst.) (1%/,). S. 149.
Idmonea suevica (Quenst.) Längsdünnschliff (1%,). S. 149.
Spiropora Lam. Längsdünnschliff (1%/,). S. 149, 150.
Palaeontographica Bd. LX. Taf. VI.
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart.
0. Wolfer: Bryozoen des schwäbischen Jura.
Tafel VIL
Otto Wolfer: Die Bryozoen des schwäbischen Jura.
Palaeontographica. Bd. LX.
Pu vr
soo ı on
Tafel-Erklärung.
Tafel VII.
Spiropora Lam. Längsdünnschliff (1%/,). S. 149, 150.
Spiropora straminea (Phillips) Längsdünnschliff (1%/,). S. 121, 152, 153.
Spiropora straminea (Phillips) Astverzweigung. Längsdünnschliff (1%/,). S. 152, 153.
Spiropora straminea (Phillips) Querdünnschliff (1%/,). S. 121, 152, 153.
Ceriopora clavata Goldf. Längsdünnschliff (1%/,). S. 121, 156, 157.
Ceriopora sandalina n. sp. (1%/,). S. 157, 158.
Neuropora angulosa (Goldf.) Längsdünnschliff (1%/,). S. 121, 160, 161, 162.
Neuropora angulosa (Goldf.) (1%/,). S. 160, 161, 162.
Neuropora angulosa (Goldf.) mit Anwachsringen und Schichtlamellen (1%,). S. 118, 160.
Palaeontographica Bd. LX. Tai, VI.
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart.
0. Wolfer: Bryozoen des schwäbischen Jura.
Tafel VII.
Otto Wolfer: Die Bryozoen des schwäbischen Jura.
Palaeontographica. Bd. LX.
Tafel-Erklärung.
Tafel VIII.
Neuropora tuberiformis n. sp. mit zahlreichen Anwachsringen und Schichtlamellen (%?/,).
Neuropora tuberiformis n. sp. (1,%/,). S. 164, 165.
Neuropora patellaeformis n. sp. von oben (1,?/,). S. 165, 166.
Neuropora Quenstedti n. sp. (1,°/,). S. 166.
Neuropora fusiformis n. sp. (1,?/,). S. 166, 167.
Neuropora prismatica n. sp. (1,?/,). S. 167.
Heteropora Blainv. Längsdünnschliff (1%/,). S. 167.
„Conodietyum‘“ mit quergetroffenen Horizontalkanälchen (1°/,). S. 164, 165.
Stromatopora (,Chaetetes‘‘) Längsdünnschliff (1%,). S. 165, 166.
Stromatopora (,‚Chaetetes‘‘) Querdünnschliff (1%/,). S. 165, 166.
Stromatopora (,‚Chaetetes‘‘) Ouerdünnschliff (3°/,). S. 165, 166.
Chaetetesform (?) Dünnschliff (1%/,). S. 165, 166.
S. 164, 165.
alaeontographica Bd. LX.
Balaeon:oprap Tat. VIII.
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co,, Stuttgart
O0. Wolfer: Bryozoen des schwäbischen Jura.
— 15 —
Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln
(Oberschlesien).
Von
Richard Nikolaus Wegner
ın München.
Mit Taf. IX—XV und 35 Figuren im Text.
Einleitung.
In der Umgegend von Oppeln in Oberschlesien hat die Forschungsarbeit der Geologen schon sehr
frühzeitig eingesetzt. Bereits in der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts hatten ihrC.v.Oeynhausen!,
Friedrich Adolph Roemer?und R.v.Carnall?einige Aufmerksamkeit zugewandt, die jedoch
nur dem Kreidepläner galt. — Genauere Angaben über die Kreidevorkommnisse bei Oppeln finden sich
dann erst bei Ferdinand Roemer in seiner „Geologie von Oberschlesien“ (1870)*. Eine weitere
ausführliche Bearbeitung der bei Oppeln gefundenen Versteinerungen gab später Leonhard? in seiner
Fauna der Kreideformation in Oberschlesien (1897) und zwar sowohl der cenomanen Sande von Groscho-
witz bei Oppeln als auch des bis dahin bekannt gewordenen anstehenden Turons.
1Oeynhausen, Karl von, Versuch einer geognostischen Beschreibung von Oberschlesien und den nächst angren-
zenden Gegenden von Polen, Galizien und Oesterreichisch-Schlesien. Nebst einer geognostischen Karte und drei Spezial-Abrissen.
Essen 1822.
® Roemer, Friedrich Adolph, Ueber das Norddeutsche Kreidegebirge. Neues Jahrbuch für Mineralogie 1840,
pag. 193.
3CGarnall, R. von, Geognostische Karte von Oberschlesien. Berlin 1844.
ARoemer, Ferdinand erwähnt auch bereits einen verkieselten Baumfarn aus Oppeln, der aus erodierten Schichten
stammt, wahrscheinlich alttertiären Alters ist und von Göppert Rhizodendron oppoliense genannt wurde.
5Leonhard,R., Die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. Palaeontographica Bd. 44, Stuttgart 1897.
22*
— 1716 —
Der in den letzten Jahren mit der stetig zunehmenden Zementproduktion auch umfangreicher
werdende Bruchbetrieb hat uns zahlreiche interessante neue Aufschlüsse gebracht. Durch diese erfuhren
unsere Kenntnisse über die Geologie der jüngeren Schichten der Umgegend von Oppeln wertvolle Ergän-
zungen. Hierzu gehört die Entdeckung verschiedener miocaener Tonlager.
Vor allem verdanken wir inzwischen Andreaeleine Beschreibung zahlreicher Conchylien aus dem
miocaenen Ton von Oppeln, der in beckenförmigen Auswaschungen des Kreidepläners abgelagert war.
Andreae hatte die Bedeutung dieser obermiocaenen Schneckenfauna sogleich erkannt, welche in ihrer
Reichhaltigkeit anderen klassischen Fundstätten nicht nachstand, und als erster auf dieses für Ostdeutsch-
land einzigartige Vorkommen hingewiesen. Michael? undSchrammen’? berichteten über Fossil-
funde aus umgearbeiteten Kreideplänerschichten, deren Ablagerungen sich zusammen mit den eben erwähn-
ten miocaenen Conchylien am Boden einer der beckenförmigen Auswaschungen in dem Kreidebruche
von Kgl. Neudorf bei Oppeln fanden. Es handelte sich hier um eine Kieselspongie, Thecosiphonia nobilis
A.Roemersp., die sich massenhaft in verkieselten Exemplaren auf sekundärer Lagerstätte fand und da-
neben um einen Belemniten, der nach Michael? dem Actinocamax Merceyi nahe stehen sollte. Diese
neu entdeckte, umgelagerte Kreidefauna konnte inzwischen durch zahlreiche von mir gemachte Aufsamm-
lungen an Ort und Stelle wesentlich ergänzt werden, sodaß sich jetzt auch eine genauere Bestimmung ihres
geologischen Alters geben läßt. Darnach gehören die umgelagerten, anstehend nicht mehr bekannten
Kreidemergel nicht nur dem obersten Turon, sondern z. T. auch dem untersten Senon an und zwar den
Schichten des A. granulatus. Die mit diesen umgelagerten Mergeln untermengten und sie wenig über-
lagernden obermiocaenen hellgrauen Tonmassen enthielten die zahlreichen miocaenen continentalen Con-
chylien, die von Andreae eine so eingehende Bearbeitung erfuhren. Die neueren Funde können hier
nur geringe Ergänzungen bieten, die hier aber nicht mehr zur Bearbeitung mit herangezogen werden
konnten. Auch einige Säugetiere hatte Andreae? aus diesen Schichten angeführt. Diese für Ost-
deutschland gleichfalls einzigartige und eigentümliche obermiocaene Säugetierfauna lieferte neuerdings
eine Anzahl bisher für Oppeln noch unbekannter Arten und aus der Zahl der schon bekannten Formen besser
erhaltenes Material, während Andreae nur sehr unzulängliche Stücke vorlagen.
Der ausführlicheren Beschreibung dieser Reste wird der zweite Teil dieser Abhandlung gewidmet.
Vielen Fachgenossen im In- und Auslande bin ich für ihr Interesse und für die Förderung dieser
Arbeit verpflichtet, ihnen allen möchte ich an dieser Stelle aufs wärmste danken, insbesondere meinem
verehrten früheren Chef, Herrn Professor Dr. Frech, Direktor des Geologisch-Palaeontologischen Museums der
Universität Breslau und Herrn Professor Dr. Schlosser, Konservator der Münchener palaeontolo-
gischen Staatssammlung, die mir aufs liberalste die Benutzung der ihnen unterstellten Sammlungen ge-
statteten und mich bei dieser Arbeit in jeder Weise unterstützten.
! Andreae, A., Beiträge zur Kenntnis des Miocaens von Oppeln in Schl. I—III. Mitteilungen aus dem Roemer-Museum-
Hildesheim Nr. 16, 18 und 20. Hildesheim 1902—4.
®? Michael, R., Ueber das Vorkommen einer tertiären Landschneckenfauna im Bereiche der jüngsten Schichten der
Kreidescholle von Oppeln. Jahrbuch d. Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt und Bergakademie Bd. XXII, pag. 372—381. Berlin 1902.
° Schrammen, Ueber den Horizont der Thecosiphonia nobilis Roemer sp. Zentralblatt f. Mineralogie etc. 1903, pag. 19.
Stuttgart 1903.
ı=Micchael,.B., 1.c. p3g. 380;
° Andreae,l.c. Nr. 20, pag. 18—19.
— 17 —
I. Stratigraphische Bemerkungen.
Meine eigenen Beobachtungen ließen folgende Schichten erkennen:
I. Obermiocaen bei Oppeln.
Auf vielen während mehrerer Jahre gemachten Exkursionen vermochte ich
1] in dem Bruche von Kgl. Neudorf der Oppelner Portland-Zementfabriken, vormals F. W. Grund-
mann gehörig, folgendes Profil zusammenzustellen:
Die anstehenden Kreideschichten werden von einer, meist 1, bis 1 m mächtigen Lage umgear-
beiteter Kreidetone überlagert. An der tiefsten Stelle der Neudorfer Beckenausfüllung wurden
diese umgelagerten Schichten bis über 7 Meter mächtig und ließen noch wieder eine weitere Glie-
derung zu.
a) zu unterst lagen Tone, in denen sich wenige Belemniten fanden (Actinocamax granulatus Blain-
ville em. Schlüter). |
b) auf sie folgte ein Lager von Lignitstämmen.
e) über diesen die Schichten mit verkieselten Schwämmen (Thecosiphonia nobilis A. Roemer).
d) darüber Tone mit zahlreichen Kreide-Foraminiferen (Haplophragmium irregulare, Cristellaria
rotulata usw.).
Obermiocaene Land- und Süßwasserconchylien sowie Säugetierreste fanden sich in der ganzen
Schichtenfolge, besonders reichhaltig aber nur in den Lignit führenden
Schichten.
Die aus Geschiebelehm bestehende Aufdecke ist über dem Miocaen 1, bis 1 m mächtig, fehlt
aber abgesehen von erratischen Blöcken meist über dem anstehenden Kreidepläner. Die Glet-
schertätigkeit hat also den weichen Tonmergel energischer erodiert wie den anstehenden Kreide-
pläner.
2] Die Foraminiferen-Tone beobachtete schon Leonhard in einer jetzt verlassenen, nicht unweit
von diesem Vorkommen gelegenen Tongrube zwischen Groschowitz und Kgl. Neudorf!. Die wenigen kal-
kigen Foraminiferen, die er hier fand, beweisen, daß auch diese Tone aus umgelagerten, höheren Kreide-
= lLeonhard,l.c. pag. 16. Aus dieser stammen die Schlemmproben, aus denen Leonhard seine Foraminiferen
gewann, und nicht aus anstehendem Gestein.
Alluvium
Diluvium
Miocaen
Senon
Turon
178
Entwicklung
des Tertiaers und der umgelagerten Kreide bei Oppeln.
Petrographische Ausbil-
Erhaltungszustand der ge-
fundenen Versteinerungen
Fauna und Flora
dung
ANRUEvARımEImT Oldrerzran:
Wapitiähnliche Riesenva-
riation des Ceyvus elaphus
von Döbern bei Oppeln
(Geweih)
1! —1 m mächtig, größ-
tenteile) dene Gelbe Sande mit wenigen
DiluvialeBe-
| Elephas primigenius
deckung pläner überlagernd, nur En Gercllen und (Backenzahn) von Oppeln
5 Geschiebelehm
selten fehlend
Lücke
Obermiocaene Säugetier-
At I -
ls mie graue Tone | n;. Ablagerung erfolgte aus vom Eller des Ho
mit zahlreichen umgelager- 5 eur rizonts von Saint Gaudens
. unter gleichzeitiger starker ,
ten Kreidemergelstücken ; R (Dep. Gers) und dem Flinz
Erosion höherer als der
Sarmatische Stufe A
vermengt. Dazwischen ver-
einzelte Braunkohlen-
schmitze
Eruptionsstiele des
Annaberges, Basalt- Basalt
decke des Dorfes
Rauske bei Löwen
Weiße Sande bei Frauen-
dorf. Dunkle, glatte, blau-
graue Tone mit Einschluß
Der Absatz dieser
Schichten erfolgte, als
die Oppelner Kalk-
scholle noch nicht
zutage trat
Subsudetische
Braunkohlen-
formation
eines 3 m mächtigen Braun-
kohlenflözes bei Frauen-
dorf
Lücke
Nurinumgelagerten
Schichten in beckenförmi-
Schichten mit Actinocamax granulatus gen Auswaschungen des
Kreidepläners bei Kgl.
Neudorf, Schottländer-
Foraminifeven- 2 -
Oder, Fischer-
straße in Oppeln usw. ent-
u bruch a. d.
Fazies
wickelt
tu mu vu ren
Schichten des
Anstehend in zahlrei-
chen Brüchen bei Oppeln-
Nord, Oppeln-Süd, Kegel.
Inoceramus Cwuvieri
crau USW,
1 Die verschiedenen Fundstellen siehe Seite 210.
der bayrisch-schwäbischen
Hochebene. Conchylien (v.
Andreae beschrieben)
Braunkohlenreste od.Lignit
jetzt noch anstehenden
Kreidehorizonte
Braunkohlenhölzer
Verkieselte Baum-
farne (Rhizoden-
dron oppoliense)
Alttertiär oder Se-
| non (?)
Actinocamax granulatus
Spongien (Thecosiphonia
nobilis) stets verkieselt lern
(Haplophragmium, Cristel-
lavia, Frondicularia, Nodo-
saria usw. Bryozoen)
Spongien als Brauneisen-
Leitfossilien:
Inoceramus Cuvieri, Cepha-
lopoden mit anomaler Win-
steinüberzug auf den Ab-
drücken erhalten
Neudorf, Frauendorf, Sa-| In den tieferen Lagen die | dung, Turriliten, Hamiten,
Spongien seltener und in Scaphiten.
Pyrit verwandelt
A, —
schichten entstanden sind, da bisher kalkige Foraminiferen noch nie im anstehenden K reidepläner von Oppeln
beobachtet wurden.
3] Auch in der Stadt Oppeln selbst wurden in der Schifferstraße gelegentlich der Ausschachtungen
für das Elektrizitätswerk die umgelagerten obermiocaenen Tone in einer Mächtigkeit von nicht ganz 1, m
beobachtet. Neben Archaezonites subangulosus Benz und anderen miocaenen Land- und Süßwasser-
schnecken wurden auch hier von Foraminiferen Haplophragmium irregulare A. F. Roemerund Cristel-
laria rotulata Lamarck in größeren Mengen gefunden.
4] Ganz gleichartig ist ein Vorkommen von Obermiocaen in dem verlassenen Bruch an der Oder der
Oppelner Zement-Aktiengesellschaft (vormals Schottländer). Hier ist der diluviale sandige Geschiebemergel
teilweise in das Obermiocaen hineingequetscht.
5] Während des Bahnbaues der Strecke Oppeln-Frauendorf und der Anlage der neuen Frauendorfer
Portland-Zementwerke wurden verschiedene Tonmergel-Vorkommen beobachtet, die ich größtenteils
der gütigen Mitteilung der Herren Ingenieure Fedder und Tetens in Oppeln verdanke, auch Andreae!
hat auf Grund von Angaben des Herrn Berginspektor Bärtling solche Vorkommen von geringer Mächtig-
keit in der Umgegend von Oppeln erwähnt. Im übrigen bezog sich die bisherige Literatur über das Ober-
miocaen von Oppeln nur auf das Vorkommen im Grundmannbruch (I. 1.).
Außer diesen fossilreichen hellgrauen obermiocaenen Tonen mit hochprozentigem Kalkgehalt
finden sich bei Sacrau und Frauendorf bei Oppeln sowie Rauske (bei Löwen) noch
Il. dunkelblaugraue plastische Tone.
welche keine Spur von umgearbeiteten Kalkmergeln enthalten.
1] Bei Frauendorf schließen diese Tone ein mehrere Meter mächtiges Braunkohlenflöz ? ein und werden
von weißen Sanden überlagert.
Die Analyse des hier entnommenen Tons ergab folgende chemische Zusammensetzung:
60,10 %, Sı O:
33,25 % Al: O,
5,27% Ca CO,
1,38 % Alkalien, Magnesia u. s. w.
100,00 %
2] Dieselben Tone ließen sich auch in Sacrau in einer jetzt nicht mehr abgebauten Grube beobachten.
3] Die dunkelblaugrauen Tone werden nicht unweit von Oppeln bei dem Dorfe Rauske bei Löwen
teilweise von einer Basaltdecke überlagert, die den Ton an einigen Stellen gebrannt hat, so daß er hier eine
rötliche Farbe angenommen hat. Die Tone mit Braunkohlen scheinen den südöstlichen Ausläufer der sub-
sudetischen Braunkohlenformation zu bilden, mit der sie durch andere Vorkommen in Zusammenhang
gebracht werden können.
! Andreae, Kurzer Ueberblick über das Miocaen von Oppeln in Schlesien und seine Fauna. Monatsber. d. deutsch.
geol. Ges. 1904, pag. 243.
2 Von Michael, l. ec. pag 377 kurz erwähnt.
Palaeontographiea. Bd. LX. 23
— 180° —
Bei Oppeln gelangten somit verschiedene Stufen sowohl des Tertiärs wie der oberen Kreide zur
Beobachtung. Die Tabelle auf S. 178 soll eine Uebersicht erleichtern und vor allem den Unterschied
zwischen den anstehend und den nur umgelagert bekannten Kreideschichten hervortreten lassen. Zum Teil
sind sie durch bedeutende Altersunterschiede von einander getrennt und ihre Faunen sind daher gesondert
zu betrachten. Ich beginne mit der Fauna der umgelagerten Kreideschichten, die von der der anstehenden
Kreideschichten bei Oppeln wesentlich abweicht.
— 11 —
Il. Kreideversteinerungen auf sekundärer Lagerstätte.
Erhaltungszustand: Alle Spongien unter den auf sekundärer Lagerstätte gefundenen
Fossilien sind in ihrem Kieselskelett erhalten. Eine solche Verkieselung findet sich ausschließlich bei diesen
umgelagerten Versteinerungen, sie konnte bisher bei den aus anstehenden Schichten stammenden Formen
noch niemals beobachtet werden. Die übrigen Versteinerungen sind in ihren Kalkschalen erhalten, deren
Hohlräume insbesondere bei den Foraminiferen durch Kalkspat ausgefüllt sind. Diese Fossilien wurden
meist durch umfangreiche Ausschlämmungen aus dem obermiocaenen Ton erhalten und umfassen durch-
weg kleine und kleinste Formen, die vom Wasser leicht transportiert werden konnten, bevor sie von neuem
abgelagert wurden. Die sonst in norddeutschen oberturonen und untersenonen Kreideablagerungen so reich-
haltige Molluskenfauna ist in zahlreichen unbestimmbaren Schalenfragmenten zu suchen, die bei der Um-
lagerung die weitgehendste Zertrümmerung erfuhren.
Dadurch entsteht in der palaeontologischen Beschreibung die auffallende Lücke, welche durch
das Fehlen aller Lamellibranchiaten und Gastropoden verursacht wird. Auch wird damit späterhin ein
Vergleich auf Grund stratigraphisch gut verwendbarer Inoceramen' wie aus dem nahen Emscher der
Heuscheuer, von Kieslingswalde, der Löwenberger Mulde und der Kreibitz-Zittauer Sandsteine, resp. des
dortigen Untersenons u. s. w. unmöglich.
FORAMINIFERA.
Frondicularia angusta Nılsson 1827.
1827 Nilsson, Petrificata Suecana Formationis Cretaceae, pag. 11, Taf. 9, Fig. 22.
1841 Roemer, Die Versteinerungen des norddeutschen Kreidegebirges, pag. 96.
1845/46 Reuß, Die Versteinerungen der böhmischen Kreideformation I, pag. 29, Taf. 8, Fig. 4—5.
1860 Reuß, Die Foraminiferen der westfälischen Kreideformation, pag. 106, Taf. 4, Fig. 5.
1875 Geinitz, Das Elbtalgebirge in Sachsen. Palaeontographica XX, II, pag. 91.
1893 Beißel, Die Foraminiferen der Aachener Kreide. Abhandl. d. kgl. preuß. geol. Landesanstalt. N. F. Heft 3, pag.
41, Taf. VIII, Fig. 14—31.
1900 Egger, Foraminiferen und Ostrakoden aus den Kreidemergeln der Oberbayrischen Alpen. Abhandl. d. II. Kl.
d. k. Ak. d. Wiss. München, Bd. XXI, pag. 86.
Charakteristika: Schmales, lanzettförmiges Gehäuse von 2—7 mm Länge und 0,4—2,1 mm
Breite. Das Gehäuse beginnt mit einer kugelig verdickten, eine scharfe Spitze (ausnahmsweise auch zwei)
tragenden Anfangskammer mit 8—12 Rippen, an welche sich, die vorhergehende Kammer halb umfassend,
gewöhnlich 12—14 weitere Kammern anschließen. Die Anzahl der Kammern variiert jedoch sehr; an
einem Exemplar konnten bis zu 18 Kammern gezählt werden. Auf der Außenseite der Schale werden diese
Kammern durch scharfe, schon makroskopisch deutlich sichtbare, etwas nach vorn geschwungene Leisten
1 Andert, Die Inoceramen des Kreibitz-Zittauer Sandsteingebirges. Festschrift des Humboldt-Vereins. Ebersbach 1911.
— 12 —
begrenzt, welche sich auf den Seiten der Schale zu einer Kante zusammenschließen und so zwischen sich auf
der Schmalseite des Gehäuses eine Furche entstehen lassen. Entweder vereinigen sich diese Kanten der
Schmalseiten auf der Anfangskammer zu einer Spitze oder die von ihnen gebildete Furche geht auch über
die Anfangskammer hinweg, wobei dann jede Kante aul der Anlangskammer zu einer Spitze ausgezogen
ist. Nach der Medianlinie zu konvergieren diese Leisten und nehmen an Höhe etwas zu, um sich median
nach vorne umzubiegen und parallel nebeneinander etwas nach vorne vorgezogen, die jeweilige Mündung
der Schale zu bilden. Zwischen den eben erwähnten äußerlichen, querstehenden Grenzleisten der Kammer-
wände finden sich auf der Schalenoberfläche feinere Längsrippen, die mitunter auf den Wänden der jüngeren
Kammern wieder verschwinden. Seltener finden sich Exemplare, bei denen nur ganz vereinzelte Längsripp-
chen nach der Medianlinie zu auftreten, oder bei denen eine Längsberippung völlig fehlt. Trotz verschiedener
Variationen und einiger Abweichungen von den in der Literatur beschriebenen Exemplaren dieser Art
vermag ich unter den 50 Exemplaren, die von Oppeln vorhanden sind, kein Stück als zu einer der nahe
verwandten Arten gehörig auszuscheiden. Zu erwähnen wäre noch, daß die einzelnen Kammern mitunter
kein gleichmäßiges Wachstum zeigen und die Schalen an einer Stelle mehr, an anderer Stelle weniger an
Umfang zunehmen; Wachstumsanomalien, wie sie neuerdings Dettmer! und Schubert? beschrieben,
fanden sich darunter jedoch nicht. Auf den Längsdünnschlilfen ließ sich weiter keine spezielle Mikro-
struktur innerhalb der Schalenwände unterscheiden.
Vorkommen: Ganz allgemein in den norddeutschen Kreidebildungen vom Genoman bis Senon.
Haplophragmium irregulare A. F. Roemer 1841.
1840/41 Spivolina irregularis Roemer, A. F. Die Versteinerungen des norddeutschen Kreidegebirges, pag. 98, Taf. XV,
Fig. 29.
1871/75 Haplophvragmium irregulare Geinitz, Das Elbtalgebirge in Sachsen. Palaeontographica XXN, II, pag. 119.
1900 Haplophragmium ivvegulare Egger, HForaminiferen und Ostrakoden aus den Kreidemergeln der Oberbayrischen
Alpen. Abhandl. d. II. Kl. d. k. Ak. d. Wiss. München, Bd. XXI, pag. 144, Taf. 3, Fig. 4—7, 23.
Von dieser weitverbreiteten krummstabförmigen Foraminifere wurden an 100 Exemplare aus dem
Ton ausgeschlemmt. Die Gehäuse sind 3—A4 mm lang. Im Dünnschliff sind die agglutinierten Sandkörn-
chen der Schale deutlich zu erkennen, während die Hohlräume mit helldurchsichtigem Kalkspat angefüllt
sind. Trotzdem sich manniglaltige Variationen besonders in der Dicke der Spirale der Anfangskammern
fanden, vermochte ich unter dem Oppelner Material keine der nahe verwandten, einander sehr ähnlichen,
weiteren Arten derselben Gattung auszuscheiden. Die von Egger |. c. pag. 145 angeführten Gruben-
löcher der Mündungskammer konnte ich an keinem Exemplar auflinden.
Vorkommen: Die Art ist im Senon und Turon der nordeuropäischen Kreide allgemein verbreitet.
Cristellaria rolulata Lamarck 1839.
Egger, Foraminiferen und Ostrakoden aus den Kreidemergeln der Oberbayrischen Alpen. Abhandl. d. 11. Kl. d. k. Ak.
d. Wiss. München, Bd. XXI, pag. 122, Taf. 11, Fig. 3, 4. (Die umfangreiche Literatur über die Art findet sich ausführlich
bei Egger angegeben).
Von dieser allgemein in der oberen Kreide verbreiteten und wohl bekannten Art fanden sich einige
! Deitmer, Ueber das Variieren der loraminiferengatltung Frondicularia, Neues Jahrbuch für Mineralogie, 1911, Bd.
pag. 149—159, Taf. XII.
"Schubert, R. G., Ueber die Verwandtschaftsverhältnisse von Frondieularia. Verhandl. d. k. k. geolog. Reichsan-
stalt 1912, Nr. 6, pag. 179—184
— 18 —
Hundert Exemplare an den verschiedenen auf Seite 179 angegebenen Fundstellen innerhalb der Stadt selbst
und der näheren Umgebung von Oppeln auf sekundärer Lagerstätte.
Cristellaria lepida Reuss 1845.
1871/75 Robulina lepida Reuß in Geinilz, Das Elbtalgebirge. Palaeontographica XX, II, pag. 106, Taf. 23, Fig. 4.
1900 Cristellaria lepida Egger, Foraminiferen und Ostrakoden aus den Kreidemergeln der Oberbayrischen Alpen. Ab-
handl. d. II. Kl. d.k. Ak. d. Wiss. München, Bd. XXI, pag. 117, Taf. 12, Fig. 27, 28.
Diese Art unterscheidet sich von der vorhergehenden dadurch, daß die Vorderwand der Mündungs-
kammer keine Leisten aufweist. Die Mündungskammer selbst ist etwas spitz vorgezogen. Von der Seite
gesehen, zeigt diese Form daher eher ein schiefes Oval, während Cr. rotulata last kreisrund wird. In
der oberen Kreide gleichfalls weit verbreitet.
Flabellina elliptica Nilsson 1827.
1827 Planularia elliptica Nilsson, Petrificala Suecana Formationis Cretaceae, pag. 11, Tab. 9, Fig. 21.
1891 Flabellina elliptica Beissel, Die Foraminiferen der Aachener Kreide. Abhandl. d. k. Preuß. geol. Landesanstalt
Heft 3, pag. 46, Taf. 9, Fig. 4—9.
In der Gestalt des Gehäuses finden sich bei Fl. elliptica vıellache Variationen, die von einer spindel-
förmig graziösen bis zur breit elliptischen oder rhombisch-viereckigen Form schwanken. An eine kugelig
erhabene Anfangskammer, die im Dünnschlilf als vollkommener Kreis erscheint, schließen sich sechs bis
sieben einschenklige Kammern an, denen dann zahlreiche (11—19) zweischenklige folgen.
Die Außenwände sind glatt und die Kammerscheidewände springen nur wenig auf der Außenseite
hervor.
Vorkommen: Im Oberturon Sachsens und Böhmens; unterer Mucronaten-Mergel der Aachener
Kreide.
Nodosaria Zippei Reuss 1845.
1845 Nodosaria Zippei Reuß, Böhmische Kreide I, pag. 25, Tab. 8, Fig. 1—3.
1891 Nodosaria Zippei Beissel, Die Foraminiferen der Aachener Kreide. Abhandl. d. k. preuß. geol. Landesanstalt Heft 3,
pag. 30, Tat. 6, Fig. 10—29; Taf. 16, Fig. 32.
1900 Nodosaria Zippei Egger, Foraminileren und Ostrakoden aus den Kreidemergeln der Oberbayrischen Alpen. Ab-
handl. d. II. Kl. d.k. Ak. d. Wiss. München, Bd. XXI, pag. 78, Taf. 8, Fig. 1—3.
Es liegen 12 Fragmente, die je nur 5—7 Kammern umlassen, vor. Die Art ist allgemein in der oberen
Kreide verbreitet.
Webbina rugosa dOrbıgeny 1846.
1846 Webbina rugosa d’Orbigny. Foraminileres fossiles du bassin terliaire de Vienne. Paris 1846, pag. 73, Tab. 21,
Buell, 2:
1891 Webbina rugosa Beissel, Die Foraminiferen der Aachener Kreide. Abhandl. d. k. Preuß. geol. Landesanstalt, Heft 3,
Taf. XIII, Fig. 40—142.
v
pag. 70,
Von dieser seltenen, bisher nur in Symbiose mit anderen Schaltieren bekannten Form fand sich ein
einziges aus vier unregelmäßigen Kammern bestehendes Exemplar aul Flabellina elliptica festgewachsen.
Die vier Kammern reihen sich, ungleich an Größe zunehmend, in einem unregelmäßigen Bogen aneinander.
Tiefe Einschnürungen trennen die einzelnen Kammern fast ganz voneinander. Während die glatte Unter-
— 1854 —
seite der Schale des Wirttieres fest anhaltet, ist die Außenseite leicht gewölbt und mit einer rauhen Körne-
lung versehen.
Sonstiges Vorkommen: Unterer Mucronatenmergel des Friedrichsberges bei Aachen.
SPONSIAE.
Porosphaera globularis Philipps 1829.
1878 Porosphaera globularis Steinmann,G., Ueber fossile Hydrozoen aus der Familie der Coryniden. Palaeontographica
Bd. 25, p. 120, Taf. 8—12. Kassel 1878.
1904 Porosphaera globularis Hinde, G. J., On the Structure and Affinities of the Genus Porosphaera, Steinmann. Jour-
nal of the Royal Microse. Soc. 1904, pag. 18, Taf. I, Fig. 1—10, II, Fig. 13, 6—10.
Häufig ın Gestalt kleiner abgerollter Kugeln von 2—8 mm Durchmesser. Die porige Struktur der
Oberfläche ist infolge der starken Abrollung nur mühsam zu erkennen. Etwas deutlicher erscheint diese
Struktur in einem Dünnschliff, wo ich im peripheren Teil desselben die wabenartige Struktur der radial
angeordneten Kanäle beobachten konnte. Der zentrale Teil ist jedoch auf diesem Schliff völlig struktur-
los und meist in Kalkspat umgewandelt, sehr selten in Pyrit, was sonst nur an den aus den tieferen Lagen
des anstehenden Kreidepläners stammenden Spongien beobachtet werden konnte. Eine Einlagerung von
Fremdkörpern in den kugelrunden Körper dieser Spongien habe ich an keinem Exemplar beobachtet.
Vorkommen: Weit verbreitet in den Marsupites-Schichten Englands, in den Teplitzer Schichten
Böhmens. Im Öbersenon von Rügen und Jütland. Im anstehenden Gestein von Oppeln ist diese leicht
kenntliche Art bisher noch nicht beobachtet worden, in den umgelagerten Kreideschichten von Kgl. Neu-
dorf fand ich einige 30, meist sehr kleine Exemplare.
Die übrigen, zum Teil schon erwähnten Schwämme wie T'hecosiphonia nobilis A. Roemer u. $. w.
sind hier nicht mit zur näheren Beschreibung herangezogen worden, da sie, insbesondere die Kieselspongien
aus der umgelagerten Kreide von Kgl. Neudorf, bereits einen anderen Bearbeiter gefunden haben. Vide
A. Schrammen, Die Kieselspongien der oberen Kreide von Nordwestdeutschland'!.
ANTHOZOA.
Genus PLEUROCORA.
Int esta rtrur:
1848 Pleurocora explanata Milne-Edwardsct J.Haime, Annales des Sciences Naturelles 3me serie, vol. N, tab.
VII, fig. 10.
1849 Pleurocora gemmans Milne-Edwardsct J. Haime, Annales des Sciences Naturelles 3me serie, t. XI, p.
310. 1849. :
1906 Pleurocora Angelisi Felix, J., Ueber eine Korallenfauna aus der Kreideformalion Ost-Galiziens. Zeitschr. d. D. Geol.
Ges. Bd. 58, S. 47, Taf. 3, Fig. 2a-—-b. Berlin 1906.
1909 Pleurocora Angelisi Grosch, P., Phylogenetische Korallenstudien. (Die Axophylliden). Zeitsch. d, Deutsch. geolog.
Ges. Band 61, Pag 3,25. 1ahbe T Eihıcmmpr
' Teil I—IV erschien bereils in den Palaeontographica. Stuttgart 1910—12
— 15 —
Pleurocora Felicis' nov. spec.
(Figur 1.)
Erhalten ist ein einzelner Ast, der erst etwas konisch anschwillt, sich dann aber nach einer kleinen
Verjüngung verbreitert. Trotzdem der Korallenstock, abgesehen von dieser geringen Verbreiterung im
oberen Teil durchaus nicht plattig ist, was Grosch (l. e. pag. 8) in die Gattungsdiagnose einbezieht,
glaube ich in Anbetracht der nachfolgenden Merkmale diese Art noch in die Gattung Pleurocora stellen
zu können. An der geringen Verbreiterung bemerkt man 5 etwas vorgewulstete Kelche und die Ansatz-
stellen zweier abgebrochener Zweigäste; die Vermehrung erfolgte also durch laterale Sprossung.
Der Durchmesser der Kelchwülste, die einen ziemlich regelmäßig kreisrunden Umriß haben, be-
trägt —6 mm; die Kelche selber besitzen nur eine ganz geringe Tiefe. Als Columella ist ein kleines wie
mit winzigen Warzen bedecktes Knöpfchen in der Mitte anzusehen. Die Costae in der Fortsetzung der
Selerosepten laufen nur eine ganz kleine Strecke weit deutlich über den Thecawulst hinaus, um dann
weiterhin im Coenosark zu verschwimmen. Eine Exotheka ist nicht vorhanden. Ueber die Anordnung
der dünnen, aber wohl noch gut ausgebildeten Septen läßt sich infolge des abge-
riebenen Zustandes des vorliegenden Exemplars nichts Näheres angeben, als die
Gattungsdiagnose gestattet. Die einzelnen Septen erscheinen jedoch am oberen
Rande etwas perlförmig eingeschnitten.
Auf einem Dünnschliff dicht an der Basis des Polypars ist ein blasig-poröser
Bau zu erkennen.
Fig. 1.
? i h j . .„ Pleurocoya Felicis nov. spec.
wards et J. Haime aus der Kreide von Obourg bei Mons, von der sich P. Felicis Nat. Größe. Umgelagerte
Verwandt mit der vorliegenden Art ist Pleurocora explanata Milne-Ed-
durch die fast glatte Oberfläche des Stiels, auf dem nur feine Streifehen in der Nähe Kreide von Kgl. Neudorf
der Kelchwülste zu beobachten sind, und durch eine geringere Anzahl von Ver- BELOpRAn;
zweigungen unterscheidet.
Der Stock von Pleurocora Angelisi Felix aus der ostgalizischen Kreide bildet eine kompakte
massige Platte mit weit dichter stehenden Kelchen.
Vorkommen: Umgelagerte Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Parasmilia centralis Mantell 1822.
(Tafel IX, Fig. 1—4.)
1822 Madrepora centralis Mantell, Geology of Sussex. London 1822. pag. 159, Taf. 16, Fig. 2, 4.
1841 Turbinolia centyalis Römer, A. F., Die Versteinerungen des norddeutschen Kreidegebirges, p. 26, Taf. 1, Fig. 13.
1850 Parasmilia centrahs M.Edwardsand J.Haim e, Monograph of the British fossil Corals I, p. 47, Taf. 8, Fig. 1.
1862 Parasmilia centralis De Fromentl, Paleontologie francaise Bd. VIII, p. 210, Taf. 21, Fig. 1.
1870 Parasmilia centyralis Roemer, Ferdinand, Geologie von Oberschlesien, p. 310, Taf. 34, Fig. ].
1872/75 Parasmilia centralis Geinitz, Das Elbtalgebirge in Sachsen. Palaeontographiea XX, II, p.4, Taf. 1, Fig. 10—12.
1878 Parasmilia centralis Behrens, G., Ueber die Kreideablagerungen auf der Insel Wollin. Zeitschr. d. D. Geol. Ges.
Bd. 30, p. 242.
1897 Parasmilia centralis Leonhard, R., Die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. Palaeontographica Bd. 44, p. 39.
! Herrn Prof. Felix in Leipzig, dem ich diese Art widme, bin ich für gütige Unterstützung bei der Gattungsdiagnose ver-
pfiichtet.
— 186 —
Zahlreiche Exemplare sind zum Teil noch mit dem lappigen Fußsaum erhalten. Fast alle Exemplare
biegen sich schon bei geringer Höhe zur Seite und zeigen Einschnürungen und Wülste, die auf ein un-
regelmäßiges Wachstum hindeuten. Bei älteren Exemplaren lassen sich mehrere Anwachswülste unter-
scheiden. Die Schnelligkeit, mit der die einzelnen Kelche an Breite zunehmen, variiert sehr. Von dieser Art
habe ich sowohl von älteren wie von jüngeren Individuen eine größere Anzahl von Dünnschliffen in ver-
schiedener Höhe des Kelches (Taf. IX, Fig. 1—4) hergestellt. Darnach läßt sich an den Oppelner Exemplaren
Folgendes beobachten. Die Septen erster Ordnung treten mit der spongiösen Columella in Verbindung, die
ihrerseits au[ dem Dünnschlilf in eine Reihe von Windungen und senkrecht stehenden Lamellen aufgelöst er-
scheint. Zwischen diese Septen schieben sich drei bis fünf größere sekundäre Septen ein. Weit kleiner sind
die Septen dritter Ordnung, die stets nur halb so groß werden und stets mit einem größeren Septum, ob
dieses nun zu der Golumella in Beziehung tritt oder nicht, abwechseln. Diese kleinen Septen unterscheiden
sich aufdem Dünnschliff durch ihre kurze, spitz auskeilende Form von den Hauptsepten. Je tiefer man
im Kelche hinabgeht, um so mehr Septen zweiter Ordnung treten mit der Columella in Verbindung, wäh-
rend sich die Septen dritter Ordnung in dem enger werdenden Boden oder der dicker werdenden Seiten-
wand verlieren. Nur auf einem Schliff ın geringer Höhe über dem Fußsaum (Taf. IX, Fig. 1) beobachtete
ich 12 größere Septen, die mit einer kompakteren Columella in Verbindung standen.
Die Reihenfolge des Septenwachstums, das sogenannte Milne-Edwards’sche Gesetz, für das u. a. die
rezente Parasmilia australis herangezogen wird, läßt sich also, wenigstens was die sekundären Septen
anbelangt, an diesen Kreideformen nicht mehr genau nachweisen. Die Unregelmäßigkeit in der Zahl der
Septen bei den einzelnen Cyklen entsteht wohl in erster Linie dadurch, daß bei den mitunter scharfen
Knickungen, welche sich in der Kelehwand an den verschiedenen Umbiegungsstellen dieser Einzelkoralle
linden, einzelne Septen im Wachstum zurückbleiben oder ganz verkümmern und unterdrückt werden.
Ein Dünnschliff in der Nähe einer solchen Umbiegungsstelle ist in Taf. IX, Fig. 2 dargestellt, bei diesem
findet sich nicht nur eine besondere Unregelmäßigkeit ın der Anzahl und Gestalt der Septen, sondern
auch die Räume zwischen den Septen sind auf der eingebogenen Seite in hohem Grade eingeengt und
die Wand daselbst verdickt.
Vorkommen: Im Öberturon Sachsens und Böhmens, ım Oberturon von Lebbin auf der Insel
Wollin, im Untersenon von England, sowie in der umgelagerten Kreide von Oppeln.
ECHINODERMATA.
Bourguelicrinus Fischeri Geinitz 1875.
1875 Antedon Fischeri Geinitz, Das Elbtalgebirge in Sachsen. Palaeontographica XX, II, p. 18, Taf. 6, Fig. 9—12.
1893 Antedon Fischeri Price, Priesener Schichten, pag. 109, Fig. 143.
1905 Bourgueticrinus Fischeri Wegner, Th., Die Granulatenkreide des westlichen Münsterlandes. Zeitschr. d. deutsch.
geolog. Ges. Bd. 57, pag. 148.
Durch Ausschlemmung erhielt ich zahlreiche Exemplare der glattwandigen hohen zylindrischen, nur
wenig seitlich eingedrückten, oberen Stielglieder dieser Art. Die Articulationsflächen zeigen bei den
größeren Säulengliedern einen erhabenen Rand und im vertieften Zentrum ein Mittelloch für den Zentral-
kanal, dessen Rand etwas aufgewulstet ist. Von diesem gehen zwei kleine Wülste, die eine lanzettlörmige
Vertiefung in der Mitte einschließen, nach der Peripherie zu. Bei anderen Exemplaren solcher Säulenglieder
— 187° —
sind die Vertiefungen mehr rinnenförmig wie sie Fig. 106 bei Geinitz |.c. zeigt. Auch von der zweiten
Form von Stielgliedern, die schief elliptisch sind und deren Gelenkflächen in der Längsachse um 30°
gedreht voneinander stehen, erhielt ich 2 Exemplare.
Die wurzelartigen Ranken und Ausläufer dieses Crinoiden sehen den des aus dem Obersenon (Rügen)
stammenden, nahe verwandten, aber etwas größeren B. ellipticus Miller äußerst ähnlich. Nahe ver-
wandt scheint auch der B. Oosteri P. de Loriol!, bei dem jedoch die Wülste auf der Articulations-
fläche von Nebenstreifehen? begleitet sind. B. Oosteri, von dem P. de Loriol nur 2 Stielglieder an-
gibt, stammt aus dem unteren Neocom von Lac-Noir (Schweiz).
Vorkommen: Plänerkalk von Strehlen (Sachsen); Priesener Schichten (Böhmen); Granulaten-
kreide von Herten (Westfalen); umgelagerte Kreide von Kgl. Neudorf (Oppeln).
Isocrinus lanceolatus A. F. Roemer 1841.
1841 Pentacrinus lanceolatus Roemer, A. F. Die Versteinerungen des norddeutschen Kreidegebirges, pag. 27, Taf. 6,
Fig. 3,
1845/46 Pentacrinus lanceolatus Reuß, Die Versteinerungen der böhmischen Kreideformation II, pag. 59.
1872/75 Pentacrinus lanceolatus Geinitz, Das Elbtalgebirge in Sachsen. Palaeontographica Bd. 20 II, pag. 59, Taf. 23,
Fig. 13.
Jaeckel? hat neuerdings nachgewiesen, auf welche Schwierigkeiten stets die Bestimmung
vereinzelter Stielglieder eretacischer Crinoiden stößt und wie unzulänglich dieselben infolge ihrer geringen
anatomischen und morphologischen Bedeutung für die Artbestimmung bleiben müssen. Leider gestattet
mir das dürftige Material von Oppeln auch hier wieder nur, auf die älteren Einzelbeschreibungen loser
Stielglieder der früheren Autoren zurückzugreifen. Die gerundet pentaloide Form der Oberfläche der
kleinen Stielglieder zeigt große Aehnlichkeit mit der Abbildung bei Geinitz, loc. eit. Taf. 23, fig. 13,
nur sind die Oppelner Stielglieder kleiner und weit verwitterter. Mehrere im Zusammenhang befindliche
Gliederchen zeigen, daß der obere Rand jedes Gliedes ein klein wenig vor dem unteren hervorspringt.
Vorkommen: In der turonen Kreide Böhmens und Sachsens, im Untersenon von West-
falen, im Obersenon von Rügen, sowie in der umgelagerten Kreide von Oppeln.
Comatula.
Literatur: Schlüter, Clemens, Ueber einige astylide Crinoiden. Zeitsehr. d. D. Geol. Ges. Bd. XXX, p. 28—66, Taf,
1—4. Berlin 1878,
Comatula Tetensi ' nov. spec.
(Fig. 2a, b.)
Erhalten ist das Gentrodorsale, die fünf Basalia, Radialia und ersten Brachialia. Das CGentrodor-
sale hat die Gestalt eines flachen Kugelabschnitts. Auf der Unterseite zeigt der Gentrodorsalknopf eine
I Loriol, P. de. Monographie des erinoides fossiles de la Suisse. Me&m. d. 1. societe pal6&ont. de Suisse Tome IV,
pEat88,E PI-SSVLIN, Bie..6.u. 7, Genf. 1879.
2 Ooster, W. A. Protozoe Helvetica Band II, Tafel 19, Fig. 1.
3 Jaeckel, O., Ueber einen Pentacriniden der deutschen Kreide. Sitzungsber. d. Ges. nalurf. Freunde z. Berlin 1904,
PL
* Ich benenne diese Art nach Herrn Ingenieur Arnold Tetens, dem ich für die wesentliche Unterstützung bei der mühseligen
mechanischen Arbeit des Ausschlemmens auch an dieser Stelle danken möchte.
Palaeontographica. Bd. LX. 24
— 18 —
Reihe nach dem oberen Rande zu größer werdender Vertiefungen zur Aufnahme der Rankenfüßchen. An
dem vorliegenden Exemplar vermag ich bis zu 36 solcher Vertiefungen zu zählen. Die flache Oberseite
läßt zunächst die tiefe Gentralgrube mit einer leicht fünflappigen Randkontur erkennen. Von jedem Lappen
der Randkontur erstrecken sich fünf rinnenförmige Vertiefungen zur Aufnahme der Basalia, die dicht
vor dem Außenrande durch einen kleinen Wulst abgeschlossen werden. Dazwischen liegen ebensoviele
U-förmige, sich nach außen zu verflachende Vertiefungen für die Gelenkflächen der Radiıalıia.
Breitendurchmesser des Gentrodorsale 5,5 mm
Höhe des Centrodorsale 2,6 mm
Durchmesser der Gentralgrube 0,9 mm
Fig. 2. Comatula Tetensi nov. spec. a. Centrodorsale, Basalia, Radialia und erste Brachialia von der Seite.
b. Oberseite des Gentrodorsale. 10fache Vergr. Umgelagerte Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Die Basalia sind zu schmalen dreikantig abgerundeten Stäbchen reduziert, die mit ihrer Unterseite
in den Rinnen der Centrodorsalplatte liegen. Die flachen Radialia sind an ihren unteren Seitenkanten,
wo sie an die Basalia stoßen, etwas abgeschrägt und zeigen auf ihrer äußeren Breitseite eine tiefe, lang-
‚ ovale, nach den Seitenkanten zu ein wenig spitzgezogene Aushöhlung. Die erhaltenen Brachialia zeigen eine
schräg nach oben und außen stehende Artieulationsfläche, die sich nach oben zu noch etwas verjüngt. Sie
wird von einem vorgewulsteten Rand begrenzt, der im oberen Teile 3 nach der Mitte zu gerichtete Vor-
sprünge aufweist. Von der Basalkante wölbt sich ein etwas stärkerer Vorsprung empor, der eine zentrale
Durchbohrung erkennen läßt. Die Radialia und ersten Brachialia sind äußerst dicht aneinandergeschlossen.
Die vorliegende Art zeigt manche Aehnlichkeiten mit der von Schlüter aus dem oberen Unter-
senon von Coesfeld in Westfalen beschriebenen Comatula Lettensis (loc. eit. p. 43). Bei dieser ist jedoch
das Centrodorsale kegelförmig und hat nicht wie bei €. Tetensi die Gestalt eines flachen Kugelabschnittes.
Die Vertiefungen, in denen die Basalia liegen, sind breiter, desgl. die Radialgruben des Centrodorsale.
Vorkommen: In der umgelagerten Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
a =
Nymphaster Coombii Forbes 1848.
1848 Goniaster Coombii Forbes, Memoirs of the Geologieal Survey of Great Britain, vol II, p. 474.
1875 Goniaster Coombüi Geinilz, Das Elbtalgebirge in Sachsen. Palaeontographica NN, II, p. 17, Taf. 6, Pig. 4—6.
1878 Goniaster Coombiüi Behrens, G. Ueber die Kreideablagerungen auf der Insel Wollin. Zeitschr. d. D. Geol. Ges.
Bd. 30, pag. 242. Berlin 1878.
1905 Goniaster Coombii Wegner, Th., Die Granulatenkreide des westlichen Münsterlandes. Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 1905,
p. 149. Berlin 1905.
1908 Nymphaster Coombii Sladenu. Spencer, A Monograph of Lhe British Fossil Echinodernala. Vol. II, pag. 15,
PLYIL, tie.la 3, PLAVII He 1a, 1B,
Zahlreiche vereinzelte Randplatten mit gleichmäßig verteilten kleinen Löchern auf der Außenseite
und schmaler glatter Randzone, die jedoch nur an einigen Exemplaren wahrnehmbar und möglicherweise
nur auf eine Abrollung zurückzuführen ist, liegen vor. Andere Platten als Marginalia haben sich von diesem
Seestern nicht finden lassen.
Vorkommen: Oberes Turon von Strehlen (Sachsen), ım oberen Turon des Lebbiner Bruches
der Insel Wollin (Pommern), Untersenon ın England. Selten ın der Granulatenkreide von Waltrop
(Westfalen).
Stereocidaris sceptrifera Mantell 1822.
(Fig. 3.)
1811 Cidaris cretosa Parkinson, Organic Remains ofa Former World. vol. III. 2. Aufl. London 1833, tab. IV, fig. 2.
1828 Cidaris cretosa Mantell, Organic Remains of the county ol Sussex (Read June 6 th. 1828) Transact. Geolog.
Society of London, 2. ser. vol. III. 1 Abt. 1829, pag. 205). [C. sceptrifera in Geology of Sussex 1822, pag. 194, Taf. XVII,
Pig. 12.]
1862 Cidaris sceptrifera Gotleau, Paleontologie Irancaise, Echinides tome VII, pag. 251, tab. 1058, (Gehäuse mit
Stacheln aus der englischen Kreide, non tab. 1057).
1862 Cidaris cretosa? CGotteau ibid. tab. 1067, fig. 1—7.
1864 Cidaris sceptrifera Wrigth, Brit. foss. Echin. Cret. Form., pag. 54, tab. V, fig. 16, 17.
1892 Cidaris sceptrifera Schlüter, Cl, Die regulären Echiniden der norddeutsch. Kreide. II Cidaridae. Kgl. Preuß.
geol. Landesanstalt. Berlin 1892, pag. 182—190. Taf. 14, Fig. 6—7, Tal. 16, Fig. 5—6. (Literatur.)
1893 Cidaris sceptrifera Fric, A., Priesener Schichten. Taf. V, pag. 103, Fig. 144 A und B.
Die langen, durch eine spindelförmige Gestalt charakteristischen Stacheln dieser Art wurden, meist
verkieselt, in großen Mengen in den umgelagerten Kreideschichten gelunden.
Die Oppelner Exemplare erreichen an der spindelförmigen Verdickung einen Durchmesser von 7,5 mm.
Die Stacheln besitzen eine ziemliche Länge, doch wurde kein Stück gefunden, das in seiner ganzen Länge
vollständig erhalten war. Das längste mißt 65 mm. Es gehört der Dicke nach zu einem kleineren Exemplar
Die Oberfläche der Stacheln ist mit ziemlich parallel verlaufenden Dörnchenreihen besetzt, die am Hals
22—23 zählen, zu denen sich jedoch noch 1—2 oder mehr, nach der spindelförmigen Anschwellung hin,
zugesellen, andere nach der Spitze zu aufhören, sodaß sich nach der Spitze hin weit weniger Dörnchenreihen
nachzählen lassen. Die schmalen Räume zwischen den einzelnen Dörnchenreihen haben eine rauhe Ober-
fläche. Der Hals dieser Stacheln ist kurz. Der Ring vorspringend. Der Stachelkopf sanft gerundet; eine
Streilung auf dem Halse, wie sie Schlüter I. ce. pag. 11 angibt, konnte ich an dem Oppelner meist abgerollten
Material nicht wahrnehmen. Von einigen wenigen, nicht verkieselten, sondern als Kalkspat erhaltenen
Stacheln ließen sich Dünnschliffe herstellen, die ein deutliches Bild ergaben, wie es in Fig. 3 abgebildet ist,
das aber für die systematische Stellung der Art keine weitere Verwendung gefunden hat.
Leider sind den zahlreichen Stacheln gegenüber nur wenige vereinzelte Asseln erhalten. Inmitten
— 41%
eines tiefen Warzenhofes sitzt der stark hervorspringende durchbohrte Warzenknopf. Der Warzenhals wird
durch eine tiefe ringförmige Einschnürung dargestellt. Der erhöhte Ring von Sekundärwarzen, welcher
Fig. 3. Stereocidaris sceptrifera Mantell. OQuerdünnschliff eines Stachels in 20facher lin. Vergr. nach einer
Mikrophotographie. Von den central gelegenen, axial verlaufenden Längsröhrchen sind nur wenige, mehr peripherie-
wärts gelegene, zu erkennen. Die aus radiär gerichteten Kalkspatsepten zusammengesetzte Hauptschicht erscheint
als zierliches Gitterwerk. In der kompakteren Rindenschicht treten die Dörnchen in einem birnenförmigen Quer-
schnitt hervor. — Umpgelagerte Kreide von der Schifferstr. in Oppeln.
den Warzenhof umgibt, zählt bei den größeren Asseln 17 mehr oder minder flach abgerundete Knötchen-
warzen, an die sich die kleinen Miliärwarzen anschließen.
Sonstiges Vorkommen: Cwvieri- und Scaphitenpläner von Paderborn in Westfalen und
in den obersten Lagen (Untersenon ?) der Priesener Schichten in Böhmen; in der englischen Kreide im
Senon,in der Zone des Micraster cor angwinum. Aus dem Obersenon (Rügen ?) bisher nicht mit Sicher-
BRYOZOA.
Biflustra alf. Prazaki Novak 1877.
(Figur 4a, b.)
heit bekannt.
1877 Biflustra Prazaki Novak, Beitrag zur Kenntnis der Bryozoen der Böhmischen Kreideformalion. Denkschrift d. K.
Akademie d. Wissensch. Wien. Math. Naturw. Kl. Band 39, pag. 94, Taf. III, Fig. 20—25.
Das Zoarium besteht aus einem breiten. [lachgedrückten Stämmchen. Etwa 14 Zoecien kommen
aul den Umfang desselben zu stehen. Die Zoecien stehen teils in etwas unregelmäßigen Reihen, teils alter-
— 11 ° —
nieren sie miteinander. Der Umriß der Zoeeien ist bald ein unregelmäßig sechsseitiger,teils ein rhombischer,
wobei die nach oben gerichtete Spitze der etwas vorgewallten Umrandung kräftiger hervorgeprägt wird.
Von der Mitte eines Zoecium etwas nach oben abweichend, ist die Außenwand desselben eingebuchtet. Hier
befinden sich die abgerundet viereckigen oder rundlichen Oeffnungen, gleichsam als in der Zellwand aus-
gestanzte Löcher. Die Bruchstelle im Querschnitt (Textfig. 4 b) läßt eine für diese Cheilostomengattung
charakteristische Struktur erkennen.
Fig. 4a. Biflustra alf. Prazaki Novak 1877. 12mal vergr. Fig. 4b. Biflustra all. Prazaki Novak 1877. Querschnitt 12mal vergr.
Umgelagerte Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln. Umgelagerte Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Vorkommen: B. Prazaki wurde bisher nur von Novak aus den oberturonen Iserschichten von
Choronschek und Groß-Ujezd ın Böhmen beschrieben. Das oben beschriebene abgerollte Exemplar aus der
umgelagerten Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln steht der Novakschen Art sehr nahe.
Siphoniotyphlus striolatus Geinitz 1875.
1375 Lanceopora striolata Geinitz, Das Elbtalgebirge in Sachsen. Palaeontographica Bd. NN, Teil II, p. 130, Taf. 24
Fig. 17, 18.
1878 Lanceopora striolata Behrens, G., Ueber die Kreideablagerungen auf der Insel Wollin. Zeitschr. d. D. Geol. Ges.
Bdr30, p. 251.
Ein einziges blattförmiges Bruchstück aus Kgl. Neudorf liegt vor. Seine Mikrostruktur ist bei
stärkerer Vergrößerung so deutlich zu erkennen, daß dieses Fragment in seinem guten Erhaltungszustand
wie in seiner Farbe fast an die ausgezeichnet erhaltenen Bryozoenreste aus dem Rügener Obersenon erinnert.
Die Grenzen der einzelnen Zoecien sind äußerlich nicht zu erkennen. Die Zellenmündungen stehen
in schwach gebogenen, nach der Mittellinie zu konvergierenden Linien angeordnet. Je 9—10 solcher Zellen-
mündungen, deren Mündungssaum etwas vorgewulstet ist, kommen auf eine Reihe zu liegen. Die deutliche
Streifung zwischen den Zellenmündungen, nach der die Art benannt wurde, trıtt weit schärfer hervor,
als bei dem etwas abgerollten Original von Geinitz aus dem Strehlener Pläner. Sie bildet ein zierliches
Maschengewebe, das sich über die ganze Oberfläche ausdehnt.
Von dem nahe verwandten obersenonen S.Zenwis unterscheidet sich die Art durch die regelmäßigere
Anordnung der zahlreicher vorhandenen Mündungen und die pentaloide Form des Zoarium, die bei S. tenuis
mehr zylindrisch ist.
Vorkommen: Bisher nur aus dem Oberturon von Sachsen und Lebbin auf der Insel Wollin
bekannt; umgelagerte Kreide von Oppeln.
— 12° —
Homoesolon alf. tenuis Novak 1877.
(Figur 6.)
1877 Truncatula tenwuis Novak, Beitrag zur Kenntnis der Bryozoen der Böhmischen Kreideformation. Denkschrift der
IK. Akademie d. Wissensch. Math. Naturw. Kl. Band 37, pag. 113.
1883 Trumncatula tenwis Frie, Studien im Gebiete der böhmischen Kreideformation. I1l. Die Iserschichten, pag. 126,
Fig. 109.
Ein etwas abgerolltes schlankes Zoarium mit sich in derselben Ebene teilenden Aestchen. Auf der
gewölbten Vorderseite finden sich sehr markante Linien, welche die Oberfläche in gewölbte Längsröhrchen
zu teilen scheinen und sich dichotom verzweigen. Sie zeigen den Verlauf der Zoecien innerhalb des Zoarium
an. Mitunter sind auf dieser etwas gerunzelten Oberfläche ungemein feine dicht gedrängte Pünktehen mit
Mühe wahrzunehmen. Auf der abgebildeten Rückseite finden sich in alternierenden Reihen die Mündungen
der Zoecien, deren Konturen wohl infolge von Abrollung etwas verschwommen sind.
Fig. 5. Homoesolon aff. tenuis Novak 1877. Rückseite 12mal vergr.
Umgelagerte Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Vorkommen: In den oberturonen Iserschichten von Groß-Ujezd in Böhmen, umgelagerte Kreide
von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Clinopora costulata Marsson 1887.
» (Figur 6.)
1875 Heteropora Kirsteni v. Reußin Geinitz. Das Elbtalgebirge in Sachsen. Palaeontographica XX, II, p. 136, Taf. 25,
Fig. 10.
1875 Entalophora lineata v. Reuß, Ibid. p. 133, Taf. 25, Fig. 5, 6.
1887 Clinopora costulata Marsson, Die Bryozoen der weißen Schreibkreide der Insel Rügen. Palaeontologische Abhand-
lungen Band IV, p. 24, Taf. II, Fig. 2.
Das leicht gekrümmte Stämmchen verdünnt sich nach unten zu, aber nur wenig. Die Zoecienmün-
dungen stehen z. Teil in Quincunx, aber durchaus nicht regelmäßig, dabei in Längsreihen alternierend.
Auf den Umfang des Stammes kommen etwa 10 Längsreihen, in denen Zellöffnungen stehen. Die Ränder
der Zellöffnungen sind so stark röhrenförmig hervorgezogen, daß sie fast wie gestielt erscheinen. Jedoch
— 13 —
sind an dem Oppelner Exemplar diese Mündungssäume meist ganz oder zum Teil weggebrochen und nur-
mehr die Ansatzstellen sichtbar. Zwischen den Zellmündungen ist die Oberfläche des Stammes mit feinen,
Fig. 6. Clinopora costulata Marsson 1887. 12mal vergr.
Umgelagerte Kreide von Kgl. Neudorf b. Oppeln.
unregelmäßig verlaufenden, gerundeten Längsstreifen bedeckt. Diese verbinden sich in wechselnden Ab-
ständen durch spitzwinklig verlaufende Querstreifen miteinander, sodaß eine Art Maschenwerk zustande
kommt. Die Felder der Stammoberfläche in diesem bilden einfache rauhe Flächen, die nur eine Art Punk-
tierung aufweisen, die sich auch auf den Leisten findet, ohne daß sich aber eigentliche Poren feststellen lassen.
Vorkommen: Selten im Oberturon von Strehlen bei Dresden und im Pläner von Weinböhla;
in der umgelagerten Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln. — Verbreiteter in der obersenonen Kreide
von Rügen.
Clausa lepida Novak 1877.
(Figur 7.)
1877 Heteropora lepida Novak, Beitrag zur Kenntnis der Bryozoen der böhmischen Kreideformation. Denkschr. d. K.
k. Akademie d. Wissensch. Math. Naturw. Kl. Band 37, pag. 115, Taf. VIII, Fig. 21—33.
Knolliges, unregelmäßig gebogenes Zoarium von bald stärker, bald schwächer werdenden zylindrischem
Umfang, dessen ebensolche Abzweigungen abgerundet endigen. Die Mündungen der Zoecien sind rundliche,
schwach ringförmig umsäumte Oeffnungen, von denen bis zu 14 auf dem Umfang des Zoariums zu zählen
sind. Der Abstand, in dem diese Mündungen voneinander stehen, wechselt, er beträgt bald nur die Länge
ihres Durchmessers, bald auch das 2—3fache davon. Sehr charakteristisch sind die Anordnung und die
Formen der Dactylethrae !), von denen ein Kranz von 6, seltener 7 und mehr eine Zellöffnung umgibt. Die
Oberflächenaußenwand dieser Dactylethrae, die nur an gut erhaltenen Stellen wahrgenommen werden kann,
ist ein dünnes 5—6 seitiges, selten nur 3seitiges Plättchen, das von zahlreichen, ziemlich dicht aneinander
I Siehe Gregory, Catalogue of the Jurassice Bryozoa (British Museum), pag. 12.. London 1896.
2. on
gereihten Poren durchsetzt ist. Die Randlinien derselben markieren sich als deutliche Streifen, die im Zu-
sammenhang ein Netz polygonaler Maschen bilden.
Fig. 7. Clausa lepida Novak 1877. 12mal vergr. Umgelagerte Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Vorkommen: Diese Art wurde von Novak aus den cenomanen Korycaner Schichten beschrie-
ben, ihr Vorkommen in der umgelagerten Kreide von Kgl. Neudorf beweist, daß sie auch noch höher hinauf-
ging.
Clausa (Heteropora?) alt. irregularis Orbigny.
(Figur 8.)
Ein etwas abgerolltes schlankes Zoarium mit sich in derselben Ebene teilenden Aestchen. Auf der
gewölbten Vorderseite finden sich scharfe Linien, welche die Oberfläche in gewölbte Längsröhrchen zu teilen
lig. 8. Clausa aff. ivregularis d’Orbieny. 12malverer. Umgelagerte Kreide von Kegel. Neudorf bei Oppeln,
B 8 eny 8 selas
— 195 —
scheinen und sich dichotom verzweigen. Sie zeigen den Verlauf der Zoecien innerhalb des Zoarium an. Mit-
unter sind auf dieser etwas gerunzelten Oberfläche ungemein feine dichtgedrängte Pünktchen mit Mühe wahr-
zunehmen. Auf der abgebildeten Rückseite finden sich in alternierenden Reihen die Mündungen der Zoecien,
deren Konturen wohl infolge von Abrollung ein wenig verwischt sind. Die Form zeigt einige Aehnlichkeit
mit Clausa lepida, mit der sie auch in ihrem geologischen Vorkommen übereinstimmt.
Vorkommen: Umgelagerte Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Petalopora costata dOrbigny 1851.
(Figur 9.)
1851 Entalophora costata d’Orbigny, Paleontologie francaise Band I. Bry. Cret. pl. 621, Fig. 19—22.
1851 Heteropora dumonti v. Hagenow, Die Bryozoen der Maastrichter Kreidebildung. Kassel 1851, pag. 48, Tab. V,
Bio.
1877 Petalopora seriata Novak, Beitrag zur Kenntnis der Bryozoen der böhmischen Kreideformation. Denkschr.d. Akad.
d. Wissensch. Wien. Math. naturw. Kl. Band 37, p. 117, Taf. IX, Fig. 21—25, Taf. X, Fig. 3, 4.
1899 Petalopora costata Gregory, J. W., Catalogue of the fossil Bryozoa Vol. I, pag. 377—382, Pl. XII, Fig. 8—10,
Textfig. 46—48.
Gregory (l. e. pag. 377—380) hat in seinem Katalog der Kreide-Bryozoen, der für die neuere
Systematik maßgebend geworden ist, die Synonyma zusammengestellt, ich verweise daher des Näheren
auf seine ausführlichen Literaturangaben und habe vorstehend nur die Literatur angeführt, die hier nicht
nur von palaeontologischem, sondern infolge der geographischen Nähe der Fundorte auch von stratigraphischem
Interesse ist. Desgleichen beschränke ich mich in der Beschreibung auf diejenigen Merkmale, welche zur
Rechtfertigung der Artdiagnose dienen können.
Das Zoarium hat die Gestalt eines Zweiges mit zylindrischem Querschnitt, an der Gabelungsstelle
ist der eine Ast fortgebrochen. Etwa 10—12 Zoecien kommen auf den Umfang des Stammes zu stehen.
Die Zellöffnungen sind nicht zonenweise, sondern unregelmäßig ange-
ordnet, zeigen jedoch in der Längsrichtung des Stammes ziemlich gleiche
Abstände voneinander. Die Längsstreifen auf der Oberfläche sind wenig
erhaben, verlaufen im allgemeinen zwischen 2 Zellöffnungen oder machen
an derselben eine kleine Krümmung, seltener läuft ein solcher Streifen
auf eine Zellöffnung zu, umschnürt dieselbe, um unterhalb in der ursprüng-
lichen Richtung weiter zu verlaufen oder sich ausnahmsweise an der Zell-
öffnung zu gabeln. An der Verzweigungsstelle des Stämmchens selbst
anastomosieren außerdem einige der Streifen. Die Zellöffnungen nehmen
die ganze Breite des Raumes zwischen 2 Längsstreifen ein. In der
Längsrichtung des Stämmchens findet man zwischen 2 Zellöffnungen 2
sehr charakteristische, in seichten Furchen liegende Längsreihen punkt- eu Baer ea oe
förmiger Einkerbungen (Nebenporen). Man vermag meist A, seltener 5 1851. 12mal vergr. Umgelagerte Kreide
solcher Poren zwischen 2 Zellöffnungen zu zählen, die an Größe und Ge- aus der Ausschachtung in der Schifferstr.
stalt sowie in der Anordnung innerhalb der Längsrichtung ziemlich vari- RT
ieren. Häufig schließen diese beiden Längsreihen von Nebenporen eine Leiste zwischen sich ein. Bei dem
Oppelner Exemplar sind diese Einkerbungen vielleicht infolge einer Abrollung oft ein wenig verschwommen.
Auf dem Querschnitt bemerkt man leicht die zentral nach Art eines Gefäßbündels gelegenen Längs-
röhrchen.
Palaeontographica. Bd. LX. 25
— 16 —
Vorkommen: Weit verbreitet in der ganzen oberen Kreide Nordeuropas vom Cenoman bis zum
Obersenon. Novak (l. c. pag. 117) beschrieb diese Art aus den oberturonen Iserschichten von Groß-Ujezd
in Böhmen, die damals von ihm noch mit ins Untersenon gestellt wurden. Bekannt ist sie ferner aus dem
Sandstein von Kieslingswalde in Schlesien. Selten findet sie sich in der senonen Kreide von Maßtricht;
aus dem Strehlener Pläner und der obersenonen Rügener Kreide ist sie noch nicht mit Sicherheit nachge-
wiesen. Das vorstehend beschriebene Exemplar stammt aus der umgelagerten Kreide von der Ausschach-
tung in der Schifferstraße in Oppeln.
Entalophora virgula v. Hagenow 1839.
(Figur 10.)
1839 Ceriopora virgula v. Hagenow, Monographie der Rügen’schen Kreideversteinerungen. Neues Jahrbuch f. Mine-
ralogie etc. p. 146.
1899 Entalophora virgula Gregory, J. W., Catalogue of the fossil Bryozoa vol. I, pag. 218. London. (Ausführliches Li-
teraturverzeichnis.) j
Glattes, verästeltes, eylindrisches Stämmcehen mit sehr spärlichen Mündungen. Die Mündungen
der Zoecien springen als kleine, ziemlich steil nach oben geöffnete Röhren aus dem Stamm hervor; cha-
rakteristisch an ihnen ist ein nach innen gestülptes wulstiges Peristom. Die Oberfläche des Zoarium ist fein
punktiert, was aber erst bei sehr starker Vergrößerung wahrnehmbar wird.
Fig. 10. Entalophora virgula v. Hagenow 1839. 12mal vergr.
Umgelagerte Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Diese in Gestalt und Größe sehr variierende, aber gut bekannte Art ist in der oberen Kreide Nord-
europas vom oberen Neocom bis zum Obersenon allgemein und zahlreich verbreitet. Neben zahlreichen
englischen und französischen Fundorten führe ich nur die wichtigsten aus Deutschland und Böhmen an, und
zwar die oberturonen Iserschichten sowie Groß-Ujezd in Böhmen, den oberen Pläner von Plauen in Sachsen,
die Quadratenkreide von Jägerndorf, dazu das Obersenon von Rügen. Umgelagerte Kreide von Kgl. Neu-
dorf bei Oppeln.
— 197 —
Entalophora sp. nov.
(Figur 11.)
Unter dem aus der umgelagerten Kreide von Kgl. Neudorf ausgeschwämmten Material befand sich
auch ein Bruchstückchen vom Zoarium einer Entalophora-ähnlichen Form, die aber durch die große Zahl
ihrer winzigen, dicht aufeinanderfolgenden Zoecienmündungen von allen bisher bekannten Arten dieser
Gattung abweicht. Das zylindrische Stäbchen mit kreisrundem Querschnitt läßt 22 feine Längsstreifen
Fig. 11. Entalophora sp. nov. 12mal vergr.
Umgelagerte Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
erkennen, zwischen denen sich, meist dicht aneinander gedrängt, zahlreiche Oeffnungen finden; mitunter
kann man an ihnen eine Art spiraliger Anordnung rings um das Zoarium erkennen, die zuweilen dann durch
größere Abstände zweier solcher Oeffnungen in der Längsrichtung unterbrochen wird. Die Mündungen der
Zoecien zeigen sich als etwas nach oben gerichtete Oeffnungen von Röhrchen, deren untere Außenwand
etwas tütenförmig vorragt. Einige Aehnlichkeit scheint mit E. Geinitzi vorzuliegen, doch ist der ganze
Bau der Oppelner Form noch weit zierlicher. Das dürftige Bruchstückchen vermag jedoch die Diagnose
einer neuen Art nicht genügend zu rechtfertigen.
BRACHIOPODA.
Crania barbatav. Hagenow 1822.
1897 Leonhard, Die Kreidefauna von Oppeln (Literatur). Palaeontographica 44, p. 43.
Von dieser Art fanden sich im Ton eine größere Anzahl von Exemplaren in verschiedener Größe.
Die beiden bisher von Oppeln bekannten Exemplare, welche Roemer von OppelnabbildetundLeonhard
wieder anführt, dürften gleichfalls aus den Tonschichten stammen, — jedenfalls sind sie nicht im anstehen-
den Gestein gesammelt worden.
Vorkommen: Im Öberturon bis Obersenon von Norddeutschland.
— 18 —
Rhynchonella plicatilis Sowerby 1824—46 var. pisum Quenstedt.
1897 Leonhard, Die Kreidefauna von Oppeln. Palaeontographica 44, pag. 44.
(Die neuere Literatur [bis 1899] findet sich bei Leonhard angegeben).
1905 Wegner, Th., Die Granulatenkreide des westlichen Münsterlandes. Zeitschr. d. D. Geolog. Ges. Bd. 57, p. 153.
Es fanden sich zahlreiche stark abgerollte Exemplare, die wohl zu der von Quenstedt bezeich-
neten Varietät gehören.
Vorkommen: Im Oberturon und Untersenon Nordeuropas allgemein verbreitet.
Terebratulina striatula Mantell 1822.
1822 Terebratulina striatula Mantell, TheFossils of the South Downs (Geology of Sussex), p. 131, Taf. XXV, Fig. 7, 8, 12.
1866 Terebratulina chrysalis Schloenbach, Pal. Studien über Kreide-Brachiopoden, Taf. 38, Fig. 3.
1871 Tevebratulina striatula Quenstedt, Brachiopoden, Taf. 44, Fig. 29, 30.
1872/75 Terebratulina striatula Geinitz, Elbtalgebirge, I, p. 155, Taf. 36, Fig. 39—41 (cum syn.).
1899 Teyebratulina chrysalis Fric., Teplitzer Schichten, p. 88, Fig. 90.
1893 Terebratulina chrysalis Fric., Priesener Schichten, p. 103.
1897 Tevebratulina striatula Leonhard, R., Die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. Palaeontographica, Bd. 44.
Stuttgart. t
Diese Art ist zwar aus den anstehenden oberen Bänken des Kreidepläners in mehreren Exemplaren
bekannt, findet sich jedoch auch gar nicht selten in den umgelagerten Schichten und zwar ergaben die Aus-
schlemmungen auch verschiedene Jugendformen dieser Art, die sich bereits der nahe verwandten, senonen
T.chrysalis Scehlotheim zu nähern scheinen. Dagegen findet sich Terebratulina gracilis Schlot-
heim ausschließlich sowohl im Grundmannbruch wie im Schottländerbruch in einer bestimmten Ton-
bank, mit welcher nach Leonhard die Brongniartizone nach oben abschließt. Terebratulina striatula
scheint also in ihrem Vorkommen auch noch in die höheren Kreideschichten von Oppeln hineingereicht
zu haben, wenn wir es hier nicht schon mit einer Uebergangsform zu T.chrysalis Schlotheim zu tun haben.
-
CEPHALOPODA.
Actinocamaz westfalicus Schlüter 1876.
1876 Actinocamax westfalicus Sehlüter, Cl., Gephalopoden der oberen Kreide. Palaeontographica Bd. XXIV, p. 188,
Taf. 53, Fig. 10-19.
1897 Actinocomax westfalicus Stolley, Ueber die Gliederung des norddeutschen und baltischen Senon, Archiv f.
Anthrop. u. Geol. Schleswig-Holsteins. Bd. II, p. 276, Taf. II, Fig. 1—16, Taf. III, Fig. 1—6.
1902 Actinocamax wesifalicus Wollemann, A., Die Fauna der Lüneburger Heide. Abhandl. d. k. Pr. Geol. Landes-
anstalt. 'N.E. Heft 37, p- 112, Berlin=1902
1905 Actinocamax westfalicus Wegener, Th.. Die Granulatenkreide des westlichen Münsterlandes. Zeitschr. d. Deutsch.
Geolog. Ges. Bd. 59, p. 212.
Das Rostrum ist schwach keulenförmig, schwillt schnell an, zeigt aber nach dem Alveolarrande
zu wieder eine geringe Verjüngung. Die etwas konvergierenden und nach der Rostrumspitze zu immer
feiner auslaufenden Dorso-lateral-Furchen drücken die Rückenseite des Rostrums etwas keulenförmig
hervor, was in der eiförmigen Gestalt des Querschnitts mit besonders abgeflachter Bauchseite und spitzerer
Rückenseite zum Ausdruck kommt. Die Alveole ist unregelmäßig gerundet. Der Alveolarspalt sehr kurz
mit etwas abgerundetem Ende.
Es liegt nur ein hierher gehöriges Exemplar vor, das bis auf seine völlig glatte Oberfläche der nächst-
— 199 —
folgenden Artsehrähnlich sieht. Mit dem äußerst seltenen oberturonen A. strehlenensis und A. paderbornensis
scheint mir das 5—6 mm lange Rostrum in keinen Beziehungen zu stehen.
Vorkommen: Diese Art ist für den westfälischen Emscher-Mergel charakteristisch und kommt
ferner im baltischen Untersenon vor.
Actinocamaz granulatus Blainville (em. Schlüter) 1827.
1827 Belemmnites granulatus Blainville, Memoire sur les belemnites, S. 63, Taf. 1, Fig. 10.
1897 Actinocamax granulatus Stolley, Ueber die Gliederung des norddeutschen und baltischen Senon. Archiv f. Anthrop.
und Geol. Schleswig-Holsteins. Bd. II, p. 280, Taf. 2, Fig. 17—21, Taf. 3, Fig. 7—11.
1902 Actinocamax granulatus Wollemann,A., Die Fauna der Lüneburger Heide. Abhandl. d.k. Pr. Landesanstalt. N.F,
Heft 37, p. 113. Berlin 1902.
1905 Actinocamax granulaius Wegner, Th., Die Granulatenkreide des westlichen Münsterlandes. Zeitschr. d. Deutsch.
Geolog. Ges. Bd. 59, p. 212.
Das Rostrum hat eine schwach spindelförmige Gestalt. Im unteren Drittel liegt der größte Durch-
messer in der Flankenbreite, nach der Alveole zu aber in sagittaler Richtung. Leider sind die meisten
Exemplare stark bestoßen, trotzdem läßt sich an ihnen deutlich eine Granulation auf der Oberfläche wahr-
nehmen. In Oppeln sind nur kleinere Formen vorhanden, die etwas mehr spindelförmig sind wie der typische
4. granulatus. Im übrigen scheinen die Oppelner Exemplare den Formen sehr nahe zu stehen, welche
Stolley als Uebergangsformen zwischen A. westfalicus und A. granulatus Blain ville aus den unter-
sten Schichten der Granulatenkreide von Lüneburg abbildet.
Vorkommen: Nach Schlüter und Stolley ist diese Art für das unterste Senon als Leit-
fossil anzusehen.
VERMES.
Serpula gordialis v.Schlotheim 1820.
1871/75 Geinitz, H.B, Das Elbtalgebirge in Sachsen I und II. Palaeontographica XX, I, p. 282 (Literatur), Taf. 63,
BıE22,,3; II, Taf.:37, Fig: 3, 4.
1897 Leonhard,R., Die Kreidefauna von Oppeln. Palaeontographica 44 (Literatur) pag. 63.
1905 Wegner, Th., Die Granulatenkreide des westlichen Münsterlandes. Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges. Bd. 59, p. 150.
Diese im Oppelner Ton bei weitem am häufigste Serpula liegt in Gestalt kleiner Knäuel, deren einzelne
Windungen einen Durchmesser von Y—1!/, mm erreichen, in 18 Exemplaren von Kgl. Neudorf und 4
von der Ausschachtung in der Schifferstraße innerhalb der Stadt Oppeln vor. Aus anstehendem Gestein
ist sie aus Oppeln nicht bekannt. Leonhard beschreibt sie nur aufsitzend auf Inoceramen, von denen
nicht sicher feststeht, ob sie aus anstehendem Gestein stammen. Auch konnte ich die Stücke nicht mehr
feststellen, welche Leonhard für seine Bestimmung benutzt hat.
Diese Art kommt überall im Cenoman und Mittelturon vor. Außerdem zitiert Geinitz die Art
auch aus dem sächsischen Ueber-Quader (Senon), wo sie an einzelnen Stellen massenhaft vorkommt. Des-
gleichen findet man sie, wenn auch nicht häufig, überall in der Granulatenkreide Westfalens.
Serpula planorbis Reuß 1845.
1905 Wegner, Th., Die Granulatenkreide des westlichen Münsterlandes. Zeitschr. d. Deutsch. Geolog. Ges. Bd. 59,
p- 150. Berlin 1905. (Literatur.)
In der völlig glatten Oberfläche und in dem runden Querschnitt sieht diese Art der vorhergehenden
— 200 —
S. gordialis ähnlich, nur sind die Windungen in einer geschlossenen Spirale und ziemlich in einer Ebene
aufgerollt.
Vorkommen: Im Öberturon von Böhmen und Sachsen, in der unteren Granulatenkreide
von Westfalen, in der umgelagerten Kreide von Oppeln.
Serpula penlastemma nov. nom.
(Figur 12.)
1875 Serpula cincta Geinitz.F., Das Elbtalgebirge in Sachsen. Palaeontographica XX, I, p. 286, Taf. 63, Fig. 18.
1878 Serpula sp. Behrens, G., Ueber die Kreideablagerungen auf der Insel Wollin. Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges.
Bd. 30, p. 250.
Die kleine gebogene Röhre dieser Art besitzt 5 krausenartig gefaltete
\_ Längskämme. Zum Teil findet sich auf der Oberfläche noch eine An-
SB deutung von Querstreifen, die wohl als Anwachsstreifen zu deuten sind.
Der Querschnitt zeigt ein Fünfeck mit nach innen gebogenen Seiten und
kreisrundem Kanal. Theodor Wegner!) hat darauf hinge-
Fig. 12. Serpula pentastemma nov. nom. wiesen, daß die von Geinitzl.c. Tab. 63, Fig. 18 abgebildete Form
maligr: een a von Kel. sicher nicht zu S. cincta Goldfuß gehört. Die von Reuß?) als S.
. cristata bezeichnete Form gehört zu 5. rincta, dieser Name kann also
nicht für die vorliegende Form angewandt werden, für die ich daher unter Hinweis auf die Aehnlichkeit
ihrer Oberflächenverzierung mit gekräuselten Binden den Namen S. dentastemma?) vorschlagen möchte.
Vorkommen: Im Oberturon von Strehlen (Sachsen), Lebbin (Wollin) und in der umgelagerten
Kreide von Oppeln.
CRUTSTACEA.
Scalpellum angustatum Geinitz 1875.
1875 Scalpellum angustatum Geinitz, Das Elbtalgebirge in Sachsen. Palaeontographica XX, II, p. 202, Taf. 37,
Fig. 14—20.
1899 Scalpellum angustalum F ric., Studien im Gebiete der böhmischen Kreideformation.
IV. Teplitzer Schichten, p. 96,
Fig. 120.
Stimmt vollständig mit der von Geinitz beschriebenen Art überein.
Vorkommen: Bisher nur aus dem Plänerkalke von Strehlen, den Korycaner Schichten (Böhmen)
und in der umgelagerten Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln bekannt.
I! Wegner, Th. Die Granulatenkreide des westlichen Münsterlandes. Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges. Bd. 57, p. 150.
Berlin 1905.
®? Reuß, Versteinerungen d. Böhm. Kreideformation, p. 18, 1842/45.
83H
to otepnpa = die Binde.
— 201 —
Pollicipes glaber A. Roemer 1841.
1841 Pollicipes glaber Roemer, A., Die Versteinerungen des norddeutschen Kreidegebirges p. 104, Taf. 16, Fig. 11.
1846 Pollicipes glaber Reuß, Die Versteinerungen der Böhmischen Kreideformation I, p. 17, Taf. 5, Fig. 45—49; Taf. 13,
Fig. 86, Fig. 91.
1851 Pollicipes glaber Darwin, A Monograph of the Fossil Lepadidae or pedunculated Cirripedes of Great Britain. London
1851, p- 6, Tat. 3, Eig: 10.
1864 Pollicipes glaber Reuß, Ueber fossile Lepadiden. Sitz. d. math. natw. Kl. Akad. d. Wissensch. Bd. 49, I, p. 232, Taf.
3, Fig. 7—11, 16—19.
1872/75 Pollicipes glaber Geinitz, Das Elbtalgebirge in Sachsen. Palaeontographica XX, II, p. 203, Taf. 37, Fig. 21—27.
1878 Pollicipes glaber Behrens, G., Ueber die Kreideablagerungen auf der Insel Wollin. Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges.
Bd. 30, p. 250.
1889 Pollicipes glaber Fri@, Die Teplitzer Schichten, p. 95, Fig. 117.
1897 Pollicipes glaber Leonhard, R., Die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. Palaeontographica, Bd. 44, p. 62.
1906 Pollicipes glaber Woodward,H., Cirripedes from the Trimmingham Chalk and other localities in Norfolk. Geolo-
gical Magazine, vol. III, p. 350, Fig. 33—35.
Während Leonhard nur wenige Stücke aus der Zone des /. Brongniarti von Oppeln anführt,
fanden sich allein 7 Carinae und ein Tergum in der umgelagerten Kreide. Diese Cirripedienart scheint daher
in den letztgenannten Schichten ziemlich häufig gewesen zu sein. Die Carinae sind grade oder nur unmerk-
lich nach der Spitze (Apex) zu gebogen, außen gekielt, an den Seiten (Parietes) gewölbt. Von innen gesehen
zeigt sich stets an den gewölbten Parietes eine Längsrille, der einige Längsstreifen (Anwachsstreifen) parallel
laufen. Die innen gelegene Auskehlung läuft nach vorne zu stumpf konisch zu und findet am Umbo mit-
unter eine Fortsetzung in einer breiten Mittelrinne des Apex, die in ihren Dimensionen zwischen einer
flachen bis zu einer tiefen und sich scharf abhebenden Aushöhlung variiert.
Vorkommen: In der senonen und oberturonen Kreide Norddeutschlands vielfach verbreitet,
so im Plänerkalk von Sarstedt und Hildesheim, Wollin, Strehlener Pläner, Teplitzer Schichten sowie im
Untersenon Englands.
— 202 —
Liste der in der umgelagerten Kreide von Oppeln gefundenen Arten).
Foraminifera Homoesolon aff. tenuis Novak
Frondicularia angusta Nilsson Chnopora costulata Marsson
Haplophragmium irregulare A. F. Roemer Clausa lepida Novak
Cristellaria rotulata Lamarck Clausa (Heteropora ?) aff. irregularis d’Orbigny
Cristellaria lepida Reuss Petalopora costata d’Orbigny
Flabellina elliptica Nilsson Entalophora virgula v. Hagenow
Nodosaria Zipper Reuss Entalophora sp. nov.
Webbina rugosa d’OÖrbigny Brachiopoda
Spongiae Crania barbata v. Hagenow
Thecosiphonia nobilis A. Roemer?) + Terebratulina striatula Mantell
Phymatella elongata Reuss°) + Rhynchonella plicatilis Sowerby
Porosphaera globularis Philipps \ Lamellibranchiata °)
Anthozoa Pecten sp.
+ Parasmilia centralis Mantell Inoceramus sp.
Pleurocora Felicis nov. spec. Cephalopoda
Eehinodermata Actinocamax westfalicus Schlüter
Bourgueticrinus Fischeri Geinitz Actinocamax granulatus Blainville
Isocrinus lanceolatus A. Roemer Vermes
Comatula Tetensi nov. spec. Serpula gordialis v. Schlotheim
N ymphaster Coombii Forbes Serpula planorbis Reuss.
Stereocidaris sceptrifera Mantell Serpula pentastemma nov. nom.
Bryozoa Crustacea
Biflustra alt. Prazaki Novak Scalpellum angustatum Geinitz
Lanceopora striolata Geinitz Pollicipes glaber A. Roemer.
! Die mit einem Kreuz bezeichneten Fossilien sind auch in den anstehenden oberturonen Schichten bei Oppeln gefunden
worden.
? Siehe p. 184.
® Nicht näher bestimmbare Schalenfragmente.
— 203 —
III. Altersbestimmung der umgelagerten
Kreideversteinerungen.
Der Versuch einer Horizontierung der anstehenden Kreideschichten des Turons von Oppeln, welchen
Leonhard |. c. p. 16—19 unternahm, hatte folgende Ergebnisse:
Auf den cenomanen Schichten liegen concordant zu unterst fossilleere Tonbänke, welche bei Groscho-
witz aufgeschlossen sind. Die Foraminiferen, welche Leonhard aus diesen Tonen anführte, stammen
nicht aus anstehendem Gestein, sondern aus miocaenen Tonen und dürften daher, wie später darzulegen
sein wird, höheren Horizonten entstammen, die aber eine Umlagerung erfuhren. Auf diese fossilleeren Ton-
bänke, die der Zone des Inoceramus labiatus und des Actinocamax plenus äquivalent sein sollen, folgen
Kalkmergel, die der /noceramus Brongniarti-Zone angehören und nach oben hin durch eine tonige Bank
mit Terebratulina gracilis abgeschlossen werden. Diese Bank mit Terebratulina gracilis, welche nach Le on-
hard noch der Brongniarti-Zone zugestellt wird, ist es allein, welche eine sichtbare stratigraphische Horizon-
tierung der Oppelner Kreideschichten ermöglicht, da sonst die gleichförmige petrographische Beschaffenheit
der gesamten Kreideschichtenfolge eine so große ist, daß weitere Horizontierungen etwas Künstliches behal-
ten müßten. Palaeontologisch ist jedoch die Tatsache kaum zu übersehen, daß die Cephalopoden mit ano-
maler Windung, Scaphiten, Turriliten und Hamiten stets in den oberen Lagen gefunden werden. Diese oberen
Schichten über der Terebratulina gracilis-Bank werden daher mit Recht als die Zone des Scaphites Geinitzi
und des Inoceramus Cuvieri bezeichnet. Aber auch diese Schichten sind nicht mehr in ihrer ursprünglichen
Mächtigkeit vorhanden, sondern zum Teil schon abradiert und umgelagert worden.
Die Untersuchung der umgelagerten Kreide ergab:
Neben einzelnen Fossilien, die in der Zone des Inoceramus Cuvieri vorkommen, finden sich in den
umgearbeiteten Schichten verschiedene Versteinerungen auf sekundärer Lagerstätte, die an der gleichen
Stelle anstehend nicht mehr bekannt geworden sind. Nach der im palaeontologischen Teil gegebenen Liste
dieser Versteinerungen hat die in Oppeln entwickelte Kreide bis ins Untersenon hinauf gereicht. Wie das Pro-
filauf Seite 178 zeigt, findet sich in den zur miocaenen Zeit entstandenen und bis auf ihren Boden hin noch mit
miocaenem Ton durchsetzten und aufgefüllten beckenförmigen Auswaschungen des Kreidepläners zu unterst
die zuerst erodierten und abgetragenen Schichten des Untersenons mit Actinocamax granulatus von neuem ab-
gelagert. Diese Schichten wurden erst in den letzten Jahren aufgefunden, als der fortschreitende Bruchbetrieb
die tiefste Stelle der größten der beobachteten miocaenen beckenförmigen Auswaschung bei Kgl. Neudorf,
dicht bei Oppeln, erreicht hatte. Auf sie folgen die etwas später abgetragenen obersten Schichten des Ober-
turons. Hierher kommen wahrscheinlich die in ihrer Altersbestimmung nicht ganz unzweifelhaften, aber
Palaeontographica. Bd. LX. x 26
— 204 —
durch ihr massenhaftes Vorkommen gekennzeichneten Funde verkieselter Spongien, insbesondere von
Thecosiphonia nobilis und Phymatella elongata ( ?). Wie schon an anderer Stelle bemerkt, sind diese Spongien
in ihrem Kieselskelett erhalten, während die im anstehenden Gestein gefundenen Spongien nur als Pyrit
oder im Zersetzungsprodukt desselben als Brauneisensteinüberzug der Abdrücke vorliegen. Dabei ist jedoch
daran festzuhalten, daß sich eine genaue Schichtenfolge dieser umgelagerten Kreidehorizonte in Oppeln
nicht ermitteln läßt, vielmehr finden sich diese nach Schlüterund Schrammen für das Oberturon
charakteristischen Kieselspongien auch in den tiefsten Lagen der umgelagerten Schichten. Andererseits
fand sich ein vereinzelter unbestimmbarer Belemnit auch in den höheren Lagen des miocaenen Tones. Es
ist also durchaus nicht unmöglich, daß die erwähnten Kieselspongien auch noch ins Untersenon zu stellen
wären, besonders da von Suderode, dem anderen Fundpunkt von Thecosiphonia nobilis, wosienachRoemer
und Quenstedt vorkommt, die Schicht auch noch nicht sicher bestimmt ist, aus der diese Spongie
stammt. Zum mindesten läßt sich aus den Kreidefossilfunden in den erodierten und umgelagerten Schichten
auf eine besondere, in der anstehenden Kreide nicht mehr entwickelte Fauna des obersten Turons und damit
auf eine besondere fazielle Entwicklung schließen. Diese ist in erster Linie durch das massenhafte Vorkom-
men zweier Foraminiferen, Haplophragmium irregulare Roemer und Cristellaria rotulata Lamarck
gekennzeichnet, neben denen sich noch andere Arten wie Frondicularıa, Flabellina, Nodosaria usw. finden,
die sämtlich in den tieferen Lagen, das heißt in der anstehenden oberturonen Kreide, fehlen. Aber alle
diese Foraminiferen sind nicht für das Turon charakteristisch, sondern gehen durch die ganze Schichten-
folge des Turon und Senon hindurch. Für das lokale Vorkommen ist jedoch das Auftreten und die un-
regelmäßige Verbreitung dieser Foraminiferen nicht unerheblich. Von ‘den übrigen Spezies der umge-
agerten Schichten sind einige Echinodermata, wie Stereocidaris sceptrifera, N ymphaster Coombii, Bour-
gueticrinus Fischeri zwar aus dem obersten Turon (?) angegeben, jedoch nur als die nahe verwandten
und direkten Vorläufer einiger Arten aus dem Obersenon anzusehen und vor allem in einwandsfrei unter-
senonen Schichten sicher nachgewiesen worden (siehe den palaeontologischen Teil). Die Bryozoenfauna
(9 Arten) der umgelagerten Kreide steht trotz der geringen Individuenzahl der einzelnen Arten im Ge-
gensatz zu der Bryozoenarmut der anstehenden Kreide von Oppeln, aus der bisher nur eine auf den
Gehäusen anderer Tiere aufsitzende Membranipora-Art näher bestimmt wurde. Vielleicht können hier
spätere Forschungen interessante Ergebnisse zeitigen durch einen Vergleich mit der Bryozoenfauna aus
der mehrfach erbohrten Kreidestufe des südlichsten Westpreußen von Thorn bis Bischofswerder und
Schwetz, welche Jentzsch! erwähnt, die bisher aber noch nicht genügend bekannt ist. Zwei von den
vorstehend angeführten Bryozoenarten waren allerdings bisher nur aus den Iserschichten Böhmens, die
als oberturon gelten, beschrieben worden, ohne daß dies aber als charakteristisch für ihre Lebenszeit
angesehen werden könnte. Bei den 9 Bryozoenarten interessiert vielmehr ebenso wie bei den Foramini-
feren ıhr facielles Auftreten als solches in der umgelagerten Kreide. ;
Auch von den übrigen Arten kann, wie schon hervorgehoben, mit Ausnahme des Actinocamax granu-
latus keine Art in völlig sicherer Weise für eine Altersbestimmung der Schichten herangezogen werden. Dagegen
ist das Auftreten von Actinocamax granulatus bisher fast allgemein als für das Senon bezeichnend angesehen
worden und nach den bisherigen Anschauungen müßte daher aus dem Vorkommen dieses Belemniten auch auf
de ehemalige Entwicklung des untersten Senon bei Oppeln geschlossen
‘ Jentzsch, Ueber die Nordosigrenze der deutschen Kreide. Monatsber. d. Deutsch. Geolog. Ges. 1909, p. 408.
— 205 —
werden. Trotzdem scheint mir die Erwägungnicht völlig von der Hand zu weisen zu sein, daß ausnahmsweise
auch die Belemniten noch etwas früher in der schlesischen Kreide als in Westdeutschland auftreten könnten.
Immer mehr Stimmen werden dafür laut, daß den Belemniten nicht die hohe Bedeutung zukäme,
die man ihnen für die stratigraphische Horizontierung zuschrieb. Bestärkt wird diese Ansicht durch
die Beobachtungen Bärtlings!, der neuerdings nachgewiesen hat, daß Actinocamax granulatus noch
zusammen mit dem typischen Actinocamax westfalicus in einwandsfreiem Emscher in Westfalen vor-
kommt und der infolgedessen eine Zonenbenennung nach diesem Belemniten nicht mehr für zulässig
hält. Darnach könnte also das Vorkommen des Actinocamax granulatus ebensogut darauf hinweisen, daß
die Fossilien der Oppelner umgelagerten Kreide eher dem Emscher angehören, immer aber jünger als
Oberturon bleiben.
Allen den Einwendungen gegenüber, welche einen deutlichen Altersunterschied zwischen den an-
stehenden und den umgelagerten Kreideschichten bei Oppeln zu verwischen scheinen, ist mit Nachdruck
zu betonen, daß 28 von den weiter im umgelagerten Ton gefundenen Kreidearten aus dem anstehenden Ge-
stein nicht bekannt wurden. Ihr Fehlen im anstehenden Pläner ist aber in Oppeln deswegen von größerer
Wichtigkeit, weil die Oppelner Steinbrüche durch den umfangreichen Bruchbstrieb und die Tätigkeit einer
ganzen Anzahl Privatsammler in Oberschlesien zu den bestbekannten ihrer Art zählen. Daß diese Arten
zum großen Teil auch im Oberturon (?) von Strehlen in Sachsen vorkommen, ist weniger von Bedeutung,
da sie an anderen Punkten auch ins Untersenon hinaufgehen, so in Westdeutschland (Westfalen, Lüne-
burg). Der ganze Habitus eines Teiles der Strehlener Fauna zeigt für mich bereits einige Anklänge so-
gar an die untersenone Fauna der westfälischen Granulatenkreide (Bourgueticrinus Fischeri, N ymphaster
Coombit, Bryozoen usw.). Solange nicht ein strikter Gegenbeweis erbracht ist, scheint es mir durch-
aus nicht so unumstößlich?® von der Hand zu weisen zu sein, daß in Strehlen bei Dresden gleichfalls
nicht nur Schichten mit Pachydiscus peramplus usw., sondern auch höhere Horizonte zutage traten.
Auch die Funde in der Teplitzer Straße? in Dresden-Strehlen scheinen mir vorläufig darüber keine
Klärung! erbracht zu haben, da meines Wissens die früheren Funde in Strehlen selber bisher keine
stratigraphische Nachprüfung unter sich erfahren konnten, die alten Fundstellen längst überbaut und
die dortigen Mergelgruben nicht mehr zugänglich sind. In Anbetracht des Fundes von Ackinocamax
granulatus in der umgelagerten Kreide von Oppeln erscheint sogar die Altersbestimmung dieser umge-
lagerten Kreidefossilien verhältnismäßig noch immer besser möglich als mancher der alten von Geinitz
angegebenen Fossilfunde aus Strehlen. Ganz abgesehen von diesen Erwägungen bleibt auch infolge der
gleichen faziellen Ausbildung ein Vergleich mit dem Strehlener Pläner in Sachsen und den Priesener -
Schichten in Böhmen am nächsten. Bei den obersten Priesener Schichten ist übrigens ebenfalls noch
nicht sicher festgestellt, ob dieselben, wie man annimmt, bis in den Beginn des Senons hineinreichen.
Die Strehlener Fauna zeigt außerdem noch in der Art des Erhaltungszustandes manche Aehnlichkeiten mit
der umgelagerten Kreide von Oppeln.
I Bärtling, Die Stratigraphie des Untersenons im Becken von Münster in der Uebergangszone aus mergeliger zu
sandiger Facies. Monatsber. d. Deutsch. Geolog. Ges. 1909, p. 381.
® Vergleiche hierzu unter anderen Seupin: Die stratigraphischen Beziehungen der obersten Kreideschichten in Sachsen,
Schlesien und Böhmen. Neues Jahrbuch für Mineralogie, Beilageband 24, p. 695. Stuttgart 1907.
®> Petraschek, W, Ueber die jüngsten Schichten der Kreide Sachsens. Abhandl. Isis in Dresden 1904, p. 3.
A Wanderer, K., Zum Alter der Schichten an der Teplitzer Straße in Dresden-Strehlen. Abhandl. Isis in Dresden
1909, p. 3.
— 206 —
Auf eine andere eigentümliche, anstehend nicht mehr bekannte fazielle wntwicklung des obersten
Turons (oder untersten Senons) in Oppeln läßt sich auch aus der petrographischen Beschaffenheit der in
den Aushöhlungen der abgerollten Fossilstücke enthaltenen Kreidepartikelchen schließen. Dieselben stechen
schon beim ersten Anblick durch ihre hellere weiße Farbe von dem grauen anstehenden Kreidepläner
ab. In ihrer chemischen Beschaffenheit sind sie weit mehr kreidig und enthalten viel weniger Ton als der
anstehende Pläner, wie das stärkere Brausen bei der Behandlung mit Salzsäure ohne weiteres erkennen ließ.
Von den näher gelegenen Gebisten zeigt die Entwicklung der Kreide, soweit sie bisin den Emscher
und ins Untersenon reicht, in der Lausitz, der Löwenberger Gegend, zum Teil in der Grafschaft Glatz
und dem sächsisch-böhmischen Grenzgebiete eine ganz abweichende fazielle — küstennahe! — Ausbildung,
die einen Vergleich mit Oppeln ausschließt. Zu dieser Zeit umfaßt die Fauna des niederschlesischen
Meeresteiles insbesondere Zweischaler sowie Schnecken, die für Oppeln gerade nicht in Betracht kommen,
dagegen fehlen Cephalopoden.
Noch ein anderes, norddeutsches Kreidegebiet bleibt hier in Erwägung zu ziehen, der Emscher
und das Untersenon des Kreideuntergrundes im südlichen Westpreußen, dessen Ausdehnung und Ver-
breitung durch mehrere Bohrungen neuerdings besser bekannt wurde, palaeontologisch aber naturgemäß
noch weniger durchforscht ist. Diese Kreide des südlichen Westpreußen besteht neben Grünsanden aus
kalkigen Gesteinen, die auch einige palaeontologische Ausbeute von Interesse ergaben. Zum Teil ent-
halten sie nach Jentzsch? in einzelnen Bänken ‚„Bryozoen, neben denen sich Echinodermen, Fora-
miniferen und Terebratulina chrysalis finden.‘ Weitere palaeontologische Bestimmungen aus diesen Vor-
kommnissen sind mir bisher noch nicht bekannt geworden. In der Heilsberger® Tiefbohrung wurde
neben Obersenon auch Emscher erbohrt, der im Hangenden aus hellgrauen Kreidemergeln besteht, unter
denen lockere Grünsande zu liegen kommen. Die Altersbestimmung beruht auch hier auf den so gut zu
präzisierenden Inoceramen; Belemniten sind aus den als Emscher anzusehenden Teufen nicht bekannt ge-
worden. Actinocamax granulatus konnte in den als Senon bezeichneten Schichten nicht nachgewiesen
werden, doch sind hier gleichwohl die unteren Schichten des senonen Komplexes als aequivalent an-
zusehen.
Endlich hat Jentzsch* bei Goßlershausen in Westpreußen einen kalkhaltigen Grünsand des
Unsersenons mit Actinocamax bornholmiensis Stolley entdeckt, der dem Actinocamax westfalicus sehr
nahe steht.
Erwähnt sei, daß bei Danzig? Emscher in Grünsanden mit Actinocamax westfalicus; aus Hinter-
pommern unteres Senon schon durch Krause°® nachgewiesen wurde, aus dem Stolley’ Actinocamax
I Seupin, Ueber sudetische, praetertiaere junge Krustenbewegungen und die Verteilung von Wasser und Land zur
Kreidezeit in der Umgebung der Sudeten und des Erzgebirges. Z. f. Naturw., Bd. 82, p. 321—344. Halle a. S. 1910.
® Jentzsch, Der erste Untersenon-Aufschluß Westpreußens. Jahrb. d. Pr. Geol. Landesanst, Bd. XXVI,p. 373. Berlin 1905.
® Krause, P. G., Ueber Diluvium, Tertiär, Kreide und Jura in der Heilsberger Tiefbohrung. Jahrbuch d. Preuß.
Geolog. Landesanstalt Band XXIX, T. I, p. 185—326. Berlin 1908.
ıjientzisch, 17c7p. 3710378:
» Wolf u. Zeise, Geologie der Danziger Gegend. Festschrift z. XV. Geographen-Tag. Danzig 1905.
° Krause, Aurel, Ueber obere Kreidebildungen an der hinterpommerschen Ostseeküste. Zeitschr. Deutsch. Geol.
Ges. 1899, pag. 609—641.
” Stolley, Ueber die Gliederung des norddeutschen und baltischen Senon. Archiv für Anthrop. u. Geologie Schles-
wig-Holsteins, Band II, p. 250. 1897.
— 207 —
granulatus beschrieben hat. Desgleichen ist Untersenon (Granulatenkreide) aus Nienhagen in Mecklen-
burg bekannt.
Nach Siemiradzki!sollen in den an Oberschlesien angrenzenden Teilen Polens die Formationen
der oberen Kreide auf der Strecke längs des Karpathenrandes von Oberschlesien bis Podolien und Wol-
hynien in einer fast vollständigen Serie vom Cenoman bis zum Paleocaen entwickelt sein.
Diese allgemeine Betrachtung wird zur Suche nach Beziehungen zu Podolien Veranlassung geben,
um so mehr als das wenige, was wir über die Geologie jener Kreidegebiete erfahren konnten, für eine
ähnliche fazielle Ausbildung spricht im Gegensatz zu der abweichenden Küstenfazies im subsudetischen
Untersenon. Trotz der ausstehenden, eingehenden palaeontologischen Durchforschung der betreffenden
Gebiete sind hier zwei Angaben zu erwähnen. Nach Siemiradzki? ist — ‚durch Umlagerung der
„oberturonen Schreibkreide mit schwarzen Feuersteinknollen (Inoceramenkreide) sowohl am Nordrande
„‚des wolhynisch-podolischen Plateaus als in Litauen eine weiche weiße Schreibkreide entstanden, welche
„außer wenig zahlreichen Belemnitellen beinahe keine Versteinerungen enthält. Die wenigen Belemni-
„btellen, welche ich aus diesem Horizont zu sehen bekam, gehören entweder zu Actinocamax quadratus
„oder zu Actinocamax westfalicus Sehlüter. Die vielfach aus der weißen Schreibkreide zitierte Belem-
„nitella mucronata kommt in Polen in derselben niemals vor und ist an den höheren Horizont des grauen
„Kalkmergels gebunden. — Es ist unzweifelhaft eine Zwischenschicht zwischen der oberturonen
„Inoceramenkreide und dem obersenonen Belemnitellenmergel‘‘ (d. h. mit Belemnitella mucronata).“
Einige weitere Aehnlichkeit zeigt das südliche Podolien. Nach Rogala? folgen dort auf Schichten
mit /noceramus labiatus, I. Brongniarti und I. Cuvieri, die das Turon repräsentieren, weiche schneeweiße
Kreidelagen mit Feuersteinen. Diese werden von Schichten mit 7. involutus überlagert, welche nach Westen
zuindieGranulatenkreide übergehen.
Alle diese geologischen Vorkommnisse stellen es als wohl wahrscheinlich hin, daß sich das Kreide-
meer auch noch im Untersenon ziemlich lückenlos über Ostdeutschland und Polen — teilweise unter
neuen Transgressionen — bis um sudetische Landmassen herum ausdehnte; sie hätten von vornherein auf
irgend ein derartiges Vorkommen von Untersenon auch in Oberschlesien hindeuten können, wie es die
umgelagerte Kreide von Oppeln darstellt.
Nicht unerwähnt möchte ich an dieser Stelle zwei Kreidekorallen lassen, die aus dem diluvialen
Geschiebe der Oppelner Umgegend stammen. Dieselben erweisen sich durch ihre geglättete Oberfläche
leicht als diluviale Geschiebe oder Gerölle. Es ist eine Polytremacis Lindstroemi Roemer und eine Astro-
coenia decophylla E. H.
Namentlich die Polytremacis Lindstroemi Roemer stimmt nach einer freundlichen brieflichen
Mitteilung von Dr. Trauth in Wien mit Korallenknollen dergleichen Art aus dem Karpathensandstein von
Klogsdorf überein. Da im Karpathensandstein von Klogsdorf Hunderte von verkieselten Korallenknollen
auftreten und dieses Gebiet durch mehrere Bäche zur Oder entwässert wird, so scheint es Trauth?
I Siemiradzki, Josef v., Die obere Kreide in Polen. Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanstalt Wien 1906,
Nr. 25.pr 54.
Zseminadzkı, 1. c.p. ei.
? Rogala, W., Ueber die Stratigraphie der Kreidebildungen von Podolien (Kosmos Band 34, 1909, p. 1160—1165).
* Während der Korrektur erschien: Trauth, Die obereretacische Korallenfauna von Klogsdorf in Mähren. Zeitschrift
des Mähr. Landesmuseums, Band XI, p. 1—104, Tab. I—-IV. Brünn 1911, welche (p. 11 usw.) weitere Angaben enthält.
— 208 —
nicht unmöglich, daß einige der Hornsteinkorallen von Oppeln (etwa die mit abgerollter Oberfläche, nament-
lich Polytremacis Lindstroemi) aus dem mährischen Gebiet durch den Oderfluß in die Gegend von Oppeln
eingeschwemmt wurden.
Nach Angabe von Herrn Dr. Trauth ist das Alter dieser Korallen aus dem diluvialen Geschiebe ober-
kretazisch und infolge ihrer Aehnlichkeiten mit der Korallenfauna der Gosaukreide etwa dem Untersenon
(Angoumien und Santonien) zuzurechnen. Jedenfalls stammen diese diluvialen Korallengeschiebe von Oppeln
weder aus dem anstehenden Oppelner Kreidepläner, noch aus den umgelagerten Kreideschichten bei Oppeln.
Fasse ich zum Schluß die Ergebnisse der vorstehenden Diskussion noch einmal kurz zusammen,
so muß meiner Meinung nach das Alter wenigstens eines Teiles der Fossilien der umgelagerten
Kreide von Oppeln der Zeit vom Emscher bis zum Untersenon entsprechen.
— 209 —
IV. Wirbeltierreste aus dem Ober-Miocaen
von Oberschlesien. insbesondere von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Das stratigraphische Vorkommen der als basale Ausfüllung einer Mulde im oberturonen Kreide-
pläner abgelagerten Lignitstämme (siehe p. 177, Ib) zeigt, daß wir es im Obermiocaen von Kgl. Neudorf
wahrscheinlich mit einem kleinen Seebecken oder mit der vertieften Stelle eines alten Flußarmes zu tun
haben, mit dem die nahegelegenen Fundstellen von Sacrau und der Schifferstr. in Oppeln in Zusammen-
hang gestanden haben müssen. Auf bewegtes Wasser deutet die massenhafte Zusammenschwemmung
der von Andreae beschriebenen Landconchylien hin. Einige kleine, ebenfalls von Andreae angegebene
Süßwasserconchylien, vor allem Bythinella, sind nur als in Quellenbächen wohnend bekannt. Wahr-
scheinlich mündeten in dieses Gewässer eine Reihe von Bächen, die solche Schnecken in den Fluß oder
See spülten. Diese Annahme wird durch den zertrümmerten Zustand und die Abrollung einiger der ge-
fundenen Knochen bestätigt, die einzeln von den Bächen und besonders bei Ueberschwemmungen in das
Gewässer gespült und dabei beschädigt wurden. Rein nach ihrem Erhaltungszustande lassen sich die
Wirbeltierreste aus dem Obermiocaen in zwei Gruppen teilen.
Bei der einen hat die Schmelzsubstanz der Zähne eine schöne, leuchtend blaue Färbung angenommen,
während die Knochensubstanz sehr porös ist und eine weiß bis hellgelbliche Färbung zeigt.
Bei der anderen Gruppe ist der Schmelz der Zähne weiß geblieben und nur stellenweise durch Humus-
säuren schwarz gefärbt. Das Dentin der Zähne und die Knochensubstanz dagegen sind durchweg dunkel-
braun bis schwarz gefärbt und unterscheiden sich durch ihr größeres Gewicht von den Knochenstückchen
der ersten Gruppe.
Bei den Zähnen aus den vollständig gleichaltrigen obermiocaenen Toneisensteinen von Kiefer-
städtel ist der Schmelz der Zähne durch Manganverbindungen tief schwarz gefärbt.
Diese Unterschiede in den Erhaltungsbedingungen lassen sich zum Teil vielleicht dadurch erklären,
daß die hellen mehr verwitterten und meist stark abgerollten Knochenstücke von (bewaldeten) Hochflächen
stammen, nur durch gelegentliche größere Ueberschwemmungen hinfort geführt und somit erst nach
längerem Transport abgelagert wurden.
Die dunkel gefärbten, z. T. recht gut erhaltenen, kaum abgerollten Knochenstücke können nur aus
der unmittelbarsten Umgebung des Sumpf- und Seengebietes stammen, da man'eine derartige dunkle
Färbung nur an Knochen solcher Kadaver zu finden pflegt, bei denen der Verwesungsprozeß im Wasser
vor sich ging und die dauernd unter Wasser liegen blieben. Hierfür spricht auch die Tatsache, daß
einige charakteristische, nur von Land- und Süßwasserschnecken lebende und sich darum im Sumpfge-
— 210 —
biete aufhaltende Tiere wie das Metacordylodon und das Trochotherium grade diesen Erhaltungszustand
aufweisen. Daß jedoch dieser Erhaltungszustand derartige Schlüsse trotzdem nur in sehr beschränktem
Maße gestattet, beweisen zwei vereinzelte Molaren von Steneofiber subpyrenaicus Lartet, bei denen gleich-
falls eine Blaufärbung des Schmelzes eingetreten ist und die ebenfalls Spuren geringer Abrollung zeigen.
Daß im Gegensatz zu der geringen Abrollung auch von diesem Material außer kompakteren Stücken
wie Zähnen und Fuß- oder Handwurzelknochen nur völlig zertrümmerte Knochensplitter in meine Hände
gelangten, ist auf die Art des Bruchbetriebes zurückzuführen, bei der von Sprengungen reichlich Ge-
brauch gemacht wird. Zum Teil wurden die moderner Konservierungsmethoden unkundigen Sammler,
von denen ich einige Stücke erhielt, obendrein davon betroffen, ursprünglich vollständig aufgedeckte
Stücke — so einen ganzen Mastodon-Unterkiefer — unter Hackenschlägen oder den nachrutschenden
feucht schwimmenden Tonmassen in Atome zergehen zu sehen, das immer wiederkehrende Geschick so
mancher wertvollen Fossilfunde, wie es einst schon OÖ. Fraas in der Einleitung zu seiner Fauna von Stein-
heim so beweglich geschildert hat.
Neben Säugetieren und Schildkröten haben sich kaum erwähnenswerte Reste zweier Fische, das
Antebrachium mehrerer Frösche und ein sehr dürftiges Fragment eines Schlangenwirbels gefunden. Auch
einige typische pneumatische Röhrenknochen von Vögeln fanden sich, leider aber waren stets die Epi-
physen abgebrochen und dieselben überhaupt viel zu schlecht erhalten, als daß sich Arten feststellen
ließen.
Dieses obermiocaene Wasserbecken selber wurde mit abgerollten Kreideplänerstücken und anderen
fein geschlemmten Sedimenten aus der unmittelbaren Umgebung ausgefüllt. Mit dieser Deutung der
stratigraphischen Verhältnisse stimmen die Wirbeltierreste ganz überein, vor allem die Auffindung von
Steneofiber und Lutra, zweier Fische, eines Frosches und zahlreicher Schildkröten. Offenbar lebten letz-
tere Tiere zahlreich in diesem obermiocaenen Gewässer. In weiterer Harmonie damit steht das Vor-
kommen großer Wildarten, Mastodonten, Rhinocerotiden, CGerviden einerseits und Carnivoren anderer-
seits, die sich des Abends zur Tränke einfanden, wie es ihre lebenden Verwandten heute noch tun.
Nach ihrer Fauna ganz gleichaltrig sind verschiedene obermiocaene Thoneisensteine in Ober-
schlesien, deren Fundpunkte ich hier zusammenstelle:
: . }
1. Kgl. Neudorf bei . : Tonmergel — Lignitstämme
a a 30 Wirbeltierarten u > ; Es
Oppeln-Süd Land- und Süßwasserconchylien &N
7
; A Tonmergel ee
2. Sacrau, Oppeln-Nord Dicrocerus furcatus &. 2 5 Me
Land- und Süßwasserconchylien = Oo
es
: chifferstr. i - Tonmergel = ®
3. Schifferstr. in Oppeln Amia (?), Dievocerus furcatus (% = i Zev,
(an der Oder) Land- und Süßwasserconchylien j
Ursavus bvevirhinus, Byachypothersum BR kei
ieferstädte : oneisensteine
1. Kieferstädtel brachypus, Dicrocerus furcatus
5. Tauenzinow Hoyotherium simovrense Toneisensteine
Bankige Toneisensteine mit
6. Damratsch Hoyotherium simovrense &
3 I Pfilanzenabdrücken
— 21 —
Da dieses Vorkommen für Ostdeutschland einzigartig und somit für seine Geologie von besonderer
Bedeutung, nehme ich bei der Beschreibung selbst besser bekannter Arten dazu Veranlassung, auch auf
speziellere Einzelheiten einzugehen, soweit es ihre Bestimmung erfordert.
Pisces.
Amiidarum gen. — gen. et spec. indet.
(Tafel XIV, Figur 1.)
Auf Tafel XIV, Figur 1 hilde ich in vierfacher Vergrößerung ein gerade gestrecktes Fragment eines
sehr zierlichen Dentale ab, das mit einer Reihe konisch spitzer Zähnchen besetzt ist. An der Spitze
dieser Kegelzähnchen sind feine Riefen wahrzunehmen. Ich erwähne dieses Stück, weil wir über die
Süßwasserfische des westeuropäischen Obermiocaens noch fast garnichts wissen, trotzdem verschiedene
Amiidae aus älteren tertiären Süßwasserablagerungen Europas bekannt sind. — Aus dem Untermiocaen
von Böhmen führt Laube!) eine Amia-art an.
Siluridarum gen. — gen. et spec. indet.
(Tafel XIV, Figur 2 u. 3.)
Das abgebildete, gleichfalls äußerst dürftige Bruchstück gehört der Kopfbedeckung eines Panzer-
welses an. Die rauhe Außenfläche zeigt kleine warzenförmige, zum Teil in zusammenhängenden Reihen
verlaufende Knötchen, der Rand dagegen ist geglättet. Die Innenseite zeigt einen hakenförmigen Vor-
sprung und ein Teil des Randes ist mit quer zu diesem in einer Reihe angeordneten Leistehen besetzt,
die in ihrer Anordnung an das taxodonte Schloß mancher Mollusken erinnern.
Amphibia.
hana Sp.
Literatur: Wolterstorff, Ueber fossile Frösche, insbesondere Palaeobatrachus, I u. II (ausführliche Literaturan-
gaben) Jahresberichte des naturw. Vereins in Magdeburg für 1886—1887.
(Tafel X, Figur 1.)
Ziemlich häufig fanden sich winzige zertrümmerte einzelne Knöchelchen, die wohl Fröschen ange-
"hören, aber nur in 3 Fällen ließen sich darunter Fragmente vom Antebrachium eines Raniden identi-
fizieren, von denen ich eins abbilde.
1 Beiträge zur Kenntnis der Wirbeltierfauna der böhmischen Braunkohlenformation, Prag 1901, p. 10.
Palaeontographica. Bd. LX. 27
— 22 —
Reptilia.
LACERTILIA.
Propseudopus ef. Fraasii Hilgendorf 188.
(Tafel X, Figur 2.)
1859 Gervais, Zoologie et Pal&ontologie francaises 2. Ed. Paris 1859, Pl. 64, Fig. 11—13.
1885 Hilgendorf,F., Die Steinheimer Gürtelechse Propseudopus Fraasii. Zeitschrift der Deutschen Geol. Gesellschaft,
XXXVII. Band, 1885. pag. 358—378. Hierzu Tafel XV und XVl.
Gefunden wurde ein Bruchstück von einem Maxillare, das allerdings nur 5 Zähne in situ aufweist,
doch dürften, soweit das Stück erhalten ist, 8 Zähne auf demselben gestanden haben. Die hintere Partie
dieses Maxillare fehlt, so daß seine Verbindungsflächen mit dem Palatinum, Jugale und Praefrontale nicht
zu erkennen sind. Ferner sind einige winzige weitere Bruchstückchen vorhanden, die je 2—3 Zähnchen
tragen. Dieselben zeigen eine große Uebereinstimmung mit den Zähnchen auf dem Maxillare, das Hilgen-
dorf l.e. Taf. XV, Fig. 5d abbildet. Das Maxillare gehört einem kleinen jugendlichen Individuum an.
Da die Zähne nach hinten zu nicht in dem Maße an Größe zunehmen, wie bei den von Hilgendorf
auf Taf. 13 abgebildeten Exemplaren, glaubte ich zuerst eine besondere Art vor mir zu haben. Nach Ver-
gleich mit einigen rezenten Pseudopus-Exemplaren scheint mir jedoch diese Verschiedenheit nur in der
Jugendlichkeit des Oppelner Individuums begründet zu sein. Auch die von Gervais l.c. Pl. 64, Fig.
11—13 abgebildeten Lacertilierreste scheinen hierher zu gehören. |
Vorkommen: Diese Art war bisher nur aus dem etwas älteren Horizont von Sansan, sodann aus
Steinheim bekannt und ist bisher außer in Steinheim nur in Kgl. Neudorf bei Oppeln in dem höheren Hori-
zont gefunden worden.
Geologisch jünger und etwas größer ist eine Art der nahe verwandten Gattung Ophisaurus, die Kor-
mos! als O. pannonicus aus den pliocaenen Tonen von Polgärdi (Komitat Fejer) beschreibt.
OPHIDIA.
Tamnophis Sp.
Literatur: Rochebrune, A. T. Revision des ophidiens fossiles. Nouvelles Archives du Museum d’Histoire Na-
turelle2=ser. tb. III, pP. 281, B12 SS ZRl1e2 IE Parıs21880:
Roger, Wirbeltierreste aus dem Dinotheriensande II — 33. Bericht des naturw. Vereins in Augsburg
(1898) pag. 389.
Vielleicht gehört zu dieser Schlangengattung das dürftige Fragment eines Wirbels, von dem
leider nur die hintere Fläche einige Merkmale zur Bestimmung gestattet. Aehnliche, etwas besser er-
haltene Wirbel erwähnt Roger aus Häder, die er Tamnophis Poucheti nahe stellt. Tamnophis-wirbel
sind bisher aus dem Obermiocaen von Sansan, Steinheim, dem Flinz der bayrisch-schwäbischen Hoch-
ebene und Kgl. Neudorf bei Oppeln bekannt.
CHELONIA.
Benutzte Literatur.
1868 Peters, C., Schildkrötenreste des Miocaens von Eibiswald. Denkschriften d. k. Akad. d. Wissenschaft. math. na-
turw. Cl. XXIX. Bd. pag. 111.
! Kormos. Der pliocaene Knochenfund bei Polgardi. Ung. geol. Gesellschaft. Sitz. 14. Dez. 1910.
— 213 —
1885 Purschke,C. A.;, Clemmys sarmatica aus dem Tegel von Hernals bei Wien. Denkschr. d. math. naturw. Cl. d. k.
Ak. d. Wissensch. Bd. 50.
1889 Boulenger. G. A., Catalogue of the Chelonians in the British Museum. London 1889.
1889 Lydekker,R., Catalogue of Fossil Reptilia in the British Museum Part. III. Chelonia.
1900 Reinach, A. von, Schildkrötenreste im Mainzer Tertiärbecken und in benachbarten ungefähr gleichaltrigen Ablage-
rungen. Abhandl. der Senckenberg. Naturforsch. Gesell. Band 28. Frankfurt a. M., 1900.
1902 Roger, O., Wirbeltierreste aus dem Obermiocaen der bayrisch-schwäbischen Hochebene. Teil IV. 35. Bericht des
Naturw. Vereins für Schwaben und Neuburg in Augsburg, p. 28 u. f. Tab. I—III.
1911 Ammon, L.v., Schildkröten aus dem Regensburger Braunkohlenton. Separatbeil. z. 12. Jahresber. des Naturw.
Ver. zu Regensburg.
Clemmys eureia nov. spec.
(Tafel X, Figur 3—5, Textligur 13—18 u. 22.)
Aus dem obermiocaenen Ton ließen sich allenthalben Bruchstücke von Schildkrötenpanzern heraus-
schlämmen, aber nur bei 5 Individuen gelang es, mehrere Stücke zusammenzufügen. Von diesen waren 3
Fig. 13. Clemmys eureia nov. spec. Fig. 14. Clemmys eureia nov. spec.
Plastron von unten und außen. Rekonstruktion in nat. Gr., Plastron von oben und innen. Rekonstruktion in nat. Gr.,
aber mit perspektiv. Verkürzung gez. : aber mit perspektiv. Verkürzung gez.
Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln. Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
— 214 —
von Herrn Dr. Wysogörski zugleich an einer Stelle gesammelt und mir freundlichst zur Bearbeitung
überlassen worden. Später wurden dann von mir 2 weitere Exemplare gleichfalls zusammen in einem
Tonstück gefunden. An letzteren ließen sich jedoch einige Verschiedenheiten untereinander nachweisen,
so daß ich das eine Exemplar vorläufig zu einer anderen besonderen Art stelle. Außerdem ist noch ein ver-
einzeltes, einigermaßen gut erhaltenes Plastralende vorhanden. Aber auch alle diese vollständigeren Stücke
fanden sich gänzlich zertrümmert und es bedurfte eines langwierigen Geduldspiels, um sie in einwandfreier
Weise aus den Trümmern zusammenzusetzen. In der wünschenswerten Vollständigkeit gelang dies bei kei-
nem Exemplar. Immerhin genügt das vorliegende Material, um ein anschauliches Bild von dieser in Oppeln
so häufig vorkommenden kleinen Sumpfschildkröte geben zu können.
Charakteristika: Die allgemeine Form weist ein breites Oval auf, das nur wenig länger
als breit ist. Der vordere PJastralteil is5 nach den Seitenrändern zu und an der Brücke ein wenig aufge-
bogen und besonders am Schnabel (beak) nach vorn emporgekrümmt. Der breite Hinterlappen des Pla-
strons ist gerade gestreckt. Die ausgedehnte Brücke erreicht etwa zwei Fünftel der Gesamtlänge des Plastron.
Der Axillarausschnitt ist engund spitzbogig, der Inguinalausschnitt gerundet. Die Enden der beiden
breiten Xiphipiastra bilden einen mehr oder minder stumpfwinkligen Ausschnitt. Die hinteren Spitzen
der Gularıa kommen auf das Entoplastron zu liegen. Die Abdominalıa sind bei allen Exemplaren die läng-
sten Bauchschilder. Die Pectoralia, Femoralia und Analia sind unter sich fast gleichlang. Die Brachialıa
jedoch stets kürzer.
Das Entoplastron hat die Gestalt eines unregelmäßigen Trapez, das mit der Spitze nach vorn gerich-
tet ist und dessen vordere Seiten länger sind als die hinteren. Die hintere Partie des Entoplastron wird breit
von der Brachio-Pectoralfurche überquert. Auf dem kräftigen, aber ziemlich kurzen Axillarfortsatz ziehen
sich die Randfurchen der Inframarginalia dicht am Rande des Hyoplastron entlang. Der Inguinalfortsatz
ist kurz und abgerundet. Die Analfurche beginnt am Rande in einer kleinen Einbuchtung des Xiphiplastron.
Das Epiplastron verdickt sich in seinem vorderen, nach oben gebogenen Teil beträchtlich und schließt
an der Stelle, wo die Gularia zu liegen kommen, mit einer wellenförmig gebogenen breiten und dicken Lippe
ab, von der sich nach den Außenecken zu eine Spitze abschnürt.
Clemmys eureia nov. spec. Plastron.
Maße, an der Mittelnaht gemessen (mit dem Zirkel).
Plastron I Plastron II Plastron IV
Gularia 15,00 mm 20,9 mm — mm
Brachialia 10 mm 13,1 mm 11 mm
Pectoralia 18 mm 18,7 mm 15,1 mm
Abdominalia 21 mm 21 mm
Femoralia 14 mm 14,3 mnı
Analia 15 mm 14,6 mm
Ueber den Rückenschild (Carapax) lassen sich nur weniger vollständige Angaben erbringen. Der
Carapax besitzt eine ziemliche Wölbung, die Querkurve derselben zeigt einen breiten Spitzbogen, der von
einem schwachen Kiel gekrönt wird.
Die Grenzfurche zwischen den Lateral- und Marginal-Schildern kommt stets auf die Peripheralia
zu liegen; ausgenommen von den Randstücken ist hierin allein das schmale Pygale. Hier geht die Lateral-
— 215 —
Marginalfurche auf das Suprapygale (Postneuralplatte) über (Textlig. 21). Die Postneuralplatte ist sehr
kurz und breit, sowie ein wenig gebogen.
Die Neuralia haben meist eine vierseitige Gestalt. Die Vorderkante ist schwach eingebogen und die
hinteren Ecken schräg abgestumpft, doch sind diese Abstumpfungen
meist nicht so groß, als daß man direkt von einer sechsseitigen Gestalt
sprechen möchte. Von den Pleuralia nehmen VII und VIII distal ein
wenig an Breite zu. Das Nuchale zeigt eine nach vorn zu abgeschrägte
Gestalt. Die an das Nuchale angrenzenden Peripheralia stehen mit
ihrem Außenrande wagerecht und krümmen sich mit ihrem Innenrande
nach oben. Je näher sie der Brücke zu liegen kommen, um so flacher
und geradegestreckter sind sie. Diejenigen Peripheralia, welche sich am ee
Bau der Brücke beteiligen, sind keilförmig zugespitzt und innen stark Nuchale. Idem Tat. X, Fig. 4. Zum
ausgebuchtet, so daß sie weite Taschen bilden. Sowohl die vorderen gleichen Individuum wie Taf. X, Fig.
wie die hinteren Innenpfeiler an der Brücke besitzen einen derben ? “ 5 sehörig. Nat. Größe. Ober-
kräftigen Basalansatz, ohne weit hinaufzureichen. Das Pygale ist stark ES RB
gewölbt und in der Mitte wieder rinnenförmig eingebogen. In dieser Rinne liegt die Grenzfurche zwischen
den beiderseitigen Marginalia XII, die in einem kleinen Randausschnitt verläuft.
-
re
Fig. 16. Clemmys eureia nov. spec. Carapax. Fig. 17. Clemmys eureia nov. spec. Rekonstruktion der Neuralia,
Phot. in nat, Größe. Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln. Nat. Größe. Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Von den fünf Vertebralschildern ist das erste ebenso breit wie lang: die übrigen weit breiter als lang.
Die vordere Grenzfurche zwischen den Marginalia und dem ersten Vertebralschild ist nach vorn vorge-
zogen. Der daran angrenzende kleine Cervicalschild verjüngt sich nach vorne zu.
— 216 —
Clemmys eureia nov. spec. Garapax.
Längenmaße der Neuralia
Neurale I 15, mm!
Neurale II Ss mm
Neurale III 9 mm
Neurale IV 8 mm
Neurale V 7,5 mm
Neurale VI 6 mm
Neurale VII 9 mm
Neurale VIII 9 mm
Postneurale 9,5 mm
Ueber die systematische Stellung der vorliegenden Art im Vergleich zu den bisher bekannten Ocadia-
und Clemmys-Formen wäre Folgendes zu bemerken. Die vorliegende Art gehört zu den kleinsten der bis-
her bekannten Formen. Das Plastron erreicht bei dem größten Exemplar eine Gesamtlänge von 94 mm.
Der abgebrochene vordere Schnabelteil eines anderen Exemplars weist zwar noch um ein weniges größere
Dimensionen auf, immerhin dürfte die Maximallänge dieser Art 10 cm nicht überschritten haben.
Die beiden Oppelner Arten wären nach der Form des Entoplastron und dem breiten hinteren Pla-
stralteil zu Clemmys zu stellen. Auffallend erscheint, daß von den beiden, noch heute lebenden Gattungen
Clemmys und Ocadia, bisher Ocadia am weitesten bis ins Alttertiär zurückgeht und mit zahlreicheren
Arten im europäischen Untermiocaen, Clemmys dagegen im Obermiocaen bekannt ist.
Von der von Roger beschriebenen Clemmys guntiana (l. e. S. 4A, Taf. II, Fig. 1—3. III, 5—-9)
unterscheidet sich die Oppelner Art, abgesehen von der bedeutenderen Größe von Cl. guntiana durch die
breitere Form, den flacheren Analausschnitt, den wellenförmig gebogenen Vorderrand der Gularschilder
und der dichter der Randnaht zu gelegenen Grenzfurche zwischen Pectoralia und Inframarginalia auf dem
Hypoplastron. Ein jüngeres Individuum von Clemmys guntiana Roger hat eine schmälere Epipla-
strallippe und einen flachen Medianwulst auf der Innenseite des Entoplastron.
Clemmys sarmatica hat einen weit gerundeteren Axillarausschnitt, der bei der Oppelner Art spitz-
bogig ist. Das Nuchale ist weit breiter und das dünne Vorderende der Gularia bei Cl. sarmatica stumpf
abgerundet.
Clemmys pygolopha Peters unterscheidet sich von vornherein durch die deutlichen Anwachs-
streifen auf den Lateralia des Rückenschildes.
Ocadia protogea durch die weit schmäleren Vertebralscuta. Das Entoplastron wird von der Brachio-
Pectoralfurche nur schwach angeschnitten.
' Ocadia hessleriana durch den langen Plastralteil hinter der Brücke.
Neuerdings hat Ammon (l. ec. p. 27—33, Taf. III, 1—A, Fig. 5—8) eine neu von ihm in dem
obermiocaenen Ton von Dechbetten bei Regensburg gefundene Art als Clemmys Sophiae beschrieben. Diese
Art unterscheidet sich durch ein kürzeres Nuchale (siehe l. e. Taf. III, Fig. 3) und durch das am Hinter-
rande breitgestutzte Entoplastron, das ebenso lang wie breit ist, die beiden Gularia bilden zusammen
ein spitzes Dreieck, während bei der Oppelner Art die Plastrallippe viel breiter ist und infolgedessen die
Gularia gleichfalls an Breite zunehmen. Sehr ähnlich sind dagegen bei diesen beiden Arten, trotz des
Größenunterschiedes die hinteren Ansatzstellen der Brücke am Inguinalausschnitt des Hypoplastron.
— 217 —
Von den übrigen miocaenen Arten scheint mir keine für einen Vergleich mit unserer Art näher in Be-
tracht zu kommen. Emys scutella aus dem Öbermiocaen von Oeningen hat H. v. Meyer! auf so
dürftige Reste hin aufgestellt, daß ein Vergleich schlechterdings unmöglich ist.
Clemmys pacheia nov. spec.
(Tafel X, Figur 6—9, Textfigur 19—22.)
Diese Art unterscheidet sich von der vorhergehenden durch die noch kürzere und gedrungenere
Gestalt
Plastron. Die Randfurche auf den Brachialia läuft an der Brücke ganz dicht am Rande entlang
und geht nicht mehr, wie bei Cl. eureia, auf die Femoralia über. Die hintere Partie des Xiphiplastron ist breit
Fig. 18. Clemmys pacheia nov. spec. Plastron von unten. Fig. 19. Clemmpys pacheia nov. spec. Rekonstruktion des
Phot. in nat. Größe. Plastron von unten und außen. In nat. Größe, aber perspektiv.
Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln. Verkürz. gez. Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
abgerundet und nicht zugespitzt, wie bei Cl. eureia. Die Epiplastrallippe ist sanft abgerundet und nicht wie
bei Cl. eureia in eine kleine Spitze ausgezogen.
Die Randfurchen der Hornschilder des Plastron verlaufen, wie aus der Maßtabelle zu ersehen ist,
rechts und links in verschiedenen Abständen voneinander, selbst dort, wo sie in der Mittellinie zusammen-
stoßen.
Auf der Innenseite besitzt das Entoplastron einen feinen Kiel, der sich aber nach dem Rande zu
wieder verläuft.
I H.v.Meyer, Fossile Säugetiere, Vögel und Reptilien aus dem Molasse-Mergel von Oeningen. Frankfurt a. M. 1845,
Pag. 1837, Walz Eier, 2
— 218 —
Clemmys pacheia nov. spec. Plastron.
(Maße, mit dem Zirkel an der Mittelnaht gemessen):
rechte Seite linke Seite
Gularia 15,5 mm 16,6 mm
Brachialia 9,1 mm 8,4 mm
Pectoralia 14,1 mm 13,3 mm
Abdominalia 15,2 mm 18,5 mm
Femoralia 14,2 mm 13,4 mm
Analia 16,2 mm 14 mm
Die Verschiedenheiten der Maße auf der rechten und linken Seite des Plastron zeigen deutlich, daß
man auf die Maß» der Hornschilder nicht allzuviel Gewicht für die systematische Stellung einer Art legen
darf.
Fig. 20. Clemmys pacheia nov. spec. Rekonstruktion des Carapax.
In nat. Größe, aber mit perspektiv. Verkürz. gez. Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Beim Carapax zeigt sich bei dem vorliegenden Exemplar insofern eine äußerst merkwürdige Erschei-
nung, als die Neuralia II und III, IV und V, VI und VII völlig verwachsen sind und nur mühsam entweder
auf der Innen- oder der Außenseite eine Spur einer ehemaligen Naht erkennen lassen. Die Grenzfurche
zwischen dem letzten Vertebrale und den Marginalplatten verläuft nicht, wie bei Clemmys eureia, auf dem
Suprapygale (Postneuralplatte), sondern auf dem Pygale (siehe Taf. X, Fig. 5 u. 7). Leider war das einzige
Exemplar des Carapax, trotzdem es ziemlich vollständig erhalten war, sehr stark verdrückt, so daß die
— 219 —
Rekonstruktion des Carapax in Figur 20 nur als ein annähernder Versuch zu einer solchen betrachtet
werden kann. Die vorstehend angegebenen Unterschiede zu Cl. eureia erscheinen zu groß, als daß sie
_;
Fig. 21. Pygale u. Suprapygale (Postneuralplatte) von Clemmys eureia Fig. 22. Pygale von Clemmys pacheianov. spee.nat. Größe.
nov. spec. Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln. Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
nur als Geschlechtsunterschiede zwischen verschiedenen Individuen ein und derselben Art gedeutet werden
könnten.
Ich beschreibe daher die vorliegenden Teile als eine besondere Art.
Clemmys pacheia nov. sp. Carapax.
Größte Länge Größte Breite
Pleurale I 29,0 mm 20,7 mm
Pleurale II 32,0 mm 9,1 mm
Pleurale III 33,9 mm 7,8 mm
Pleurale IV 32,0 mm 7,5 mm
Pleurale V 27,5 mm 9,2 mm
Pleurale VI 26 mm 10,1 mm
Pleurale VII 21,3 mm 10,6 mm
Pleurale VIII 17,2 mm 11,2 mm a. d. P. Pfurche 9,3 mm
Neurale I 9,8 mm 10,0 mm
Neurale II
Kerle 11,0 mm 10,5 mm
Neurale IV
Name v 16,5 mm 13,0 mm
Neurale VI
Neurale VII a Ba
Neurale VIII 10,0 mm 10,5 mm
Postneurale — mm — mm
Pygale 9,0 mm (i. d. Mitti.)
Größte Länge 11 mm
Größte Breite 13,8 mm.
„
„
Palaeontographica. Bd. LX. 28
— 20 —
Mammalıa '.
INSECTIVORA.
Talpa minuta Blainville 1839.
(Taf. XI, Fig. 23.)
1839—64 Talpa minuta Blainville, H. de, Osteographie, Fasc. 6. Insectivora, pag. 97, pl. XI.
1851 be = l..artet, Notice sur la colline de Sansan, Auch 1851, pag. 15.
1859 5 hr Gervais, Zoologie et Pal&ontologie francaises, 2. Fait., pag. 58.
1887 ; 5 Schlosser, Die Affen, Lemuren, Insectivoren usw. d. europ. Tertiärs. Teil I. Beiträge
zur Palaeontol. Oesterreich-Ungarns. Wien, Band VI, pag. 134, Taf. VI, Fig. 16.
1891 55 B=1/1Hhr01, Etudes sur les mammiferes fossiles de Sansan. Annales de la soei6te geologique,
Paris. Vol. XXI, pag. 34.
1899 2 55 Gaillard, Cl, Mammiferes miocenes nouveaux ou peu connus de la Grive-Saint-Alban
(Isere). Arch. du Museum d’histoire naturelle de Lyon, tome VII, pag. 27, Fig. 17, A u. B.
1906 , > Redlich, K. A., Neue Beiträge zur Kenntnis der tertiären und diluvialen Wirbeltierfauna
von Leoben. Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanstalt. Wien 1906, pag. 169.
3 kurze gedrungene Humeri in der für Talpiden charakteristischen Form mit flachen verbreiterten
Epiphysen und in der Mitte eingeschnürtem kurzen Schaft liegen aus Kgl. Neudorf bei Oppeln vor.
Auf der Vorderseite des Humerus begrenzt eine deutliche Linea deltoidea eine breite Knochenfläche,
die Gaillard ].c. pag. 28 als ein Rechteck mit der kleinen Seite zur Claviceularfacette beschreibt,
und endigt in einem vorspringenden Höcker, so daß die Tuberositas deltoidea zu einer Prominentia deltoidea
wird. Auffallend sind die Variationen, die’ sich, bei dieser Prominentia deltoidea gemessen, in der Dicke
der Humeri finden und bei den Oppelner Exemplaren zwischen 2,6—3,4 mm schwanken. Am Caput humeri
bezeichnet eine ganz kleine, central gelegene Stelle die Gelenkverbindung zur Scapula; durch eine weit
größere, schräg verlaufende, sattelförmige Gelenkfläche am proximalen Rande zu Coracoid und Clavicula
— die bei der recenten Talpa europaea vereinigt sind — wird das Tubereulum minus nach hinten gebogen.
Ein sehr tiefer aber kurzer Sulcus trennt es von der Crista tuberculi majoris, die von einem breit dreieckigen
Tuberculum für die Ansätze von Scapularmuskeln ausgeht. Eine weite vertiefte Fläche trennt diese Crista
von dem breit vorspringenden medialen Rande. Während am unteren Ende das Capitulum humeri eine
knöpfchenförmige, kräftig gerundete Gelenkfläche für den Radius nach vorn vorgezogen zeigt, bei breit ab-
gestutzter Hinterfläche des Epicondylus, von dem oben noch eine Knochenspitze ausgeht, kommt die rau-
tenförmige kleine Gelenkfläche für die Ulna bis auf einen kleinen nach vorn reichenden Zipfel auf die Hin-
terlläche des Humerus zu liegen. Der Epicondylus medialıs ist unten schräg abgestutzt und zeigt eine
kleine Delle mit etwas aufgeworfenen Rändern. Die Fossa olecrani ist eine kleine aber tiefe Grube. Die
Länge des abgebildeten linken Oberarmknochen beträgt 9,6 mm.
Humerus
Häder Oppeln La Grive
Länge 9 9,5—10,2 9,5—10,5 mm
Breite am prox. Ende 6,8 7,2—1,5 7 —75 mm
Breite am dist. Ende 55 5,6—5,9 5,5—6 mm
' Diejenige Literatur, welche sich bei einem der zitierten Autoren ausführlich für die betreffende Species aufgezählt findet,
ist hier nicht wiederholt, sondern bei dem betreffenden Autor ein diesbezüglicher Hinweis in Klammern beigefügt.
— 21 —
Von dem übrigen Skelett ist bisher allein ein Unterkiefer, mit P,-M, in situ, in der Literatur be-
kannt geworden, den Redlich |. c. von Leoben anführt, ohne ıhn jedoch abzubilden. Eine nähere Kennt-
nis dieses Unterkiefers, der für eine Nachprüfung der Gattungsdiagnose von besonderem Interesse ge-
wesen wäre, konnte ich bisher nicht erlangen.
Vorkommen: Im Obermiocaen von Steinheim und Kgl. Neudorf bei Oppeln, im Flinz (Häder,
Reisensburg)_der bayrisch-schwäbischen Hochebene, in der oberen Süßwassermolasse von Biberach (Würt-
temberg), in Leoben (Steiermark), Sansan (Gers) und La Grive-Saint-Alban (Isere) in Frankreich.
Familie DIMVYLIDAE Schlosser 1887.
1887 Schlosser, Die Allen, Lemuren, Chiropteren, Insectivoren, Marsupialier, Creodonten und Carnivoren des europä-
ischen Tertiärs. Beiträge zur Paläontologie Oesterreich-Ungarns, Band VI, pag. 103.
Diese Gruppe kleiner Inseetivoren ist nur aus dem europäischen Miocaen und zwar noch sehr wenig kekannt. Sie zeichnet
sich durch ein seltsames Gebiß aus, in dem stets nur 2 untere und 2 obere Molaren vorhanden sind; von diesen erfährt der obere
M, eine Vergrößerung, während M, reduziert wird. Von den Praemolaren wird P, und P, abweichend von den übrigen Praemolaren,
die eine Reduktion erfahren, ausgebildet. Die bisher bekannten 4 Arten lassen sich in ebensoviele Gattungen und 2 Unterfamilien
gruppieren.
1. Gruppe
DIMYLINAE Gaillard 1899.
1899 Gaillard, Mammileres miocenes nouveaux ou peu connus de la Grive-Saint-Alban (Isere). Archiv. du Museum
d’hist. natur. de Lyon, tome VI, pag. 31.
Untere M gleich groß. Praemolaren wenig differenziert. J, C, P mit Ausnahme von P, einfach.
Gatt. Dimylus H. v. Meyer 1846.
1846 H. v. Meyer, Neues Jahrbuch pag. 473.
ObereM,undM,quadrituberkulär, M, elwas größer als M,, oberer P, elwas reduziert, der größere P, ein-
spitzig. Untere M mil 3 Innen- und 2 Außenhöckern.
a ! a
Zahnlormel: > J n CG 3 En M.
Dimylus paradoxus HU. v. Meyer. 1846. Aus dem Untermiocaen von Weißenau und Ulm (H.v. Meyer l.c. 1846,
ur
pag. 473; 1859, pag. 430; 1865, pag. 217; Schlosser,].c. pag. 105, Taf. IV).
Gatt. Plesiodimylus Gaillard 1897.
1897 Gaillard, Nouveau genre d’inseclivores ele. Comptes rendus de l’Acad. des Sciences, 31. Mai 1897.
Oberer M, (quadrituberkulär) sehr groß, M, trituberkulär; obere Praemolaren mit Basalband, P,zweispitzig
durch besonderen Innenhöcker. Untere Molaren langgestreckt, 2-jochig und mil Talon; untere P, und P, sehr klein, der einspitzige
P, vergrößert mit vorderem und hinterem Basalhöcker. J, größer als die anderen. Proximales Ende des Humerus slark verbreitert.
Se
Zahntormel? = I=C=P=M.
2 I a2
Plesiodimylus Chantrei Gaillard (1897, 1. c; 1899, lc. pag. 33) aus dem Obermiocaen von La Grive-Saint-Alban.
2. Gruppe.
CORDYLODINAE Wegner 1912.
Untere M verschieden groß, M, kleiner als M,. Praemolaren (P, und P,)hoch spezialisiert, J reduziert.
Gatt. Cordylodon H. v. Meyer 1859.
1859 H. v. Meyer, Neues Jahrbuch für Mineralogie 1859, pag. 174.
Oberer M, sehr groß, M, sehr kurz. Die 4 oberen Praemolaren einspitzig; P, vergrößert, C klein. Unterer M, länger
als breit,3untere Praemolaren vorhanden, davon P, sehr klein.
? 02 24: 2
Zahnforrmel: > J | C 3 BD 5 M.
Cordylodon haslachensis H. v.Meyer 1859. Aus dem Untermiocaen von Eckingen und Haslach bei Ulm (H.v. Meyer,
l. c. 1859, pag. 174; Schlosser,].c. 1887, pag. 108; Wegner, diese Arbeit, Taf. XI, Fig. 5—7 1.
Gatt. Metacordylodon Schlosser 1911.
1911 Schlosser in Zittel, Grundzüge der Palaeontologie. München, Band Il, pag. 368. Oberkiefer unbekannt. Unter-
kiefer mit Knochenvorsprüngen unter den Praemolaren. Unterer M, ebensobreit als Lane Nur
2 um tene Pirialerm orlariemssyiorihramtdiem:
2 > > pP)
Zahnformel. 1 J 1 (e > Pz M.
Metacordylodon Schlosseri Andreae 1904.
(Taf. XI. Fig. 1-4, Textfigur 23, A, B, C.)
1904 Cordylodon Schlosser Andreae, A., III. Beitrag zur Binnenconchylienfauna des Miocaens von Oppeln in
Schlesien. Mitteilungen aus dem Roemer-Museum Hildesheim Nr. 20, p. 20—22.
Von dieser für Oppeln so charakteristischen und bisher nur von hier bekannt gewordenen Art, die
Andreae bereits ausführlich beschrieben hat, liegen jetzt im ganzen drei Kieferfragmente vör, was für das
dürftige Material von Oppeln eine relativ große Häufigkeit bedeutet. Die Art scheint also das schnecken-
reiche Sumpfgebiet, an das sie eine besondere Anpassung war, in ziemlicher Anzahl bewohnt zu haben.
Am vollständigsten erhalten ist das Original Andreaes; ein später aufgefundenes Incisivenfragment
läßt auch die Beschaffenheit des J und C besser erkennen.
Unterkieferbezahnung: Die schon von Andreae vermutete Zahnformel für den Unterkiefer hat
sich bestätigt gefunden, sie ist J,,C,P,, P,, M,, M,. Die Incisiven sind 2 winzige Stiftchen, die schräg nach
unten im Kiefer stecken und deren Wurzeln etwas nach hinten divergieren, dabei sind sie verhältnismäßig
lang. Mit ihrer Außenkante schmiegen sich diese Incisiven in eine nach unten gerichtete Ausbuchtung auf
der Innenseite der kolbenförmigen Eckzähne dicht hinein. Auf dieser medianen Innenseite des Eckzahnes
zieht sich der Schmelz bis dicht an die Spitze zurück, während er sonst breit die ganze Außenfläche des
Eckzahnes bis dicht an die Alveolen hinab mantelförmig umgibt. Die nach oben gebogene Spitze ist breit
abgekaut. Ganz einzigartig sind die Praemolaren. Aus dem Vergleich mit anderen Gattungen der Dimy-
lidae ergibt sich ohne weiteres, daß es die eigentümlich vergrößerten und verbreiterten P, und P, sind.
P, hat in seinen allgemeinen Umrissen die Gestalt eines länglich-rundlichen Hügels mit der Breitseite nach
vorn und nach hinten zu spitz zusammenlaufenden Flanken, in dem sich ein breites nach vorn zu größer
werdendes Längstal auf der lingualen Flanke hinzieht und dadurch nach buccal und außen eine größere
Erhebung erkennen läßt. Vorn befindet sich noch ein kleines Höckerchen, das sich aus dem Basalbande
erhebt. Die Alveolen des P, liegen schräg hintereinander, für 2 kleine vordere Wurzeln und eine kräftige,
schräg nach hinten stehende Hauptwurzel. Ein breites Diastema hinter dem P, kündigt die Stelle eines
bei den Vorläufern dieser Art noch vorhanden gewesenen P, an. Der größte und mächtigste Zahn ist P,.
Seine niedere und flache, talonartige hintere Breitseite lagert sich eng an den ersten Molaren an, um am
lingualen und buccalen Rande ein wenig anzuschwellen. Von ihr schiebt sich ein mächtiger stumpfer Kegel
nach vorn und außen, dabei in etwas schräger Richtung nach unten weit über den Kieferrand hervor. Auf
' Bei der auf Taf. XI, Fig. 7 abgebildeten Oberkieferzahnreihe (C-M,) aus dem Untermiocaen von Haslach ist nur ein Frag-
ment des Vorderteiles von M, erhalten und abgebildet. Weiteres siehe bei Schlosser, l.c. Taf. IV, Fig. 45.
der lingualen Seite erhebt sich eine kleinere, hohe und stumpfe Spitze, die zuerst der Abkauung anheim-
fällt. Die erkennbare hintere Wurzel ist sehr lang und kräftig. Der vordere M, ist gleichfalls in besonderer
Weise spezialisiert. Vor allem ist er ungefähr ebenso lang als breit, in einem Falle sogar breiter als lang,
ein bei Unterkieferzähnen ungewohntes Maßverhältnis, sodann ist er deutlich quadritubereulär. Dadurch
erhält er ganz den Habitus eines Oberkiefermolaren und, isoliert gefunden, wäre eine solche Verwechselung
bei diesem unteren ersten Molaren leicht möglich. 2 kräftige buccale Höcker, von denen der vordere dicht
an den vorderen lingualen Höcker heranrückt, werden durch eine kräftige Außenwand miteinander ver-
bunden. Der wohl gerundete hintere Innenhöcker steht mehr isoliert da und zwar ganz an der lingualen
Seite des Zahnes. Die Mitte der Zahnkrone ist napfförmig vertieft. Ein gut ausgebildeter Basalwulst um-
gibt die Basis der Zahnkrone. Der kleinere und im Gegensatz zu M, ganz schmal gebaute M, ist in seinem
vorderen Teil die verschmälerte Nachbildung des ersten Molaren, nur sind die beiden Vorderhöcker ganz
miteinander verschmolzen und bilden einen nach hinten offenen Halbmond. Der hintere linguale Höcker
ist gleichfalls isoliert, doch schickt der hintere Außenhöcker einen scharfen Grat in lingualer Richtung vor.
Ganz abweichend von dem ersten Molaren besitzt der M, dahinter noch einen großen Talon mit gleichfalls
napfförmig vertieftem Boden und erhöhtem scharfen Hinterrande, der die Gestalt eines nach vorn zu offe-
nen Halbmondes annimmt. Auf der buccalen Seite befindet sich ein kräftiger Basalwulst.
Maße.
B> D; M, M,
I II l 11 Ill I Il I II
Länge 3,5 343 2,9 27 2,5 2,3 2,3 2,3 2,0 mm
Breite 2,5 3.3 37 I 3:0 2,7 2,3 1,4 1,6 mm
Am Unterkiefer bildet die Symphyse eine massive Einheit und erstreckt sich, unten schön gewölbt,
weit nach hinten; sie wird 8—8,5 mm lang. Oben buchtet die Symphyse eine nach hinten breiter werdende
Rinne aus, die in einem ziemlich großen Foramen nutricium endigt. Im spitzen Winkel entfernen sich von
ihr die zarter und immer schmäler werdenden Kiefer. Ein sehr kleines Foramen mentale liegt ziemlich
weit nach hinten unterhalb des M, und zwar ganz unten näher dem unteren Kieferrande zu. Gleich hinter
dem M, erhebt sich der Ansatz des ramus ascendens. Der Processus coronoideus endigt in einer schwachen
etwas schief stehenden Gelerikfläche. Im ganzen hat das hintere Ende des Kiefers einen Erinaceus ähnli-
chen Habitus. Die vordere Ansatzstelle des Masseter besteht in einer deutlichen, wenig hervorspringenden
Tuberosität. Dagegen ist eine ziemlich tiefe, wohl gerundete Fovea submaxillaris zu erkennen.
Ganz besonders merkwürdig ist aber die Umgestaltung, welche sekundär auch der vordere Teil des
Corpus mandibulae nach der vorausgegangenen Spezialanpassung und ungewöhnlichen Umgestaltung ins-
besondere der Praemolaren und des ersten Molaren erfahren hat. Die beiden breiten stumpfhöckerigen
Praemolaren sind auf 2 getrennte, balkonartig weit hervorspringende, massive Knochenauswüchse verlagert,
über welche die Zahnkronen noch hervorragen, um so zwei getrennte hervorspringende Knacker zu bilden.
Mit bloßen Vorbuchtungen der äußeren Alveolenwände sind diese Knochenvorsprünge nicht zu vergleichen.
Was die näheren Verwandtschaftsverhältnisse anbelangt, so ist die obermiocaene Gattung Metacor-
dylodon unter weiterer Spezialisierung von P,, völliger Reduktion von P,, Verbreiterung von P,, Rückbil-
dung des vorderen Höckers von M, und zugleich Verbreiterung dieses ganzen Zahnes aus der schon hoch
spezialisierten untermiocaenen Gattung Cordylodon hervorgegangen, wie aus einem Vergleich von Fig. 2
mit Fig. 5 auf Tafel XI ersehen werden kann. Diese untermiocaene Gattung Cordylodon entstammt viel-
— 24 —
leicht einem den Erinaceiden nahestehenden Stamme. Weitere Anhaltspunkte als einige Aehnlichkeiten im
Bau der Molaren fehlen dafür noch völlig.
Der seltsame Unterkiefer, der aus einer ganz besonderen Anpassung an ganz bestimmte Nahrungs-
und Lebensverhältnisse hervorgegangen sein muß, gibt zu einigen biologischen Betrachtungen Veranlassung.
Die Fundumstände, das Vorkommen von Metacordylodon in dem von ungeheuren Mengen zerdrückter Schnek-
kenschalen durchsetzten Ton von Oppeln geben uns einen Hinweis, daß die Zähne des Metacordylodon
eine ähnliche Anpassung wie beim Trochotherium an eine Zerkleinerung von Schneckenschalen darstellen
könnten. Ein Gebiß mit derartig hervorspringenden Praemolaren ist bei den Säugetieren einzig. Die Eid-
Textligur 23. Die auf balkonarlig hervorspringenden Knochenfortsätzen befindlichen Knackerzähne A. (von oben)
B. (von der Seite) €. (von unten) bei der Inseclivorengattung Metacordylodon (zum Vergleich etwas über 3 mal ver-
erößert) D. E. F., ebenso bei der Dipnoergattung Protopterus (Nat. Gr.).
echsenart Cordylea, deren gleichfalls bohnenförmige Zähne H. v. Meyer Veranlassung zur Bildung des
Namens Cordylodon gaben, zeigt in der allgemeinen Gestalt der Zähnchen nur eine entfernte Aehnlichkeit.
Wenn wir uns weiter bei den Reptilien nach Anpassungen an eine Nahrungsweise umsehen, bei der ein leich-
tes Zerknacken und Zerbrechen von Schnecken oder Muschelgehäusen in Gebrauch gewesen sein mag, so
stoßen wir auf die in den Triasmeeren lebenden Placodonten, die sehr wahrscheinlich von solchen Hart-
schalern lebten. Aber beim Placodus sind die Zähne zu breiten Platten umgewandelt und die Mechanik für
ein breites Zermahlen zwischen diesen Platten entwickelt.
Dagegen findet sich einige äußerliche Aehnlichkeit bei einem Dipnoer unter den Fischen und zwar
beim Protopterus aethiopicus Heck el, dem Muschelknackerlisch aus dem weißen Nil. Bei diesem finden
— 25 —
wir in der Unterkieferbezahnung gleichfalls 2 in ähnlichem Abstand von einander befindliche, zu Knackern
umgebildete, mit Schmelz bedeckte Höcker, welche auf balkonartige Vorsprünge der Knochenunterlage
herausgerückt sind.
Natürlich wird eine weitere Homologisierung zweier im System voneinander so entfernter Organis-
men in den einzelnen mechanischen Faktoren ihres Gebisses nicht so sinnfällig sein, daß diese ohne weiteres
auf völlig gleiche Lebensbedingungen schließen lassen müßten, aber sie werden sich bei näherem Vergleich
doch immer noch auffallend genug erweisen, um nicht übersehen zu werden. Der von den Ineisiven und Ca-
ninen beim Metacordylodon gebildeten querstehenden Schneide entspricht der querstehende scharfe Schmelz-
kamm, der sich beim Protopterus auf der kompakten, kräftigen Symphyse befindet. Ihm folgt ein stark
prominierender erster Zacken, der beim Protoßterus der größere ist und beim Metacordylodon dem zum
Knacker ausgebildeten P, entsprechen würde. Eine tiefe Ausbuchtung der Schmelzleiste beim Protopterus,
ein Diastema beim Metacordylodon führt zu dem zweiten Knacker, beim Protopterus ein stark hervorsprin-
gender, wenig kleinerer Zapfen, beim Metacordvlodon der auf einem balkonartigen Knochenvorsprung vor-
gelagerte und stark vergrößerte P,. Bei beiden folgt dann eine breitere Mahlfläche, während die dahinter
liegende scharfe Kante beim Protopterus etwa den beiden schneidend scharfen Halbmonden des hinten
liegenden Molaren M, beim Metacordylodon entsprechen könnte. Allerdings finden wir im lebenden Pro-
topterus, dessen einheitliche Schmelzleiste ontogenetisch aus der Verschmelzung einzelner Zähnchenanlagen
hervorgeht und bei dem die Deckknochen des Unterkiefers mit dem Meckelschen Knorpel zu einem stabilen
Ganzen verwachsen, einen langlebigen Dauertypus, von dem fast gleiche Formen schon ım Oligocaen
Aegyptens bekannt sind, während wir es beim Metacordylodon mit einer sehr kurzlebigen und im Gegensatz
zu Protopterus wohl infolge dieser gleichen Spezialisation sehr schnell wieder ausgestorbenen Gattung zu
tun haben. Die Ursache mag darin liegen, daß das Milieu des im Wasser lebenden Fisches selbst in dieser
langen Zeit nur einem geringen Wechsel unterworfen war, während für das Metacordylodon das Ende des Ober-
miocaens bedeutende klimatische und andere örtliche Umwandlungen mit sich brachte und damit ein Ver-
schwinden der es ernährenden Schneckenfauna, Veränderungen, denen dieses kleine Insectivor erliegen
mußte. Jedenfalls macht das Vorhandensein der gleichen mechanischen Elemente beim Protopterus den
Schluß wahrscheinlich, daß die zu zerkleinernden Nahrungsobjekte beider ungelähr die gleichen waren und
daß sich damit das Metacordylodon aus dem obermiocaenen Schneckenton von Oppeln auch tatsächlich von
Schnecken nährte. Vermutlich liebte das winzige Tierchen wie manche lebende Sorieiden auch den Auf-
enthalt an oder im Wasser, wofür wieder sein relativ häufiges. Vorkommen in dem Oppelner obermiocaenen
Schneckensumpfgebiete spricht.
Erinaceus sansaniensis Lartet 1851.
VEaRSERI, Biere.)
1851 Erinaceus sansaniensis Lartet, Notice sur la colline de Sansan. Auch 1851, p. 12.
1859 = ” Gervais,P., Zoologie et Pal&ontologie francaises. 2. edit. 1859. p. 53.
1887 in ” Schlosser, Die Affen, Lemuren, Chiropteren, Inseetivoren, Marsupialier, Creodonten
und Carnivoren d. europ. Tertiärs. Beiträge zur Pal. Oesterr.-Ungarns. Band VI. Teil I,
PZIWUr pP. 409.
1891 5 :z Filhol, Etudes sur les mammiferes fossiles de Sansan. Annales de la soeiet&e geologique,
Paris, vol 28EX1,.p., 21. j
1893 35 FH: Hofmann, Die Fauna von Göriach. Abhand. d. k. k. geol. Reichsanstalt-Wien. Bd. NV,
Heit’6, p. 21. "Taf. II,.Fig. 4,
In der Literatur finden sich nur spärliche Angaben über Oberkiefer-Molaren dieses Insectivoren,
— 226 —
die im Bau viel Aehnlichkeit mit den Zähnen des lebenden Erinaceus europaeus zeigen, nur sind die Zähne
weit winziger, da dieser obermiocaene Vorläufer, wie schon Lartet|.c. p. 12 hervorhebt, nur etwa ein
Drittel so groß war.
Hofmann beschreibt ]. e. p. 21 einen zweiten linksseitigen oberen Molaren und bildet ihn auf
Taf. 2, Fig. Aa und b ab. Leider ist aber seine Abbildung als wenig gelungen zu bezeichnen.
Von Oppeln liegt ein rechtsseitiger oberer zweiter Molar vor. Er zeigt drei nach unten zu divergie-
rende Wurzeln, eine kräftige breite linguale und zwei schwächere buccale.
Die Krone weist einen kräftigen Basalwulst auf. Von den vier spitzen Tuberkeln ist der hintere
linguale Innentuberkel weit niedriger als der erste. Die beiden vorderen Tuberkel sind durch ein sich nach
der Mitte zu einsenkendes Joch verbunden. Von dem vorderen lingualen Innenhöcker läuft schräg nach
hinten und buccal ein Grat hinab, der an seinem unteren Ende eine > - förmige Usur trägt. Der eine Ast
dieser Gabel weıst nach dem niedrigen hinteren lingualen Innenhöcker, der zweite nach einem winzigen
/Zwischenhöckerchen zu, das sich an den hinteren buccalen Außenhöcker anschmiegt. An der "distalen
Außenecke der buccalen Seite des Zahnes erhebt sich der Basalwulst fast zu einem niedrigen accessori-
schen Höcker (Pfeilerchen), der auf seiner Spitze die eine Hälfte einer nierenförmigen Usur aufweist, die
sich bis auf den hinteren buccalen Außenhöcker hinzieht. An der vorderen Außenecke der buccalen Seite
verbreitert sich der Basalwulst zu einem stark hervorspringenden Talon, der eine ausgeprägte halbmond-
förmige Usur zeigt, die sich jedoch noch schweifförmig bis auf den Basalwulst der Vorderseite hinzieht.
Maße:
O. l. M, von Göriach (nach Hofmann)
Breite 3,4 mm
Länge 3,0 mm
O. r. M, von Oppeln
Breite 2,9 mm
Länge 2,5 mm
Der Zahn von Oppeln ıst also etwas kleiner als der von Göriach.
Vorkommen: Im Horizont von Sansan (Departement Gers), ferner in dem nach Deperet etwas
jüngeren Horizont des oberen Miocaens von La Grive-St.-Alban (Isere), Göriach, dem Flinz der bayrisch-
schwäbischen Hochebene (Günzburg) und Kgl. Neudorf bei Oppeln.
CARNIVORA.
Cephalogale Gaillardi nov. spec.
(Taf. XII, Fig. 25, Textfigur: 24.)
1899 Cephalogale sp. Gaillard, Cl. Mammiferes miocenes nouveaux ou peu connus de la Grive-Saint-Alban (Isere).
Archiv. du Museum d’histoire naturelle de Lyon, tome VII, pag. 49, Fig. 26.
Gaillard entdeckte zuerst Ueberreste dieser Cynodontinengattung in obermiocaenen Schichten,
während sie vor ihm nur aus dem Oligocaen und Untermiocaen sicher bekannt war. Das von Gaillard
beschriebene Fragment eines linken Oberkiefers zeigt den P,-M, in situ. Von Oppeln sind die gleichen Zähne
beider Kieferhälften erhalten, welche unsere Kenntnis über diese Art ein wenig zu vermehren geeignet
sind und die ich nach dem ersten Entdecker benenne.
— 27 —
Der kleine P, zeigt 2 kräftige Wurzeln. Die Zahnkrone besitzt eine rundliche, seitlich etwas zu-
sammengedrückte Spitze, die mit Ausnahme der buccalen Seite von einem niedrigen Basalwulst umgeben
wird. Von der Spitze läuft nach vorn und hinten je ein schwacher Grat
herab. Der hintere Grat wird von einem kleinen Knöpfchen unterbro-
chen, bevor er den hier etwas talonähnlich verbreiterten hinteren Basal-
wulst erreicht. Der Reißzahn P, zeigt 2 kräftige Außenhöcker, von
denen die Vorderspitze (Protocon) höher und dicker ist, während der BE Sa ob natogalı Gatlları nor.öpee.
hintere Zacken (Tritocon) eine langgestreckt trapezoide Usur auf der Fragment eines linken Oberkieters.
lingualen Seite zeigt. Nach dem vorderen Basalwulst laufen nach unten Nat. Gr. Aus dem Ober-Miocaen von
La Grive-Saint-Alban (Isere).
divergierend zwei schwache Grate von der Hauptspitze (Protocon) herab.
Auf der lingualen Seite geht der weit ausgezogene Basalwulst zu dem Ansatz eines niederen Innenhöckers
(Deuterocon) über. Ferner macht der Basalwulst an der lingualen Hinterecke noch eine kleine Ausbiegung.
Der erste Oberkiefermolar besitzt 2 kräftige Außenwurzeln und eine niedrigere, aber breite Innen-
wurzel. Charakteristisch ist die an den Ecken abgerundete, ungefähr dreieckförmige Zahnkrone mit 2
kräftigen buccalen Höckern, dem Metacon und dem etwas spitz vorgezogenen Paracon. Als winziges Zwi-
schenspitzchen findet sich ein Metaconulus, der sich an einen breiten, flach bogenförmigen Innenhöcker
(Protocon) anschließt. Besonders lingual ist das kräftige Basalband stark aufgewulstet und verbreitert,
buccal findet sich eine geringe Verbreiterung an der Vorderspitze, während sich hinten ein Höckerchen
ausbildet, das man als beginnende Anlage eines Metastyls bezeichnen möchte:
Die Maße sind:
Oppeln La Grive
pP Länge 6,4 6 mm
3 Breite 39 3,5 mm
p Länge 10,7 10 mm
* Breite 1.5 7. "mm
M Länge 93 8,5 mm
1 Breite 10,5 I mm
Im Vergleich mit den nächstverwandten Formen ergibt sich, daß bei Cephalogale minor (?) Filhol!
aus dem unteren Miocaen von Saint-Gerand-le-Puy bisher nur Unterkieferzähne bekannt sind, gleichwohl
sind die untermiocaene und die obermiocaene Form als 2 verschiedene Arten anzusehen. Bei dem eigentli-
chen €. minor Filh olaus dem Oligocaen des Quercy ist das buccale Basalband des 1. Molaren fast ebenso
stark wie das linguale und auch bei den Praemolaren ist ein deutlicher äußerer Basalwulst vorhanden,
dazu erscheinen beim P, die vorher beschriebenen schwachen Grate am Protocon bei dieser Art als dicke
Leisten, während bei C. Gaillardi das linguale Basalband des 1. Molaren bedeutend verdickt wird. So-
wohl bei €. brevirostris Blainville wieC. minor Filholist der erste Oberkiefermolar weit rundlicher
als bei der obermiocaenen Art. Die einzelnen Exemplare von €. Gaillardi aus La Grive und Oppeln stim-
men im wesentlichen recht gut überein.
Vorkommen: Im Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln und von La Grive-Saint-Alban
(Isere).
u B2110:03%, Etude des mammiferes fossiles de Saint-Gerand-le-Puy (Allier). Annales des sciences geologiques, tome N,
pag. 118, planche 18. Paris 1879.
Palaeontographica. Bd. LX. 29
— 28 —
Ursavus brevirhinus Hofmann 1887
(Taf. XII, Fig. 15—22, Taf. XIV, Fig. 2, 3 u. 6.)
1887 Cephalogale brevirhinus Hofmann, Säugetierreste aus der Braunkohle von Voitsberg und Steieregg. Jahrb.
d. k. k. geol. Reichsanstalt p. 208, Taf. X, Fig. 1—5.
1892 Hyaenarctos brevirhinus Hofmann, Beiträge zur miocaenen Fauna der Steiermark. Ibidem, p. 64—70. Taf. II,
Fig. 1—3, Taf. III, Fig. 5—7.
1888 Hyaenarctos minutus Koken, Sitzungsber. d. Ges. naturf. Freunde. Berlin, p. 44, Fig. 1. 2.
1898 Uysavus brevirhinus Schlosser, Ueber die Bären und bärenähnlichen Formen des europäischen Tertiärs,
Palaeontographica Band XLVI, pag. 103. Taf. XIII, Fig. 12, 13, 18, 19, 23.
1899 Uysus primaevus Gaillard, Cl, Mammiferes miocenes nouveaux ou peu connus de la Grive-Saint-Alban
(Isere). Archiv. du Museum d’histoire naturelle de Lyon, Tom. VII, pag. 44, fie. 24, 25.
1906 Ursavus brevirhinus Redlich,K.A., Neue Beiträge zur Kenntnis der tertiären und diluvialen Wirbeltierfauna
von Leoben. Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanstalt. Wien 1906, pag. 170.
Diese Art ist neben Dierocerus furcatus Hensel am häufigsten im Obermiocaen von Oberschlesien
vorhanden. Es liegen ein rechter und ein linker, einander völlig symmetrische und wohl von demselben
Individuum herrührende, obere Eckzähne und ein linker oberer M, und M, (das Original zuKoken und
Schlosser l.c.)— siehe Tafel XII, Fig. 16 aus den Toneisensteinen von Kieferstädtel O.S. vor, von Kgl.
Neudorf isolierte obere P,, M,, M, und ein rechter Unterkiefer mit P,-M,. Hierher wäre auch das proximale
Endstück eines Radius zu stellen.
Die oberen C sind seitlich zusammengedrückt. Ihre vordere Außenseite ist mit einigen Längsriefen
versehen und deutlich convex, die hintere Innenseite stark eingebogen und glatter. Letztere wird von einem
weniger ausgeprägten, nach vorn vorgerückten, lingualen und von einem stärkeren buccalen, mehr nach hin-
ten gerückten scharfen Kamm begrenzt. Von dieser buccalen kammartigen Schmelzleiste der Hinterseite
gibt Hofmann (l.c.p.65) an, daß sie mit einer feinen Zähnelung versehen war, von der H. aber nur
noch Spuren wahrnehmen konnte. Solche geringe Spuren einer Zähnelung zeigen sich auch an der gleichen
Leiste an beiden Eckzähnen von Kieferstädtel. Nach Redlichl. ce. pag. 170 sollen an einem oberen
Eckzahn von Leoben beide Schmelzleisten gezähnt sein.
Ringsherum ist der Canın von einem wohlentwickelten Basalband umgeben, das an der Außenseite
wellig gebogen, auch an den Seiten der Kronenbasis keine Unterbrechung aufweist und besonders an der
Innenseite sehr kräftig entwickelt ist. Schlosser gibt ein inneres Basalband nur bei den unteren Ca-
ninen an. Die Wurzel, soweit erhalten, zeigt den kräftigen breitgedrückten Ansatz der Ursiden an der
Kronenbasis, dessen Dieke Hofmann mit einer Ausbauchung an der Außenseite beschreibt.
Voitsberg n. Hofmann Kieferstädtel
[ Länge 11 mm 13,5 mm
oberer C. (Zahnkrone) Breite 7 mm 8 mm
| Höhe 19 mm 25,5 mm
Von der postcaninen Oberkieferbezahnung sind3P,in verschiedenen Abkauungsstadien erhalten. An
die kräftige Hauptspitze (Protocon) schließt sich eine kurze, ein wenig schräg gerichtete (auf dem Fragment
Taf. XII, Fig.15) Schneide an, die auf Taf. XII, Fig. 22 nur in ihrem dicken Basalansatz erkennbar wird;
ein gut ausgebildetes Basalband verbindet sie mit der verhältnismäßig stark zurückgebogenen Innenspitze
(Deuterocon). Vom viereckigen oberen M, weisen mehrere Exemplare verschiedene kleine Variationen auf.
Allen gemeinsam sind 2 kräftige buccale Wurzeln und eine breit massive, gekrümmte linguale Wurzel.
— 29 —
In der Zahnkrone schließen 2 höhere Außenhöcker, von denen der vordere etwas aus der viereckigen Um-
randung hervorspringt, und 2 sehr niedrige linguale Höcker ein breites Innental ein, von dem ein mehr
oder minder deutlicher Grat zwischen hinterem Außen- und Innenhöcker eine schräge, nach dem distalen
Ende des Zahnes sich neigende Hinterfläche trennt. Einige Variationen zeigen sich nun in der Runzelung.
Während diese eben erwähnte Hinterfläche bei dem kleinen Exemplar aus Kieferstädtel gleichfalls mit
Runzeln dicht bedeckt ist und somit zusammen mit der lingualen Innenwand bei hier besonders niedrigem
Innenhöcker ein fortlaufendes gerunzeltes Schmelzband um Innen- und Hinterseite der Krone zu bilden
scheint, ist eine solche Runzelung bei den Exemplaren von Oppeln mehr oder minder stark nur auf der
lingualen Seite vorhanden. Gaillard (l. ce. pag. 44) gibt von den Oberkiefermolaren von La Grive an,
daß die Runzelung die ganze Kronenoberfläche bedecke. Ein sehr stark ausgebildetes Basalband umgibt
die ganze Krone, das auf der lingualen Seite zu einem breiten Polster anschwillt, bald gerundet ist (Taf.
XII, Fig. 18), bald mehrfache Fältelungen aufweist (Taf. X1I, Fig. 19). Bei dem in der Grundanlage ähnlich
gebauten M, wird der vordere und niedrige linguale Höcker zu einem flach gerundeten Rücken. Hinten
ist die Krone zu einem Talon mit besonders kräftiger Runzelung erweitert. Auch hier finden sich Varia-
tionen in der Runzelung, die sich bei einem Exemplar aus Oppeln (Taf. XII, Fig. 17) auf der ganzen Kro-
nenfläche wie bei einem linken oberen M, aus La Grive findet.
Oberkiefer:
Voitsberg Kieferstädtel Oppeln La Grive
I II Il
p Länge 12 A133 .4128 13 mm
* Breite 8 10 93 8 mm
M Länge 12 12,1 14 14,4 13 mm
ı Breite 10,5 1a 12,2 12 12 mm
M Länge 11:5 13 15,6 17 mm
“2 Breite 10 10,5 121 13 mm
Unterkiefer:
Steieregg Voitsberg Oppeln La Grive
p Länge 15 8 95 mm
4 Breite 3,8 4,5 56 mm
r Länge 16 18 192 20 mm
M, Breite — 6,8 9,2 10 mm
M Länge 11,8 .12 13,8 mm
"2 Breite 7 8 93 mm
Der Taf. XII, Fig. 20 und 21 abgebildete Unterkiefer zeigt die kräftige sich bis unter den P, erstreckende
Wurzel des Eckzahns, die Alveolen der zweiwurzeligen P, und P,, P,-M, in situ und die ovale Alveole der
einen breiten Wurzel des M,. Die Höhe des Unterkiefers beträgt unter dem M, 22 mm, seine Form ist gleich-
mäßig langgestreckt, wenig sculpturiert, das glatte gleichmäßige Korpus mit ganz seichter Fovea sub-
maxillaris und etwas eingezogener Pars alveolaris; die Massetergrube ist für einen Ursiden ziemlich flach.
Der ganze Unterkiefer macht, soweit sich bei dem Fragment davon sprechen ‚läßt, einen primitiven Ein-
druck.
— 230 ° —
-
Von den Unterkieferzähnen zeigt der konische P, am Hinter- und Außenrande ein gut abgesetztes
Basalband. Beim M, werden die beiden Vorderhöcker von 2 in geringem Winkel zueinander gerichteten,
durch eine tiefe linguale Einkerbung getrennten, kurzen Schneiden, nämlich einem niedrigen Vorderzacken
(Paraconid) und einer kräftigen Hauptspitze (Protoconid) gebildet, an ihn lehnt sich ein kurzer dieker etwas
lingual gedrehter Innenhöcker (Metaconid). Den breit abgestutzten Talon des Zahnendes begrenzen ein
niedriger, von einer tiefen Usur ausgeschliffener buccaler Höcker (Hypoconid) und ein kleiner buccaler
langgestreckter und randständiger Grat (Entoconid). Der breit gebaute, länglich viereckige M, ist in sei-
nem vorderen Teil von einer breit _L-förmigen Usur abgeschliffen und weist keine Vorderspitze auf, der hin-
tere Talon ist ganz wie beim M, gebaut.
Vom Extremitätenskelett ist das proximale Ende eines Radius erkennbar erhalten. Im Winkel von
etwa 30° zur Längsachse des Knochen steht das kreisrunde Capitulum, dessen Circumferentia articularis
übrigens bestoßen war; die Ansatzstelle an der Tuberositas zeigt eine kräftig geschwungene Linie.
Ursavus gilt jetzt allgemein als eine Ahnform der Ursiden.
Vorkommen: Im Obermiocaen von Steieregg, Voitsberg und Leoben in Steiermark, Kiefer-
städtel und Kgl. Neudorf in Oberschlesien, La Grive-St.-Alban in Südostfrankreich.
Mustelide sp. ind.
(Tat. xIL, Big 10,)
Ein Calcaneus von 21 mm Länge aus Kgl. Neudorf läßt, da es an Funden zugehöriger Zähne mangelt,
keine nähere Bestimmung zu.
Vorn ist dieser Knochen senkrecht abgestutzt durch die fast kreisrunde, unbedeutend vertiefte Ge-
lenkfläche für das Cuboid. Das medial breit ausladende flache Sustentaculum trägt oben eine gleichfalls
fast kreisrunde Facette, unten eine nur mäßige Peronaeusfurche. Eine näpfehenförmige Vertiefung in der
Mitte des Knochens trennt das Sustentaculum vom Processus trochlearis mit merkwürdig scharfer, schön
geschwungener Kante. In schief gestellter Wölbung steigt die ectale Facette zu dem 8,5 mm hohen Tuber
empor, das oben eine Crista krönt und das am hinteren verdickten Ende gerade abgestutzt ist, wo zwei
Tuberositäten für die Ansatzstellen der Heber des Fußes zu erkennen sind.
Lutra oppoliensis nov. spec.
(Taf. XII, Fig. 8—14, Taf. XIV, Fig. 5.)
Von einer Lutra liegen die oberen P,-M, und ein Unterkieferfragment mit P,-M, in situ vor. Zu der-
selben Art könnten ein isolierter unterer und oberer C, dazu ein sehr dürftig erhaltenes Radiusende gehören.
Die Praemolaren sind einfach gebaut, vorn mit sehr schwachem und hinten deutlichem Basalwulst;
bei den unteren neigt sich die Spitze etwas nach hinten. Sämtliche Zähne sind mit feinen Riefen bedeckt,
die auf der Außenseite stärker denn auf der Innenseite sind. Derobere P,hat eine steil ansteigende Haupt-
spitze (Protocon), die nach hinten in einer [lach gebogenen Schneide allmählich abfällt. Lingual befindet
sich ein besonders kräftiger Basalwulst, der in den niedrigen, aber kräftigen Innenhöcker (Deuterocon)
mit hakenförmig gekrümmter Spitze übergeht.
Der unregelmäßig rechteckige erste Molar mit schmälerer buccaler und breiterer lingualer Hälfte
hat eine recht flache Krone mit nur niedrigen Höckern. Buccal stehen 2 niedrig-konische Außenhöcker
— 231 —
(Paracon und Metacon), eine schüsselförmige Vertiefung trennt sie von dem flach gebogenen, breiten Innen-
höcker (Protocon). Am Hinterrande schiebt sich ein konischer Metaconulus dazwischen. Die beiden bucca-
len Höcker umgibt ein geperltes Basalband. Auf der lingualen Seite trennt eine mit starken Riefen be-
deckte Furche den Innenhöcker von dem massiven Basalband, das mächtig verbreitert diese Seite umgibt
und sich nach dem Hinterrande zu sogar in 2 Perlchenreihen verteilt, von denen die innere die stärkere
bleibt. 2 kleinen spitzen Außenwurzeln gegenüber ist die große linguale Wurzel mit ihrer Breitseite (4,6 mm
breit) quergestellt.
Die Maße sind: p Länge 8,5 mm
4
Breite 6,3 mm
M Länge 6,4 mm
"1 Breite 83 mm
Das Fragment eines oberen G (?) Taf. XII, Fig. 13 (2'/sfach vergrößert) zeigt, von vorn gesehen,
eine lange schmale Wurzel. Beim unteren M, bilden das Paraconid, hier verhältnismäßig klein und nied-
rig, mit der Hauptspitze (Protoconid) 2 in geringem Winkel zu einander gestellte, durch einen scharfen
Einschnitt getrennte Scheren. Ein kleiner hinterer Absatz der Hauptspitze wie bei L. vulgaris ist nicht
wahrzunehmen. An die Hauptspitze lehnt sich lingual und wenig nach hinten stehend ein etwas nied-
rigerer konischer Höcker (Metaconid) an. Das schmal gebaute, schüsselförmig vertiefte Talonid wird buccal
nur von einem niedrigen Hypoconid und einem lingual sich daran anschließenden erhöhten Saum warzenför-
miger Knötchen begrenzt, es ist fast so lang wie der vordere Teil des Zahnes. Das Corpus mandibulae
ist gleichmäßig gerundet, ziemlich diek, mit wenig ausgeprägter Fossa submaxillarıs. Das Foramen men-
tale befindet sich unter dem P, in der Mitte des Kiefers. Der vordere Abschnitt der Massetergrube ist
flacher als bei L. vulgarıs.
Die Maße sind: Prim Länge 5,3 mm
sm. Breite 3,0 mm
Länge 6,8 mm
P, inf. Breite 4,0 mm
Min. Breite 50 mm
Von der obermiocaenen Lutra Lorteti Filh o 1 unterscheidet sich die Oppelner Art durchaus. Anden
Praemolaren ist bei Lutra Lorteti vor allem eine Nebenspitze vorhanden, die bei L. opfoliensis fehlt, wo-
durch erstere übrigens der recenten Lutra vulgaris genähert erscheint. Am unteren M, steht der Vorderhöcker
(Paraconid) mehr nach innen gedreht, auch ist der Zwischenraum zwischen ihm und der Hauptspitze (Proto-
conid) größer, da dieselben beträchtlicher auseinanderweichen. Das Talonid ist hinten breit abgestutzt.
Sehr nahe steht der Oppelner Form der von Fraas! als Luira Valetoni abgebildete Unterkiefer aus
Steinheim. Sehlosser? konnte schon vor langem darauf hinweisen, daß diese Form mit der wirklichen
Lutra (Potamotherium) Valetoni E. Geoffroy 1832aus dem Untermiocaen nichts zu tun hat. Mit der Oppel-
ner Form hat das Steinheimer Exemplar den einfachen Bau der Praemolaren und die grubige Ausbildung
des Talons am unteren M, gemeinsam. Fraas gibt nur eine Seitenansicht, die jedoch etwas größer ausge-
fallen ist als die Maße im Text angeben. Da es an einer Ansicht der Steinheimer Zähne von oben mangelt,
l Fraas, O., Die Fauna von Steinheim, Stuttgart 1870, pag. 8, Taf. I, Fig. 18.
? Schlosser, M., Die Affen, Lemuren, Carnivoren usw. des europ. Tertiärs. Teil II Carnivora. Beiträge zur Palae-
ontologie Oesterreich-Ungarns, Band VII, pag. 124. Wien 1889.
—_— 232 —
läßt sich ein genauer Vergleich nicht durchführen. Wahrscheinlich wird der Steinheimer Unterkiefer in die
hier beschriebene Art einzubeziehen sein. i
Vorkommen: Im Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln und Steinheim (?).
Trochotherium cyamoides OÖ. Fraas 1870.
(Taf. XII, Fig. 7.)
1870 Fraas, O., Die Fauna von Steinheim, p. 7, Taf. 1, Fig. 13 und 14.
1886 Fraas, O., Beiträge zur Fauna von Steinheim, p. 317, Taf. 2, Fig. 4, 5, 6.
1889 Schlosser,M., Die Affen, Lemuren, Chiropteren etc. des europäischen Tertiärs. Teil II, Carnivora. Beiträge zur
Palaeontologie Oesterreich-Ungarns, Bd. 7, p. 127—131.
Diese seltsame, den Meliden nahestehende Gattung war bisher nur aus dem Obermiocaen von Stein-
heim in Württemberg bekannt. Von Oppeln liegt ein Unterkieferrest vor, dem allerdings sämtliche Zähne
fehlen, bis auf den bisher noch unbekannten M,. Die Alveolenränder sind deutlich erhalten, nur der Pro-
cessus coronoideus ist weggebrochen. Den Maßen nach ist der vorliegende Unterkiefer etwas größer als
die Form von Steinheim. Die Gesamtlänge des zuerst gefundenen Unterkiefers von Steinheim beträgt
58,5 mm, die der Form von Oppeln 61,5 mm ohne die Zähne. Der so merkwürdig bohnenförmig abge-
plattete M, scheint bei der Oppelner Form noch speecialisierter gewesen zu sein. Die Länge dieses Zahnes
beträgt an dem mir vorliegenden Steinheimer Unterkiefer aus der Stuttgarter Sammlung 8,2 mm; an
einem weiteren Unterkieferfragment (ebendaher No. 12 223) mißt der M, 9,1 mm. Die Länge des M, des
Exemplars von Oppeln muß, nach der Größe der Alveolen zu schließen, etwa 16mm betragen haben. Von
einem isolierten unteren M, beschreibt Fraas neben einer starken Vorder- und Hinterwurzel 3 Auxiliar-
wurzeln auf jeder Seite. An einem anderen Exemplar (Stuttgarter Sammlung No. 12 223) vermag ich 5 Hilfs-
wurzeln auf der Innenseite zu zählen. Diese merkwürdigen Auxiliarwurzeln, die sich in einer derartigen
Ausbildung bei keinem andern Carnivoren finden, haben auch bei der Oppelner Form eine solche weitere
Vermehrung erfahren, auch hier sind, aus der Ausbildung der Alveolen zu schließen, auf jeder Seite 5
Auxiliarwurzeln vorhanden. Bei der Steinheimer Form ist die vordere Hauptwurzel noch spitz und
schmal, während sie bei dem Oppelner Exemplar eine beträchtliche Verstärkung und Verbreiterung er-
fahren hat.
Von den 3 Praemolaren ist P, und P, stark reduziert, P, scheint bei dem Oppelner Exemplar, wie ich
aus 2 kleinen alveolaren Vertiefungen neben der äußeren Vorderseite der Hauptalveole schließen möchte,
gleichfalls 2 kleine Auxiliarwurzeln besessen zu haben, eine Beobachtung, die ich an den Steinheimer Exem-
plaren nicht machen konnte.
Den bis auf die stark verflachten beiden vorderen, nur von einer feinen Furche geschiedenen Höcker
gänzlich abgeplatteten Molaren hat Fraas ausführlich beschrieben.
Der gleichfalls abgeplattete rundliche M, zeigt eine mit schwachen, sternförmig verlaufenden Riefen
bedeckte Oberfläche, die in der Mitte kaum merklich ansteigt und von einem kräftigen ringförmigen Außen-
wulst umgrenzt wird.
Länge des M, ..... ...2 8,69 mm
Breite‘ des’M, - ...*.. ..9,22 mm.
Ueber die Gestalt des Kiefers selber ist zu erwähnen, daß der ganze Kiefer stark gebogen ist und
dadurch bei seiner zugleich gedrungenen Kürze ein fast Feliden-artiges Aussehen erhält. An den schmächti-
_— 23 —
geren Steinheimer Exemplaren ist diese Krümmung weit weniger ausgesprochen. Unter dem M,, am Alveolar-
rande gemessen, beträgt die Stärke des Kiefers bei dem Oppelner Exemplar 8,3 mm, bei dem Steinheimer
7,3 mm. Die Crista coronoidea ist an ihrer Basis sehr breit (6,8 mm) und kräftig. Die Fossa masseterica
tief ausgehöhlt. Die Linea masseterica wie der Angulus weisen stark ausgeprägte Tuberositäten auf, die be)
dem Oppelner Exemplar eine größere Verstärkung erfahren als bei dem Steinheimer; auch der Abstand
zwischen Condylus und Angulus ist im Verhältnis zu den übrigen Maßen bei dem Oppelner Exemplar
größer. Alles Merkmale, die auf eine außerordentliche Entwicklung des Massetermuskels hinweisen. Ein
Suleus mylohyoideus ist bei den Oppelner wie den Steinheimer Exemplaren nur schwach angedeutet. Auf-
fallend ist bei dem Oppelner Exemplar auch das große und weite Foramen mentale, während sich an den
Steinheimer Exemplaren nur weit kleinere Oeffnungen finden. Weniger auffallend ist der Größenunter-
schied zwischen der Oppelner und Steinheimer Form in dem Foramen maxillare, der Eintrittsstelle des
Nerven.
Die Spezialanpassung der Kauwerkzeuge für die Zerkleinerung von Schneckengehäusen erscheint
demnach beim Oppelner Trochotherium weiter vorgeschritten als beim Steinheimer. Die Unterschiede dieser
vielleicht schon deszendierenden Mutation des Tr. cyamoides aus Oppeln gegenüber der Steinheimer Form
sind jedoch nur graduell und scheinen mir deshalb keine besondere Speziesabtrennung zu bedingen, insbe-
sondere auch in Hinsicht darauf, daß bis jetzt nicht zu entscheiden ist, inwieweit Geschlechtsunter-
schiede bei den angeführten Differenzen eine Rolle spielen.
Vorkommen: Obermiocaen von Steinheim und von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Herpestes sp. ind.
(Taf. XIV, Fig. 4.)
Ein sehr dürftiges Fragment eines Unterkiefers an der Ansatzstelle des Ramus ascendens erinnert
in seiner allgemeinen Configuration an Herpestes.
RODENTIA
Sciuropterus gibberosus Hofmann 189.
(Taf. X1. Fig. 26, 27, 29.)
1893 Sciuropterus gibberosus Hofmann, Die Fauna von Göriach. Abhandl. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, Wien. Band
XV, Heft 6, pag. 42, Taf. II, Fig. 11 a—d.
1898 S Pr Roger, O., Wirbeltierreste aus dem Dinotheriensande. 33. Ber. Naturw. Ver. Augsburg,
pag. 391.
1908 Wegner, R.N., Zur Kenntnis der Säugetierfauna des Obermiocaens bei Oppeln (Ober-
schlesien). Verh. d. k. k. Reichsanstalt, S. 113.
Erhalten sind M,-M, aus dem linken Oberkiefer und M, aus dem linken Unterkiefer.
Alle drei oberen Molaren sind nach demselben Prinzip gebaut, während aber M, und M, einen an-
nähernd quadrangulären Umriß haben, neigt M, mehr zu einem triangulären. Dicht am lingualen Rande
beginnend durchzieht die Mitte der Zahnkrone dieser Oberkiefermolaren ein tiefes Quertal. Auf beiden Sei-
ten begrenzen es auf der Innenseite zwei kräftige linguale Spitzen, von denen sich das Schmelzband nach dem
Mitteltal zu steil, nach außen zu allmählich abfallend, in Windungen, sich in der Mitte noch zu niedrigen
—_ 234 —
Zwischenhöckern verstärkend bis zu der kräftigen buccalen Spitze hinzieht, die zugleich das Quertal ab-
schließt. Während die lingualen Spitzen sich unmittelbar am Rand der Zahnkrone erheben, werden die 3
anderen Seiten von einem Basalrande umfaßt. Die oberen Molaren haben 2-spitzige dünne buceale und
eine breite mittelständige linguale Wurzel, nur beim M, ist die hintere buccale Wurzel fast ebenso stark
wie die linguale und schräg nach hinten gerichtet.
Die Maße der Oberkiefermolaren sind:
Länge 3,5 mm
M, Breite 43 mm
r. Länge 3,7 mm
M, Breite 4,3 mm
M. Länge 3,7 mm
3 Breite4 mm
Die Zahnkrone des unteren M, ist in der Mitte näpfchenförmig vertieft und weist um diese herum
3 Innen- und 3 Außenspitzen auf. An der buccalen Außenseite ist der mittlere Höcker kleiner als die beiden
andern und mehr nach der Mitte der Zahnkrone zu zurückgezogen, die hier noch eine buccale Basal-
leiste begrenzt. Auf der Innenseite ist die scharfe Vorderspitze die größte, während die beiden anderen
lingualen, ganz randständigen Höcker klein und niedrig bleiben. Die hintere Wurzel ist auffallend schräg
nach hinten gespreizt.
Die Maße sind: Oppeln Göriach
5 Länge 4,6 5,0 mm
M, inf. Breite 35 3,8 mm
Einige vorhandene Incisivenfragmente (Taf. XI, Fig. 28 u. 29) gestatten keine genaue Zuerteilung
zu dieser oder einer der nahe verwandten obermiocaenen Arten.
Nahe verwandt ist die in den Maßen nur unbedeutend kleinere Art Sciuropterus albanensis F. Major!
aus dem Obermiocaen von La Grive-Saint-Alban. Der einzige Unterschied scheint darin zu bestehen,
daß — soweit die Abbildungen es erkennen lassen — das Quertal der Zähne etwas flacher und breiter ist;
Verschiedenheiten, bei welchen sich vielleicht unter direktem Vergleich der Originale herausstellt, daß sie
noch in die Variationsbreite von Sc. gibberosus Hofmann fallen. Dieser Name hätte dann die Priorität.
Die große Uebereinstimmung anderer Faunenelemente mit La Grive läßt diesen Schluß um so wahrschein-
licher werden.
Vorkommen: Im Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln, im Flinz (Reisensburg, Stätzling)
der bayrisch-schwäbischen Hochebene, Göriach in Steiermark und in der oberen Süßwassermolasse von
Biberach in Württemberg.
Sciuride spec. ind.
(Tat. XI, Big. 24 u. 25.)
Von einem kleineren Sciuriden sind noch einige Incisivenfragmente sowie ein Humerus von 22,5 mm
Länge aus Kgl. Neudorf bei Oppeln vorhanden, der aber aus Mangel von Zähnen der gleichen Art mit Si-
!) Forsyth Major, On some squirrels ete. Proceed. Zool. Soc. London 1893, pag. 191, Tal, XI, Fig. 3 u. 5.
Gaillard, Mammileres miocenes nouveaux ou peu connus de la Grive-Saint-Alban (Isere). Archiv. du Museum d’histoire
nalurelle de Lyon, tome VII (1899) pag. 65, Fig. 29 u. 30.
— 233 —
cherheit nicht näher bestimmt werden kann, trotzdem uns bereits einige Unterkiefer, die etwa in dem Größen-
verhältnis zum Humerus übereinstimmen könnten, aus dem französischen Obermiocaen bekannt sind.
Die länglich runde Gelenkfläche des Caput humeri ist stark nach hinten heruntergebogen. Unmittel-
bar an diese schließt sich vorn ein mächtiges Tubereulum majus mit einer oberen und einer kleinen seit-
lichen Facette, das sich in einen hohen kräftigen Kamm fortsetzt, der oben noch eine rauhe Leiste trägt.
Durch eine ziemlich breite flache Einsenkung davon getrennt, sitzt seitlich das knopfförmige Tuberculum
minus, gleichfalls mit 2 kleinen Facetten, doch ist hier im Gegensatz kaum etwas von der Ausbildung
einer Crista wahrzunehmen. Im unteren Teil des Oberarmknochens läßt der scharf aufgeworfene Rand
des Suleus radialis die geringe Krümmung des Knochens stärker erscheinen. Eine schmale Knochenspange
begrenzt ein ziemlich großes Foramen entepicondyloideum mit etwas höherem als unmittelbar über dem
Epicondylus gelegenen Sitz.
Steneofiber subpyrenaicus Lartet. 1851.
(Taf. XI, Fig. 12—15.)
1851 Castor subpyrenaicus Lartet, Notice sur la colline de Sansan, pag. 21. Auch 1851.
1859 > Ep (partim) Gervais, P., Zoologie et Paleontologie francaises, pag. 21, pl. 48, Fig. 5.
1867—69 (partim) Gervais, P., Zoologie et Pal&ontologie generales, pag. 157, pl. XXV, Fig. 2.
1870 Chalicomys Jaegeri Fraas,O., Die Fauna von Steinheim, pag. 14. Stuttgart.
1884 Steneofiber Jaegeri Schlosser, M., Die Nager des europäischen Tertiärs. Palaeontographica, Band XXXI,
p. 23, Taf. VI, Fig. 1, 4 6, 1012, 14, 18, 22, 24, 27.
„as,ä
1887 > es Deperet, Vertebres miocenes de la vallee du Rhöne. Archives du Museum d’histoire
naturelle. Lyon, tome IV, pag. 156, Pl. XIII, Fig. 23. 25.
1893 5 en Hofmann, Die Fauna von Göriach. Abhandl. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, Wien.
Band XV, Heft 6, pag. 44. (Literatur).
1898 35 > Roger, Wirbeltierreste aus dem Dinotheriensande der bayrisch-schwäbischen Hochebene.
33. Ber. des Naturw. Vereins Augsburg, pag. 7.
1902 > n Schlosser, Beiträge zur Kenntnis der Säugetierreste aus den süddeutschen Bohnerzen.
Geolog. u. palaeontol. Abh. Jena. Band IX, p. 23.
1908 ” Bach, Die tertiären Landsäugetiere der Steiermark. Mitt. d. Naturw. Ver. f. St. Graz 1908,
pag. 30 (zitiert Fundpunkte in Steiermark).
1908 „ subpyrenaicus Mayet, Ktude des mammiferes miocenes des sables de l’Orleanais et des faluns de la Tou-
raine,. Annal. de l’universite de Lyon 1908, pag. 300, Pl. XI, fig. 6, Pl. XII, fig. 8, 9.
1910 + Jaegeri Zdarsky, Die miocaene Säugetierfauna von Leoben. Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt.
Wien. Band LIX; pag. 279, Taf. VI, Fig. 11.
Von dieser weitverbreiteten obermiocaenen Art liegen 2 Zähne vor. Bei einem P, aus dem rechten
Unterkiefer ist der obere Teil der prismatischen Krone ein wenig nach vorn (ostal) vorgebogen. Das äußere
Schmelzband derselben zeigt 2 tiefe transversale Einbuchtungen, von denen sich die buccale hinter die
linguale Falte schiebt und die den Zahn in 2 Querjoche teilen. Die Kaumarken der beiden inneren verti-
kalstehenden, von der Außenwand abgeschnürten Schmelzbänder zeigen die Gestalt des Querschnitts
eines plattgedrückten Schlauches. Die vordere dieser Schmelzinseln ist nach der buccalen Seite des Zahnes
vorgezogen. Vollständige Unterkiefer, z. T. in größerer Anzahl, sind aus den Faluns der Touraine, Käpf-
nach in der Schweiz und dem Flinz der bayrısch-schwäbischen Hochebene bekannt.
Bei einem M, aus dem linken Oberkiefer weist die Krone eine starke Krümmung nach der buccalen
Seite zu auf. Auf der lingualen Seite läuft eine tiefe Rinne bis fast an die breite linguale Wurzel hinab.
Palaeontographica. Bd. LX. 30
— 236 —
Diese tiefere innere Schmelzfalte ist dabei in ihrem Verlaufe ein wenig schräg von oben vorn nach hinten
unten gerichtet; auf der Kaufläche erscheint sie als Einbuchtung des Schmelzbandes. Gegenüber auf der
buccalen Seite entspricht ıhr gleichfalls eine Rinne, die jedoch weniger tief ıst und schon im oberen Teil
der Zahnkrone verschwindet. Eine dritte Einbuchtung schiebt sich von der hinteren Kante dieses Molaren
nach innen zu (Taf. XI, Fig. 15); sie läßt sich an der hinteren Außenwand der Krone nicht herabverfolgen,
bei stärkerer Abkauung wird sie beginnen, zur Schmelzinsel zu werden.
Die vollständigsten Oberkiefer-Schädelfragmente wurden bisher vonMavyz.2t aus den Faluns der
Touraine (l. e. Fig. 100) und von Zdarsky aus Leoben beschrieben. Auf der Abbildung des Leobener
Kiefers (l. ec. Taf. VI, Fig. 11) erscheinen die oben beschriebenen Einbuchtungen schon als Schmelz-
inseln im Dentin. Diese Unterschiede in der Gestaltung der Kaufläche, zu denen einige Variationen der
Schmelzfaltungen kommen können, täuschen leicht Unterschiede vor, die bei genauer Analyse im ein-
zelnen verschwinden.
Maße desoberen M;:
Kgl. Neudorf bei Oppeln Steinheim Reisensburg bei Günzburg Leoben
Länge 6 6 55) 5
Breite 6 6 6,3 6
Lingual ist eine breite kräftige, buccal zwei kleine spitzige Wurzeln vorhanden. Was die Benennung
der Art Steneofiber subpyrenaicus La rt et anbelangt, so hat bereits Schlosser (Bohnerze, ].c. pag. 23)
es als fraglich hingestellt, ob der Name Steneofiber Jaegeri K a up auch für die obermiocaene Art beibehal-
ten werden kann, nachdem er von Kaup! für den unterpliocaenen Steneofiber von Eppelsheim in Rhein-
hessen aufgestellt worden war. Mayet hat dann für die Beschreibung der obermiocaenen Formen aus
den Faluns der Touraine mit Recht auf den Lartetschen Namen Steneofiber subpyrenaicus zurückgegriffen,
den Lartet den Formen aus Sansan gegeben hatte, ohne daß jedoch Mayet (l. ec. pag. 208) notwen-
digerweise auch die Reste aus Göriach und Steinheim in diesen Namen einbezogen hat. Abgesehen von den
erwähnten stratigraphischen Gründen ist Si. Jaeger K aup durchweg etwas größer als Sf. subpyrenaicus
Lartet; die Oberkiefermolaren erscheinen bei Si. Jaegeri etwas breit gedrückter, während sie bei St.
subpyrenaicus rundlicher bleiben. Sind die Unterschiede zwischen diesen Formen schon etwas minutiös,
so sind sie praktisch kaum durchzuführen bei der Abtrennung von St. Depereti Mayet aus den Sanden
des Orleanais, für die sich bisher neben geringen Differenzen durch unbedeutend kleinere Maße für Sf. De-
pereti, die noch dazu in keiner Weise über die Variationsbreite von 30% bei einer Art hinausgehen, nur die
stratigraphischeWahrscheinlichkeit anführen ließe, daß die Sande des Orleanais etwas älter als die Faluns
der Touraine sind.
Vorkommen: Im OÖbermiocaen von Kgl. Neudorf, Georgensmünd und Steinheim, dem Flinz
(Reisensburg, Reischenau, Häder, Stätzling) der bayrisch-schwäbischen Hochebene ; in der oberen Süß-
wassermolasse von Heggbach in Württemberg; den schwäbischen Bohnerzen (Mößkirch); Feisternitz,
Wies, Voitsberg, Tregist, Göriach und Leoben in Steiermark; Elgg und Käpfnach in der Schweiz; Sansan
(Dep. Gers), Bonrepos (H.-Garonne), Villefranche d’Astarac und den Faluns der Touraine in Frankreich.
' Kaup, Ossements fossiles 1839, pg. 115.
— 237 —
Cricetodon minus Lartet 1851.
(Taf. XI, Fig. 30.)
1851 Cricetodon minus Lartlet, Notice sur la colline de Sansan. Auch 1851, pag. 21.
1859 5 „ Gervais, Zoologie et Paleontologie francaises 2. &dit., pag. 44.
1870 "s » Fraas, O., Die Fauna von Steinheim, pag. 14, Taf. II, Fie. 17.
1884 55 „ eb pygmaeum Schlosser, Die Nager des europäischen Tertiärs, Palaeonlographica Band XNXXI,
Pp+ 382. Dat VvIIT, Bi TR.
1891 s REHlEhKonT. Etudes sur les mammiferes de Sansan. Annales de la societe geologique. Paris vol.
XXI, pag. 43, pl. 1, fig. 6.
1892 Ef „» Deperet, La faune de mammiferes miocenes de la Grive-Sainl-Alban elte. Archives du Mu-
seum d’histoire naturelle de Lyon tom. V, pag. 54, Pl. I, fie. 283—29.
Erhalten sind 2 Unterkieferfragmente. Wie bei allen Cricetinae fallen an ihnen die beiden auf ihrem
Boden papierdünnen Gruben auf, welche von der Crista coronoidea und der Crista buccinatoria einerseits,
der Crista buccinatoria und dem weıt nach innen vorspringenden Angulus andererseits unter kräftiger
Ausbildung dieser Leisten eingeschlossen werden. Derlange J erstreckt sich in der Basıs mandibulae in weitem
Bogen unter sämtlichen Molaren hinweg bis in den Ramus ascendens hinein. Die Crista coronoidea zieht sich
außen am Mandibularkörper bis zum 2. Molaren vor, um noch weiter in einer feinen Linie (linea obliqua)
zu verlaufen, die unter dem ersten Molaren mit der stark prominierenden Linea masseterica einen spitzen
Winkel bildet. Das Foramen mentale liegt an den Oppelner Exemplaren seıtwärts außen, während es bei
einigen mir vorliegenden Exemplaren von La Grive, die ich 1908 an Ort und Stelle sammeln konnte, noch
in die konkave Fläche zu liegen kommt, welche das große Diastema zwischen M, und J bildet, also mit der
Oellnung nach oben schaut.
Von den bunodonten Molaren ist nur der untere fünfhöckrige M, in situ erhalten. Vor den A, deut-
lich etwas alternierenden Haupthöckern, erhebt sich vorn eine fünfte Außenspitze, welche durch eine feine
gebogene Schmelzleiste mit dem vorderen buccalen Höcker verbunden wird. Sowohl bei dem Exemplar
von La Grive wie von dem von Kgl. Neudorf bei Oppeln beträgt die Länge des M, 1,8 mm.
Vorkommen. Im Obermiocaen von Steinheim und vom Hahneberg im Ries bei Nördlingen,
in den Paludinenschichten von Unterkirchberg an der Iller und in der oberen Süßwassermolasse von
Heggbach in Württemberg, im Flinz (Reischenau) der bayrisch-schwäbischen Hochebene, ferner in Sansan,
La Grive-Saint-Alban und Mont-Ceindre in Frankreich, jedoch bisher noch nicht aus dem Orleanais und
aus Steiermark.
Titanomys Fontannesi Deperet 1887.
(Tafel XI, Fig. 16—22.)
1887 Lagodus Fontannesi Depe&ret, Vertebres miocenes de la vallee du Rhöne, Archives du Museum d’Hist. natur.
de Lyon. Tome IV, pag. 127, pl. XIII, fig. 19.
1899 Titanomys Fontannesi Forsyth Major, On fossil and recent Lagomorpha. Transactions of the Linnean So-
ciety of London 2nd S. Vol. VII, P. 9, pag. 444; Pl. 36, Fig. 6—8, 12—15; P1.39, Fig. 1—3;
DE tOR ADB, al, Pl 39, mies, 2,4, 6, 12,.19, 21, 25, 29, 31.
Vorhanden sind nur ein rechter oberer M,, ein linker unterer P, sowie einige weitere untere Prae-
molaren und Molaren, auch ein nicht sicher bestimmbares Ineisivenfragment. Forsyth Major hat
den Zahnbau dieses fossilen Pfeifhasen (Ochotonidae) an der Hand eines reichlichen Materials aus La Grive
einer eingehenden Untersuchung unterzogen, sodaß ich mich auf die für die Bestimmung der vorliegenden
Stücke wichtigen Momente beschränke.
Von besonderem Interesse ist der obere M,. Die vorn gewölbte Zahnkrone zeigt auf der lingualen
Seite einen, im Zusammenhang mit stärkerer vertikaler Ausbildung auf dieser Seite stehenden, tieferen
Einschnitt denn auf der buccalen Seite, wo sich bei den Oberkiefermolaren dieser Gruppe stets nur eine
seichte Einziehung findet. In der lingual und hinteren Ecke ist der Zahn etwas beschädigt, immerhin sind
die feinen, wellig geschlängelten Konturen der mit Cement gefüllten inneren Schmelzfalte deutlich zu er-
kennen (Taf. XI, Fig. 16). Der hintere Höcker erscheint, von der Kaufläche gesehen, infolge stärkerer Ab-
kauung und Anlagerung von etwas Cement fast als nach innen gerückt, ist aber schon durch die breitere
Kontur deutlich als zum äußeren Schmelzband gehörig zu erkennen. Die linguale Hälfte dieses oberen Mo-
laren erreicht eine bedeutende Höhe, so daß der Zahn auf dieser Seite einen hypselodonten Charakter erhält,
auch die starke Wurzel ist auf dieser Seite offen geblieben; auf der buccalen Seite bleibt die Zahnkrone in
steilem Uebergange im Wachstum ganz niedrig zurück und haftet mit 2 winzigen Wurzeln im Kiefer, ganz
ähnlich wie es Forsyth Major |. c. auf Tafel 39, Fig. 1 von einem gleichen Zahn von La Grive ab-
bildet.
Der untere, erst ganz ım Beginn der Abkauung befindliche P, wird durch einen mit CGement ge-
füllten Einschnitt an der Kronenspitze in 2 Hauptpfeiler getrennt. Dieser Einschnitt ist jedoch nur auf
der hier stärkeren buccalen Seite bis zur Kronenbasis in gleicher Stärke herabzuverfolgen; auf der lingualen
Seite erscheint er nur als Einkerbung an der Kaufläche, so daß sich bei stärkerer Abkauung beide Joche als
durch das äußere linguale Schmelzband verbunden erweisen würden. Der Vorderpfeiler ist im ganzen ko-
nisch gerundet und wieder median durch seichte Einkerbungen, aber nur an der Kronenspitze, zu 2 Höcker-
chen ausgezogen. Am breiteren Hinterpfeiler ist eine abgeplattete, spıtz auslaufende Hinterwand von einem
mehr rundlichen, median und lingual gerichteten Höcker zu unterscheiden. j
Die übrigen unteren Praemolaren und Molaren erweisen sich als aus fast gleichförmigen Pfeilern
zusammengesetzt, die durch eine mit Cement gefüllte feine Spalte verbunden werden. An den Hinter-
pfeiler schließt sich ein Höcker (Taf. XI, Fig. 19 u. 20), welchen Forsyth Major mit dem Hypo-
conulid Osbornscher Zahnnomenklatur identifizieren will; am unteren P, dagegen konnte ich eine Spur
dieses Höckerchens nicht sicher feststellen.
Vorkommen: Obermiocaen von La Grive-St.-Alban (Isere) und Kgl. Neudorf bei Oppeln.
UNGULATA.
Aceratherium tetradactylum Lartet 1855.
(at X, ieh Bau Dal RITTER. 8,292)
1851 Rhinoceros tetradactylus Lartet. Notice sur la colline de Sansan. Auch 1851, pag. 28. (Zuerst erwähnt Bul.
S, G. 1835),
1900 Aceratherium tetradactylum Osborn, Phylogeny ol Lhe Rhinoceroses of Europe. Bullelin of the Amer. Mus. of
Nat. Hist. New-York, Vol. XIII, p. 259, Fig. 14B.
1900 Aceratherium incisivum Boger O., Ueber Rhinoceros Goldfussi Ka up und die anderen gleichzeitigen Rhinoceros-
arten. 34. Bericht naturw. Ver. Augsburg, pag. 34, Taf. I, Fig. 3. — Literatur siehe ebenda
35. Ber. pag. 25. Augsburg 1902.
1902 Aceratherium tetvadactylum Schlosser, Beiträge zur Kenntnis der Säugelierreste aus den süddeutschen Bohn-
erzen. Geol. und paläont. Abhandl. Jena. N.F. Bd. V, pag. 114.
1904 Aceratherium telvadactylum Andreae,A. III. Beitrag zur Binnenconchylienfauna des Miocaens von Oppeln in
Oberschlesien. Mitteilungen aus dem Roemer-Museum, Hildesheim Nr. 20, pag. 79.
— 239. —
1908 Aceratherium aff. telradactylum Mayet, Etude des mammiferes miocönes des sables de l’Orleanais et.des faluns de
la Touraine. Lyon 1908, pag. 96, Taf. III, Fig. 7 und 8. Desgl. 1909, pag. 22.
1909 Aceratherium aff. tetradactylum Bach, Zur Kenntnis der Oberkieferbezahnung obermiocaener Rhinoceroliden.
Mitteil. d. naturw. Vereins beider Hochschulen in Graz 1909, pag. 1.
1910 Aceratherium tetradactylum Zdarsky. Die miocaene Säugelierfauna von Leoben. Jahrbuch der k. k. geolog.
Reichsanstalt Wien Band LIX, pag. 249, Taf. VI, Fig. 3.
Andreae führt einen rechten unteren D,, sowie Knochenfragmente dieser Art an. Mir selbst
liegt außerdem die etwas abgerollte Innenhälfte eines stark abgekauten Milchzahnes des rechten Ober-
kiefers vor. s
Milchzähne gehören zu den selteneren Funden; auffallenderweise haben sich vom Dauergebiß von
A. tetradactylum noch keine Reste in Oppeln gefunden. Beide Zähne sind durch ein sehr zartes und dünnes
Schmelzblech sofort als Milchzähne charakteristisch. Der rechte untere D, hat eine Länge von 13,3 mm
bei einer Breite von 7 mm. Der Zahn läuft nach vorn spitz zu und ist hinten breit abgestumpft. 2 breite
Einbuchtungen auf der lingualen Seite trennen von der Hauptspitze einen kleinen vorderen Teil und ein
breiteres hinteres Ende, das noch durch einen feinen Einschnitt, der von diesem stumpfen Ende ausgeht,
geteilt wird. Durch diese Einbuchtungen erhält die Spitzenkontur einen leicht »-förmig geschwungenen
Verlauf. Ganz vorn an der Basis findet sich ein winziges Höckerchen, ein Basalwulst ist nicht vorhanden.
Der neben seinem fragmentären Zustande noch stark abgekaute obere D, macht soweit einen molaren-
ähnlichen Eindruck; seine Länge beträgt 28,5 mm. Der Boden des (Quertals biegt scharf nach hinten um
und läßt nur noch Andeutungen eines Antecrochet wahrnehmen. Crochet und Ectoloph sind bei der starken
Abkauung schon nicht mehr auseinander zu halten und lassen nur noch eine abgetrennte Medifossette er-
kennen. Vor dem breitbasigen Protoloph weist der niedrige etwas gebogene innere Basalwulst eine beson-
dere Stärke auf.
Vorkommen. Von den zahlreichen Fundorten im Obermiocaen Westeuropas zitiere ich neben
Kgl. Neudorf bei Oppeln Georgensmünd und Steinheim, den Flinz (Stätzling, Günzburg, München) der
bayrisch-schwäbischen Hochebene, die schwäbischen Bohnerze (Mößkirch), Göriach und Leoben in Steier-
mark, Elgg und Brüttelen in der Schweiz, die Sande des Orleanais, Sansan, Simorre, die Faluns der Tou-
raine (Pontlevoy, von wo Mayet, l. c. pag. 271 eine besondere Rasse A. tetradatylum mutation Ponti-
leviensis unterscheiden will) in Frankreich.
Ceratorhinus (Rhinoceros) simorrensis Lartet 1848.
(Taf. XII, Fig. 4 und Taf. X1II Fig. 2—-4.)
1851 Rhinoceros simorrensis Lartet, Notice sur la colline de Sansan. Auch 1851, pag. 29 (erwähnt In Laurillards
Diet. univ. XI, 1848, pag. 101).
1887 Rhinoceros simorrensis Depe&ret, Vert£bres miocenes de la vallee du Rhöne. Archives du Museum d’histoire
naturelle. Lyon, t. IV, pag. 220, Taf. 13, Fig. 46, Taf. 14, Fig. 4.
1900 Rhinoceros simorrensis Roger, Ueber Rhinoceros Goldfussi Kaup und die anderen gleichzeitigen Rhinocerosarten.
34. Bericht des naturwissenschaftlichen Vereins für Schwaben und Neuburg, pag. 43, Taf. 1,
Fig. 8, 9.
1900 Rhinoceros simorrensis Osborn, Phylogeny of the Rhinoceroses of Europe. Bulletin of the Amer. Mus. of Nat. Hist.
New-York, pag. 259, Fig. 14 B.
1902 Rhinoceros simorrensis Schlosser, Beiträge zur Kenntnis der Säugetierreste aus den süddeutschen Bohnerzen.
Geol. und paläont. Abhandl. N. F. Bd. V, pag. 109. _
—_— 240 ° —
1909 Rhinoceros simorvensis Bach, Zur Kenntnis der Oberkieferbezahnung obermiocaener Rhinocerotiden. Mitteil. d. D.
nalurw. Vereins beider Hochschulen in Graz 1909, pag. 9.
1909 Rhinoceros sansaniensis Wegner, R. N., Zur Kenntnis der Säugetierfauna des Obermiocaens bei Oppeln (Ober-
schlesien). Verhandl. d. k. k. geologischen Reichsanstalt 1908, pag. 115.
1909 Ceratorhinus cf. simovrensis May et, Ktude sommaire des mammiferes fossiles des Faluns de la Touraine. Annales
de l’universite de Lyon I, Fasc. 26 (1909), pag. 28. Fig. 16, 17.
Ein Bruchstück eines Oberkieferzahnes der rechten Kieferhälfte, das eigentlich nur das Quertal
und das Nachjoch (Metaloph) einigermaßen erhalten zeigt, ist vielleicht hierher zu stellen. Die starke Ent-
wickelung des langen, sich vom Metaloph abzweigenden und weit in das Quertal hinein erstreckenden Sporns
(Crochet); die, so weit zu beobachten, größere Länge des nur mit der das Quertal begrenzenden Wand
erhaltenen Vorjoches erscheinen jedoch für C. simorrensis so charakteristisch, daß das Bruchstück dieser
Art zugesprochen werden kann.
Beı der großen Uebereinstimmung der Maßzahlen der Unterkieferzähne von C.sansaniensis und C.
simorrensis könnten wohl auch die gleichfalls nur sehr dürftig und bruchstückenweise erhaltenen, von mir
in meiner vorläufigen Mitteilung (l. ec. pag. 115) zu C. sansaniensis gestellten Unterkieferzähne (P,—M,
links) zu €. simorrensis gehören. Da der Erhaltungszustand der Zähne von Oppeln keine genauen Maßan-
gaben gestattet, sehe ich hier von solchen ab. Die Bestimmung vereinzelter Zahnkronen von Unterkiefer-
zähnen dieser Rhinocerotiden bleibt stets ziemlich vage und für die geologische Altersbestimmung der betref-
fenden Schichten wertlos.
Nach Osborn (l. ce. pag. 259) soll C. simorrensis etwas jünger sein als C. sansaniensis, was jedoch
von Schlosser bestritten wird, da gerade C. simorrensis in Steinheim sehr gut vertreten ist und diese
Ablagerung nach ihm entschieden nicht jünger als Sansan ist. Das Vorkommen von C. simorrensis in
Georgensmünd, im Flinz (Freising), in der oberen Süßwassermolasse von Heggbach in Württemberg; in
Sımorre, welchen Fundort Deperet für die Bezeichnung eines zweiten Horizonts des Obermiocaens in An-
wendung bringt, insbesondere auch in La Grive-Saint-Alban, dessen Schichten derselbe Autor in den gleichen
Horizont wie Simorre stellt, Villefranche d’Astarac und den Faluns (Manthelan) der Touraine!; in Vor-
dersdorf bei Wies und Göriach (Steiermark) könnten dafür sprechen, daß C. simorrensis im obersten Hori-
zont des Obermiocaens überwiegt.
Brachypotherium (Teleoceras) brachypus Lartet 1837.
(Taf. XIII, Fig. 1, 5—7, 10 und 11, Textfigur 25.)
1851 Rhinoceros brachypus Lartet, Notice sur la colline de Sansan. Auch 1851, pag. 29 (zuerst erwähnt C. R.d.
ns 5 Seances de l’Academie des Sciences 1837, Tome IV, pag. 87).
1887 er rs Depe&eret, Vertebres ımiocenes de la vall&e du Rlıöne. Archiv, du Museum d’hist. nat. deLyon,
Tome. IV, pag. 222, Taf. 23, 24.
1888 % “ Koken, Rhinoceros Goldfussi, Sitzungsber. d. Ges. naturf. Freunde, Berlin 1888, pag. 44.
1900 5 5 Roger, Ueber Rhinocevos Goldfusi Kaup. (= Rh. bvachypus Lartet). 34. Ber. d. na-
turw. Ver. f. Schwaben und Neuburg, Augsburg 1900. (Lileratur siehe ebenda 35. Bd. pag. 25.
Augsburg 1902.)
1900 Teleocervas : Osborn, Phylogeny of the Rhinoceroses of Europe. American Museum of Natural History,
Vol. XIII, pp. 251—255.
Schlosser, Beiträge zur Kenntnis der Säugetierreste aus den süddeutschen Bohnerzen.
Geol. und paläont. Abhandl. Jena, Bd. IX (N.F.V.), Heft 3, pag. 105—106.
1902
' Während sein Niehtvorkommen in Sansan ausdrücklich betont wird. Lartet 1. c. p. 29.
— 241 —
1909 Teleoceras brachypus Bach, Zur Kenntnis obermiocaener Rhinocerotiden. Jahrb. d.k.k. Geol. Reichsanstalt 1908,
Bd. 58, 4. Heft, pag. 761 bis 776. Taf. XXIX.
Mayet, Etude des mammiferes miocenes des sables de l’Orleanais et des faluns de la Touraine.
Annal. de l’universite de Lyon 1908, pag. 267, Pl. IX, fig. 14 u. 15, Pl. X, fie. 1 u. 2. Desgl.
1909, pag. 24, Fig. 11—15.
1910 K 5 Zdarsky,A. Die miocaene Säugelierfauna von Leoben. Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt.
Wien Band LIX, pag. 250, Taf. VI, Fig. 4.
1908
li ”
Seit längerer Zeit besaß die Sammlung des Breslauer Geologischen Instituts mehrere Bruchstücke
von einem Oberkiefermolaren eines Rhinocerotiden aus Oppeln. Aus Privatbesitz erwarben wir weitere Bruch-
stückehen, welche zur selben Zeit wie die in der Sammlung vorhandenen gefunden sein sollten, aber durch
die U[nvernunft eines Brucharbeiters in andere Hände gelangt waren. Es erwies sich, daß alle diese Bruch-
stückchen zu ein und demselben Zahn gehörten; da bisher nur Unterkiefermolaren verschiedener Rhi-
nocerotiden aus Oppeln bekannt waren, wurde die Zusammensetzung besonders sorgfältig vorgenommen.
Es ist ein stark abgekauter linker oberer M,, der nur am Hinterrande eine Lücke aufweist.
Seine Länge beträgt . . . . 50,9 mm
ss sBreise (vom) u. 2% 7..,59,0.mm
Neben Deperet, Osborn und Schlosser haben sich neuerdings besonders Roger und
Bach mit dieser Spezies beschäftigt. Auf Grund von Beobachtungen an Exemplaren aus Südfrankreich,
den schwäbischen Bohnerzen und Steinheim sind nach den Autoren als Hauptmerkmale der Oberkiafer-
molaren ein kräftiges Basalband und bei M, eine schwache Crista sowie ein starker Sporn (Crochet) anzusehen,
während der Antecrochet einer Reduktion unterliegt. Die gleiche Beobachtung machte Ma yet (siehe I. ce.
pag. 270). Nach Roger ist die Außenwand durchweg gerade und flach....,‚auch an den Molaren fehlt
der Basalwulst nicht, ist aber hier doch meist schwächer entwickelt und zeigt bald einen ganz glatten. bald
einen geperlten oder gezähnelten Saum.‘
Der Basalwulst (Cingulum) ist bei dem aus Oppeln stammenden Exemplar gut entwickelt. Er ist
an der Außenwand deutlich zu beobachten und umgibt den vorderen Innenhöcker (Protoloph) fast voll-
ständig. An dem Ausgange des Tales zwischen den beiden Querjochen ist der Basalwulst in Gestalt stärkerer
Knötchen vorhanden. Der hintere Innenhöcker (Metaloph) ist an der Innenseite völlig glatt und nur an der
Hinterwand sowie an der das Quertal begrenzenden Partie bleibt der Basalwulst nachweisbar. Soweit
derselbe auf der lingualen Seite des Zahnes entwickelt ist, trägt er hier einen geperlten Saum. Der kräftige
Sporn (Crochet) springt abgerundet in das Quertal vor. Ein Antecrochet ıst nicht vorhanden. Auch eine
_Crista ist vielleicht infolge der schon zu weit vorgeschrittenen Abkauung nicht mehr nachweisbar. Die Bil-
dung akzessorischer Schmelzfalten in der Wand des Quertales ließ sich gleichfalls nicht beobachten. Die
Außenwand ist ein wenig wellig gebogen, was sich zwischen der Hauptspitze und dem vorderen Außenhöcker
in einer wenig konkaven Einkrümmung bemerkbar macht. Vom vorderen Außenhöcker wird noch durch eine
besondere Schmelzfalte ein weiterer akzessorischer Außenhöcker (Metastyl) abgeschnürt. Finden sich in betreff
der Crista und der Ausbildung des Basalwulstes einige Unterschiede zwischen den südfranzösischen Exem-
plaren, so läßt sich eine größere Uebereinstimmung mit den Oberkiefermolaren nachweisen, die neuerdings
Bach von Mantscha (Graz SW.) ausführlich beschrieben hat und die besonders durch ihre Größe von
den bisher bekannten Exemplaren abweichen. Auch bei ihnen ist die Crista nur noch am M, zu sehen, bei
den übrigen Zähnen ist sie teils durch Abkauung, tzils durch Bruch verloren gegangen. Ein Antecrochet ist
auch bei dem Exemplar von Mantscha kaum vorhanden.
Bach hat eine Zusammenstellung der Maße der bisher bekannt gewordenen Exemplare gegeben.
Danach schwankt:
die Länge des M, zwischen 40 bis 55 mm
. Breite 1 38 „ 63 mm
Der Zahn von Oppeln paßt in diese Maße hinein, gehört aber zu den größten Exemplaren und wird wohl
nur noch von dem Zahn von Mantscha übertroffen.
Osborn (l. e. pag. 252) wollte nach den Oberkieferzähnen 2 Rassen von B. brachypus unterschei-
den, eine südliche (var. typ.) mit der Ausbildung eines vollständigen Basalwulstes und eine nördliche (B.
eurydactylus), bei der das Cingulum nur noch den Protoloph vollständig umgibt. Zdarsky gibt von den
Zähnen von Leoben an, daß der Basalwulst des M, an der Umbiegungsstelle bei beiden Jochen auf einige
Millimeter unterbrochen wird. Nach der Ausbildung des Basalwulstes sollen zu dem südlichen Typus auch
Zähne von Pontlevoy und Thenay aus den Faluns der Touraine gehören. Zähne aus Steinheim, Leoben
und Oppeln bilden jedoch verschiedene Uebergänge zwischen den von Osborn angegebenen Typen, so daß
sich eine Trennung soleher Rassen nicht überall durchführen läßt; man wird hierin der Variationsbreite
dieser Art einen etwas größeren Spielraum geben müssen.
Zu dieser Art stelle ich eine Reihe von Unterkieferzähnen aus Kgl. Neudorf bei Oppeln. Nur am
vorderen buccalen Teil der Zähne sind Reste eines in Perlen — die bei einem P, recht kräftig werden —
geteilten Basalwulstes wahrzunehmen, der in einen spitzen Zipfel ausläuft und weiterhin an den Oppelner
Unterkieferzähnen völlig fehlt, während ihn Roger (l. c. pag. 12) als auf der Außenseite durchweg vor-
handen angibt. Auch Schlosser führt von verschiedenen Unterkieferzähnen aus den schwäbischen
Bohnerzen (Heudorf, Mößkirch) ein kräftiges Basalband an, welches nach oben in lange Zipfel übergeht.
Sehr gut charakterisiert die Unterkieferzähne eine Angabe Rogers (Vergleiche dazu Taf. XIII, Fig. 7),
daß bei Br. brachypus die Vereinigung des flach gebogenen hinteren Halbmondes an den breiten vorderen
lange nicht so scharf markiert ist wie bei anderen Arten. Mehr Interesse dürfte ein rechter unterer Eckzahn
dieser Art verdienen, der einige Aehnlichkeit mit den Eckzähnen aufweist, welche Mayet (l. e. Taf. III,
Fig. la, b) von Teleoceras aurelianensis N o u el abbildet, nur sind dieselben weit kleiner, auch sind sie bei
Br. brachypus stärker nach der Form eines Türkensäbels zu gekrümmt. Auf der Außenseite ist dieser Zahn
bis zum oberen Zeil der Wurzel erhalten, auf der Innenseite nur der obere Teil der Krone. Hier zeigt der
Zahn im Querschnitt ein nach der Innenseite schief stehendes Dreieck, dessen Basis die Schliffläche, dessen
Spitze die Vorderkante des Zahnes bildet und dessen längere Kathete nach außen sieht. Die Schliffläche
dieses Zahnes reicht weit hinab und ist ziemlich weit ausgeschliffen. Wie bei der von Rog er beschrie-
benen, schief aufwärts gerichteten Alveole an einem Unterkiefer aus Dasing angedeutet, scheint der Zahn
eine leichte S-förmige Krümmung aufgewiesen zu haben. Das glatte, dünne Schmelzblech bekleidet die
Außenseite des Zahnes in einer gleichmäßigen Schicht ohne jede Ziselierung und geht ziemlich unvermittelt
in die Wurzel über. Leider gestattet die dürftige Erhaltung des Zahnes keine weiteren Beobachtungen
über die Zahnwurzel. Das erhaltene Bruchstück allein besitzt eine Länge von 20 em bei einer Breite von
3,1 em im oberen Teil, was auf die Ausbildung recht mächtiger Hauer schließen läßt. In der Münchener
palaeontologischen Staatssammlung befindet sich ein linker unterer Eckzahn von Br. brachypus aus Stein-
heim, der fast ein vollständiges Pendant zu dem eben beschriebenen Zahn von Oppeln bildet. Er weist
bei gleicher Länge die gleiche Krümmung auf, seine Breite beträgt im oberen Teil 3,45 em, die Dicke der
Wurzel 2,8 cm.
Vom Skelett erwähne ich einen plumpen, etwas bestoßenen Talus, der sehr breit und flach gebaut ist.
Textiizur 25. Brackhvpoikherimm bnachypbaus Lartei
Die Köpfchen der hinteren Rıppen sind sehr stark gekrümmt, mit scharfer u
n
eapituli und Crista colli und erinnern in ihrer Configuration sehr an die gleichen Rippen von Teleoceras
fossıger Cop e.
Brachypotherium brachypus Lartet aus dem obersten Miocaen steht dem Brachypotherium Geld-
fass: Kaup aus dem unteren Plioeaen von Eppelsheim sehr nahe. Unter den bisher bekannter Formen von
B. brachypus kommen die Exemplare aus dem Obermioeaen von Mantscha und Oppeln in ihren bedeu-
tenderen Größenverhältnissen den Maßen von B. Goldfussı Kaup aus dem Pliocaen am nächsten.
Zu Brachypotherium brachybus gehören wohl auch die von Koken! mit Vorbehalt zu Rhinoceros
Goldfussi gestellten Reste aus Kieferstädtel (Kreis Gleiwitz O.S.). Erwähnenswert erscheinen mir noch die
Fundumstände des Zahnes von Mantscha (Graz SW.). DieMergel, in denen er gefunden wurde, bilden
nach Rolle? uındBach* das Hangende eines kleinen Limnitlagers. Aus diesem Mergel wurde auch eine
Planorbis-, Helix- und Clausilia-Art bekannt. Wie bei Oppeln, so finden sich also auch bei Mantscha Lig-
nit und Landschneeken führende Schichten. Neben den anderen für das Vorkommen von Oppeln bezeich-
nenden Arten scheinen auch diese Beobachtungen für eine gleichförmige Ausbildung der sumpfigen Ablage-
rungen des obersten Miocaens von Ostdeutschland und Steiermark zu sprechen.
1 Kokenm, Sitzumesber. d. Ges. naturl. Freumde, Berlim 1338, p. #2.
: Rolle, Fr, Die tertiiren und diiuvisaknm Ablaserunsen in der Gegend zwischen Graz, Köflsch, Jahrbuch 4 E E seol
RA. 1856, pag. 545, L ce. mach Bach.
:Bach,Ll e. Seite 761.
Palseonttegrsghies. Bid. LX. a1
— 244 —
Von Leoben weiß Zdarsky eine Schneckenfauna von 13 Arten anzugeben, die gleichfalls für
eine mehr sumpfige Ausbildung der dortigen faciellen Verhältnisse sprechen.
Dieser schwer und breit gebaute Rhinocerotide war also aller Wahrscheinlichkeit nach ein Sumpfbe-
wohner, dafür spricht neben der Art seines Vorkommens in Steinheim und Oppeln ganz besonders auch
sein Fehlen in der Waldfauna der Braunkohlenablagerungen von Göriach und Wies-Eibiswald, anderer-
seits in der Steppenfauna von Georgensmünd.
Vorkommen: Grundmannbruch in Kgl. Neudorf bei Oppeln; ehemaliger Toneisensteinabbau
von Kieferstädtel, Kreis Gleiwitz O.S.
Von den übrigen, zum Teil schon erwähnten Fundorten zitiere ich Steinheim, den Flinz (Stätzling,
Dasing, Freising, Reisensburg, Augsburg, Ober-München bei Landshut) der bayrisch-schwäbischen Hoch-
ebene; die schwäbischen Bohnerze (Hochberg, Jungnau, Mößkirch, Heudorf); Mantscha und Leoben in
Steiermark; Baumbachgraben bei Schangnau und die obere Süßwassermolasse (Käpfnach und andere Fund-
punkte) in der Schweiz; Simorre, La Grive-Saint-Alban, Villefranche d’Astarac, die Faluns (Pontlevoy,
Thenay, Sainte-Maure) der Touraine in Frankreich.
Anchitherium aurelianense Cuvier 1822.
(Taf. XIV, Fg. 1 und 26, Textfig. 26.)
1825 Palaeotherium aurelianense Cu vier, Recherches sur les Ossements fossiles 3e &d., 1825 t. III, pag. 234, pl LXVII,
fig. 2—17.
1834 r 35 Meyer, H.v., Die fossilen Zähne und Knochen und ihre Ablagerung in der Gegend von
Georgensmünd in Bayern, pag. 86, Taf. VII u. VIII.
1863 Anchitherium aurelianenss Biedermann, Petrefakten aus der Umgegend von Wintertur. Die Braunkohlen
von Elgg, pag. 12.
1870 sn er, Fraas, O., Die Fauna von Steinheim, Stuttgart, pag. 25, Taf. VI.
1873 es 2 Kowalewsky, H., Sur l’Anchitherium aurelianense Guv. et sur l’histoire pal&onto-
logique des chevaux. Me&moires de l’Academie imperiale des sciences de St. Petersbourg
VII ser.
1891 ” > Filhol, Etudes sur les mammiferes de Sansan. Annales de la soci6t& geologique, Paris,
vol. XXI, pl. XV.
1902 j 3 Schlosser, Beiträge zur Kenntnis der Säugetierreste aus den süddeutschen Bohn-
erzen. Geol. u. palaeont. Abhandl. Jena. Bd. IX, pag. 95 (Fundorte aus den schwä-
bischen Bohnerzen).
1908 Wegner, R.N. Zur Kenntnis der Säugetierfauna des Obermiocaens bei Oppeln
(Oberschlesien). Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1908, pag. 115.
1908 Rr er Bach, Die tertiären Landsäugetiere der Steiermark. Mitt. d. Naturw. Ver. f. St. Graz,
pag. 62 (Fundorte in Steiermark).
1908 Pr „> Mayet, Etude des mammiferes miocenes des sables de l’Orl&anais et des faluns de la
Touraine. Annal. de l’universit& de Lyon, 1908, pag. 117 u. 281, Pl. IV (weitere fran-
zösische Literatur).
1910
- = Zdarsky, A., Die miocaene Säugetierfauna von Leoben. Jahrb. d. k. k. geol. Reichs-
anstalt, Wien, Band LIX, pag. 248, Taf. VI, Fig. 1 u. 2.
Aus der besonders umfangreichen Literatur greife ich nur einige, darunter besonders wichtige Arbeiten
heraus, die hier größtenteils nur für den Vergleich der Fundpunkte von Interesse sind, denn dieses Pferdehen
ist einer der charakteristischten Vertreter des europäischen Miocaens und erreicht in diesem die weitest-
gehende Verbreitung und Häufigkeit.
— 245 —
Weitere Reste aıs einige stark abgerollte aber trotzdem richtig bestimmbare Zähne haben sich von
dieser für die Altersbestimmung so wichtigen Art nicht finden lassen. Anlaß zu besonderen morphologischen
Bemerkungen geben diese Zähne, deren Bau sich in der Literatur ausführlich beschrieben findet, nicht; einen
gut erhaltenen rechten unteren P, bilde ich Taf. XIV, Fig. 26 ab. Daneben fand sich eine kräftig gebaute
1. Phalange der Mittelzehe (III). Außerdem ist noch ein linkes Cuboid zu erwähnen. Der auf der Außen-
seite durch 2 Knorren verdickte massive Knochen zeigt oben eine schmale langgestreckte, in ihrem Vorder-
teil etwas verbreiterte Gelenkfläche für den Calcaneus, unten eine ebensolche etwas kürzere, durch eine
kleine Einschnürung in der Mitte getrennte Gelenkfläche für das Metacarpale IV.
fac. art. Calcan.
fac. art. Met. IV
Textfigur 26. Anchitherium aurelianense Guvier. Linkes Cuboid, Außenseite. Nat. Cr.
Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Vorkommen: Aus der großen Anzahl zum Teil klassischer Fundorte zitiere ich: Georgensmünd,
Steinheim, die schwäbischen Bohnerze, den Flinz der bayrisch-schwäbischen Hochebene, die Paludinen-
schichten von Unterkirchberg an der Iller und die obere Süßwassermolasse von Heggbach in Deutschland;
die obermiocaene Braunkohle von Steiermark; Montabuzard, die Sande des Orleanais, die Faluns der
Touraine, St. Genies bei Montpellier, Issel in Languedoc, Sansan und Simorre im Dep. Gers, La Grive-
St.-Alban im Dep. Isere; Elgg, Käpfnach, Bucheggberg, Moliere in der Schweiz; Cerro de San Isidro bei
Madrid in Spanien.
Gestützt auf eine größere Reihe von Oberkieferdentitionen glaubt Mayetl.c.pag. 128 u. Fig. 46—48
folgende Reihe von Mutationen dieser Art aufstellen zu können:
Anchitherium aurelianense mutation tortonienne La Grive-Saint-Alban
PP Re mutation helvetienne Sansan, Faluns der Touraine
N 2 var. typ. Sande des Orleanais
? Rasse blesense Blesois im Orleanaıis.
Unterschiede, die sich insbesondere auf die zunehmenden Größenverhältnisse stützen. Der Mangel
an Oberkiefermolaren erübrigt es mir, auf die Möglichkeit solcher Unterscheidungen für das schlesische
Material einzugehen. Auf einige allgemeine Betrachtungen über den Wert solcher Unterscheidungen für die
Altersbestimmung werde ich im Schlußkapitel zurückkommen.
— 246 —
Macrotherium grande Lartet. 1837.
(Tafel XIV, Fig. 27—30, Textfigur 27.)
1837 Macrotherium grande (= Grand Anoplotherium) Lartet, Comptes rendus de l’academie des sciences Paris
IV, pag. 88, pag. 22 u. 30.
1851 Macrotherium sansaniense Lartet, Notice sur la colline de Sansan. Auch 1851, pag. 22 u. 30
1870 Chalicotherium antigquum YFraas, Die Fauna von Steinheim. Stuttgart, pag. 21, Taf. 8, Fig. 8, 10—13.
1891 Chalicotherium magnum Filhol, Etudes sur les mammiferes de Sansan. Annales de la societ& geologique, Paris,
vol. XXI, pag. 294, Tafel XLIII—XLVI.
1895 Macrotherium sansaniense Depe&eret, Vertebres miocenes de la Grive-St.-Alban. Archives du Museum d’histoire
naturelle. Lyon tome V, pag. 86, Taf. I, Fig. 1.
1898 Macrotherium grande Roger, O., Wirbeltierreste aus dem Dinotheriensande. 33. Ber. Naturw. Vereins Augs-
burg, pag. 29, Taf. III, Fig. 7.
1904 Macrotherium sansanienss Andreae, A., III. Beitrag zur Binnenconchylienfauna des Miocaens von Oppeln in
Oberschlesien. Mitteilungen aus dem Roemer-Museum Hildesheim Nr. 20.
1908 > > Mayet, Etude des mammiföres miocenes des sables de l’Orleanais et des faluns de la
Touraine. Annal. de l’universite de Lyon 1908, pag. 280. — Dasgl. 1909, pag. 31.
Vorhanden sind ein oberer P,, P, und P,, die alle mehr oder minder stark abgekaut sind und ver-
schiedenen Individuen angehören. Diese Praemolaren zeigen 2 Außenspitzen, die eine hohe und steile Außen-
wand verbindet und von denen 2 Querjoche, ein niedrigeres, weniger ausgeprägtes vorderes und ein stärkeres
hinteres mit einem geschwungenen Kamm, zu einer niedrigeren, konischen Innenspitze ziehen. Die Vorder-
und Hinterseite begrenzt ein breiter, kräftiger Basalwulst, der dort, wo er an die Innenspitze stößt, kurz
unterbrochen wird. Beim P, sind die ungleichen Außenhöcker nur durch eine seichte Einsenkung vonein-
ander getrennt. Merkwürdig ist ein kleiner Praemolar, den ich als hierher gehörigen P, deute, mit einer
starken konischen Außenspitze und einer kleinen Innenspitze.
Maße der oberen Praemolaren:
Kgl. Neudorf Stätzling
p Länge 15:5 — mm
1 Breite 16,8 — fe
p Länge 167. 158
® Breite 20,5 22 4
p Länge 20,5 — ae ’
* Breite 26,5 — ns
Im Verhältnis zu den Maßen der großen aus Sansan und La Grive bekannten Oberkiefermolaren von
Macrotherium grande erscheinen die Praemolaren aus Oppeln sehr klein. Dieser Gegensatz zwischen kleinen
Praemolaren und sehr großen Molaren ist jedoch für Macrotherium spezifisch und ich kann daher bei den
Oppelner Praemolaren in ihren etwas kleineren Maßen keinen Artunterschied von den südfranzösischen Exem-
plaren sehen, jedenfalls stehen diese den gleichfalls nur sehr dürftigen Resten dieser Art, welche aus Steier-
mark bekannt geworden sind, und den Praemolaren, welche Roger aus dem Flinz (Stätzling) angibt, sehr
nahe. Ich glaube daher kaum, daß die Zähne aus Steiermark, wie mir Herr Dr. Bach freundlichst brieflich
mitteilte, vielleicht einer besonderen kleineren Art angehören könnten, deren genauere Abgrenzung ihm
aus Mangel an Vergleichsmaterial nicht möglich war. Ein unterer M, zeigt die charakteristische Form zweier
Halbmonde, eines kleineren vorderen und mehr geschlossenen, und eines größeren hinteren, weit nach
lingual offenen; dieser Halbmond wird in der Mitte von einem mit dem vorderen Halbmond gemeinsamen
Pfeiler begrenzt.
— 247 —
Das Skelett hat, wie neuerdings bekannt wurde, abgesehen von dem so eigenartig gebauten Carpus
und Tarsus einen durchaus pferdeähnlichen Habitus. Vom Tarsus bilde ich einen flach gebauten rechten
Talus von der Unterseite ab. In seiner Größe erreicht dieser Knochen fast denselben Umfang wie beim
Brachypotherium, weicht aber durch seinen flachen langgestreckten Bau (vgl. Textfigur 25) von den Rhino-
cerotiden ab, mit denen er auch sonst keine Aehnlichkeit hat. Die Trochlea dieses Talus biegt sich stark
nach hinten herunter, besitzt lateral von ihrer oberen Gelenkfläche an der Außenseite des Talus keinen
Fortsatz, sondern ist entsprechend dem übergreifenden Gelenkteil der Fibula dort glattwandig abgerundet.
Dagegen findet sich auf der anderen Seite ein niedriger langgestreckter, aber kräftiger Processus medialis,
der nach der Unterseite zu etwas abbiegt.
Trochlea
Proc. med. -—>
AN
j
Fac. art I
H
Navic AuR
Fae. art. Cuboid.
Textfigur 27. Macrotherium grande Lartet. Rechter Talus.
Unterseite mit den Articularfacetten zum Calcaneus. Nat. Gr.
Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Die Unterseite wird ganz von den breiten Facetten zum Calcaneus eingenommen, die nur ein schmaler
in schräger Richtung verlaufender Sulcus tali trennt. Von diesen ist die mediale Facette, welche mit der
gewölbten ectalen Facette vorn am Tuber des Calcaneus artikuliert, muldenförmig vertieft. Die gleichfalls
sehr ausgedehnte vordere Gelenkfläche zum Naviculare (Scaphoid) steht schräg zur Achse des Knochens,
ist leider aber hier stark beschädigt; sie stößt im stumpfen Winkel mit der nach vorn gerichteten, weit
kleineren, etwas buckelförmig vorgekrümmten Gelenkfläche zum Cuboid zusammen.
Vorkommen. Im OÖbermiocaen von Steinheim und Kgl. Neudorf bei Oppeln, im Flinz (Stätzling,
Häder, Freising) der bayrisch-schwäbischen Hochebene; Göriach, Eggersdorf in Steiermark; Brüttelen in
der Schweiz; in den Faluns (Pontlevoy) der Touraine, Sansan (Dep. Gers), Saint-Gaudens (Haute-Garonne),
La Grive-Saint-Alban (Isere) in Frankreich.
— 248 —
Choerotlherium cf. sansaniense Lart. sp. (oder pygmaeum Dep.)
1904 Andreae,A.. III. Beitrag zur Binnenconchylienfauna des Miocaens von Oppeln in Schlesien. Mitteilungen aus dem
Roemer-Museum. Hildesheim, Nr. 20.
Andreae führt p. 19 einen Talus an, der sich jedoch unter dem mir vorliegenden von An-
dreae gesammelten Material nicht mehr vorfindet. Weitere Reste haben sich seitdem nicht gefunden.
Hyotherium simorrense Lartet 1851.
(Taf. XII, Fig. 23 u. 24.)
1851 Hoyotherium simorrense Lartet, Notice sur la colline de Sansan. Auch 1851, pag. 33.
1870 Hyotherium sp. Roemer, F., Geologie von Oberschlesien, pag. 418, Taf. 48, Fig. 12—14.
1900 Hyotherium simoyrense Stehlin, H. G., Ueber die Geschichte des Suiden-Gebisses. Abhandl. d. schweiz. pa-
läont. Ges. Vol. XXVI und XXVII, pag. 139 und 140, Taf. 6, Fig. 24 und 26. (Literatur.)
DievonRoemer.c. Taf. 48, Fig. 13—14 beschriebenen Reste von Hyotherium simorrense bestehen
aus einem Praemolaren und einem Bruchstück eines Molaren, welche in Damratsch bei Karlsruhe einige
Kilometer von Oppeln gefunden wurden. Nach den Angaben, dieStehlin |.c. über 7. simorrenseLartet
gegeben hat, würden die vorliegenden Zähne recht gut zu dieser Art passen. Da aus den Toneisensteinen
von Damratsch, Kreis Oppeln, keine weiteren Säugetierreste bekannt sind, die für Damratsch eine ältere
Fauna anzeigen könnten, so liegt meines Erachtens kein Grund dagegen vor, die Toneisensteine von Dam-
ratsch gleichfalls ins oberste Miocaen zu stellen. In den Ablagerungen von Kgl. Neudorf finden sich verein-
zelt Toneisensteinknollen von rötlich-bräunlicher Färbung, die eine gewisse Aehnlichkeit mit den Toneisen-
steinen von Damratsch aufweisen, sodaß man auch hierin eine gewisse Gleichförmigkeit der Ablagerungs-
bedingungen von Damratsch und Kgl. Neudorf sehen könnte.
Von einem anderen Fundpunkt, Tauenzinow, Kreis Oppeln, sind ein P,—P, des linken Oberkiefers
bekannt. Dieselben haben in der Literatur schon mehrfach Erwähnung gefunden. Stehlin bildet diese
Zähne Taf. 6, Fig. 24 und 26 nach einer Zeichnung H.v.Meyversab. Das Original, das sich im Breslauer
Geologischen Museum befindet, war Stehlin jedoch unbekannt. Nach Stehlin ist die Dicke des
Haupthügels am Hinterende des P, und die damit zusammenhängende geringe Ausbildung der Talon-
grube für H. simorrense so typisch, daß die vorliegenden Zähne recht gut einem kleinen Individuum dieser
Form zugeschrieben werden könnten, womit auch die Gestalt des P, gut übereinstimmt.
Von dem gleichen Fundort liegt noch ein oberer linker M, vor, der jedoch nahe Beziehungen zu Sus
palaeochoerus-choeroides aufweist. Eine neue Untersuchung dieser Zähne ist mir aus Mangel an Vergleichs-
material nicht möglich und ich kann daher nicht mit Sicherheit feststellen, ob in diesen Resten vielleicht
eine neue Art vorliegt. Infolge der vorerwähnten großen Aehnlichkeit der Praemolaren stelle ich diese
Reste vorläufig zu HZ. simorrense Lartet.
Aus Kgl. Neudorf gehört zu Hyotherium simorrense ein unterer, ziemlich stark abgeschliffener C,
dessen Wurzelspitze eine knollige Verdiekung zeigt. Nicht ganz unzweifelhaft ist die Zugehörigkeit eines Frag-
ments eines oberen Eckzahns mit im oberen Teil verdickter Wurzel.
Die fast gleichalterigen Formen, Hyotherium Soemmeringi H. v. Meyer und Hyotherium simor-
rense Lar-tet sind einander sehr ähnlich, von manchen Autoren werden sie als miteinander identisch an-
gesehen, andere wieder trennen sie nach Stehlin, dem ich hier folge. Da ich rein auf das Studium der
Literatur gestützt, nicht mit Sicherheit anzugeben vermag, welche von den aus den obermiocaenen Fund-
— 249 —
orten angegebenen Suidenresten zu Hyotherium simorrense Lartet gehören, zähle ich nur die ober-
schlesischen Fundpunkte auf, diese sind: Tauenzinow, Damratsch und Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Dicrocerus furcatus Hensel 1859.
(Tafel XIV, Fig. 9—25, Textfigur 28.)
1859 Prox furcatus Hensel, R., Ueber einen fossilen Muntjak aus Schlesien. Zeitschr. d. deutschen geologischen Ge-
sellschaft 1859, pag. 251, Taf. X.
1870 Palaeomeryx furcatus Traas, O., Die Fauna von Steinheim. pag. 34—42, Taf, VI, VII, VIII.
1893 D5 ” Hofma nn, Die Fauna von Göriach. Abhandl. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, Wien, Band
XV, Heft 6, pag 68, Taf. XII, Fig. 16, 17 (Literatur).
1896 ) BR Studer, Th., Die Säugetierreste aus den marinen Molasseablagerungen von Brüttelen.
Abh. d. schweiz. palaeont. Gesellsch. Vol. XXII, pag. 30. Zürich (zitiert Fundpunkte in der
Schweiz).
1900 35 15 Roger, O., Wirbeltierreste aus dem Dinotheriensande der bayrisch-schwäbischen Hochebene.
34. Bericht des Naturw. Ver. für Schwaben und Neuburg in Augsburg, pag. 64.
1904 Er) = Andreae, A., III. Beitrag zur Binnenconchylienfauna des Miocaens von Oppeln in Schlesien.
Mitteilungen aus dem Roemer-Museum. Hildesheim, Nr. 20, pag. 19.
1908 Dicrocerus furcatus Bach, Die tertiären Landsäugetiere der Steiermark. Mitt. des Naturw. Ver. f. St. Graz
1908, pag. 77 (zitiert Fundpunkte in Steiermark).
1910 ”s er Zdarsky, A., Die miocaene Säugetierfauna von Leoben. Jahrb. d. k. k. geolog. Reichs-
anstalt, Wien. Band LIX, pag. 274, Taf. VIII, Fig. 6—9.
Zahlreiche isolierte Ober- und Unterkieferzähne, Fragmente von Geweihabwürfen, vom Extremitä-
tenskelett Lunatum, Scaphoid, Caleaneus, Talus, Scaphocuboideum, verschiedene Diaphysen-Enden von Me-
tacarpalien, desgl. Phalangen vorhanden.
Die Bezahnung dieses verbreitetsten obermiocaenen Cerviden ist schon von OÖ. Fraas an Exem-
plaren von Steinheim ausführlich beschrieben worden. Von dem oberschlesischen Material möchte ich
hier nur bemerken, daß an den Unterkiefermolaren der typische Palaeomeryx-Wulst deutlich erkennbar ist.
In den Figuren, Taf. XIV, Fig. 14, 19, 20 ist die Reihenfolge der Abkauung an verschiedenen linken unteren
M, dargestellt. Von näherem Interesse sind nur noch die Maße einiger Zähne aus Oppeln im Vergleich zu
denen anderer Fundpunkte. Der obere P, ist dadurch gekennzeichnet, daß er stets breiter als lang ist,
während P, umgekehrt länger als breit zu sein pflegt.
Oberkiefer.
Steinheim Leoben Stätzling Oppeln
I II ad I Il I Il
Länge 10 10 11,4 mm
Breite 8,7 10,5 9,0 =
Länge 97 8,5 34 10,7 ba
Breite 10,5 158 10,7 er
Länge 11 11 Ale, 11 10 9 12,3 131 72%
Breite 12 11,6 12,5 13 12 15 14.9. .,
Länge 12 12 13,1 13 10 14,3 Lan:
Breite 14 13,5 13,9 13:5 15,9 Ion
— 23530 ° —
Umstemikawerkem:
Steinheim Leoben Stätzling Oppeln
I II Ill IV I II I II
p Länge 8 8 9 8,7 7 9,8 mm
2 "Breite 4,5 42 45 3 5 h
p, Länge 10 10 9:3. 210% 8,5 “
2’ "Breite 58 5.8 5,5 6,2 4,5 Re
p, Länge 11 10,6 11 101 ®) 11,0 ee
= FBreiles,6:6 Dr 8,7 6,7 5,9 6,5 boz%
yj, Länge 1163 14,200212 11 10 11,7 12,5,
1 Breite 7,8 1.9 8,3 7 8,9 ST,
m, Länge 12,6 11,9 1 EI 1 11,5 11 14,7 are
2 Breiten ae 8 8,7 9,3 8,5 ) I5M:
m, Länge 17 17,4 16,5 18,4 16 19 19 18:8,
2 (Breite 18,3: 388 8,5 8,6 ) 10127
Wie aus der vorstehenden Tabelle zu ersehen ist, werden die Oppelner Exemplare zum Teil in den
Maßen ein wenig größer als die gleichen Objekte von anderen Fundpunkten, eine Erscheinung, die sich bei
den meisten andern Arten aus Oppeln finden wird und auf die ich
in der Schlußbetrachtung zurückkommen werde. Einen ganz platten
und an der concaven Hinterseite mit einer scharfen Schneide ver-
WE sehenen oberen Caninus aus Kieferstädtel hat schon Hensel |. ce.
Textfigur 28. Dicrocerus furcatus Hensel. Pag. 265, Taf.X, Fig. 5 beschrieben und gut abgebildet. Die Höhe
Obere Reihe der rechten Carpalwurzelknochen eines Unterkieferfragmentes beträgt unter dem M, 21 mm:
von vorn gesehen (vergleiche hierzu Taf. XIV,
Bie1anu el) Nabe Gr ; : : - & &
Obermioeaen von Kel. Nendori bei Oppäln. führlich (l. ec. pag. 41) beschrieben, daß ich wirklich von Wieder-
Calcaneus, Talus, Scaphocuboideum hat OÖ. Fraas so aus-
holungen absehen kann, wenn auch der Nichtgebrauch exakter latei-
nischer Nomenclatur in kleinen morphologischen Details das Studium seiner minutiösen Beschreibung
etwas erschwert, ich beschränke mich daher auf Abbildungen und sehe auch von spezielleren Maßen ab,
da sie nur geringe Vergleichswerte zu bieten vermögen. Vom Carpus bilde ich Lunatum (Taf. XIV, Fig. 13)
und Scaphoid (Naviculare, Taf. XIV, Fig. 17) von Gelenkflächen ab, von denen sie uns gewöhnlich nicht zu
Gesicht kommen. In Ergänzung dazu zeigt Textfigur 28 die Stellung derselben zueinander von der Vor-
derseite.
Ein Geweihabwurf aus Kgl. Neudorf bei Oppeln (Taf. XIV, Fig. 18) mit kräftig entwickelter Rose, deren
Perlen breit hervorquellen, gehört zu den D. furcatus-Formen, deren Gabel sich nicht unmittelbar über
der Rose teilt, sondern sich aus einem gemeinsamen, wenn auch immer noch kurzen und gedrungenenKörper,
hier 5cm lang bis zur Gabel, entwickelt. Ein zweites sehr dürftiges Fragment eines Geweihabwurfs aus
Oppeln läßt nur eine breitknollige Rose erkennen, dicht über der aber schon die Gabelung begonnen zu haben
scheint. Von Kieferstädtel sind 3 kräftige Geweihstangen mit weit stärkeren Enden als bei dem abge-
bildeten Oppelner Exemplar, alle mit dem charakteristischen hohen Rosenstock erhalten, 2 davon, die zu
demselben Individuum gehören sollen, hat schon Hensel l.c. Taf. X, Fig.1 und 2 trefflich abgebildet,
ein drittes Stück, jetzt im Breslauer Palaeontologischen Museum, wurde von F. Roemer gesammelt.
Hier ist dıe Rose nicht ganz so kräftig entwickelt, ihre Perlen sind breitlappiger und nur zum Teil um den
Stamm herum zu verfolgen. Vor allem aber geht bei allen diesen Kieferstädteler Exemplaren die Gabelungs-
stelle direkt aus der Rose hervor oder befindet sich unmittelbar darüber. Zu bemerken sind noch die tiefen
Furchen, welche sich an allen oberschlesischen Exemplaren, besonders tief ausgeprägt bei den Oppelner,
auf der Oberfläche der Geweihe finden und sich bis zwischen die Perlen der Rose hinabziehen.
Auf die große Variabilität der D. furcatus-Geweihe hat erst kürzlich Roger hingewiesen (l. c. pag.
64—67). Darnach hat der aus Oppeln abgebildete Typus nichts Auffälliges, eher in der Dicke der Haupt-
stange, die dicht über der Rose einen Durchmesser von über 22 mm hat; eine gleiche Dicke bei größerer Ge-
samtlänge findet sich bei den Geweihstangen aus Kieferstädtel, wodurch die oberschlesischen Geweihe
gegenüber den schlanken zierlichen süddeutschen Formen, die sie außerdem etwas an Größe übertreffen,
ein gedrungeneres Aussehen erhalten.
An dieser Stelle möchte ich noch eine auf Taf. XIV, Fig.8 abgebildete Geweihsprosse eines Cerviden
erwähnen, welche für Dierocerus furcatus Hensel zu groß erscheint und vielleicht zu ( ?) Dicrocerus elegans
Lartet gehört, von dem aber bisher keine weiteren Reste aus Oppeln bekannt sind.
Vorkommen: Reste dieses kleinen Cerviden finden sich bei weitem am häufigsten von allen
Arten in Kgl. Neudorf und kommen außerdem noch in den Toneisensteinablagerungen von Kieferstädtel
vor, woher das Originalexemplar von Hensel stammt. Im ÖObermiocaen von Mitteleuropa allgemein
verbreitet.
Palaeomeryz eminens H. v. Meyer 1847.
(Taf. XII, Fig. 6 und Taf. XIV, Fie. 7.)
1847 Palaeomeryx eminens H. v. Meyer, Neues Jahrbuch für Mineralogie etc., pag. 183.
1870 2 Fraas, O., Die Fauna von Steinheim, Stuttgart 1870, pag. 42, Taf. VIII, Fig. 15—17, 22,
Taf IX, Fig 1—8.
1887 a5 magnus Deperet, Vertebres miocenes de ia vall&ee du Rhöne. Archiv. du Museum d’histoire na-
turelle, Lyon, tome IV, pag. 254.
1893 hs eminens Hofmann, Die Fauna von Göriach. Abhandl. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, Wien. Band
XV, Heft 6, pag. 58, Taf. XI, Fig. 1—8, Taf. XIII, Fig. 12, Taf. XIV, Fig. 1 (weitere Litera-
turangaben).
1898 25 ” Roger, Wirbeltierreste aus dem Dinotheriensande der bayrisch-schwäbischen Hochebene.
33. Ber. des Naturw. Ver. Augsburg, pag. 36.
1908 53 > Bach, Die tertiären Landsäugetiere der Steiermark. Mitt. d. Naturw. Ver. f. St. Graz 1908,
pag. 75 (zitiert Fundpunkte in Steiermark).
Kgl. Neudorf lieferte 2 Milchmolaren und einen stark abgekauten unteren M,. D, und D, zeigen
2 Längskämme, einen gleichmäßigen niederen inneren und einen höheren äußeren, aus dem 2 kräftige
Spitzen emporragen, an die sich eine dritte niedrige schräg anlehnt. Beim D, schiebt sich vom lingualen
Innenlängskamm ein kurzer Querkamm gegen den Einschnitt zwischen den beiden Vorderaußenspitzen vor.
Beide Zähne sind stark mit Riefen bedeckt und besitzen ein geringes linguales Basalband.
Die Maße sind:
p, Fänge 18,7 mm
? Breite 12,6 mm
D Länge 20,7 mm
3 Breite 14,7 mm
Palaeontographica. Bd. LX. 32
— 22 —
Der typische untere M, zeigt an der Außenseite einen breit und kräftig entwickelten Palaeomeryx-
wulst. Seine Maße sind:
Oppeln Steinheim Göriach Oeningen Sansan
M. ing, Länge 37,8 40 38 35,5 36 mm
ı MN Breite 20,5 2 17,5 mm
Von verschiedenen isolierten Knochenfragmenten ist nur ein linkes Cuneiforme III intakt erhalten.
Vorkommen: Im Obermiocaen von Oeningen, Georgensmünd, Steinheim und Kgl. Neudorf bei
Oppeln, sowie im Flinz (Stätzling) der bayrısch-schwäbischen Hochebene; Vordersdorf und Göriach in Steier-
mark; Sansan und La Grive-Saint-Alban in Frankreich.
PROBOSCIDEA.
Mastodon.
Von dieser Gattung liegen von allen obermiocaenen Säugetieren aus Oppeln die meisten Reste vor.
Die Sammlung des Geologischen Instituts zu Breslau besitzt jetzt 4 zu ein und demselben Gebiß gehörige
Unterkiefermolaren, 4 gleichfalls zu ein und demselben Gebiß gehörige Oberkiefermolaren, 1 isolierten
letzten unteren Molaren und zahlreiche nicht näher bestimmbare Bruchstücke weiterer Zähne. Einen
weiteren letzten unteren Molaren, den Herr Zahnarzt Schrammen in Hildesheim besitzt, konnte ich
im Gipsabguß untersuchen. Nicht unerwähnt lassen möchte ich die Fundgeschichte dieser Zähne. Durch
die Unvernunft eines Brucharbeiters, der die in zahlreiche Stückchen zerfallenen Zähne an verschiedene
Liebhaber verkaufte, war es besonders bei dem OÜberkiefergebiß mit einigen Schwierigkeiten verbunden,
alle diese verschiedenen Bruchstückchen ausfindig zu machen, um dann die Zähne genau zusammensetzen
zu können. Da mir seinerzeit noch nicht alle Bruchstückehen ein und desselben Zahnes zu Händen ge-
langt waren, so mußte meine frühere Beschreibung dieser Zähne (l. ec. p. 113, 114) einige Ungenauig-
keiten aufweisen. Außerdem führt Andreae in seiner Liste der Säugetiere von Oppeln auch Mastodon angu-
stidens auf Grund einer Angabe im Protokoll der deutschen geologischen Gesellschaft vom 5. November
1902 an, nach dem Michaeleinen Zahn von Mastodon angustidens aus Kgl. Neudorf bei Oppeln vor-
legte. Diesen Zahn konnte ich nicht untersuchen.
Mastodon (Tetrabelodon) angustidens Guvier 1806.
Tafel XV, Textfigur 29—35.
1806 Cuvier, Annales du Museum, Tome VII, pag. 412. Desgl. Ossements fossiles, Tome I, p. 250, planch. I—IV.
1859 Lartet, Note sur la dentition des proboseidiens vivants et fossiles. Bulletin de la Societe geologique de France
1859, pag. 469, Pl. XVI, Fig. 14, Pl. XX, Fig. 6.
1867 Meyer, H. von, Studien über das Genus Mastodon. Palaeontographica, Band XVII, pag. 1.
1877 Vacek, M., Ueber österreichische Mastodonten und ihre Beziehungen zu den Mastodonarten Europas. Abhandl.
d.k. k. Geolog. Reichsanstalt, Band VII, Heft 4. .
1878 LortetetChantre, Recherches sur les Mastodontes (Archiv. du Museum d’histoire naturelle de Lyon, Tome II,
pag. 285, Pl. VII et IX).
1891 Gaudry, A., Quelques remarques sur les Mastodontes A propos de l’animal du Cherichira. Mem. de la Soc. g&o-
logique de France. Paleont. No. 8.
1908 Wegner, R. N., Zur Kenntnis der Säugelierfauna des Obermiocaens bei Oppeln (Oberschlesien). Verhandlungen
der k. k. Geol. Reichsanstalt 1908, pag. 115.
— 2593 —
1908 Mayet, Etudes des mammiföres miocenes des sables de l’Orleanais et des. faluns de la Touraine Lyon 1908,
pag. 189—-199, 297—-299. Taf. 7, Fig. 3, 4, 5, 6; Taf. 11, Fig. 2 et 2.
1910 Bach, Mastodonreste aus der Steiermark. Beiträge z. Paläont. und Geologie OesterreicH-Ungarns und des Orients,
Band XXIII, 1910, S. 63—123.
1912 Schlesinger, Studien über die Stammesgeschichte der Proboseidier. Jahrbuch d. k. k. Geolog. Reichsanstalt,
Wien, Band 62, Heft 1.
Die weitere sehr umfangreiche Literatur über einzelne Funde des obermiocaenen Mastodon angu-
stidens Cu vier läßt sich aus den angeführten Monographien bequem zusammenstellen, ebenda sind die
in diese Art einbezogenen Variationen, Mastodon tapıroides Guvier 1812 (= turicensis Schinz 1827), M.
minutus Cu vier 1812, M. simorrense Lartet 1851, M. Pyrenaicus Lartet 1859 angegeben.
Seit Cuviers Zeiten ist es unter stets den gleichen Schwierigkeiten das besondere Bemühen der
Palaeontologen gewesen, unter den Mastodon-Formen des europäischen Obermiocaens verschiedene Typen
herauszudifferenzieren. Man glaubte nach der Ausbildung von Sperrhöckern, nach der Geschlossenheit
oder Auflösung der Joche in einzelne Höcker verschiedene Arten unterscheiden zu können, die eine mit ge-
schlossener Ausbildung der Joche, engen Quertälern, ohne Sperrhöcker, Mastodon angustidens var. tapi-
roides Cu vier, die andere mit in einzelne Höcker geteilten Jochen und Sperrhöckern, Mastodon angusti-
dens var. typ. Cuvier. Alles Material, was die Monographien von H.v.Meyer,VacekundBach
darüber zusammengetragen haben, vermag bei unbefangener Betrachtung der gegebenen Abbildungen
nur zu zeigen, daß es einen reinen Typus weder der einen noch der anderen — Art, Rasse oder Varietät,
wie man es bezeichnen will — gibt, daß es neben ganz seltenen typischeren Formen für jede Zuerteilung zu
der einen oder anderen eines besonderen Aufwandes von Spitzlindigkeit bedarf, um dieselben künstlich zu
trennen. Angesichts der mir anfangs vorliegenden isolierten Molaren hätte ich auch dazu geneigt, mich in
die spitzfindigen Kniffligkeiten einer Unterscheidung mehrerer Spezies einzulassen, wenn mir nicht die Beob-
achtung eines größeren Vergleichsmaterials andere Gesichtspunkte eröffnet hätte. Die Unbefriedigung,
welche das Studium der Literatur über die Molaren der obermiocaenen Mastodontenformen hinterläßt,
fand ihre Erklärung beim Studium einer größeren Anzahl von Objekten. Nur wenige Autoren wie Gaudry
und Schlosser! hatten schon darauf hingewiesen, daß Mastodon-Arten, welche normale Zwischen-
höcker in den Quertälern besitzen, bei geringer Ausbildung dieser Höcker den tapiroiden Formen sehr ähn-
lich werden können. Ich habe mich bemüht, mir auf einer Reihe von Reisen durch verschiedene europä-
ische Museen ein möglichst großes Material von Mastodontenzähnen zur eigenen Anschauung zu bringen,
und habe unter solchem Material alle möglichen Variationen und Bindeglieder zwischen den beiden oben
angegebenen Typen gefunden. Es erwies sich, daß die Zahl der Uebergangsformen zwischen der bunodon-
tiden und. der tapiroiden Varietät weit zahlreicher ist als typische bunodonte oder gar tapiroide Formen.
Letztere sind äußerst selten, eine wirklich typisch rein-tapiroide Form habe ich aus unzweifelhaftem Ober-
miocaen überhaupt nicht finden können. Und unter den tapiroiden Formen sind die meisten Zähne sehr
fragmentär erhalten, darunter das Original Cu viers — das übrigens Ansätze von Sperrhöckern aufweist,
also eher zu einem Uebergangstypus gehört —, ebenso das von Ba ch abgebildete Fragment (I. ce. pag. 113,
Taf. X, Fig. Aa, b). Eine relativ noch reiner tapiroide Form der letzten Molaren zeigt ein Mastodon aus
dem Flinz (Tutzing) in der Palaeontologischen Staatssammlung zu München. Bei diesem wird der tapiroide
1 Schlosser, Beiträge zur Kenntnis der Säugetierreste aus den süddeutschen Bohnerzen. Geol. u. palaeont. Ab-
handl. N. F. Band V, pag. 121.
Eindruck nur dadurch so groß, daß die sehr geringe buckelförmige Vorwulstung an der Jochwand durch die
vorgeschrittene Abkauung glattwandig abgeschliffen wurde. Ueberhaupt lassen sich zum Vergleich nur un-
abgekaute Zähne mit Erfolg heranziehen, denn durch ganz lokale und individuelle Nahrungsverhältnisse
vermögen mehr [lache breite oder steilere Abkauungsmarken an den Jochwänden den Typus nachträglich
etwas zu verwischen.
Häufig finden sich Sperrhöcker nur in den beiden ersten (uertälern. Daneben finden sich alle Ueber-
gänge von kleinen Buckelchen an der glatten oder runzligen Jochwand bis zu den das ganze Quertal ver-
sperrenden mächtigen Sperrhöckern. Die in der Literatur angeführten Mastodon simorrense Lartet und
M. pyrenaicus Lartet sind gleichfalls als Belege für solche individuelle Zwischenvariationen von tapi-
roiden und bunodontiden Formen heranzuziehen. Ein ausgesprochen zygodonter Gebrauch tapiroider
Molaren durch ein Aul- und Niederbewegen der Kiefer zwecks Zerknackens z. B. härterer Zweige müßte
sich wohl auch ın der Bildung eines mehr quergestellten Condylus ausprägen, bei den bunodontiden in
einem mehr längsgestellten Gelenk für mahlende Bewegungen. Beı den wenigen beobachteten Unterkiefer-
eondylen obermiocaener Mastodonten fand ich stets nur einen rundlichen Höcker, der mannigfaltige Be-
wegungen in beiden Richtungen zulassen würde. Jedoch nicht nur in der Ausbildung von Zwischenhöckern
und in der Oberflächenprägung der Joche finden sich solche beträchtliche Schwankungen in der Variabi-
lität, sondern auch in Länge und Breite der letzten Molaren. Die größere Breite der tapiroiden Zähne findet
vielleicht darin ihre Erklärung, daß bei gleicher Anlage und Masse von Schmelzsubstanz größere Zahnbreite
und geringere Ausbildung von Sperrhöckern zu schmalerer Zahnbreite und guter Ausbildung der Sperr-
höcker in gewisser Wechselbeziehung stehen. Zum guten Teil werden diese oft beträchtlichen Größenunter-
schiede der Molaren — die sich übrigens durchaus nicht immer ganz proportional zur allgemeinen Körpergröße
finden — in Geschlechtsunterschieden ihre Erklärung finden, denn auch bei den rezenten Elefanten weist
ein alter Bulle ganz andere Dimensionen auf als ein eben reifes Weibchen.
Fast an allen Fundpunkten des Obermiocaens sind diese beiden Mastodonlormen, die man unter-
scheiden wollte, zusammen gefunden worden, große und kleine Exemplare und es mußte daher schon an
und für sich viel Unwahrscheinliches haben, daß überall zwei einander so gleichförmige Mastodonarten
beieinander gelebt haben sollten, ohne in fortwährende Vermischung miteinander zu treten. Mehr Wert
wäre erst jenen ascendierenden Mutationen zuzuschreiben, welche sich neben den tapiroiden Variationen
in den Uebergangsformen von Mastodon angustidens var. typ. Cu vier zu Mastodon longirostris Ka up im
obersten Miocaen finden. Diese Uebergangsformen zu der pliocaenen Art sind durchschnittlich in etwas
größeren Exemplaren erhalten.
In dem miocaenen Mastodon angustidens Cu vier ist also eine in der Gestalt der letzten Molaren (M,)
sehr variable Art zu sehen, welche sich von kleineren mittelmiocaenen zu größeren obermiocaenen Formen
zu entwickelt, um sich entschieden erst mit Beginn des Pliocaen in zwei Stämme zu spalten, das Mastodon
longirostris K au p im Norden (Eppelsheim) und Westen Europas und das Mastodon Pentelici Gaudry
im Orient (Pikermi), aus dem sich sehr bald mit Beginn des Mittelpliocaen! das Mastodon Borsoni Hays
mit ausgesprochen tapiroiden Zähnen entwickelte, um sich dann im Mittelpliocaen schnell von Nordafrika
wieder über ganz Europa bis Südrußland zu verbreiten.
1 Das Alter der z. T. als Unterpliocaen angegebenen Fundpunkte von Mastodon Borsoni Hays, insbesondere in Süd-
Rußland ist bisher nicht sicher bestimmt.
N
Natürlich halte ich auf Grund meiner Beobachtungen aller möglicher voneinander nicht abgrenz-
barer Varietäten zwischen tap iroiden und bunodontiden Formen im Obermiocaen eine andere Spekulation,
nach der Schlesinger (l. ce.) Vertreter eines Stammes tapiroider Formen schon bis ins unterste Miocaen
hinabverfolgen, eines Stammes bunodonter Form vielleicht noch weiter zurück im Moeritherium trigonodon
sehen will, für wenig möglich. Nach einer freundlichen persönlichen Mitteilung kann ich mich hierbei auch auf
eine Autorität wie Professor Schlosser in München stützen, obendrein vermutet letzterer, daß auch die Palaeo-
mastodonarten aus dem oligocaenen Fayum (Oberägypten) nur zu einer Art gehören könnten, woraus ich
schließen möchte, daß sich auch bei einem direkten Vorfahren von Mastodon angustidens Gu vier eine ähn-
liche Variabilität zeigte. Da sich Schlesinger ausdrücklich nur auf Literaturstudien (l. c. pag. 89)
stützt und kein tatsächliches neues Material anführt, das seiner Auffassung an der Hand von Abbildungen
zur weiteren Stütze dienen könnte, bin ich der Mühe überhoben, mich näher darauf einzulassen, bevor solches
veröffentlicht ist. Nicht imstande auf Grund der wenigen mir zur Abbildung vorliegenden isolierten Masto-
donzähne trotz umfangreicher Vergleiche in anderen Museen hier eine Monographie über das obermiocaene
Mastodon einzuschieben — wozu vor allem zahlreiche, leider so selten gegebene Abbildungen in natürlicher
Größe notwendig sind — beschränk e ich mich darauf unter nochmaliger ausdrücklicher Betonung der großen
Variationsbreite, die isolierten Zähne von Kgl. Neudorf als weiteren kleinen Beitrag zur Kenntnis solcher
Varietäten kurz zu beschreiben. Wird man doch noch einzelne Rassen strenger als Arten unterscheiden
wollen, so wird man auf andere osteologische Details, Gestalt der Symphyse, der Gelenkhöcker usw.
zurückgreifen müssen, für die das Oppelner Material bisher keine Handhabe bietet.
Mastodon angustlidens var. austro-germanica.
\ Von einem mächtigen Unterkiefer, der leider in kleinste Splitter zersprengt wurde, ließen sich noch
die beiderseitigen M, und M, zusammensetzen, von denen die rechtsseitigen auf Tafel XV, Fig. 2 abgebildet
sind. Der M, besitzt 5 Joche und einen kleinen knöpfchenförmigen Talon. Die Quertäler sind breitbodig
und weit ausgebuchtet, die Jochwände glattwandig, nur bei den beiden letzten Jochen rauhwandig oder
gerunzelt, diese letzteren sind auch nicht ganz geradegestreckt, denn die hier deutlicher durch Einschnitte
voneinander markierten einzelnen Höcker, welche die Joche zusammensetzen, stehen in einem flachen Halb-
bogen. Die Medianfurche ist ziemlich tief eingeschnitten, Sperrhöcker sind besonders in den beiden vordersten
Quertälern gut entwickelt. |
Von diesen im Verhältnis zur Länge ziemlich schmalen Unterkieferzähnen messen M, und M, zu-
sammen 33 cm. M, muß noch etwas schräg im Kiefer gestanden haben und ist noch nicht vollständig
zur Benutzung gelangt. Ganz gleichartige Zähne hat Vacek, |. c., von österreichischen Mastodonten ab-
gebildet. Von den südfranzösischen Exemplaren des M. angustidens Cu vier var. typ. dagegen weichen
die Zähne von Oppeln durch ihre Größe, die flacheren, breiten Quertäler und die wenig ciselierte Ober-
fläche ab. Mayet beschreibt z. B.,l. ec. pag. 192, die Zähne vom dortigen Mastodon angustidens als
mit schmalen Quertälern, an deren Boden die Querjoche steil zusammen stoßen. Nur Sperrhöcker sind
in ähnlicher Ausbildung vorhanden. Das palaeontologische Museum der Universität Breslau besitzt zwei
obere letzte Molaren, den einen von Sansan, den anderen von Simorre, die einander beide sehr ähnlich
sind und dasselbe Bild zeigen, wie die, welche Mayet l.c. Taf. 7 aus den Sanden von Orleans abbildet.
Etwas jünger sind die Zähne, welche er Taf. 11 aus den Faluns abbildet und zu Mastodon angustidens
stellt; wenn sie aber noch engere Quertäler haben, zu Mastodon tapiroides rechnet.
— 256 —
sin Vergleich der Figuren zeigt sogleich den großen Unterschied dieser französischen Molaren von den
österreichischen und schlesischen.
Die vorher gegebenen allgemeinen Betrachtungen über die Variabilität dieser Art geben aber trotz-
dem dazu Veranlassung, auch das vorliegende Gebiß zu Mastodon angustidens zu stellen und nur etwa
als besondere geographische Rasse anzusehen, da die gleiche Form oder Rasse wie die Oppelner in zahl-
reichen Exemplaren aus Österreich, aus dem Obermiocaen der bayrisch-schwäbischen Hochebene, Stein-
heim, Steiermark usw. bisher stets als Mastodon angustidens beschrieben wurde und diese verschiedenen
Funde in Deutschland und Österreich nur unter sich einige Variationen in den Größenverhältnissen zeigen.
Eins scheint mir jedoch ziemlich sicher, daß diese ostdeutschen und österreichischen Formen zu einer
größeren Rasse wie der südfranzösischen gehören. Ich nenne diese Rasse, die vornehmlich in Ostdeutschland
und Österreich verbreitet gewesen zu sein scheint, M. angustidens var. austro-germanica. Eine solche Rassen-
abtrennung wäre, wenn man von der stets wieder zu betonenden Variabilität der Zähne von Mastodon angu-
stidens absehen könnte, auch dadurch begründet, daß diese M. angustidens-Rasse mit einer wohl von ihr
unterscheidbaren anderen Form, die in dieser Arbeit auch noch zu M. angustidens gestellt wird, in Oppeln
vorkommt. Dazu kommt, daß diese Rasse von M. angustidens aus dem obersten Horizont des Obermio-
caens nach Deperetscher Einteilung stammt, während die südfranzösische Form vorwiegend aus dem
unteren Horizont des oberen Miocaens, aus Sansan, Simorre, sowie aus dem Orleanais bekannt wurde.
var.: Zwischenform von M. angustidens var. typ. und M. longirostris.
1910 Bach, Mastodonreste aus der Steiermark. Beiträge zur Paläont. und Geologie Oesterreich-Ungarns und des Orients
Band XXIII, 1910, S. 63—123, Taf. VII—X.
In neuerer Zeit hat Bach in seinen Untersuchungen über die Mastodonten in der Steiermark nach-
gewiesen, daß die Anzahl der Querjoche beim vorletzten und letzten Molar durchaus nicht immer konstant
ist, und daher nicht mit genügender Sicherheit für die Speziesbestimmung verwandt werden kann. Diese
Verhältnisse veranlaßten mich, in meiner vorläufigen Notiz für einen M, von einer Zwischenform zwischen
Mastodon angustidens und Mastodon longirostris zu sprechen, wie dies auch schon vorher verschiedene Autoren
getan haben. Nachdem ich ın einer Reihe deutscher und französischer Museen sowie in London eine grö-
ßere Anzahl von Mastodonzähnen dieser beiden Arten zu Gesicht bekommen habe, ist mir die große Varia-
bilität der Mastodonten des Miocaens deutlich vor Augen getreten, und ich muß Bach darin recht
geben, daß zwischen Mastodon angustidens und Mastodon longirostris in der Steiermark zahlreiche Zwi-
schenstufen festzustellen sind; diese aszendierende Mutation, dem Zahnbau der Molaren nach, wäre einer
besonderen obermiocaenen Rasse zuzuweisen. Solange wir nicht über die näheren morphologischen
Merkmale des übrigen Skeletts dieser Tiere orientiert sind, erscheint mir eine derartige Trennung auch
durchaus den praktischen Verhältnissen angemessen.
Sehr interessant ist ein hierher gehöriger letzter unterer Molar, der nur an der buccalen Seite eine
kleine Beschädigung aufweist und einem kleinen Individuum angehört.
Die Krone des Zahnes wird der Länge nach durch einen deutlichen, aber nicht sehr tiefen Median-
einschnitt in zwei Hälften geteilt. Die Zahl der Querjoche beträgt vier. Der Talon am hinteren Ende des
Zahnes ist stark entwickelt, seine Hügel bilden fast ein fünftes kleines Querjoch. Die einzelnen Querjoche
setzen sich aus vier, an ihrer Spitze isolierten, nach ihrer Basis zu verschmelzenden Hügeln zusammen, von
denen die lateral zum Medianeinschnitt des Zahnes gelegenen Haupthügel etwas stärker entwickelt sind als
die medial gelegenen Nebenhügel. An der buccalen Seite des Zahnes ist ein deutlicher Basalwulst entwickelt,
der an den Enden der Quertäler noch durch kleine Wucherungen verstärkt ist und sich bis um den vorderen
Rand des Zahnes herumzieht. Leider ist bei dem vorliegenden Zahn dieser Basalwulst vom ersten Quertal
bis zum zweiten hin weggebrochen. In den beiden vorderen Tälern zwischen den vier Querjochen derZahn-
krone sind Zwischenhöcker entwickelt; dieselben liegen nicht in der Mitte der Quertäler, sondern mehr
nach der buccalen Seite der Zahnkrone hin. Besonders der Zwischenhöcker im ersten Quertal ist sehr stark
entwickelt und hat mehrere Spitzen ausgebildet. In seiner allgemeinen Form zeigt der eben beschriebene
Zahn große Aehnlichkeit mit M. angustidens aus Sansan, weicht jedoch im speziellen Bau der Krone von
diesem ab. So sind bei diesem Zahn die an dem Medianeinschnitt gelegenen Nebenhügel stärker ausge-
bildet und mehr individualisiert als bei dem Sansaner M. angustidens und erinnern mehr an M. longi-
Textfigur 29. Letzter rechter Unterkiefermolar (M,) von Mastodon angustidens Cu vier. Zwischenform von einer bunodonten und
einer tapiroiden Variation. Nat. Größe. Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln. In Privatbesitz.
rostris. Auch die Ausbildung der Zwischenhöcker weist auf letztere Spezies hin. Hiernach ist es wahr-
scheinlich, daß eine Varietät, die eine Uebergangsform zwischen M. angustidens und M. longirostris bil-
det, oder besser gesagt eine aufsteigende Mutation von Mastodon angustidens, schon im Obermiocaen
auftrat.
Andere Zähne zeigen einen mehr tapiroiden Typus.
Von Oppeln liegen hiervon 4 zu ein und demselben Gebiß gehörige Oberkiefermolaren (Taf. XV, Fig. 1)
vor, welche den von Bach |. ce. Taf. VII, Fig. 12—14 abgebildeten Zähnen sehr ähnlich sehen, ferner ein
rechter unterer M, (Textfigur 29) und ein sehr fragmentärer, wenig charakteristischer rechter oberer P,
(Tafel XV, Fig. 5). Auffallend ist an letzterem nur der kräftige Basalwulst.
Der ganze Bau der Zahnkrone ist viel massiger und breiter als beim typischen M. angustidens. Bei
den Oberkiefermolaren ist der Basalwulst an der buccalen Seite der Zähne auffallend breit und kräftig
ausgebildet, der Talon am hinteren Ende des Zahnes jedoch nur schwach entwickelt. Die vier Quer-
joche sind nicht ın einzelne Hügel aufgelöst, sondern tragen einen mehr einheitlichen Charakter. Die
Joche stoßen ziemlich dicht aneinander, sodaß die Quertäler ziemlich eng sind. Diese Zähne hätten daher
eher zu den als M. angustidens var. pyrenaicus Lartet bezeichneten Zwischenformen oder auch noch zu
var. tapiroides Cu vıer gerechnet werden können.
Textfigur 30. Fragment eines Stoßzahnes aus dem Unterkiefer von Mastodon angustidens Cuvier. Natürl. Größe.
Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
In der Jochzahl jedoch neigt sich der untere M, (Textfigur 29), wenn man von den tapiroiden Anklängen
in der Gestalt dieser Zähne absieht, schon den Uebergangsformen zu M. longirostris Kaup zu. Es sind
5 Joche ausgebildet, dagegen nur ein ganz geringer abgerundeter Talon, den ein Kreis warzenförmiger
Knötchen begrenzt. Die einzelnen Joche stehen ziemlich senkrecht zur Längsachse des Zahnes. Der buccal
von der Mediane liegende Jochteil ist bei den 3 Vorderjochen wulstig verdickt, am stärksten zwischen den
beiden vordersten Jochen; zur Ausbildung abgesonderter Sperrhöcker kommt es jedoch nicht. Alle Joch-
wände sind stark gerunzelt oder mit Warzen bedeckt. Ebenso wie der auf Tafel XV, Fig. 2 abgebildete
untere M, besitzt auch dieser Zahn eine geringe Drehung mit der Convexität nach der lingualen Seite,
welche die kleinen hinteren Joche etwas schräg stehen läßt. Die Länge beträgt 18 cm. Da ich sogar bei
einem pliocaenen Exemplar von Mastodon longirostris Kaup aus Eppelsheim einen noch etwas tapiroiden
Einschlag fand, so können diese tapıroiden Anklänge bei einer obermiocaenen Uebergangsform nach den vor-
her gegebenen allgemeinen Bemerkungen nichts mehr besonders Auffälliges zeigen.
Jeder der Mastodontenfunde innerhalb einer auf wenige qm begrenzten Stelle in Kgl. Neudorf bei
Oppeln lieferte also eine andere Mastodontenform und zeigt somit am besten die große Variabilität im Bau
der Molaren des obermiocaenen Mastodon angustidens Cuvier an.
Von 3 Stoßzahnfragmenten sind 2 Vorderspitzen unterer Stoßzähne erkennbar erhalten. Eine sehr
— 259 —
kurz abgebrochene Spitze endigt flach schaufelförmig, sich stark verjüngend. Ein etwas länger erhaltenes
Stück (Textfig. 30) hat einen oval gerundeten Querschnitt und wird vorn von einer kleinen Abnutzungs-
fläche abgeschrägt. Eine Spur von einem Schmelzbande ist an diesen Stoßzähnen mit prachtvollem Dentin
nicht wahrzunehmen.
Vom Skelett liegen Fragmente von Rippen, Metapodien, eines Wirbels und eines großen Sesambeins
des Carpus vor, bis auf das letztere zu dürftig erhalten, um Interesse zu erwecken. Nur ein gut erhaltenes
Capitatum (Magnum) veranlaßt im Hinblick auf die Wichtigkeit des Carpus für philogenetische Studien bei
den Proboscidiern zu einigen Bemerkungen.
Die proximale Oberfläche dieses würfelförmigen Knochens zum Lunatum ist vorn glatt und eben,
um sich hinten auf der medialen Seite zu verbreitern, convex anzusteigen, am Hinterrande noch ein wenig
abzubiegen und sich nach dem Trapezoid zu spitzer auszuziehen, sodaß der hintere Teil dieser Gelenkfläche
einen Rollhügel bildet, auf dem das Lunatum gleitet und zwar so, daß die Bewegung von links vorn nach
rechts hinten erfolgen mußte. Lateral zeigt das Capitatum eine vorn schmale, hinten stark verbreiterte,
aber ebene Gelenkfläche zum Hamatum (Unciforme), die nach unten zu von einem sehr tiefen, vorn schmalen,
hinten um das doppelte verbreiterten Sulcus mit mehreren großen Foramina nutricia begrenzt wird (Text-
figur 34). Hinten besitzt der Knochen, von der Gelenkfläche zum Lunatum durch eine breite Grube getrennt,
ein nach unten herausragendes sehr massives Tuber capitati, das bei der Oppelner Form (Fig. 34) und bei
einem Exemplar aus dem obermiocaenen Flinz (Tutzing) noch stärker prominiert als bei einer kleinen Form
des Mastodon angustidens Gu vier von Landestrost bei Günzburg (Fig. 35); während es im Gegensatz zu
Mastodon bei der Gattung Elephas nur gering ausgebildet ist. Die Unterseite zeigt die vorn breitere, hinten
schmalere, etwas concave Gelenkfläche zum Metacarpale III; im Winkel von etwa 145° kantet mit ihr die
gleichfalls beträchtliche Gelenkfläche zum Metacarpale II, welche die untere Hälfte der medialen Seiten-
fläche des Knochens abschrägt, sodaß die Basis des Metacarpale II bedeutend höher mit dem Capitatum ge-
lenkt als das Metacarpale III. Erst darüber findet sich der etwas zurücktretende Ausschnitt für die schmale
Gelenkfläche zum Trapezoid, welche vorn die Gelenkfläche zum Metacarpale II tangiert, dahinter durch eine
in der Mitte der medialen Seite des Knochens befindliche, vorn sehr tiefe, große Foramina nutricia aufwei-
sende nach hinten zu aber allmählich schmaler und flacher werdende Grube stark eingeengt wird und sich
erst hinten an dem vorgebogenen Zipfel wieder verbreitert. — Bei dem Tutzinger Exemplar ist diese Fläche
scheinbar etwas hinten verdrückt, bei dem Günzburger jedoch gleichartig gestaltet. —
Während beim Palaeomastodon das Capitatum noch bedeutend höher als breit wird, ist dieser Knochen
beim Mastodon in seinem vorderen Teil meist niedriger geworden und nur auf der Rückseite am Tuber bleibt
das Verhältnis von Höhe (10,5 em) zur Breite (9 cm) noch annähernd dasselbe, bei einem Exemplar aus
dem Flinz (Tutzing) bleibt dasselbe sogar in seiner Vorderfläche Palaeomastodon ganz ähnlich. Auch beim
Palaeomastodon hat nach Schlosser! das ‚Magnum distal eine nicht unbeträchtliche Artikulation zum
Oberende des Metacarpale II“. Das gleiche trifft nach demselben Autor bei Mastodon pentelici Gaudry
und dem kleinen Mastodon angustidens zu, das ich zum Vergleich in Fig. 35 in natürlicher Größe abbilde;
unbedeutend schmäler, dafür steiler nach oben aufgerichtet, ist diese Gelenkfläche bei dem Tutzinger Ma-
stodon.
1 Schlosser, M., Beiträge zur Kenntnis der oligocaenen Landsäugeliere aus dem Fayum (Aegypten). Beiträge zur
Palaeontologie und Geologie Oesterreich-Ungarns und des Orients Band XXIV, pag. 136. Wien 1911.
Palaeontographica. Bd. LX. 33
pe}
n
[v}
o©
al
Der
Hamat.
-
=
oa
>)
S
N
©
[er
ao
u
ia)
ee a.
‚ur
HIFI
I
fac. art. Met
gustidens Cuvier
von Mastodon an
Linkes Capitatum-Vorderseite
Textfigur 31.
Nat. Gr.
gl. Neudorf bei Oppeln.
x
dem OÖbermiocaen von I
aus
Met
fac. art.
fac art.
Met. II
von Mastodon angustidens Cuvier.
Obermiocaen von Landestrost bei Günzburg.
Rechtes Capitatum-Vorderseite
Textfigur 32.
Gr.
Nat.
— 261 —
Auch bei der Oppelner Mastodon-Form schiebt sich also das Metacarpale II beträchtlich über das
Metacarpale III empor, was für eine aseriale Anordnung der unteren Carpalknochen beim Mastodon angu-
stidens aus Oppeln spricht; während bei der Gattung Eledhas, z. B. schon bei Euelephas meridionalis Nesti,
m
RN WEN
W
SSS
IS
Dr
SS
I
Is
nme
I
=
= SL I
—rE
fac. ar
y
N Trapez
fac. art.
Met. II
Textfigur 33. Rechtes Capitatum-Vorderseite — von Euelephas meridionahs Nesti
aus dem Öberpliocaen von Jaffe in Val Gandino (Bergamo). Nat. Gr.
bei größerer Gelenkfläche des Capitatum zum Trapezoid die geringere Artikulationsfläche zum Metacarpale II
mehr nach unten sieht. Dies Verhältnis findet einen beredten Ausdruck in den Breiten und Höhenverhält-
nissen, an der Vorderseite des Capitatum gemessen. Hier ist nämlich die Höhe an der ulnar gerichteten
Gelenkfläche zum Hamatum bei Palaeomastodon und Mastodon angustidens (Fig. 31 und 32) stets viel nied-
riger als an der radialen Seite, während sie bei Elephas (Euelephas meridionalis Nesti, Fig. 33) umgekehrt
etwas höher wird.
—- 292 —
fac. art.
Met.I
Fac. art. N
N --- fac. art.
Met. II
ztaezarnt. |
Hamat. fae. art.
Hamat,
k
facarı ...
Trapez.
fl
7 -- fac. art
Trapez
Textfigur 34. Linkes Capitatum-Unterseite — von Mastodon angustidens Textfigur 35. Rechtes Capitatum-Unterseite — von
Guvier. Nat Größe. Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln. Mastodon angustidens Cuvier. Nat. Größe.
Obermiocaen von Landestrost bei Günzburg.
— 263 —
——
Breite des Capitatum,
gemessen an der Vor-
derkante der oberen
Gelenkfläche zum
Lunatum.
Höhe des Capitatum,
an der ulnar gerichte-
ten Gelenkfläche zum
Hamatum gemessen.
Höhe des Capitatum,
an der radial gerichte-
ten Seite (Gelenkflä-
chen zum Trapezoid
und Metarcapale II)
gemessen.
Euelephas meridionalis| Mastodon angustidens | Mastodon angustidens
CGuvieraus dem Cuvier aus dem
Obermiocaen von Obermiocaen von gocaen von
Nesti aus dem
Oberpliocaen von
Jaffe in Val Gandino
(Bergamo) Fig. 33.
101 mm
8 mm
81 mm
Mastodon angustidens
& 5 Palaeomastodon
Cuv. (var. tapiroi- z
( p sp. aus dem Oli-
des) aus dem ober-
miocaenen Flinz (Tut-
Neudorf bei Landestrost bei 7 ERS Fayum (Aegyp-
» o TIS =
Oppeln. Fig. 31 Günzburg. Fig, 32, | 8) der bayrisch er)
schwäbisch. Hochebene
j]
79 mm 47 mm 76 mm 31 mm
49 mm 30 mm 68 mm 34 mm
62 mm 33 mm 78 mm 36 mm
Vorkommen: In Europa von Portugal und Spanien bis Süd-Rußland allgemein verbreitet und
zwar sowohl im mittleren wie im oberen Miocaen. Im Durchschnitt ist das obermiocaene Mastodon angu-
stidens etwas größer als das mittelmiocaene; die überaus große Variabilität dieser Art macht jedoch ver-
einzelte Funde für eine genauere Altersbestimmung wenig brauchbar.
PRIMATES.
Pliopithecus antiquus P. Gervais 1837.
(Taf. XI, Fig. 9—11.)
1893 Hofmann, Die Fauna von Göriach. Abhandlungen der k. k. Geologischen Reichsanstalt Wien, Band XV, Heft 6,
Taf. I, Fig. 1—11 (daselbst ausführlicher Literaturnachweis bis 1893).
1893 Dep&ret, La faune de mammiferes miocenes de La Grive-St-Alban. Archives du Museum d’histoire naturelle de
Lyon t. V, pag. 9, Pl. II, fig. 14—14a.
1897 Dubois, Ueber 3 ausgestorbene Menschenaffen. Jahrbuch für Mineralogie, 1897, Band I, pag. 83, Taf. II.
1898 Roger, O., Wirbeltierreste aus dem Dinotheriensande der bayrisch-schwäbischen Hochebene. I. 33. Bericht des
naturw. Vereins in Augsburg, pag. 5, Taf. II, Fig. 1. j
1908 Adloff, Das Gebiß des Menschen und der Anthropomorphen. Berlin 1908, pag. 85.
1909 Mayet, Etude sommaire des mammiferes fossiles des faluns de la Touraine. Annales de l’universite de Lyon,
Fasc. 26 (1909), pag. 59, Fig. 26—29.
Das besondere Interesse, das die fossilen Anthropoiden erregen, hat eine Reihe eingehender Be-
schreibungen der Zähne dieses Hylobatiden in der umfangreichen Literatur gezeitigt, sodaß die isolierten
P, aus dem Oberkiefer, P,, P, und M, aus dem Unterkiefer, welche Kgl. Neudorf lieferte, nur wenig bieten
können und mehr durch ihr Vorkommen in Oberschlesien an sich bemerkenswert sind.
— 264 —
Der obere P, zeigt einen fast gleich großen Außen- und Innenhöcker, letzterer ist von einem auf-
fallend breiten lingualen Basalbande umgeben.
Länge > mm
Breite et
Die Kronen der unteren Praemolaren sind höher als die des Molaren, des spitzen P, noch höher als
des P,. Dieser Zahn hat eine etwas oblonge Form und vorn einen geringen Basalwulst. Der flach abgekaute,
aus 2 Höckern zusammengesetzte Vorderteil dieses Zahnes ist höher als der muldenförmig ausgeschliffene
PD, sup:
hintere Talon, Details sind infolge der vorgeschrittenen Abkauung nicht mehr zu erkennen. Der untere linke
M, besteht aus 4 stumpfkonischen Haupthöckern und einem fünften Nebenhöckerchen, die durch Furchen
voneinander abgegrenzt werden. Die hinteren Höcker sind, besonders der äußere, ein klein wenig niedriger.
Die beiden vorderen Höcker stehen ausgeprägt in alternierender Stellung, weniger die hinteren. Das fünfte
unpaare Höckerchen ist wohl an dem breit abgestutzten Hinterrande deutlich zu erkennen, aber doch recht
winzig. Merkwürdig ist die fast talonartige, mit Runzeln bedeckte Verdickung, die sich an der Hinterecke
des Zahnes lingual von diesem Höckerchen vorschiebt und dem ganzen Zahn dadurch etwas Schiefes ver-
leıht. Vorn buccal befindet sich ein schräg vom Vorderhöcker herabziehender Basalwulst. Dem kleinen
Vordergrübchen zwischen den beiden Vorderhöckern folgt die breite Mittelgrube, die sich mit einem Ein-
schnitt zwischen den beiden buccalen Höckern öffnet. Zu beachten sind die kräftigen Runzeln, die sich an
allen noch nicht stärker abgekauten Zähnen des Oppelner Pliopithecus finden und die sich übrigens in solch’
kräftiger Ausbildung bei den rezenten Hylobatiden, selbst bei Symphalangus syndactylus Desmarest
nicht beobachten lassen.
Die Maße sind:
Oppeln Sansan Göriach Stätzling
r Länge 6,5 6,2 6,2 6
alle le 35 3 55 5,5
Vorkommen: Dieser Hylobatide ist außer von Kgl. Neudorf (bei Oppeln) noch von Stätzling
(bei Augsburg), Diessen am Ammersee, Göriach (Steiermark), Elgg (Schweiz), Artenay (Loiret), Pontle-
voy (Loire-et-Cher), Manthelan (Touraine), Sansan (Gers), La Grive-Saint-Alban (Isere) bekannt. Das
Stück vom Mont Ceindre (bei Lyon) erachte ich für nicht zu einem Anthropoiden gehörig.
ee
V.
Altersbestimmung der obermiocaenen Tierwelt.
Auf die Schwierigkeiten einer genaueren Altersbestimmung der Tonschichten von Kgl. Neudorf bei
Oppeln innerhalb des Miocaens ohne genauere Kenntnis der Säugetierfauna hatte bereits Andreae hin-
gewiesen. Da bis dahin die Säugetierfauna von Kgl. Neudorf schon zweifellos in das obere Miocaen zu stellen
war, die Conchylien dagegen nach Andreae eher eine ältere Altersbestimmung bedingten, so bezeich-
nete er das Miocaen von Oppeln als Mittelmiocaen und versuchte den obigen Widerspruch in der Erwä-
gung! zu lösen, „daß die Binnenconchylienfauna von Oppeln mehr altansässiıge Elemente umfaßte, oder
auch solche Elemente, die neuen Eindringlingen wichen; während die Säugetiere zumeist grade selbst neue
Einwanderer waren und daher den älteren Stufen fast ganz fehlen, dagegen in die jüngeren nachfolgenden
noch hineinreichen“. Die Lagerungsverhältnisse innerhalb der miocaenen Tonschichten vermögen nichts
zur Klärung dieser Widersprüche beizutragen. Die Schneckenschalen sind zweifellos zusammengeschwemmt,
wodurch sich ihre massenhafte Anhäufung erklärt, während die Säugetierreste sich stets nur in einzelnen
Stücken, meist Unterkiefern oder Zähnen verstreut durch die ganzen Tonschichten hindurch finden.
Der Beweisführung von Andreae für die Altersbestimmung des Tons von Oppeln ist deswegen
weniger stattzugeben, weil für eine solche Altersbestimmung stets allein die beweglichen und neuartigen
Säugetiere in Betracht kommen und nicht die seßhaften, langsam beweglichen Conchylien.
Die im palaeontologischen Teil gegebene Beschreibung der von mir gefundenen Säugetierreste läßt
nunmehr im Vergleich mit anderen Fundpunkten, die ich in der Tabelle auf Seite 268/9 noch einmal übersicht-
licher zusammenstelle, die Zuerteilung dieser Schichten zum Obermiocaennach Schlosserscher ? Eintei-
lung als gesichert erscheinen. Dem Obermiocaen entspricht das Vindobonien Depe&rets®. Darüber hinaus noch
wieder eine genauere Horizontierung vorzunehmen, stößt auf beträchtliche Schwierigkeiten. Für eine
solche weitere Horizontierung lassen sich in Deutschland vorläufig kaum genauere Anhaltspunkte finden.
Die einzelnen Vorkommnisse, — zum Teil sind es sogar nur Spaltenausfüllungen — lassen bei örtlicher Unter-
suchung keine Beobachtungen zu, die für stratigraphische Studien in zweckentsprechendem Sinne ver-
l1Andreae, Dritter Beitrag zur Binnenconchylienfauna des Miocaens von Oppeln in Schles. Mitteilung. a. d.
Roemer-Museum, Hildesheim, No. 20. (1904), pag. 19.
® Schlosserin Zittel, Grundzüge der Palaeontologie II, pag. 574 — München 1911.
3 Vergl. Dep&@ret, L’evolution des Mammileres tertiaires (V) Epoque miocene. Comptes rendus des s6ances de l’Acad&mie
des sciences. Tome 143, pag. 1120. Paris 1906.
— 266 —
wandt werden könnten. Dagegen hat Dep6ret in Frankreich eine solche Horizontierung vorgenommen.
Er unterscheidet:
3. Horizon de Saint-Gaudens
2. Re „ Simorre
1 e „„ Sansan.
In das dort gewonnene Schema versucht er die verschiedenen deutschen Fundorte hineinzuzwängen.
Aber derartige Unterscheidungen scheinen mir erst dann einen wirklichen Wert zu erhalten, wenn sie unter
der schärfsten stratigraphischen Kontrolle unmittelbar miteinander vergleichbarer Schichten erfolgen
könnten. Vorläufig lassen sich bei dem Mangel stratigraphischer Kriterien für sie wenig mehr Gründe als
eine geringe Größenzunahme einzelner Arten bei verschiedenen Faunen, die man deswegen für jünger halten
möchte, als Maßstab für eine Horizontierung anführen. Kaum wird man dem Deperetschen Gesetz der
Größenzunahme innerhalb der Stammbäume — unbeschadet seiner allgemeinen Berechtigung — eine solche
Gültigkeit einräumen können, daß man in derartig geringen Größenunterschieden, wie sie sich innerhalb
des Obermiocaens unter den Vertretern einer Art finden, stets ascendierende oder descendierende Muta-
tionen der zuerst bekannt gewordenen Form einer Art wird sehen wollen, die man dann weiter für strati-
graphische Einteilungen in Betracht ziehen kann, sondern wird vielmehr in solchen geringen Größen-
unterschieden auch facielle Einflüsse suchen müssen. Dazu handelt es sich bei den meisten Fundorten
nur um ganz wenige Individuen, sogar bei relativ häufigen Arten wie Anchitherium aurelianense Guvier,
Dicerocerus furcatus Hensel und Steneofiber subpyrenaicus Lartet, die zum Größenvergleich ascen-
dierender oder descendierender Mutationen herangezogen werden können; ebenso darf der Mangel an Kennt-
nissen über den Einfluß des Alters und Geschlechts auf die Größe der einzelnen Formen nicht vergessen
werden. Daneben finden sich Unterschiede, die ım Fehlen der einen oder der anderen Art an einem der
aufgezählten Fundpunkte zur Geltung kommen.
Wie die vorstehende Tabelle weder Unterschiede noch eine Uebereinstimmung der mit Oppeln ver-
glichenen Faunen wieder unter sich in vollständiger Weise zur Anschauung zu bringen vermag, da in ihr
eine ganze Reihe von Arten fehlen, die in Oppeln nicht vorkommen, das heißt bisher nicht gefunden wurden,
anderen obermiocaenen Fundorten aber gemeinsam sind, so werden sich ganz allgemein auch Lücken durch
die Fundumstände neben dem Fehlen einzelner Arten aus faciellen Gründen ergeben. Der Mangel selbst
wichtiger und an einem anderen Fundort zahlreich vorhandener Arten kann also bei diesen obermiocaenen
Säugetierfaunen nicht als Beweis für einen Altersunterschied herangezogen werden, da er zu sehr von Fund-
zufälligkeiten abhängt und jeden Tag ergänzt werden könnte. Bei der Aufstellung der erwähnten Alters-
horizonte hat man entschieden auch den faciellen Unterschieden zwischen den Faunen zu wenig Beachtung
beigelegt. Nur weil alle diese Reste aus fluviatilen Ablagerungen stammen, hat ihnen die Zusammenschwem-
mung faciell manchmal einen scheinbar uniformeren Charakter gegeben als sich bei näherer Analysierung
herausstellt. Bei einem allgemeinen Ueberblick läßt sich sagen, daß Georgensmünd eine Steppenflauna,
Göriach und Wies-Eibiswald eine Waldfauna besaß, Steinheim und Oppeln aber zu einem sehr feuchten,
zum Teil sumpligen, schneckenreichen Fluß- oder Seengebiete gehörten. Auch auf die einzelnen Faunenele-
mente einzugehen, will ich kurz versuchen.
Das Vorkommen von Anchitherium aurelianense in Oppeln, neben Mastodon die häufigste Art im
europäischen Obermiocaen, weist nur in das Miocaen und gibt uns keinen genaueren Hinweis auf den Hori-
— 267 —
zont. Die Unterscheidung von mehreren Mutationen von Anchitherium aurelianense Cu vier, welche wie
schon Seite 245 erwähnt, Mayet herausdifferenzieren will, läßt sich hier darum nicht exakt durchführen, weil
uns zu wenig Individuen von den einzelnen Fundorten bekannt sind, selbst die reichen Funde von Stein-
heim beschränken sich da auf wenig mehr als ein halbes Dutzend Individuen. Noch etwas reichlichere Reste
von Anchitherium aurelianense Cu vier sind aus Georgensmünd bekannt, wo es in ganzen Herden lebte.
Geschlechtsunterschiede pflegen zwar in der Größe der Pferde keine besondere Rolle zu spielen, dagegen
wird es nicht ohne Einfluß auf die Rasse gewesen sein — wenn man solche unterscheiden will — ob die Tiere
üppige Wiesen bewohnten oder in der Steppe ihren Standort hatten. Das dürftige Material von Oppeln
läßt überhaupt keine Schlüsse auf eine Anchitherium-Rasse zu. Georgensmünd besaß eine ausgesprochene
Steppenfauna; ob sich nun analog den Mayetschen Angaben die Georgensmünder Anchitherien als zu
einer kleineren Mutation zugehörig erweisen werden, kann erst eine Neuuntersuchung der in den letzten
Jahren! aufgefundenen Reste ergeben, ebenso wie von den dortigen Rhinocerotiden, die sich jetzt in den
Museen von Nürnberg und München befinden. Gegen die Vermutung, daß die Fauna von Georgensmünd
ein klein wenig älter ist als die aus dem Flinz der bayrisch-schwäbischen Hochebene, Steinheim und dem
Landschneckenton von Kgl. Neudorf bei Oppeln würde vorläufig noch das Vorkommen von Ceratorhinus
simorrensis Lartet daselbst sprechen.
Wie wenig brauchbar Mastodonreste vorläufig noch für eine genauere Altersbestimmung sind, hoffe
ich im palaeontologischen Teil glaubhaft gemacht zu haben. Ueberreste eines Dinotherium sind in Oppeln
bisher nicht gefunden worden, während sonst an fast allen Fundstellen, in welchen der oberste Horizont des
Obermiocaens, der von Saint-Gaudens (Haute-Garonne) nach Dep&retschem Schema? entwickelt ist, das
Dinotherium zu den charakteristischen Leitformen zu gehören pflegt. Von diesem Fundort des Dryopi-
thecus Fontani mit einer sonst sehr artenarmen®? Fauna ist Dinotherium gleichfalls bekannt. — Dem Fehlen
von Dinotherium, das übrigens auch in Göriach und Steinheim bisher noch nicht gefunden wurde, und von
dem einzelne Autoren noch innerhalb des Obermiocaens wenigstens wieder 2 Arten unterscheiden, vermag
eh bis jetzt keine Bedeutung in Oppeln zuzuschreiben.
Das Vorkommen von Brachypotherium brachypus Lartet deutet entschieden auf ein jüngeres
Element der Fauna von Oppeln hin. Wie in dem palaeontologischen Teil hervorgehoben, steht die Oppelner
Form in ihren Größenverhältnissen schon dem pliocaenen Brachypotherium Goldfussi sehr nahe, sodaß ich
die Fauna von Oppeln in das Alter des Horizonts vom Flinz der bayrisch-schwäbischen Hochebene stellen
möchte, wo ein ebensolches Brachypotherium vorkommt.
Nach allem zeigt, wie aus einem Vergleich der Tabelle auf Seite 268,9 zu sehen, die Oppelner Fauna eine
sehr weit gehende Uebereinstimmung mit dem Flinz, der in zahlreichen Fundorten eine ziemlich weite Ver-
breitung einnimmt, bis auf diejenigen Formen, welche geeignet sind, rein facielle Unterschiede zu zeigen,
dies sind Trochotherium cyamoides OÖ. Fraas, Metacordylodon Schlosseri Andreae und Lutra oppo-
liensis nov. spec. Das weitere Fehlen von Cephalogale Gaillardi nov. spec. im Flinz, diesem besonders inter-
essanten Funde aus Oppeln, weil diese Gattung nur aus dem Untermiocaen genauer bekannt war, kann,
trotzdem wir es mit einer altertümlichen Gattung zu tun haben, nicht für eine ältere Zeitbestimmung von
IH.v.Meyer, Die fossilen Zähne und Knochen und ihre Ablagerung in der Gegend von Georgensmünd in Bayern,
erschien 1834.
21 e. pap: 1121(3). 2
3 Harle, Une machoire de Dryopitheque. Bulletin Soc. geolog. de France. 3e ser., tome XXVI, pag. 382. Paris 1906.
Palaeontographica. Bd. LX. j 34
ae
Uebersicht der Oppelner Säugetier-Fauna im Vergleich mit
Flinz der bayrisch-schwäb. Hochebene
|
|
Oberschlesien, insbesondere Kgl. Neu- Günz- Sonstige
en . | Schwäbische
dorf bei Oppeln Stätzling | purg | Häder Fundorte |
Bohnerze
bach und
Biberach
EOrgEnSs-
\
.
Obere Süß-
wassermo-
(
\lasse v. Hegg-
ı
Insectivora
Talpa minuta Blainville ae: E= E= EL: + ß
Metacordylodon Schlosser Andreae ee 2 a: Se Pe: a
Erinaceus sansaniensis Lartet re u en ee ?
Garnivora
Cephalogale Gaillardi nov. spec.
Urysavus bryevirhinus Hofmann A ; Ar N
Mustelide gen. et. spec. ind.
Lutya oppoliensis nov. spec. ee . er. RE äh rer 2
Trochotherium cyamoides O. Fraas et B Er U Pe BEE Er -+
Herpestes sp. nd - arg al ee:
Rodentia
Sciurus SP.
Sciuropterus gibberosus Hofmann > BE Reisensburg . B 3
++
+
Mößkirch
Steneofiber subpyrenaicus Lartet SE Reisensburg, Rei- +
schenau
Cricetodon minus Lartet Me: ; I: Reischenau —+
Titanomys Fontannesi Deperet B .
Umrenularpıa
Aceratherium tetvadactylum Lartet + + + München + Mößkirch
Ceyatorhinus simoyrensis Lartet u, Se e ur Freising 4
Mößkirch
Genkingen
+ Mößkirch
Bryachypotherium brachypus Lartet Dasing|Reisens- | Freising, Moos- Fr:
burg burg, Wohnzach
— + |[Reisensburg, Rei- ir
schenau
+ Freising
Anchitherium aurelianense Cuvier
Macrotherium grande Lartet
++ + +
++ + +++
Choerotherium pygmaeum Deperet
(zitiert nach Andreae)
Hyotherium simorrense Lartet a. % a Tutzing je ? ; ao
Palaeomeryx eminens H.v. Meyer + x Er a Nr rn MR + SE BE hr,
e= Mößkirch
Dicrocerus furcatus Hensel A 1 + Reisensburg zn
Proboscidea
Mastodon angustidens Cuvier - -H + München, Tut- + +
zing, Dachau,
Freising, Moos-
burg, Schroben-
Prımates hausen, Reicherts-
hausen
Pliopithecus antiquus Gervais + : - Diessen am 2 0 Pe .
Ammersee
— 269 —
anderen Fundorten im europäischen Obermiocaen.
Steiermark Schweiz ! Frankreich
er + =
2 &
S S S 5 = SS Ie|s Sonstige 3 3
>) 2 . S EEBET?T: = 3 elle s stige 2) .
= DS Sonstige &o = = Sonstige 3 | SS [IE | Er
= S 3 & = = ü B SS u|I21%8 Fundorte 0 ie
=) Sy Fundorte E = =! Fundorte = | ee SHE
© S ” 3 D se la |-; = ||e
„a O \ ) _ Er
an Mn N | © N
i ke
-
. = . . oO
nn | en.
Bucheggberg
a ee A LE 3 1 ee N ea
ea. NEE lese
+ 3 . |Bucheggberg | + + |.]. a: _
+4
+ | Feisternitz, Wies,
Voitsberg, Tregist
-H
++ +»
1. |Villefranche d’As-
+4
SR —+ |Steieregg, Voitsberg
tarac, Bonrepos
—|. |[Villefranche d’As-|; —+
tarac
+ Mantscha N i Hohrhonen E=
Zu Issel, St. Genies | + |+
+ + RE E= r Bucheggberg | —+ E=
I 5 Eggersdort i h Hohrhonen
Dr ? a ER : R - Tan ee : : ?
Sr ‚Vordersdorf > i + Veltheim 1 —
== + Labischberg + Ä . |Bucheggberg | . : Ku EL Re ?
Da Mastodon (s.
nn 263) nur
geringen Wert
% — Eibiswald, Fei- - E= ? Bucheggberg| —+ + [+1 [Villefranche d’As-| + |+ Ir eine Alters-
sternitz, Schon- tarac bestimmung be-
egg, Steieregg, Isitzt, sehe ich
Vordersdorf i davon ab, wei-
tere Fundpunk-
te zu zitieren.
> : EEE i a I Te ee ee A er
1 Da es an einer modernen Bearbeitung des schweizerischen Obermiocaens fehlt, so werden sich hier die Listen am
P
meisten als unvollständig erweisen. — ° Sansan ist vielleicht ein wenig älter als Kgl. Neudorf.
— 270 —
Oppeln verwendet werden, da es sich um eine einzeln lebende Art handelt und es hieße zu wenig Rücksicht
auf Fundzufälligkeiten nehmen, wenn man gerade diese Art anderen deutschen obermiocaenen Fundorten
gegenüber besonders beachten wollte. Auf der anderen Seite ist es gerade eine jüngere Form, Ursavus
brevirhinus Hofmann, die gleichfalls in Oberschlesien vorkommt und im Flinz fehlt. Es ist also im
wesentlichen nur.die Carnivorenfauna von Oppeln, die einen etwas Iremdartigen Typus gegenüber dem Flinz
zeigt, während insbesondere die Ungulaten und Nager von Oppeln — mit Ausnahme von dem im Flinz bis-
her noch nicht bekannten Trianomys Fontannesı Depe&ret dort ganz übereinstimmend vorkommen.
Nicht ganz so manniglaltig scheinen auf den ersten Blick die Suiden in Kgl. Neudorf entwickelt zu sein —
es fehlt z. B. Listriodon, das aus dem Flinz, Steinheim, Löffelbach in Steiermark und La Grive-Saint-Alban
gut bekannt ist. Einzelne, nicht näher bestimmbare Knochenreste, die noch am ehesten zu Suiden passen,
scheinen darauf hinzuweisen, daß bei dieser Lücke wieder besonders Rücksicht auf Fundzufälligkeiten ge-
nommen werden muß, während einzelne Typen der Carnıvoren um so mehr darauf hinweisen, daß die in
ihnen beruhenden Abweichungen von der Fauna des Flinz gerade in faciellen Unterschieden bestehen.
Mit den eben angeführten Ausnahmen kommen sämtliche Säugetiere von Oppeln auch dort vor, jedoch ist
die Manniglaltigkeit der Arten in Bayern naturgemäß eine größere, da das Obermiocaen dort räumlich viel
ausgedehnter ist und sich auf eine ganze Anzahl von Fundpunkten verteilt. Auch die Art des Vorkom-
mens — tonige Süßwasserablagerungen — ist ähnlich und zum Teil ganz gleichartig.
Hier wäre auch die obere Süßwassermolasse von Heggbach und Biberach mit ihren Ausläufern
im südlichen Württemberg und bis zum Bodensee (Bregenz) zu erwähnen. Diese erweist sich nach
Schlosser! sowohl in faunistischer, beim Vergleich der Säugetiere, Reptilien und Gastropoden, als
auch in petrographischer Hinsicht „als die direkte Fortsetzung des Flinzes der bayrisch-schwäbischen
Hochebene und enthält wie dieser bei Günzburg und anderen Orten auch Mergel mit spezifisch und dem
Erhaltungszustande nach gleichen Landpflanzen.‘
Gerade der spezialisierteste Raubtiertypus der Oppelner Fauna, das Trochotherium cyamoides O.Fraas,
jener merkwürdige dachsähnliche Carnivore mit seinen für die Schneckennahrung angepaßten hinteren
Praemolaren, kommt in der gleichen Art wie in Oppeln auch in Steinheim vor; das Oppelner Exemplar ist
in den Maßen nur ein wenig größer und erscheint in der Spezialisation kaum merklich weiter vorgeschritten.
Desgleichen kommt von den Reptilien der Propseudopus an beiden Fundorten vor. Diese Uebereinstimmung
in der Fauna mit Steinheim ist auf die gleichen Lebensbedingungen für diese Tiere an beiden Orten, das
heißt auf übereinstimmende facielle Verhältnisse zurückzuführen. — Beide Fundpunkte sind durch ein
reichhaltiges Vorkommen von Schnecken ausgezeichnet, von denen sicher das Trochotherium und wohl auch
der Propseudopus gelebt hat. wenn auch die Oppelner und Steinheimer Schneckenfauna recht verschieden
voneinander sind. Das gleichfalls an eine Schneckennahrung angepaßte Metacordylodon Schlosseri aus
Oppeln, das einige Beziehungen zu dem Cordylodon haslachensis H.v.Meyer aus dem unteren Miocaen
von Haßlach in Württemberg zeigt, ist entschieden eine jüngere und weit spezialisiertere Form. Auffallend
ist in Steinheim und in Oberschlesien das relativ sehr häufige Vorkommen von Dicrocerus furcatus
Hensel, was gleichfalls in einem gewissen Zusammenhang mit faciellen Umständen stehen dürfte.
Von den wohl sämtlich gleichalterigen Waldfaunen aus dem Obermiocaen von Steiermark steht die
' Schlosser, M., Nolizen über einige Säugelierfaunen aus dem Miocaen von Württemberg und Bayern. Neues
Jahrbuch für Mineralogie etc. Beilageband IX, pag. 485. Stuttgart 1904.
— 21 —
Fauna von Leoben in ihrer Zusammensetzung der Oppelner am nächsten, von wo übrigens Zdarsky!
eine ähnliche, wenn auch nur kleine Schneckenfauna angibt.
Der Artenzahl nach zeigt die Fauna von La Grive-Saint-Alban (Isere) in Südostfrankreich die aller-
größte Uebereinstimmung mit Oppeln, insofern noch mehr als sogar Ursavus brevirhinus Hofmann,
Cephalogale Gaillardi nov. spec. und Titanomys Fontannesi Deperet in völlig gleichen Formen dort vor-
kommen. Ob Dicrocerus furcatus Hensel und Sciuropterus gibberosusHofmann nicht auch dort, wie
vermutet, vorkommen, konnte ich bisher nicht genauer feststellen. Es fehlen von der Oppelner Fauna in
La Grive-Saint-Alban nur wieder die ganz speziellen Schneekensumpfbewohner Trochotherium cyamoides
O. Fraas und Metacordylodon Schlosseri Andreae, sodann auch Lutra oppoliensisnov.spec. Bei La Grive
ist noch zu beachten, daß die dortigen Funde aus verschiedenen Spaltenausfüllungen stammen, die unter
sich, wenn nicht völlig gleichalterig, höchstens durch ganz geringe Altersabweichungen getrennt sein dürften.
Sansan, dem bisher eine Reihe jüngerer Formen der Oppelner Fauna wie Ursavus brevirhinus H of -
mann, Titanomys Fontannesi Deperet, Sciuropterus gibberosus Hofmann, Ceratorhinus simorrensis
Lartet usw. fehlen und von dem sich andere Arten durchschnittlich als ein wenig kleiner an Körper-
größe denn im Flinz und La Grive-Saint-Alban erwiesen, könnte am ehesten etwas älter als Kgl. Neudorf bei
Oppeln sein. Ebenso lassen sich weniger Anhaltspunkte für ein gleiches Alter der einzelnen Faunen aus den
Faluns der Touraine finden, die wieder unter sich an den verschiedenen Fundorten etwas abweichen.
Von diesen könnte zwar die Fauna von Manthelan dem Flinz der bayrisch-schwäbischen Hoch-
ebene noch gleichalterig sein, worauf das Vorkommen von Ceratorhinus simorrensis Lartet hinweisen
würde, kleine Faunen aus anderen Fundorten der Touraine zeigen jedoch nach den Faunenlisten, die
Stehlin? gibt, eher einen ein klein wenig älteren Charakter. Fraglos älter sind die Sande des Or-
leanais® mit Brachyodus usw., ebenso wie die Molasse von Brüttelen* in der Schweiz und die Spalten-
ausfüllungen von Solnhofen; diese werden zum Mittelmiocaen gerechnet.
Darnach lassen sich unter besonderer Berücksichtigung der deutschen obermiocaenen Säugetier-
faunen, rein durch Vergleich der Faunen unter sich und ohne weitere Resultate abzuwarten, für die sich
etwa später im Departement Gers und Haute-Garonne aus stratigraphischen Untersuchungen noch einmal
bessere Anhaltspunkte ergeben könnten, vorläufig nur höchstens 2 und nur wenig von einander getrennte
Säugetier-Faunen im Obermiocaen unterscheiden.
2. Die Fauna des Flinz, mit dem La Grive-Saint-Alban, die meisten Faunen der Braunkohle in
Steiermark, Steinheim und der Landschneckenton von Oppeln gleichalterig sind — wegen seiner weiteren
geographischen Ausbreitung hätte davon der Flinz am meisten Anrecht bei einer Horizontbezeichnung
in Anwendung zu kommen.
1. Der Horizont von Sansan und die Faluns der Touraine.
Aber auch diese Einteilung muß vorläufig noch sehr den Charakter einer schätzungsweisen Vermu-
’ Zdarsky, Die miocaene Säugetierfauna von Leoben. Jahrb.d.k.k. Geolog. Reichsanstalt Band 59, pag. 247. Wien 1909.
®Stehlin, H. G. Notices pal&eomammalogiques sur quelques depöts miocenes des bassins de la Loire et de l’Allier,
Bulletin de la Soeciete geologique de France. 4e ser. tom VII, pag. 525. Paris 1907.
3Mayet, Etude des mammiferes miocenes des sables de l’Orl&anais et des faluns de la Touraine. Annales de l’uni-
versite de Lyon, Fasc. 26. Lyon 1908.
* Studer, Die Säugetierreste aus den marinen Molasseablagerungen von Brüttelen. Abhandl. der Schweiz.
palaeont. Gesellsch. Bd. XXII, Zürich 1896. Nachtrag dazu Band XXXI, 1904.
— 22 —
bung tragen, in die es unmöglich ist eine große Anzahl weiterer Fundpunkte obermiocaener Säugetiere genau
einzuordnen, weil von ihnen bisher noch zu wenige Species bekannt wurden; so sind mir von Simorrel,
Villefranche d’Astarac und Saint-Gaudens?, — dieser Fundort erscheint darum für Horizontbezeichnungen
wenig geeignet — aus der Literatur zu wenig Arten bekannt, als daß ich sie hier zum Vergleich heranziehen
könnte. Namentlich auch über das schweizerische Obermiocaen sind wir noch sehr mangelhaft orientiert.
Den Ausdruck „sarmatische Stufe‘ bei der Altersbestimmung dieser Säugetierreste in Anwendung zu bringen,
halte ich darum für ungeeignet, weil im Wiener miocaenen Meeresbecken verhältnismäßig (Nußdorf) nur
wenige Landsäugetiere gefunden wurden, die zum Vergleich herangezogen werden könnten.
Die Unsicherheit in der Abgrenzung von derartigen wie den vorstehend erwähnten Horizonten ver-
anlaßt mich, meine Altersbestimmung für die beschriebenen Säugetierreste Oberschlesiens auf die An-
gabe Obermiocaen zu beschränken und die volle Gleichalterigkeit der Fauna von Oppeln mit der
von Steinheim, Leoben, La Grive-Saint-Alban, insbesondere aber mit dem Flinz der bayrisch-schwäbi-
schen Hochebene zu betonen.
Eine Untersuchung der Braunkohlenreste von Oppeln steht noch aus. Bisher ließ sich nur ein tro-
pisches bis subtropisches Laubholz nachweisen. Auf die klimatischen Verhältnisse sind daher nur aus der
Fauna selber Schlüsse zu ziehen. Diese weist auf ein Klima hin, wie es heute etwa ım Malayischen Archipel
(Insulinde) herrscht.
Für die Altersstellung der Frauendorfer Tone und der oben erwähnten Ablagerungen sowie des sie
bei dem Dorfe Rauske überlagernden Basalts darf es nicht unerwähnt bleiben, daß aus Böhmen Jüngere Ba-
salttuffe des Duppauer Gebirges mit Hyotherium Sömmeringi H. v. Meyer, Aceratherium cf. steinhei-
mense Jäger, Dinotherium cl. bavaricum bekannt wurden. Immerhin ist es von Interesse, daß aus dem be-
nachbarten Böhmen mittel- bis obermiocaene Basaltausbrüche zu bestimmen sind. Wollte man bei dieser
Betrachtung noch den wenige Kilometer (c. 25 K.) von Oppeln entfernten Basalt des Annaberges in Erwä-
gung ziehen, so sind hier besonders grüne glaukonitische Sande zu beachten, welche wahrscheinlich der
zweiten Mediterranstufe angehören. in den Krater des ehemaligen Basaltvulkans hineinrutschten und sicher
älter als der dortige Basalt sind.
Die Art des Vorkommens des vorerwähnten Braunkohlenflözes deutet auf die Zugehörigkeit der
Frauendorfer Tone zur subsudetischen Braunkohlenformation hin, die man bisher dem Untermiocaen zustellt.
! Lartet, Notice sur la colline de Sansan, Auch 1851.
een Ik (ojeer BR
1le,
— 273 —
Verzeichnis der Textabbildungen.
Pleurocora Felicis nov. spec.
2au.b. Comatula Tetensinov. spec.
3.
a) Centrodorsale von oben .
b) von der Seite : ve a er
Stereocidaris sceptrifera Mantell. Ouerschliff eines Stachels
4au.b. Biflustra all. Prazaki Novak. a) Zoarinm. b) Ouerschliff
Homoesolon all. tenuis Novak.
Clinopora costulata Marsson
Clausa lepida Novak. WE:
Clausa (Heteropora?) all. ivregularis Novak.
Petalopora costata AOrbieny.
Entalophora virgulav. Hagenow
Entalophora sp.
SEHDWlaEDentasIemma 1 0. N 0m.
Clemmys eureia nov. spec. Plastron von unten — Reconstruction
Clemmys eureia nov. spec. Plastron von oben — Reconstruction
Clemmys eureia Nuchale nov. spec. es an BR
Clemmys eureia nov. spec. Teilweise Reconstruetion des Carapax .
Clemmys eureia nov. spec. Carapaxfragment
Clemmys pacheia nov. spec. Plastron von unten ee
Clemmys pacheia nov. spec. Plastron von unten — Reconstruction
Clemmys pacheia nov spee. Carapax. Reconstruction
Clemmys eureia nov. spec. Pygale. u. Suprapygale.
Clemmys pacheia nov. spec. Pygale NER 5.70, share RERTEB
A. B. €. Reconstruction des Unterkiefers vom Metacordylodon Schlosseri Andreae er
D. E. F. Unterkiefer von Protopterus aethiopicus Heekel. Recent. Weißer Nil. Original in der Zoologischen
Staatssammlung zu München ne Be ee De Re Er
Cephalogale Gaillardi nov. spec. Oberkieferfragment aus dem Obermiocaen von La Grive-St.-Alban. Origi-
nal im Museum d’histoire naturelle zu Lyon En DA
Brachypotherium brachypus Lartet. Linker Talus. Unterseite
Anchitherium aurelianense Cuvier. Linkes Cuboid. Außenseite.
Macrotherium grande Lartet. Rechter Talus. Unterseite er
Dicrocerus furcatus Hensel. Obere Reihe der rechten Carpalwurzelknochen
Mastodon angustidens Cu vier. Letzter rechter Unterkiefermolar (M,). Privatbesitz
Mastodon angustidens Cuvier. Fragment eines unteren Stoßzahns
Mastodon angustidens Cu vier. Linkes Capitatum — Vorderseite . Be
Mastodon angustidens Cu vier. Rechtes Capitatum — Vorderseite. Aus dem Obermiocaen von Landestrost
bei Günzburg. Original in der Palaeontologischen Staatssammlung zu München . ET Inge,
Euelephas meridionalis Nesti. Capitatum. Vorderseite (Abguß). Aus dem Oberpliocaen von Jaffe in Val
Gandino (Bergamo) ER 1 EN ERETNDE NN SH EEE:
Mastodon angustidens Cuvier. Linkes Capitatum — Unterseite a re N Ne
Mastodon angustidens Guvier. Rechtes Capitatum — Unterseite. Aus dem Obermiocaen von Landestrost
bei Günzburg, Original in der Palaeontologischen Staatssammlung zu München. .
pag
pag.
pag
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
pag.
page.
Pag:
pag.
pag.
262
Sämtliche Originale stammen, soweit nicht anders bemerkt, aus dem Obermiocaen, Fig. 1—12 aus der darin befindlichen umge-
lagerten Kreide, von Kgl. Neudorf bei Oppeln und befinden sich im Palaeontologischen Museum der Kgl. Universität Breslau.
— 274 —
Inhalts-Uebersicht.
Seite
Einleitung" „u „U W au ve ee ee a lie)
1. Stratigraphisich®e"Bem/e Ukun gienn ee er ee ter
ll. Kreideversteiwerungeen auf sek umdarerTraroverisitrantite ee
Forammifera 200 ee oh
SPONEIAE nn ah an Tl ce ve ee N
Anth0Z0&. = Go Ha u ee ee 26
Echinodermata .. ul on ne a Ge er ler;
Bry0204 »47'%,,.4-. .5%42. 2° Sun äisee Med ee 9
Brachiopoda , .:; 18 (a we ertee e i\9 77
Gephalöpoda ' 7... Mul.y 8. Ser ee a Be ul, aa NE
Vermes , 0230 ag u a a ee 119 7
Crustaceä. 0 2,0 une ee ae ee el 200
Liste der aus:der uwmeelagerten Krerde von opypelnEDekTammeEzernENETIeT EEE 0
III. Altersbestimmunge der um g.ela bieritien Kre diene
IV. Wirbeltierreste aus dem Obermiocaen von Oberschlesien, insbesondere
von Kegel, Neud'oTrf- ıbreir Oppeln re Een Be 0
Pisees IH: War er ee hen Ko ee ee ee >JER
Amphibiat 2. Ir 8 Er Ser See Be ar er it}
Reptilia ee nrinleen ro al
i TYacertiliar Auer Satire: ee ee Re 10
Ophidia en, on
GChelonia: uf LI Ir Ile FE EI FE: Ur IA ea?
Mammalia -. 2. wi 2 era I ee a ee 20
Insectivorar= 4.0 2 ame I I Re ee N)
Carnivora 22
Rodentia 23
Ungulata FREE FE EP a New Ach) 80.5 25
Proboseidea . 25
Primates 2
V. Altierisibiestim.m une ale, Obietm loc aneNLeINTETTerTEwaerli, en Er
Uebersichtder Oppelner Säugetierfaunaim Vergleich mitanderen Fund-
orten im europAansc hien. Ob.er/miiolerare n(Mapelle) zu re er 3
Verzeichnis det) Tex ash Hu lkdumn eine Eee er u
atelı IX.
Richard N. Wegner: Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln (Oberschlesien).
Palaeontographica. Bd. LX.
Aus
Y
SO
{5}
Di
2.
L
4.
der
Tafel-Erkläruns.
Tafel IX.
1—4 Parasmilia centralis Mantell [pag. 185].
. 1-2
1:
Querschliffe durch ein junges Corallum.
Schliff in geringer Höhe über dem Fußsaum. 10fach lin. Vergr. — Die Enden von 12
Hauptsepten treten zur Columella in dichte Verbindung.
Schliff etwas höher oben als der vorhergehende. Mikrophotographie 10fach lin. Vergr. —
Neben den Hauptsepten treten Septen 2. Ordnung in unregelmäßiger Zahl auf. Die
Columella wird von 2 Mittellamellen durchquert.
4 Querschliffe durch etwas größere Exemplare.
Schliff in der oberen Hälfte der Einzelkoralle. Mikrophotographie 10fach lin. Vergr. —
Nur noch Primärsepten stehen mit der spongiösen Columella in engerer Verbindung.
Neben den Enden dieser Primärsepten treten senkrechte Lamellen in der Columella auf.
Unter den übrigen größeren Septen ist nicht zwischen 2 Septencyklen zu unterscheiden.
Schliff unweit des Kelchrandes. Mikrophotographie 10fach lin. Vergr. Die Columella
ist nach dem Kelchrande zu immer dürftiger entwickelt. 20 Septen 3. Ordnung von
gleicher Ansbildung sind zu zählen.
umgelagerten Kreide von Kgl. Neudorf bei Oppeln.
Palaeontographica. Bd. LX. Taf. IX.
3 4
Richard N. Wegner: Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln.
Tafel X.
rd N. Wegn er: Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln (Oberschlesien).
Tafel X.
Fig. 1. Ranide gen. et spec. ind. [pag. 2111.
„2. Propsendopus ef. Fraasi Hilgendorf. Maxillare [pag. 212].
„3. Clemmys eureia nov. spec. Plastron sowie Marginale des Carapax von unten und außen.
neh — Desgl. — Nuchale mit den anstoßenden Marginalia [pag. 213].
en: — Desgl. — Pygale und Suprapygale mit anstoßendem Marginale.
„ 6. Clemmys pacheia nov. spec. Plastron von innen und oben [pag. 217].
a — Desgl. — Carapax..
EA ten — Desgl. — Humerus.
a) — Desgl. — Femur.
Sämtlich aus dem Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln. Die Figuren in nat. Größe. Die
Originale befinden sich in der Palaeontologischen Sammlung der K. Universität Breslau.
Palaeontographica Bd. LX. Tal. X
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart,
Richard N. Wegner: Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln.
ie
Natel XI.
hard N. Wegner: Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln (Oberschlesien).
Tafel-Erklärung.
Tafel X1.
Metacordylodon Schlosseri Andreae. Unterkiefer, Afach nat. Größe [pag. 222].
— Desgl. — Idem wie Fig. 1 von der Kaufläche, Afach nat. Größe.
— Desgl. — Symphysenfragment, Afach nat. Größe.
— Desgl. — Linker Unterkiefer mit P,—M,. Afach nat. Größe.
Cordylodon Haslachensis H.v. Meyer. Linker Unterkiefer mit P,—M, aus dem Unter-
miocaen von Echingen bei Ulm, Afach nat. Größe.
— Desgl. — linker unterer M, und M, aus dem Untermiocaen von Haslach,
Afach nat. Größe.
— Desgl. — linke obere Zahnreihe (C—M,), Afach nat. Größe, aus dem Unter-
miocaen von Haslach.
Erinaceus sansaniensis Lartet, rechter oberer M,, 14fach nat. Größe [pag. 225].
Pliopithecus antiguus Gervais, linker oberer P,, Afach nat. Größe [pag. 263].
— Desgl. — linker unterer M,, Afach nat. Größe.
— Desgl. — rechter unterer P,, Afach nat. Größe.
Steneofiber subpyrenaicus Lartet, rechter unterer P,, nat. Größe [pag. 235].
— Desgl. — linker oberer M,, Kaufläche, nat. Größe.
— Desgl. — linker oberer M,, idem wie Fig. 13, linguale Seite, nat. Größe.
— Desgl. — linker oberer M,, idem Fig. 13, 14, Afach nat. Größe.
Titanomys Fontannesi Deperet, rechter oberer M,, Kaufläche, Afach nat. Größe.
— Desgl. — idem Fig. 16. Distale (vordere) Seite, Afach nat. Größe.
— Desgl. — linker unterer P,, Afach nat. Größe.
Titanomys Fontannesi Deperet, rechter unterer M,, Afach nat. Größe [pag. 237].
— Desgl. — - linker unterer P,, Kaufläche, Afach nat. Größe.
— Desgl. — linker unterer P,, idem Fig. 20, linguale Seite, Afach nat. Größe.
— Desgl. — (?) Ineisivenfragment, Afach nat. Größe.
Talpa minuta Blainville, linker Humerus, ca. ’/, nat. Größe [pag. 220].
Sciuride sp. ind., Humerus, Rückseite, nat. Größe [pag. 234].
— Desgl. — Idem wie Fig. 24. Humerus, Vorderseite, nat. Größe.
Sciuropterus gibberosus Hofmann, linker unterer M,, Afach nat. Größe [pag. 233].
— Desgl. — linker oberer M,—M,, Afach nat. Größe.
Sciuride sp. ind. Incisivenfragment, nat. Größe.
— Desgl. — lIneisivenfragment, nat. Größe.
Cricetodon minus Lartet, Unterkiefer, 5/, nat. Größe [pag. 237].
Mit Ausnahme von Fig. 4—7 aus dem Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln. Originale zu Fig. 1
u. 2 im Roemer-Museum zu Hildesheim, zu Fig. 4—7 in der Kgl. Bayr. Palaeontolog. Staatssammlung
zu München, zu Fig. 9—11 in der Privatsammlung des Verfassers, die übrigen im Palaeontologischen Mu-
seum der Kgl. Universität Breslau.
Palaeontographica Bd. LX. Taf. XI.
21.
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart.
Richard N. Wegner: Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln.
TateexX.
Richard N. Wegner: Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln (Oberschlesien).
Palaeontographica. Bd. LX.
Tafel-Erklärung.
Tafel X.
Fig. 1. Amitidarum gen. — gen. et spec. ind. Dentale. Afach. nat. Größe [pag. 211).
„2. Siluridarum gen. — gen. et spec. ind. Außenseite natürl. Größe [pag. 211].
eu: — Desgl. — wie Fig. 2. Innenseite natürl. Größe.
» A. Ceratorhinus simorrensis. Lartet. Fragment eines Oberkiefermolaren; natürl. Größe
[pag. 239].
„9. Aceratherium cf. tetradactylum Lartet. Fragment eines Oberkiefermilchzahns [D;];
nat. Größe [pag. 238].
6. Palaeomeryx eminens H. v. Meyer; rechter unterer M,; natürl. Größe [pag. 251].
„» 7. Trochotherium cyamoides O.Fraas. Linker Unterkiefer mit M, in situ— ca. °/, d. nat. Gr.
[pag. 232].
„» 8. Lutra oppoliensis nov. spec. r. P, u. M, sup. ca. ?/, natürl. Größe.
se Zutra sp. Ps sup. naturl. Größe.
10. Lutra oppoliensis nov. sp. Linker Unterkiefer mit P,—M,. Kaufläche ca.°’/, nat. Größe.
[pag. 230].
il — Desgl. — linker Unterkiefer — buccale Seite — ca. °/, natürl. Größe.
„ 12. Mustelide sp, Calcaneus nat. Größe [pag. 230].
13. Lutra oppoliensis nov. spec. C. sup. ca. ?/, nat. Größe.
„. 44. Luba(?) sp. C. mf. nat. Größe.
„ 15... Ursavus brevirhinus H'ofmann, Fragment eines linken oberen P,; nat. Größe [pag. 228].
2 16 — Desgl. — linker oberer M, u. M,; nat. Gr. aus den obermiocaenen Toneisen-
steinen von Kieferstädtel O/S. Originalim Naturh.Museum zu Berlin.
rd — Desgl. — rechter oberer M,; nat. Gr.
iS: — Desgl. — linker oberer M,, nach Beginn der Abkauung.
ler — Desgl. — linker oberer M,.
rl. — Desgl. — rechter Unterkiefer mit P,—M, in situ-buccale Seite. ca. °/‚nat. Gr.
22 — Desgl. — rechter Unterkiefer mit P,—M,; Kaufläche; ca. °/, nat. Größe.
22: — Desgl. — linker oberer P, nat. Größe.
„ 23. Hoyotherium simorrense Lartet(?), rechter oberer C. nat. Größe [pag. 248].
a re. — Desgl. — linker unterer C. nat. Größe.
„ 25. Cephalogale Gaillardi nov. spec., rechte oberer P,—M,. 2fach nat. Größe [pag. 226].
Sämtlich aus dem Obermiocaen von Oppeln, ausgenommen Fig. 16. Originale im Palaeontologischen
Museum der K. Universität Breslau.
Palaeontographica Bd. LX. Taf. XI.
24.
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart.
Richard N. Wegner: Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln.
Tafel XII.
Richard N. Wegner: Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln (Oberschlesien).
Palaeontographica. Bd. LX.
Tafel-Erklärune.
Tafel AI.
Aceratherium tetradactylum Lartet, rechter unterer D,. 2fach nat. Gr. Kaufläche.
Desgl. rechter unterer D,, Idem wie Fig. 8. Seitenansicht [pag. 238].
Brachypotherium brachypus Lartet, linker oberer M, [pag. 240).
Brachypotherium brachypus Lartet, rechter oberer M,. Obermiocaene Sande von
Steinheim. Original im Naturhistorischen Museum zu Augsburg.
Fig. 1. Brachypotherium brachypus Lartet, linker unterer C. [pag. 240].
» 2. Ceratorhinus simorrensis Lartet, rechter unterer P,—-P, [pag. 239].
RE — Desgl. — rechter unterer M,.
; 4. — Desgl. — linker unterer M.,.
» 9. Brachypotherium brachypus Lartet, rechter unterer M, [pag. 240].
37 6: — Desgl. — linker unterer M,.
Se — Desgl. — rechter unterer P..
8.
d.
0.
1.
ee eS
Fig. 1—10 aus dem Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln. Die Originale befinden sich im Palae-
ontologischen Museum der K. Universität Breslau. Sämtliche Figuren in natürl. Größe.
Palaeontographica Bd. LX, Taf. XII.
7
een
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart
Richard N. Wegner: Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln,
Tafel XIV.
Richard N. Wegner: Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln (Oberschlesien).
Palaeontographica. Bd. LX.
Tafel-Erklärung.
Tafel XIV.
Fig. 1. Anchitherium aurelianense Guvier. — 1 Phalange der Mittelzehe (III) [pag. 244].
» 2. Ursavus brevirhinus Hofmann, rechter oberer C. buccale Seite. Aus den obermio-
caenen Toneisensteinen von Kieferstädtel O/S. Original im Naturh.
Museum zu Berlin [pag. 228].
» 3 — Desgl. — rechter oberer C. Idem wie Fig. 2. linguale Seite.
» A Herpestes (?) spec. ind. Unterkieferfragment [pag. 233].
5. Carnivore |Lutra ?| Proximales Endstück vom Radius.
„6. Ursavus brevirhinus Hofmann(?). Proximales Endstück vom Radius [pag. 228].
„1. Palaeomeryx eminens H. v. Meyer, linker oberer D, und D, [pag. 251].
‚8. Fragment einer Geweihsprosse eines Cerviden. Gen. ind. et spec. ind. (Dierocerus elegans ?)
9. Dicrocerus furcatus Hensel, rechter unterer P, [pag. 249].
10 — Desgl. — rechter unterer P,.
ll: — Desgl. — rechter unterer P, (stärker abgekaut).
=, 12: — Desgl. — linker oberer D;.
>) — Desgl. — rechtes Lunatum. Gelenkflächen zum Pyramidale [vergl. Textfig. 28,
pag. 250).
la — Desgl. — linker unterer M, und M..
«lo: — Desgl. — rechter oberer M,.
PR l(6% — Desgl. — linker oberer M,.
lee — Desgl. — linkes Naviculare (Scaphoid). Gelenkflächen zum Lunatum.
de: — Desgl. — Geweihabwurf.
lo) — Desgl. — linker unterer M,.
„20: — Desgl. — linker unterer M, (stärker abgekaut).
ER -— Desgl. — linker Calcaneus.
„222: — Desgl. — rechtes Scaphocuboideum — untere Fläche.
ee: — Desgl. — rechter oberer P..
u. — Desgl. — rechter Talus.
2208 — Desgl. — linkes Scaphocuboideum — obere Fläche.
26. Anchitherium aurelianense Guvier, rechter unterer P, [pag. 244].
27. Macrotherium grande Lartet, linker oberer P, [pag. 246].
1. 28... 2 Deselr (?) rechter oberer P..
ee —- Desgl. — linker unterer M..
780: —- Desgl. — linker oberer P..
Fig. 1, 3—30 aus dem Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln. Die Figuren in natürl. Größe.
Die Originale befinden sich in der Palaeontologischen Sammlung der K. Universität Breslau.
Palaeontographica Bd. LX. Taf. XIV.
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart.
Richard N. Wegner: Tertiaer und umgelagerte Kreide bei Oppeln.
Be
Tafel XV.
d umgelagerte Kreide bei Oppeln (Oberschlesien).
ıaer un
Tert
@
Richard N. Wegner
Tafel-Erklärung.
Tafel XV (Doppeltafel).
Fig. 1. Mastodon angustidens. Zwischenform von M. angustidens var. typ. und M. longirostris;
rechter oberer M, u. M, [pag. 256].
2. Mastodon angustidens var. austro-germanica; rechter unterer M, u. M, [pag. 255].
3. Mastodon angustidens, Zwischenform von M. angustidens var. typ. und M. longirostris;
rechter unterer M,; buccale Seite [pag. 256].
— Desgl. — rechter unterer M,, Kaufläche.
— Desgl. — rechter oberer P..
Sämtlich aus dem Obermiocaen von Kgl. Neudorf bei Oppeln. Originale im Palaeontologischen
Museum der K. Universität Breslau. Figuren in natürl. Größe.
Palaeontographica Bd. LX.,
Richard N. Wegner: Tertiaer
Lichtdruck der Hofkunstanstalt von Martin Rommel & Co., Stuttgart.
l umgelagerte Kreide bei Oppeln.
— 275 —
Neue Labyrinthodonten
aus der schwäbischen Trias.
Von
Professor Dr. E. Fraas.
Mit Tafel XVI—XXII und 5 Textfiguren.
Seit meiner Monographie über die Labyrinthodonten der schwäbischen Trias im Jahre 1889 (Palae-
ontographica Bd. XXX VI) wurde diese Gruppe der Stegocephalen keiner weiteren Bearbeitung mehr unter-
zogen, was seinen Grund darin hatte, daß es an neuen Funden von Bedeutung fehlte. Erst in
den letzten Jahren wurden wirklich wichtige Stücke, insbesondere in dem mittleren Keuper gefunden,
welche eine Ergänzung meiner früheren Arbeit notwendig und wünschenswert erscheinen lassen. Zunächst
sind Funde zu erwähnen, welche Herr Hofrat Riehard Blezingerin Crailsheim aus den nunmehr
zur unteren Lettenkohle gestellten Bonebedschichten bekam, und welche das früher bearbeitete Material
ganz wesentlich ergänzen. Sodann wurde durch eine Anzahl Stuttgarter Herren, von denen besonders
Herr A. Finckh, ©. Ludwig und O. Linck zu nennen sind, eine ergiebige Lokalität in den Lehr-
bergschichten der nächsten Umgebung von Stuttgart am Sonnenberg ausgebeutet, wo sich neben zahlreichen
Zähnen von Ceratodus concinnus und Phytosauriern auch eine große Anzahl von Labyrinthodontenresten
fanden. Die Hauptfunde aber wurden im Stubensandstein des Stromberggebietes bei Pfaffenhofen ge-
macht, wo in großen Steinbruchbetrieben der Stubensandstein abgebaut wird und dank der Aufmerksam-
keit des dortigen Steinbruchleiters, Herrn G. Mayer, einer der wichtigsten Fundplätze unserer süd-
deutschen Trias entstand. Abgesehen von den zu besprechenden Labyrinthodonten fanden sich dort Reste
von Aötosauriern, Phytosauriern, insbesondere Mystriosuchus Plieningeri und plantrostris, Schildkröten
und meist neuen Dinosauriern, deren Bearbeitung noch aussteht.
In stratigraphischer Hinsicht sind die neuen Funde aus den Lehrbergschichten und dem Stuben-
Palaeontographica. Bd. LX. 35
— 276 —
sandstein insofern von Wichtigkeit, als sie uns zeigen, daß die Gruppe der Labyrinthodonten auch noch in
die jüngeren Keuperstufen in nahezu unveränderter Formenfülle hinaufreicht, was ja allerdings nach den
vereinzelten Bruchstücken im Rhät anzunehmen war, wofür es aber doch an direkten Belegen nahezu gänz-
lich fehlte. Wir waren gewohnt, die großen Typen, Mastodonsaurus keuperinus, Cyclotosaurus robustus und
Metopias- diagnosticus aus dem Schilfsandstein gewissermaßen als Schlußglieder der rasch aussterbenden
Geschlechter der Stegocephalen anzusehen. Jetzt wissen wir, daß sich diese Genera nicht nur bis zum
Schluß der Keuperperiode erhalten haben, sondern daß sich ihnen auch noch weitere interessante Formen-
reihen anschließen.
In paläontologischer Hinsicht liefern die neuen Funde viel Bemerkenswertes, insbesondere über
die früher nur unvollständig bekannte Gruppe Plagiosternum, welche eine extreme Formenreihe darstellt,
deren schönster Vertreter, Plagiosternum pulcherrimum, aus dem Stubensandstein stammt. Auch das seltene
Genus Cvyeclotosaurus erfährt eine Erweiterung durch Hinzutritt neuer Formen aus dem Stubensandstein
und Rhät.
Um mich später im beschreibenden Teil kurz und präzis fassen zu können, möchte ich hier einige
allgemeine Ausführungen über den Aufbau und die Nomenklatur der Schädelknochen der Labyrinthodonten
einschalten. Ich verweise hiebei auf die durchaus präzise und mit meinen Anschauungen übereinstimmende
Zusammenstellung Broilis in Zittels Grundzügen der Paläontologie 1911, Abt. II, S. 145 u. 153. Stets
wurde bei den Stegocephalen wie bei den lebenden Amphibien zwischen den primären Schädelknochen und
den sekundären Belegstücken unterschieden und betont, daß die letzteren bei den Stegocephalen mit Ver-
knöcherungen der Haut in Verbindung treten. Dessen waren sich auch die früheren Forscher wohl bewußt,
selbst wenn sie bei diesen Hautverknöcherungen von einem Supraoccipitale und Epioticum redeten, und
es berührt eigentümlich, wenn dies Huene 1910 und 1912 nochmals zu beweisen sucht und in gewissem
Sinn als ein Resultat seiner Untersuchungen in Anspruch nimmt. Zweifellos waren gewisse frühere
Bezeichnungen inkorrekt, und es ist zu begrüßen, daß dieselben durch andere Namen ersetzt wurden. Als
solche gebrauche ich im Anschluß an Broili für das frühere Supraoccipitale den Namen Postparie-
tale und für das frühere Epioticum den schon von Go pe vorgeschlagenen Namen Tabulare. Außer-
dem ist es ganz richtig, die beiden Skeletteile Squamosum und Supratemporale im Sinne von G. Baur
zu gebrauchen, d. h. die in der hinteren Ecke liegende große Knochenschuppe, welche die Squama temporum
am Hinterrand bildet und mit dem Quadratum in Verbindung tritt, als Squamosum zu bezeichnen,
während sich das Supratemporale zwischen diesem und den Parietalstücken einschaltet.
Die primären Schädelknochen, welche das Foramen magnum umschließen und das Hinterhaupt
bilden, sind vor allem die Lateralstücke des Oceipitale, welche als Exoccipitalia zu bezeichnen sind
und an welchen sich die beiden Condylen entwickeln. Die Supraoccipitalia sind entweder gar
nicht oder doch nur schwach verknöchert, und ebenso ist ein Basioccipitale nur selten vorhanden.
Die Exoceipitalia bilden zwei Flügel, welche in ihrem oberen Winkel die Vagusnerven aufnehmen. An
den nach außen gerichteten Flügel legt sich ein Skelettstück an, das auf das Hinterhaupt bezogen als Par-
oeeipitale (H uene 1912) bezeichnet werden kann. Da es aber stets mit dem Öhrenschlitz, wo ein solcher
vorhanden ist, in Verbindung tritt, so ist es wohl richtiger, den Knochen als Bestandteil des Gehörganges
aufzufassen und als solcher würde er nicht dem Epioticum, sondern dem Opisthotic um entsprechen.
Ob ein Epioticum und Prooticum bei den Labyrinthodonten ausgebildet war, ist schwer nachzuweisen,
— 277 —
da diese Skelettstücke im Innern des Gehörganges liegen und nur schwer bloßzulegen sind. Nach den Un-
tersuchungen von Huenean Eryops (Anätom. Anz., 41. Bd. 1912, S. 98) ist dies aber sehr wahrscheinlich
und auch bei Cvyeclotosaurus, dessen hinterer Schädelabschluß und Gehörorgan stark verknöchert und ge-
schlossen ist, hat schon Quenstedt ein Skelettstück als Petrosum gedeutet, das den Gehörgang nach vorne
abschließt und einem Proothicum oder EPiothicum entspricht. Sehr interessant und wichtig ist der von
H uene durchgeführte Nachweis von dem Fehlen des zwölften Gehirnnervenpaares, doch konnten leider
an unserem Material keine diesbezüglichen Beobachtungen gemacht werden.
Plagiosternum granulosum. E. Fraas.
(Taf. XVII, Fig. 1—3.)
1889 Mastodonsaurus granulosus, E. Fr., Palaeontographica Bd. XXXVI S. 94.
nm
1896 Plagiosternum granulosum, E. Fr., Schwäb. Triassaurier, S. 7.
Zahlreiche isolierte und deshalb schwer zu deutende Platten aus dem Crailsheimer Bonebed hatte
ich 1889 als Mastodonsaurus granulosus zusammengefaßt. Als Merkmal konnte im wesentlichen nur auf
die charakteristische Skulptur der Platten verwiesen werden, welche aus kleinen gerundeten Grübchen und
dementsprechendem Maschennetze bestand. 1896 hatte ich durch erneute Aufsammlung von Herrn Hofrat
Blezinger schon soviel Material, daß eine Abtrennung von Mastodonsaurus notwendig erschien. Als
besonders charakteristisch wurde hiebei der Aufbau und die Gestalt der Brustplatten erkannt, welche auf
einen überaus breiten, quer verlängerten Kehlbrust-Apparat schließen ließen und zur Aufstellung des
neuen Genus Plagiosternum ((uerbrust) führten. Die späteren Funde bestätigten vollkommen die
Selbständigkeit von Plagiosternum, und die Diagnose, welche bisher nur auf die Gestalt der Brustschilder
und die Skulptur aufgestellt wurde, kann nun auch auf den Schädel und einigermaßen auf den Gesamtbau
des Tieres ausgedehnt werden, so daß nun Plagiosternum eine gesicherte und wichtige Stellung unter den
Triaslabyrinthodonten einnimmt.
Der Schädel, von welchem früher nur einige wenige isolierte Platten vorlagen, deren Deutung
unsicher und zum Teil unrichtig war, läßt sich nunmehr nach dem neuen Material einigermaßen vollständig
rekonstruieren und zeigt so abweichende Verhältnisse, daß ich offengestanden dessen Darstellung kaum
wagen würde, wenn uns nicht ein vollständiger Plagiosternumschädel von Pfaffenhofen über die Verhält-
nisse orientieren würde. Zweifellos ließ ja die Querstellung der Brustplatten schon auf eine recht breit-
köpfige Form schließen, aber trotzdem sind wir überrascht von der Gestalt, welche uns hier entgegentritt.
Leider ist bis jetzt noch kein vollständiges Skelett von Plagiosternum im Zusammenhang gefunden und
wir sind deshalb einigermaßen auf Kombinationen angewiesen, wobei in erster Linie die Skulptur der Haut-
schilder ausschlaggebend ist. Diese ist mit ihren enggestellten rundlichen Grübchen so überaus charakte-
ristisch und von allen anderen Formen verschieden, daß mir die Zusammengehörigkeit der quergestellten
Brustplatten und der Schädelstücke außer Zweifel erscheint.
Unter den vorhandenen Schädelstücken haben wir zwei zusammengehörige größere Schädelpartien
und zwar umfaßt das Taf. XVII Fig.3 abgebildete Fragment die Stirn mit den beiden, das Parietalloch um-
schließenden Parietalia und den Postparietalia; es gehört einem ziemlich großen Individuum an und ist besonders
durch die schöne Erhaltung der Knochennähte bemerkenswert. Das andere Stück besteht aus dem links-
seitigen hinteren Schädelteile (Textfigur 1) mit der hinteren Umrandung der Augenhöhle und einem
— 278 —
großen Teil der Schädeldecke selbst. In-der Medianlinie haben wir die Postparietalia, Parietalia und den
hinteren Teil der Frontalia. Weiterhin zeigt das Stück noch im Zusammenhang auf der linken Seite das
Tabulare, Postfrontale, Postorbitale und einen Teil des Supratemporale. Außer diesen Schädelstücken
liegt noch eine größere Anzahl isolierter Platten vor, deren Stellung im Schädel meist festgelegt werden
kann. Von Wichtigkeit ist besonders das kleine Nasale mit dem unteren inneren Winkel der Augenhöhle
und einem Teil der Nasengrube, sowie mehrere Oberkieferstücke, an welchen die flache Krümmung der
Schnauze besonders auffällt.
umnu al
Fig. 1. Schädel von Plagiosternum granulosum reconstruiert nach den Fundstücken (dunkel) aus dem Crailsheimer Bonebed.
!/s nat. Gr.
M = Maxillare P = Parietale J — "Jugale ptO = Postorbitale
Im = Intermaxillare p.P = Postparietale IE —"Lacrymale sT — Supratemporale
N = Nasale So = Supraoceipitale prF — Praefrontale Sq = Squamosum
F = Frontale T = Tabulare ptF = Postfrontale.
Fügen wir die vorhandenen Ueberreste zu einem Gesamtbild zusammen (Textfigur 1) so erhalten
wir eine ganz eigenartige Schädelform, an welcher in erster Linie die Verkürzung der Längsachse und die
Verzerrung in die Breite auffällt. Bei dem Schädel, von welchem die meisten Ueberreste vorliegen, ergeben
sich folgende Maßverhältnisse, welche zum Teil freilich nur bedingungsweisen Wert haben, da dieselben
nicht immer direkt abgelesen werden konnten, sondern auf Kombination beruhen:
Länge der Schädeldecke ca. 0,200 m
Breite der Schädeldecke ca. 0,500 m
Parietalgrube: Durchmesser 0,007 m
Entfernung vom Hinterrand des Schädels 0,045 m
— 279 —
Augenhöhle: Durchmesser in der Längsachse 0,110 m
Durchmesser in der Querachse 0,090 m
Entfernung vom Hinterrand des Schädels 0,040 m
Entfernung vom Vorderrand des Schädels ca. 0,0530 m
gegenseitiger Abstand 0,025 m
Diese Maße beziehen sich auf einen verhältnismäßig kleinen Schädel, denn die meisten anderen vor-
liegenden Bruchstücke zeigen etwas größeres Ausmaß, doch bleiben selbstverständlich die Proportionen
dieselben. Unser Plagiosternumschädelistdemnach l!!,„malsobreitalslang,
während alle anderen Labyrinthodontenschädel der Trias ein umgekehrtes Verhältnis zeigen, d. h. länger
als breit sind. So finden wir das Verhältnis von Breite zu Länge beim Mastodonsaurus wie 1: 1,1, bei Cye-
otosaurus wie 1:1,3 bis 1,5 bei Metopias 1: 1,14, wogegen unser Plagiosternum 1:0,4 aufweist.
Die Hautskulptur der Platten ist dieselbe wie bei den Brustschildern und besteht aus einem
feinmaschigen Netzwerk, das rundliche Grübehen umschließt. Die Orientierung der Skulptur entsprechend
dem Wachstum der Knochen ist nicht so ausgesprochen wie bei den meisten andern Labyrinthodonten.
Schleimkanäle umziehen wie bei Mastodonsaurus den inneren und oberen Rand der Augenhöhle,
außerdem verläuft entlang dem Kieferrand auf dem Maxillare ein stark vertiefter Schleimkanal, der sich
in einem Haken um das- Nasenloch herumzieht.
DieOrbitalhöhlen sind außerordentlich groß und nehmen den ganzen mittleren Teil des Schä-
dels ein. Infolgedessen ist auch das Parietalloch in dieselbe Höhe wie der Hinterrand der Augenhöhle ge-
stellt. An der Umrandung der Orbita beteiligen sich in der Medianseite die Parietalia, Frontalia und Na-
salia. Der Unterrand wird vom Maxillare umschlossen, während wir am Hinterrande das Postirontale und
Postorbitale erkennen. Die Nasengruben sind sehr klein, rundlich gestaltet und nahe dem Vorder-
rand des Schädels gerückt. Sie werden durch das Nasale und Intermaxillare umschlossen. Diehintere
Schädeldecke wird zusammengesetzt durch das Postparietale, Tabulare, Supratemporale
und Squamosum. Bei all diesen Platten fällt die Querverlängerung auf, wodurch sie sich ganz wesent-
lich von denen der anderen Labyrinthodonten unterscheiden.
Der HinterranddesSchädels ist zwar nur teilweise erhalten, aber soviel läßt sich doch
sicher erkennen, daß derselbe ganzrandig war, d.h. daß kein Ohrenschlitz auf der Oberseite ausgebildet
ist und auch keine umschlossene Oeffnung wie bei Cyeclotosaurus zwischen den Hautverknöcherungen des
Schädels mündet. Der Austritt des Ohres lag vollständig auf der Hinterseite des Schädels und wurde von
den Hautossifikationen nicht mehr berührt.
Von der Unterseite des Schädels ist wenig bekannt. Die durch das Parasphenoid gebildete Spange
zwischen den Gaumengruben war breit. Diese selbst lagen offenbar weit nach vorne, so daß wenig Platz
für die Entwicklung des harten Gaumens übrig blieb.
Zwei Oberkieferstücke zeigen uns de Bezahnung. Diese besteht auf dem Maxillare aus einer
geschlossenen Reihe gleichmäßig großer Zähne von stumpf-konischer Form mit 4 mm Durchmesser an
der Basis und etwa 6 mm gegenseitigem Abstand. Eine Zunahme der Größe von hinten nach vorn ist nicht
zu beobachten. Parallel mit dieser Maxillarreihe verläuft in einem Abstand von 8 mm die zweite Zahn-
reihe, welche auf dem Palatinum aufsitzt. Die Palatinzähnchen stehen dichtgedrängt und sind sehr klein,
mit kaum 2 mm Durchmesser an der Basis; sie nehmen von hinten nach vorn etwas an Größe zu, und wahr-
7280 =
scheinlich ist, daß ihre Reihe an der Choanengrube mit einem großen Fangzahn abschließt, ebenso wie ein
Fangzahn auf dem Vomer am Vorderrand der Choanengrube zu erwarten ist. Als solche sehe ich die kräftigen,
durch ihre zonal angeordneten Schmelzlinien ausgezeichneten Zähne an, welche ich schon 1889 mit Masto-
donsaurus granulosus vereinigt habe. Leider ist uns aber kein Präparat erhalten, an welchem wir diese
Verhältnisse sehen könnten.
Vom Unterkiefer sind nur wenige Stücke gefunden worden. Ein von Herrn Hofrat Ble-
zinger stammendes Stück unserer Sammlung zeigt das stark zusammengedrückte hintere Ende
des linken Kieferastes mit wohlausgeprägter Skulptur auf dem Angulare und einem kräftigen Coronoid-
fortsatz. Es läßt erkennen, daß der Unterkiefer mäßig stark entwickelt war, aber wie bei Mastodonsaurus in
einem langen hinteren Fortsatz endigte. Ein anderes bezahntes Stück, das Dentale, zeigt eine Reihe von
Zähnchen, die in Form und Größe denen des Oberkiefers entsprechen.
Fig. 2. Kehlbrustplalten vom Plagiosternum granulosum von der Innenseite (dorsal). Y/s nat. Gr.
Die Kehlbrustplatten, welche, wie erwähnt, zu dem Namen Plagiosternum geführt haben,
habe ich 1896 richtig aufgefaßt und beschrieben. Entsprechend dem querverzerrten Schädel ist auch
der Kehlbrustapparat quer verlängert, was sich am meisten an der mittleren Brustplatte be-
merkbar macht. Ein vollständig erhaltener Schild aus dem Bonebed von Crailsheim (Taf. XVII Fig. 1) zeigt
bei einer Länge von 0,110 m eine Breite von 0,300 m, während ein kleineres Exemplar ein Verhältnis von
0,080 zu 0,210 aufweist. Die Gestalt ist nicht der übliche Rhombus, sondern ein quergestelltes Oval mit
ae
leicht eingezogener Vorder- und Hinterkante. Die Auflagerungsfläche für die seitlichen Platten ist nur
an den nach außen gekehrten Flügeln zu beobachten, während der ganze Vorderrand und der mittlere
Teil des Hinterrandes frei von Bedeckung blieb. Auch von den seitlichen Brustplatten, von
welchen früher nur Bruchstücke vorlagen, hat nunmehr Herr Hofrat Blezinger vollständige Exemplare
beigebracht (Taf. XVII Fig. 2). Sie sind im Verhältnis zum Mittelschild außerordentlich groß und kräftig. Die
Länge einer solchen Platte am Außenrande beträgt mindestens 0,300 m, bei einer größten Breite von 0,150 m.
Der Außenrand ist ungemein kräftig und in der hinteren Hälfte leicht eingezogen. Hier liegt auch das
Knochenzentrum, von welchem die Maschen der Skulptur ausstrahlen und wo der zapfenartige klaviku-
lare Fortsatz auf der Innenseite ansetzt (vgl. Textfig.2). Es ist dies wesentlich verschieden von den übrigen
Labyrinthodonten, bei welchen wir den Fortsatz sowohl wie das Knochenzentrum stets in dem hinteren Außen-
winkel der Platte finden. Der kräftig entwickelte Fortsatz steht nahezu rechtwinklig von der Platte ab und zeigt
uns, daß bei Plagiosternum der Ansatz des Vorderfußes mehr ventral lag und daß die Vorderfüße dement-
sprechend mehr als Stützen des Körpers dienten. Stellen wir die drei Platten zu einem Kehlbrustapparat
zusammen (Textfigur 2), so sehen wir, daß die Schilder nach vorn einen weiten, nur in der Mitte etwas
eingezogenen Bogen mit einer Spannweite von ca. 0,60 m bilden. Das Schwergewicht liegt in der Ansatz-
stelle der Vorderfüße, während die sonst so kräftige Zentralplatte zurücktritt. Dieses Bild ist zwar sehr
abweichend von dem der anderen Labyrinthodonten, steht aber in vollem Einklang mit der breiten Form
des Schädels und beweist uns, daß beiPlagiosternumnichtnurderKopf,sondern
auchderganze Körperaußerordentlichbreitangelegt warundinseiner
äußeren GestaltmehrdemeinesFroschesalseinesLurchesglich.
Auch die kurze und gedrungene Gestalt der Wirbelkörper, welche nur aus einem Hypozen-
trum bestehen, würde gut damit übereinstimmen. Ich habe solche (Palaeontographica Bd. XXXVI Taf. 6
Fig. 12) aus der hinteren Rumpfregion abgebildet und möchte nur bemerken, daß jetzt auch ein reiches
Material aus den vorderen Teilen der Wirbelsäule vorliegt und daß die Wirbelkörper dabei eine allmählich
nach vorn zunehmende Verknöcherung aufweisen, wie wir es von Mastodonsaurus giganteus kennen. Im
ganzen sind aber die Wirbelkörper bedeutend kürzer als bei Mastodonsaurus. Die Zugehörigkeit dieser
Wirbel zu Plagiosternum granulosum halte ich für sehr wahrscheinlich.
Vom Extremitätenskelett und dem Beckengürtel ist uns leider nichts sicher bestimmbares erhalten.
Ich möchte aber nach der ganzen Form des Tieres annehmen, daß die Füße sehr kräftig entwickelt waren,
wenn es auch gewagt wäre, an eine hüpfende Bewegungsart, wie bei den Fröschen, zu denken. Immerhin
aber dürfen wir aus allem bis jetzt bekannten Material soviel sagen, daß Plagiosternumunter
denLabyrinthodontenganzeinzigdastehtunddaßhiereine konvergente
Entwicklungunterden Stegocephalenvorliegt, wiewirsieunterdenheu-
tigenAmphibienbeidenAnurenoder Fröschensehen.
Zusammenfassung: Plagiosternum granulosum, welches zugleich als Typus
für das Genus Plagiosternum gelten darf, zeigt eine durchaus abweichende und fremdartige Ent-
wicklung des Tieres infolge der auffälligen Verkürzung des Körpers und damit Streckung in die Breite;
hierdurch wird die ganze Form gedrungen und mag einen mehr oder minder froschartigen Charakter auf-
gewiesen haben. Im übrigen aber haben wir einen echten Stegocephalen vor uns, der in die Gruppe der
Stereospondyli mit starker Verknöcherung der Wirbel einzureihen ist. Es waren große Tiere, deren Körper
—_— 232 —
wohl I m lang war bei einer Brustbreite von 0,600 und einer Schädelbreite von 0,500 m. Der Schädel ist
1'/, mal breiter als lang, die Orbita sehr groß mit schmalem medianem Stege. Das Parietalloch ist mäßig
groß, die Nasenlöcher sehr klein. Die Deckknochen sind mit reicher Skulptur bedeckt, welche aus einem
gerundeten Maschennetz besteht. Der Hinterrand des Schädels zeigt keinen Öhrenschlitz, sondern die
Austrittsöffnung des Gehörgangs liegt auf der Hinterseite des Schädels. Die Bezahnung ist wenig bekannt,
aber wahrscheinlich analog der der triasischen Labyrinthodonten ausgebildet. Die Brustschilder sind quer-
gestellt, die mittlere Platte quer oval und relativ schwach, die seitlichen Schilder groß und diek mit einem
nach innen gerichteten celavicularen Fortsatz. Die Wirbel sind wahrscheinlich kurz, aus kräftig verknöcher-
ten Hypozentren bestehend.
Vorkommnis: oberer Muschelkalk und unterer Keuper, am häufigsten im Crailsheimer Bonebed.
Plagiosternum ist so fremdartig in seinem Bau, daß es stammesgeschichtlich nur schwierig mit den
anderen Triaslabyrinthodonten in Einklang zu bringen ist, mit welchen es nur die allgemeinen Charaktere
der stereospondylen Formen, d. h. verknöchertes Hinterhaupt, labyrinthische Zahnstruktur, Schleim-
kanäle und wohlausgebildete Skulptur gemeinsam hat. Wir müssen Plagiosternum als Endglied
einer fremdartigen, uns zur Zeit noch unbekannten Reihe auffassen, wobei wir vielleicht an die breit-
köpfigen Branchiosauriden denken können. Die Aehnlichkeit mit Diplocaulus ist nur scheinbar, da dort
die Breitenentwicklung lediglich nur auf die hornartigen Fortsätze der Hautverknöcherung zurückzu-
führen ist. Unter allen Umständen haben wir hier eine interessante Konvergenz in der Richtung der
Anuren, und wenn je, so könnte man bei Plagiosiernum mit einigem Recht den alten Ausdruck „Frosch-
saurier‘‘ anwenden. \
Plagiosternum pulcherrimum, n. sp.
(Taf. XVI, Fig. 1—3.)
Zu der Gruppe Plagiosternum stelle ich den nahezu vollständig erhaltenen Schädel eines kleinen eigen-
artigen Labyrinthodonten aus dem Stubensandstein von Pfaffenhofen, der dank seiner vorzüglichen Er-
haltung uns noch ein viel besseres Bild über den Aufbau des Schädels gibt, als dies unsere Reste von Crails-
heim vermocht haben.
Das Schädelstück, um welches es sich hier handelt, war in festem, sehr hartem Stubensandstein
eingebettet und wurde mit größter Sorgfalt herausgearbeitet. Bei der Härte des Gesteins und der festen
Verwachsung der Knochenmasse mit demselben erwies sich namentlich die Präparation der Oberseite
mit der kräftigen Skulptur als sehr mühsam und schwierig. Leider war die linke hintere Ecke des Schädels
abgebrochen und verlorengegangen, doch konnte sie natürlich nach der wohlerhaltenen rechten Seite leicht
ergänzt und damit das Gesamtbild des Schädels wieder hergestellt werden. Die Nähte zwischen den ein-
zelnen Schädelplatten sind zwar zwischen der starken Skulptur versteckt, aber doch meistens aufzufinden.
Was den Schädel am meisten charakterisiert, ist die breitgezogene Gestalt, in welcher er sich
von allen bekannten Labyrinthodonten der Trias unterscheidet, aber auf das engste an die Gruppe Plagio-
sternum anschließt. In dieser Hinsicht stimmt auch die Größe und Lage der Augenhöhlen, die kleinen
Nasenlöcher und der mangelnde Ohrenschlitz auf dem Hinterrand des Schädeldaches. Die Skulptur
der Deekknochen der Schädeloberfläche ist viel kräftiger als bei allen anderen Labyrinthodonten
und besteht nicht etwa nur aus einem Netzwerk von Leisten, welche Grübcehen und Kanäle umschließen,
E
sondern aus kräftigen dornartigen Höckern. Diese lassen in ihrer Anordnung die Wachstumsrichtung der
einzelnen Knochenplatten erkennen, indem sie jeweils im Knochenzentrum am stärksten entwickelt sind und
von hier aus gegen den Rand ausstrahlen. Die Abbildungen auf Taf. XVI entheben mich einer Einzelbe-
schreibung, und es mögen zunächst hier die wichtigsten Ausmaße am Schädel zusammengestellt sein:
Schädellänge vom Foramen bis zur Schnauzenspitze 0,125 m
Breite am Hinterrand 03007,
Scheitelloch: Durchmesser 0.0097,
Entfernung vom Hinterrande 0,036 ,;
Entfernung vom Vorderrande 0,080 ,,
Augenhöhle: Durchmesser .0B555,
Entfernung vom Hinterrand 0,045=,,
Entfernung vom Vorderrand 0.0107,
gegenseitiger Abstand 0,0255,
Nasenloch: Länge 0,004 „,
Breite 0.0105,
gegenseitiger Abstand 0102555
Entfernung von der Augenhöhle 0.08%
Entfernung vom Vorderrand 00T,
Gaumengrube: Länge VOTBER
Breite 0.0707,
Abstand vom Hinterrand 0,030 ,,
Abstand vom Vorderrand 0,0415,
gegenseitige Entfernung 0,008 „,
Schläfengrube: Länge 0.078 5;
Breite 0,040 „,
Choanengrube: Länge 0,003 ,,
Breite 0,010 „,
gegenseitige Entfernung 0,048 „,
Aus diesen Maßverhältnissen geht zunächst hervor, daß unsere Art im Verhältnis zu den anderen
Trias-Labyrinthodonten ausnehmend klein ist und auch noch weit hinter Metopias und Plagiosternum granu-
losum zurücksteht, von den gewaltigen Schädeln des Cyelotosaurus und Mastodonsaurus gar nicht zu reden.
Das Verhältnis von Breite zu Länge beträgt bei unserer Form 1:0,416 und nähert sich in dieser Hin-
sicht Plagiosternum granulosum, unterscheidet sich aber um so mehr von den durchgehend längsgestreckten
Schädeln der anderen Labyrinthodonten. Dementsprechend sind auch alle Schädelplatten breitgezogen
und in der Längserstreckung verkürzt. Das ungemein große, annähernd kreisrunde Auge liegt nach vorne
gerückt wie bei Metopias, mit welchem unsere Form auch, abgesehen von der Querverzerrung in der Anord-
nung der Platten am meisten übereinstimmt. Die kleinen, schief nach innen gerichteten Nasenlöcher liegen
nahezu am Vorderrand der Schnauze auf der Naht zwischen Intermaxillare und Nasale. Der ganze vordere
Winkel der Augenhöhle wird von dem großen Maxillare gebildet.
Die Sehnauze ist der Schädelform entsprechend breit und flach gerundet. Die Bezahnung
Palaeontographiea. Pd. LX. 36
— BA —
auf dem Intermaxillare und Maxillare besteht aus einer gleichmäßigen Reihe kleiner, spitz konischer Zähnchen,
welche am Intermaxillare eine mittlere Länge von A mm zeigen, während sie im mittleren Teil des Maxillare
bis 7 mm lang werden. Ich zähle jederseits auf dem Intermaxillare 9, auf dem Maxillare 21 resp. 24, zu-
sammen 63 Zähne. Recht verschieden von dieser äußeren Zahnreihe ist die innere, welche auf dem Pala-
tinum und Vomer aufsitzt. Hier haben wir im Gegensatz zu den anderen Trias-Labyrinthodonten und auch
zu Plagiosternum granulosum durchgehend kräftige, ziemlich weit stehende Zähne von scharf zugespitzter,
leicht einwärts gekrümmter Form. Die Vomerzähne sind kaum unterschieden von denen des Palatinum
und vor allem fehlen die sonst so charakteristischen großen Fangzähne vor und hinter der Choanengrube.
Wohl stehen auch an diesen Stellen Zähnchen, aber sie sind nicht wesentlich verschieden von den übrigen.
Die Länge der Zähne auf dem Palatinum und Vomer beträgt 11—12 mm, die Gesamtzahl 30, von welchen
jederseits 10 auf das Palatinum, 5 auf den Vomer zu stehen kommen. Auch im Unterkiefer waren wohl
keine großen Fangzähne entwickelt, und dementsprechend fehlt auch die Intermaxillargrube zur Aufnahme
der Unterkieferzähne.
Auf der Unterseite des Schädels (Taf. XVI, Fig. 2) liegen die großen, annähernd kreis-
runden Gaumengruben, wie die Augenhöhlen sehr weit nach vorne gerückt, so daß der durch den Vomer ge-
bildete Gaumenteil zusammengedrückt erscheint, während der hintere Schädelteil verhältnismäßig kräftig
und breit ausgebildet ist. Der ganze mittlere Teil wird durch die große Platte des Parasphenoides gebildet,
an welche sich der breite innere Flügel des Pterygoides anlegt.
Ganz eigenartig und wiederum nur mit Plagiosternum übereinstimmend ist der Hinterrand des
Schädels mitder Ohrenöffnung (Taf. XVI, Fig. 3). Wir sehen zunächst, daß der äußere Winkel des Schädels
mit der Artikulation des Unterkiefers frei hinausragt und nicht mehr von Hautverknöcherungen bedeckt ist.
Zwischen den Lateralstücken des Hinterhauptes (Exoccipitalia und Opistotica) und diesem Gelenkfortsatz
bleibt ein breiter Spalt offen, der dem Gehörgang entspricht und oben von dem Tabulare bedeckt wird. Da dieser
Ohrenschlitz ganz auf die Rückseite des Schädels außerhalb der Hautverknöcherung gerückt ist, so haben
wir an der Oberseite des Schädels weder einen Einschnitt wie bei den meisten Labyrinthodonten, noch einen
Durchbruch wie bei C'yclotosaurus. Die Occipitalregion ist normal gebaut und zeigt, wie bei den andern
Labyrinthodonten, eine Oeffnung über dem Foramen magnum, welche von dem knorpeligen Supra-occi-
tipale herrührt. An der Seite des Exoceipitale beobachten wir die Eintrittstellen des Nervus vagus. Im ganzen
ist der Abschluß des Schädels nach hinten viel geschlossener als bei den meisten Labyrinthodonten. Er
wird, abgesehen vom Exoceipitale und Opistoticum, gebildet durch die nach oben aufgebogenen Flügel des
Pterygoides und eine abwärts gerichtete Schuppe des Squamosum. Beide zusammen umfassen das Qua-
dratum.
Fassen wir die Merkmale unserer neuen Form, welche ich wegen ihrer herrlichen Skulptur als Pla-
giosternum pulcherrimum bezeichne, zusammen, so kommen wir zu folgender Diagnose:
Plagiosternum pulcherrimum ist ein auffallend kleiner Labyrinthodonte aus der Gruppe Plagiosternum
mit quer verlängertem Schädel und dementsprechend auch, wie wir sicher annehmen dürfen, mit quer ver-
längerter mittlerer Brustplatte und kräftigen seitlichen Brustschildern. Die Augenhöhlen sind auffallend groß
und weit nach vorne gerückt, die Nasenlöcher klein, die Schnauze breit mit einer Außenreihe kleiner,
gleichartiger, und einer Innenreihe kräftiger, etwas gekrümmter Zähne. Eigentliche Fangzähne sind nicht
ausgebildet. Die Ohrenöffnung liegt ganz auf der Hinterseite des Schädels. Das Quadratum weit nach hin-
— 295 —
ten hinausragend auf einem durch das Squamosum und Pterygoid gebildeten Fortsatz. Die Skulptur
ist sehr charakteristisch aus hohen dornigen Warzen bestehend, welche tiefe Gruben freilassen. Die Anord-
nung der Deckknochen des Schädels entspricht im wesentlichen dem der anderen Labyrinthodonten.
Bekannt ist ein Schädel ohne Unterkiefer aus dem Stubensandstein des Stromberges bei Piaffen-
hofen. Das Original befindet sich in der K. Naturaliensammiung in Stuttgart
Plagiosternum pustuliferum. E. Fr.
1844? Labyrinthodon, Plieninger, Beitr. z. Pal. Württ. S. 67, Taf. IX Fig. 8.
1889 Labyrinthodon sp., E. Fraas, Palaeontographica, Bd. XXXVI, S. 102 Taf. 6 Fig. 15 u. 16.
1896 Plagiosternum pustuliferum, E. Fraas, Schwäb. Triassaurier S. 8.
1912 Thalassemyda sp., F. v. Huene, Geol. u. pal. Abhandlg. von Koken, n. F. Bd. VI, S. 53, Taf. 7 Fig. 3 u. 4
Es handelt sich bei Plagiosternum pustuliferum um einen nur unvollständig bekannten Labyrintho-
donten, bei dessen Diagnose wir fast ausschließlich auf die quer verlängerte, für Plagiosternum charak-
teristische mittlere Brustplatte und weiterhin auf die Skulptur der Hautverknöcherungen angewiesen
sind. Diese ist allerdings sehr charakteristisch und besteht ähnlich wie bei P/. pulcherrimum nicht aus Netz-
leisten, welche Grübchen umschließen, sondern aus kleinen, gerundeten Knötchen, welche auf der Platte
dicht gedrängt aufsitzen. Die Skulptur läßt sich am besten mit der derjenigen paläozoischen Placodermer ver-
gleichen und unterscheidet sich von dieser nur dadurch, daß die Knötchen glatt sind und keine sternför-
mige Ausstrahlungen aufweisen. Es ist leider nicht möglich, sich aus dem dürftigen Materiale ein Bild von
dem Bau des Tieres zu machen, wenn wir auch annehmen dürfen, daß dieses in allgemeinen Zügen unserem
Pl. pulcherrimum nahestand.
Während die bisherigen Funde aus den unteren Bonebeds der Lettenkohle von Gaildorf und Crauls-
heim stammten, wurden in neuerer Zeit auch zahlreiche Fragmente von Knochenschildern der Lehr-
bergstufe des mittleren Keupers von Stuttgart entnommen. Bezüglich der Skulptur
schließen sich diese Platten an Plagiosternum pustuliferum an. Das Tier scheint aber kleiner gewesen zu
sein und überhaupt zu den zierlichsten Triaslabyrinthodonten gehört zu haben. Eine sichere Diagnose
läßt sich aber nicht stellen und es mögen deshalb diese Reste vorläufig noch trotz der Verschiedenheit
des geologischen Horizontes und der Größe mit P/. dustuliferum vereint bleiben.
Huene hat diese Platten, welche sicher zu den Labyrinthodonten gehören, irrtümlich als Schild-
krötenreste von Charakter der Thalassemyden angesehen.
Metopias (Metoposaurus)! Stultgartiensis, nov. Sp.
(Taf. XVII, Fig. 4 u. 5.)
Während die Reste des für den Schilfsandstein charakteristischen Metopias diagnosticus durch keine
neueren Funde von Wichtigkeit ergänzt wurden, fanden sich in der Lehrbergstufe des mittleren Keupers am
Sonnenberg bei Stuttgart eine größere Anzahl von Labyrinthodontenschildern, deren Zugehörigkeit zu Me-
topias außer Frage steht. Abgesehen von den undefinierbaren Hautschildern des Schädels liegen nament-
lich Brustschilder vor, die sich gegenseitig ergänzen und genügenden Aufschluß geben.
! Der Umstand, daß Metopias, wie Lydecker nachgewiesen hat, schon 1832 für einen Käfer angewandt ist, dürfte doch
wohl kaum genügen, den alteingebürgerten Namen Met»pias (H. v. Meyer 1842) zu streichen, da von einer Verwechslung doch
nie die Rede sein kann.
Der Kehlbrustapparat von Metopras diagnosticus ist uns aus dem Prachtstück von Han-
weiler (Palaeontographica, XXXVI, Taf. XV) tadellos ın situ erhalten und zeigt insofern Abweichungen
von Mastodonsaurus und Cyclotosaurus, als die mittlere Brustplatte keinen Rhombus bildet. sondern die
Gestalt eines Efeublattes aufweist (vgl. Textfig. 3). Der nach hinten gerichtete Flügel ist nichtausgezogen, son-
dern abgerundet, während der nach vorn gekehrte Teil in einem spitz zulaufenden Flügelendigt. DievonF.A.
c
Fig. 3. Kehlbrustplatten von a) Mastodonsaurus, b) Cyclotosaurus, d) Metopias, d) Plagiosternum.
Lucas(Proe. ofthe U. S. Nat. M